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5.1 Diskussion der Methodik

5.1.8 Bestimmung der Anästhesie- und Operationsqualität

Die Überwachung der Anästhesie- und Operationsqualität erfolgte in Anlehnung an vorherige Studien (CLARK-PRICE et al. 2008; KLOPPEL u. LEECE 2011;

GOODWIN et al. 2013; WAKUNO et al. 2016) alle fünf Minuten. Kurze Untersuchungsintervalle sind besonders wichtig, wenn Vitalparameter manuell ausgezählt werden und keine weiteren Instrumente, wie EKG-Aufzeichnungen etc., zur Verfügung stehen. Auf diese Weise lassen sich Notfallsituationen, wie Bradykardien, Apnoe-Phasen oder Obstruktionen der Atemwege, frühzeitig erkennen (WHITE 2015). Die Beurteilung der Anästhesietiefe erfolgte anhand einer einfach beschreibenden Skala (SDS) und unter Berücksichtigung der Ketamin-basierten Besonderheiten bei der Bestimmung der Anästhesietiefe. Die SDS bietet einerseits

Hilfestellung bei der Entscheidung der Zuordnung einer Kategorie, nachteilig ist sie jedoch, wenn sich Kategorien überlappen. So wurde in dieser Studie entschieden, bei nicht-eindeutiger Zuordnung halbe Punkte zu vergeben. Um eine gute Vergleichbarkeit bei der Beurteilung der Operationsqualität zu gewährleisten, wurden alle Kastrationen von einem einzigen Chirurgen durchgeführt.

Als Limitation muss genannt werden, dass es trotz der 5-minütigen Untersuchungsintervalle schwierig war, auf einen zeitlichen Verlauf der erhobenen Scores für die okulären Reflexe, den Muskeltonus und den Kremastertonus zurückzuschließen, um die Wirkungen der zusätzlich verabreichten Anästhetika zu überprüfen. So kann es zum Beispiel sein, dass bei einem Pferd eine Minute nach Erhebung der Parameter der Hoden nicht vorlagerbar war (Kremastertonus = 4), woraufhin ein zusätzlicher Bolus von Ketamin (Gruppe BOLUS) oder Xylazin-Ketamin-Guaifenesin (Gruppe DRIP) verabreicht worden ist. Jedoch fand die darauffolgende Erhebung der Parameter erst 4 Minuten später statt, sodass der Effekt vermutlich nicht mehr vollständig vorhanden war. Es wäre daher sinnvoller gewesen, die Reaktion auf zusätzliche Anästhetika zeitnah und gesondert zu erfassen.

5.1.9 Aufstehphase

Mehrere einfach beschreibende Skalen für die Beurteilung der Aufstehphase bei Pferden nach Allgemeinanästhesie sind publiziert (MATTHEWS et al. 1998;

DONALDSON et al. 2000; RAY-MILLER et al. 2006). Bei der in dieser Studie verwendeten „Recovery Quality Scale“ handelt es sich um eine elf Kategorien umfassende, gewichtete Skala, welche auf den oben genannten Skalen basiert (CLARK-PRICE et al. 2008). Der Vorteil dieser Skala ist, dass jede Phase des Aufstehvorgangs berücksichtigt wird. Zudem sind 9 Kategorien maximal 10 Punkte und 2 Kategorien maximal 5 Punkte (Aktivität in Seitenlage, Überköten) wert, was zu einer weiteren Gewichtung führt. Auch wenn die hier verwendete „Recovery Quality Scale“ mit 11 Kategorien recht umfangreich erscheint, ist die Anwendbarkeit auch unter Feldbedingungen sehr gut möglich gewesen.

