• Keine Ergebnisse gefunden

5. Diskussion

5.1 Analyse der Betriebsdaten

Die für diese Studie ausgewählten Betriebe waren der Richtlinie des Landes Nordrhein-Westfalen für die Sanierung von an Paratuberkulose infizierten Rinderbeständen angeschlossen. Es wurden mit einem Fragebogen Betriebsdaten erhoben und ausgewertet, die einen zu erwartenden Sanierungserfolg positiv oder negativ beeinflussen können. Neben der Betriebsgröße in Bezug auf die Anzahl der gehaltenen Rinder, die Zugehörigkeit zu einem Rinderherdbuch, unterschiedlichen Stallhaltungsformen und der Herdenprävalenz, war das praktizierte Hygienemanagement ein definierter Parameter für die Betriebsauswahl.

Das Hygienemanagement der Betriebe, bezogen auf die Kälberaufzucht, die Weidepflege und die sofortige Entfernung klinisch kranker oder testpositiver Rinder aus der Herde, steht nach Meinung zahlreicher Autoren (CETINKAYA et al. 1997; COLLINS et al. 1994; JOHNSON-IFEARULUNDU und KANEENE 1999; OBASANJO et al. 1997; ROSSITER und BURHANS 1996) in einer signifikanten Beziehung zur Herdenprävalenz. Dies wurde auch bei der Auswertung der 46 Rinderbetriebe, die z.T. seit 1993 dem Sanierungsverfahren angeschlossen sind, in Bezug auf den Sanierungserfolg deutlich. Obwohl der Infektionsstatus der meisten Betriebe (63 %) unter 5 % der untersuchten Proben bzw. die Ausgangsprävalenz bei Sanierungsbeginn nur bei 3,2 % lag (s. Nr. 4.3.1, Tab. Nr. 23), konnte nach den Vorgaben der Richtlinie innerhalb einer Sanierungszeit von bis zu 4 Jahren kein Betrieb als

paratuberkuloseunverdächtig bezeichnet werden. Die Auswertung der Hygieneindices ergab bei 73,9 % der befragten Betriebe ein nicht zufriedenstellendes Hygienemanagement (s. Nr.

4.1.1, Tab. Nr. 5). Insbesondere das Verbot der Weidedüngung mit Gülle und/oder Festmist und die separate Nutzung von Stallgeräten, ausschließlich für die Kälber- und Jungviehstallungen, wurde von den Landwirten als nicht praktikabel beschrieben.

Die Auswahl der Versuchsbetriebe erfolgte als selektive Stichprobe, da insbesondere kleine Betriebe (Anzahl der Rinder < 100 Tiere), die einem Rinderherdbuch nicht angeschlossen waren, die freiwillige Teilnahme an der Studie ablehnten. Gründe hierfür waren der zusätzliche Aufwand für die Entnahme von Blutproben und ein Untersuchungsdurchgang in den Sommermonaten.

Neben der Auswahl der Versuchsbetriebe wurden die Betriebsdaten auch zur Ermittlung spezifischer Risikofaktoren ausgewertet. Die Definition von Risikofaktoren erfolgte bezogen auf die Ausgangsprävalenzen. Mit der logistischen Regression wurde ein potentieller Zusammenhang an Paratuberkulose zu erkranken, für folgende Betriebsparameter (die eine Exposition bedeuteten) beschrieben:

Für die Rinderrasse Schwarzbunt wurde mit p = 0,0029 eine signifikante Rassedisposition gefunden. Rassedispositionen wurden auch in Untersuchungen von ROSENBERGER (1978) beschrieben. Andere Autoren (CHIODINI et al. 1984; CLARKE 1997) halten die Rassedisposition für vorgetäuscht, da in vielen Gebieten traditionell überwiegend bestimmte Rassen gehalten werden. In der vorliegenden Arbeit stellt die Rasse Schwarzbunt nur 24 % der untersuchten Rinder dar. Es wurden Kreuzungsrinder (43 %) und die Rasse Rotbunt (26 %) in größerer Zahl gehalten, so dass diese Argumentation hier nicht gültig ist.

Die Betriebsgröße, bezogen auf die Anzahl der gehaltenen Milchkühe, ist bei Betrieben mit einer großen Anzahl von Tieren ein signifikanter „Schutzfaktor“. Während COLLINS et al.

(1994) ein höheres Risiko für große Betriebe ermittelten, konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass für das Vorkommen der Paratuberkulose mit p = 0,0002 und einem Protektionsfaktor von 0,78432 bei einer Risikoabstufung je 10 Milchkühe, für große Betriebe eine signifikante Reduzierung der Erkrankung vorliegt. Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass in kleinen Betrieben die Gefahr einer Paratuberkuloseerkrankung bzw. die Weiterverbreitung größer ist. Als mögliche Ursache ist zu diskutieren, dass in den größeren Betrieben, die einem Herdbuch angeschlossen sind, sich die Landwirte bei der Bekämpfung der Paratuberkulose