5.1.10 Postoperativer Schmerz

Obwohl unter vielen Pferdepraktikern Uneinigkeit zum Thema „Schmerzhaftigkeit nach Kastration“ herrscht, konnten mehrere Studien zeigen, dass es sich durchaus um einen schmerzhaften Eingriff handelt, bei dem eine peri- und postoperative Analgesie angezeigt ist (LOVE et al. 2009; SANZ et al. 2009). Daher wurde in dieser Studie unter den Aspekten des Tierschutzes sowie aus ethischen Gründen auf eine Kontrollgruppe (ohne Analgesie) verzichtet. Als Limitation hinsichtlich der Schmerzbeurteilung muss genannt werden, dass keine Baseline-Werte für die Composite Pain Scale (CPS) und die Horse Grimace Scale (HGS) erhoben worden sind. Da alle Hengste jedoch allgemeingesund waren, ist davon auszugehen, dass kein Schmerz vorlag und die Baseline-Scores vermutlich sehr niedrig ausgefallen wären. Die präoperativen Werte für den CPS und den HGS in der Studie von DALLA COSTA et al. (2014) waren allerdings nicht null, obwohl es sich um allgemeingesunde Probanden handelte. Dies liegt vermutlich daran, dass die zu bewertenden Facial Action Units vereinzelt und isoliert auch beim nicht-schmerzhaften Tier beobachtet werden können (DALLA COSTA et al. 2014). Diese Beobachtungen stimmen mit denen vorangegangener Studien überein. So sahen die Autoren bei der Anwendung der von BUSSIERES et al. (2008) entwickelten CPS sowohl bei gesunden Tieren, die nur einer Allgemeinanästhesie unterzogen wurden (Kontrolle) als auch bei Hengsten vor der Kastration Baseline-Werte, die zwischen einem und drei Punkten lagen (VAN LOON et al. 2010). Die Autoren führen diese Beobachtung auf die Aufregung und Unerfahrenheit der jungen Tiere zurück. Diese Beobachtung konnte auch bei Mäusen gemacht werden (MILLER u. LEACH 2015).

5.1.10.1 Composite Pain Scale

Die CPS wurde ursprünglich unter experimentellen Bedingungen für den orthopädischen Schmerz entwickelt (BUSSIERES et al. 2008). In einer Studie konnte gezeigt werden, dass sich die CPS auch zur Evaluierung somatischer und viszeraler Schmerzen gut eignet (VAN LOON et al. 2010). Zudem sahen die Autoren einer anderen Studie, dass die CPS und die HGS bei Pferden nach Kastration eine gute Übereinstimmung zeigten (DALLA COSTA et al. 2014), sodass die CPS auch in dieser Studie Anwendung fand.

5.1.10.2 Horse Grimace Scale – Live Scoring

Im Vergleich zu anderen Studien wurde die HGS erstmals direkt am Pferd – also live – angewendet (DALLA COSTA et al. 2014; DALLA COSTA et al. 2016). Als Vorteil dieser Methode ist zu nennen, dass das Studiendesign im Hinblick auf die Schmerzbeurteilung den Klinik- bzw. Praxisbedingungen sehr nahe kommt. Die Schmerzbeurteilung sollte in einer ruhigen Umgebung mit möglichst wenig Interaktion zwischen Patient und Beobachter erfolgen, um zu verhindern, dass Schmerzen maskiert werden. Auch wenn die Probanden dieser Studie in einem separaten Stalltrakt untergebracht waren, ließ sich eine gewisse Unruhe durch Personen und die Kastration der weiteren Tiere vor allem zu den Messzeitpunkten zwei und sechs Stunden nach Erreichen des sicheren Standes nicht vollständig vermeiden.

Andererseits spiegeln diese Verhältnisse die realen Praxisbedingungen wieder, wobei ein ideales Messinstrument diesen Bedingungen standhalten sollte.

Alle Pferde waren in Boxen aufgestallt, deren Front aus Gitterstäben bestand, welche bis zum Boden reichten. Dadurch wurde dem Beobachter zwar eine verhältnismäßig gute Sicht auf die Probanden ermöglicht, dennoch musste die Box in vielen Fällen betreten werden, um die Live-HGS adäquat anwenden zu können. Dies hatte einen Einfluss auf die Pferde, dessen genaue Bedeutung nicht vollends geklärt ist (DALLA COSTA et al. 2016) und könnte ein Grund für die insgesamt niedrigen Live-Scores in der vorliegenden Studie sein. Zudem wäre der Einsatz von weiteren Beobachtern für das Live-Scoring denkbar gewesen, worauf jedoch aufgrund von mangelndem Personal verzichtet worden ist.

5.1.10.3 Horse Grimace Scale – Fotoaufnahmen

Die Fotoaufnahmen in dieser Studie wurden direkt nach der Erhebung der HGS-Live Scores angefertigt, wobei ein Betreten der Pferdebox erforderlich war. Aufgrund der relativ hohen Anzahl an Probanden pro Untersuchungstag und der Tatsache, dass alle Maßnahmen in der eigenen Box der Pferde erfolgten, war die Installation von Videokameras nicht möglich. Eine Videoüberwachung mittels Kamera mit darauffolgender Extraktion von Fotos (LANGFORD et al. 2010; DALLA COSTA et al.

2014; MCLENNAN et al. 2016) hätte vermutlich eine geringere Beeinflussung der Pferde durch den Beobachter nach sich gezogen.

5.2 Diskussion der Ergebnisse