Zuchtbetriebsstatus und die Betriebsgröße negativ mit der Prävalenz (auf Basis der kulturellen Kotprobenuntersuchung) in Zusammenhang stehen. Darüber hinaus wurde die geringere Einsatzbereitschaft der Betriebsinhaber bei kleinen Rinderhaltungsbetrieben im Rahmen der Betriebsauswahl beobachtet. Der ermittelte Risikofaktor bei der Stallhaltungsform

„Anbindehaltung“ bestätigt dieses Ergebnis. Mit einem errechneten Odds-Ratio von 1.508 und p = 0,0611 wurde für die Stallhaltungsform „Anbindehaltung“ ein grenzwertig signifikanter Risikofaktor ermittelt. Die Anbindehaltung wurde in den 46 untersuchten Betrieben, mit Ausnahme von einem Betrieb (Betrieb Nr. 38, s. Anhang Nr. 9.6 Tab. 26), ausschließlich in Rinderhaltungen mit einer Größe von < 100 Rindern praktiziert.

Als weiterer Risikofaktor wurde die zusätzliche Haltung anderer Nutztierarten (Schafe, Ziegen, Pferde usw.) mit p = 0,0002 ermittelt. Die Möglichkeit der Weiterverbreitung des Erregers durch Wildwiederkäuer wurde von zahlreichen Autoren beschrieben (CETINKAYA et al. 1997; WEBER et al. 1991; CHIODINI und VAN KRUININGEN 1983). CHIODINI et al. (1984) und GREIG et al. (1997) wiesen M. paratuberculosis bei monogastrischen Tieren nach. Dass diese Tiere als Überträger fungieren können, ist jedoch nicht gesichert.

Für den Parameter Weidepflege, bezogen auf die Ausbringung von Gülle und/oder Festmist, wurde mit einer Odds-Ratio von 1.993 bzw. 1.644 ein nicht signifikanter Risikofaktor beschrieben, dies gilt auch für den Einsatz eines Zuchtbullen (Odds-Ratio 1.743). Dass die Ausbringung von Gülle auf Weideflächen das Risiko der Infektionsgefahr für die Herde erhöht, wird in der Literatur beschrieben (OBASANJO et al. 1997; GOODGER et al. 1996).

Die Autoren konnten eine deutliche Assoziation zwischen dem Ausbringen von Exkrementen auf Weideflächen und dem Vorkommen der Paratuberkulose ermitteln. Beim Einsatz eines Zuchtbullen ist davon auszugehen, dass dieser in die Herde zugekauft wird und der Zukauf ein besonderes Risiko für eine Infektion mit M. paratuberculosis darstellt.

Die sofortige Trennung der Kälber von den Muttertieren p.p. ist nach Meinung zahlreicher Autoren eine wichtige Präventivmaßnahme, bei der Bekämpfung der Paratuberkulose (OBASANJO et al. 1997; GOODGER et al. 1996; COLLINS et al. 1994). In der vorliegenden Arbeit wurde dagegen für die Kälber, die nicht sofort p.p. vom Muttertier getrennt wurden, eine Prävention mit p = 0,0041 und einem Odds-Ratio < 1 beobachtet. Bei diesem Ergebnis ist zu diskutieren, dass eine sofortige Trennung der Kälber p.p. mit anschließend verzögerter Kolostrumgabe zu einer Schwächung der Immunantwort führt. Wenn dann das weitere Hygienemanagement z.B. keine strikte Trennung der Stallgerätschaften und evtl. der

Bekleidung vornimmt, kann dies zu einer Weiterverschleppung des Erregers in den Kälberstall führen, und die Infektionsgefahr für das Kalb ist durch die zusätzliche Abwehrschwäche noch verstärkt. Die an dieser Untersuchung beteiligten Landwirte gaben bei der Befragung zu einem großen Teil an, dass sie die Kälber direkt vom Muttertier zu trennen, eine separate Nutzung von Stallgerätschaften und der Bekleidung (insbesondere Stiefel) wurde aber von allen Landwirten zum Versuchsbeginn als nicht praktikabel abgelehnt. Die genannten Maßnahmen stellen aber keinen Kostenfaktor für die Betriebe dar und sind zum Schutz des Kalbes ebenso wie eine unmittelbare Kolostrumgabe wichtig.

Für die untersuchten Parameter Betriebsgröße in Bezug auf die vorhandenen Acker- und Grünflächen, die pH-Wert der Böden, die Kälberfütterung mit Vollmilch und dem Hygienemanagement konnten bezogen auf die Gesamtprävalenz aller Herden, keine signifikanten Beziehung festgestellt werden.

Bei der Betrachtung und Diskussion dieser Ergebnisse muß aber berücksichtigt werden, dass in den untersuchten Betrieben eine geringe Prävalenz von 3,2 % zum Sanierungsbeginn vorlag. Darüber hinaus müssen die kleinen Fallzahlen (5.370 Tiere in 46 Betrieben) berücksichtigt werden. Beim Vergleich der hier ermittelten Risikofaktoren mit den Angaben aus der Literatur sind daher die Angaben über die Prävalenzen und die Größe der untersuchten Fallzahlen zu berücksichtigen.