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2.3 Riesenschildkröten in menschlicher Obhut

2.3.1 Haltung und Fütterung Historische und aktuelle Tierzahlen

2.3.1.1 Haltung von G. gigantea

2.3.1.1.1 Bestandsgröße und Geschlechterverhältnis

Als die ersten Aldabra-Riesenschildkröten in Zoos gezeigt wurden, bestand aufgrund des hohen Schauwertes eine Präferenz für große und somit vorwiegend männliche Tiere. Außerdem wurden fast ausschließlich männliche Tiere von den Seychellen exportiert (NOEGEL 1967).

Bei den in der Literatur beschriebenen Haltungen werden meist kleine Gruppen mit bis zu 6 Tieren genannt. Das Geschlechterverhältnis ist dabei entweder ausgeglichen oder weist einen höheren Anteil Weibchen auf, wie in Tabelle 8 gezeigt. Die Ursache für den großen Anteil weiblicher Tiere liegt wahrscheinlich darin begründet, dass die meisten Publikationen aus Haltungen mit Nachzuchterfolgen oder starken Bemühungen darum vorliegen und demnach auch ein großes Interesse an Gruppen mit vielen Weibchen bestand.

Tabelle 8: Geschlechterverhältnis bei beschriebenen Haltungen von G. gigantea

Zoo Tiere (m, w) Quelle

Sydney 2,2 PETERS u. FINNIE 1979

St. Catherines Island 3,4 BEHLER u. VALENZUELA 1983

Jacksonville 2,2 COLLINS 1984

Stanford 1,1 STEARNS 1988

Zürich 2,4 CASARES et al. 1995

Izu- Andyland- Aquarium 4,11 CHIDA 1998

Hirakawa Zoo 1,1 TERAHARA u. MORIYAMA 1998

LFBS Seffner 12,18 NOEGEL pers. Mitteil. 2000

Den ISIS-Listen der Jahre 1994 -1999 ist zu entnehmen, dass in sehr vielen Zoos noch immer kleine Tiergruppen gehalten werden. Die Einteilung in Gruppengrößen mit mehr oder weniger als 5 Tieren wurde von mir gewählt, da sie eine überschaubare Zuordnung ermöglicht und auch in der von mir durchgeführten Befragung Verwendung findet.

Von insgesamt 90 aufgeführten Haltern sind 1999:

- 49 Zoos mit Tiergruppen < 5 Exemplare,

- 23 reine Männchen- oder Weibchengruppen bzw. Einzeltiere, - 15 mit Gruppen 5 Exemplare

- 3 Haltungen von ausschließlich subadulten Exemplaren.

Dabei ist das Geschlechterverhältnis meist 1:1 (57 % der Halter), mehr Männchen gibt es bei 25,5 %, mehr Weibchen bei 17,5 % der Halter.

Aufgrund der Bemühungen um Nachzucht sind in den letzten 10 Jahren auch in einigen europäischen Zoos größere Tiergruppen adulter Individuen zusammengestellt worden, z. B. in Bochum, Hannover, München und Prag sowie mindestens in 2 Privathaltungen in Großbritannien.

2.3.1.1.2 Außengehege

Den klimatischen Bedingungen entsprechend können die adulten Tier in einigen Zoos, z. B. in Sydney, Florida und Gran Canaria, ganzjährig im Außengehege bleiben.

Bei niedrigen Außentemperaturen, als Windschutz und nachts steht in diesen Fällen ein beheizter Unterstand zur Verfügung (PETERS u. FINNIE 1979, COLLINS 1984, OROS et al. 1996).

Akklimatisierte adulte G. gigantea werden von STEARNS (1988) und COLLINS (1984) als kälteunempfindlich bezeichnet und sollen minimale Nachttemperaturen von 6 °C tolerieren. Die Tagestemperaturen müssen dann jedoch mindestens 17 °C betragen, um den Tieren eine ausreichende Tagesaktivität und eine physiologische Körpertemperatur für die Nacht zu ermöglichen.

Häufig ziehen sich die Tiere bei Temperaturen unter 15 °C eigenständig in das beheizte Innengehege/Unterstand zurück, in anderen Fällen werden sie getragen, mit Futter gelockt oder getrieben (TUCHAK u. ELLIS 1979, COLLINS 1984). Das manuelle Umsetzen geht allerdings immer mit einer erhöhten Stressbelastung einher.

So berichtet HONEGGER (1998) vom regelmäßigen Absetzen dünnflüssigen Kotes nach diesem Handling. Optimal sind direkt an den Auslauf angrenzende Innengehege, die abends sowie für die winterliche Innenhaltung ein stressfreies Anlocken der Tiere mit Futter ermöglichen.

Gehegegröße

G. gigantea wird von den verschiedenen Haltern unterschiedlich viel Fläche angeboten. Beispielsweise stehen zum Zeitpunkt der jeweiligen Haltungs-beschreibung

- 2,1 Tieren im Dreher Park Zoo 6000 m2, - 1,1 Tieren in Stanford 3300 m2,

- 4,11 Tieren im Izu-Andyland Aquarium 205 m2 zur Verfügung.

Im Durchschnitt beträgt die Größe der Außengehege 200 m2 bis 400 m2 für 4 bis 6 adulte Tiere (PETERS u. FINNIE 1979, TUCHAK u. ELLIS 1979, BEHLER u.

VALENZUELA 1983, STEARNS 1988, CASARES et al. 1995, CHIDA 1998).

Gehegeboden und -strukturierung

Im Außengehege dienen als Untergrund unbewachsener Boden, Wiese bzw. Sand und Wiese (PETERS u. FINNIE 1979, BEHLER u. VALENZUELA 1983, WILLIAMS 1986, STEARNS 1988, NOEGEL u. MOSS 1989, CASARES et al. 1995, CHIDA 1998, TERAHARA u. MORIYAMA 1998).

Zur Strukturierung, als Schattenspender und als Rückzugsort dienen Büsche und Bäume (TUCHAK u. ELLIS 1979, BEHLER u. VALENZUELA 1983, COLLINS 1984, STEARNS 1988, CHIDA 1998, HONEGGER 1999).

Im LFBS Seffner und im Zoo Zürich sind die Außengehege mit Gräben und Hügeln gestaltet (NOEGEL u. MOSS 1989, HONEGGER et a. 1995).

Viele Außengehege weisen ein Wasserbecken zum Baden oder eine Schlammsuhle auf (PETERS u. FINNIE 1979, TUCHAK u. ELLIS 1979, COLLINS 1984, STEARNS 1988, NOEGEL u. MOSS 1989, CASARES et al. 1995, CHIDA 1998, TERAHARA u.

MORIYAMA 1998). Teilweise haben sich die Riesenschildkröten selbst eine Schlammsuhle gegraben (PETERS u. FINNIE 1979).

2.3.1.1.3 Innengehege

In Haltungen mit gemäßigtem Klima (Nordamerika, Europa, Japan) gibt es zusätzlich ein beheizbares Innengehege. Dort sind die Tiere teilweise nachts sowie zumeist durchgehend von September/Oktober bis März/April untergebracht (BEHLER u.

VALENZUELA 1983, COLLINS 1984, WILLIAMS 1986, STEARNS 1988, CASARES et al. 1995, CHIDA 1998). Einige Halter erlauben den Tieren auch, an milden Wintertagen ins Außengehege zu gehen (BEHLER u. VALENZUELA 1983, TERAHARA u. MORIYAMA 1998).

Gehegegröße und –gestaltung

Die Größe des Unterstandes oder Innengeheges variiert von 12 m2 für 2,2 Tiere bis zu 87 m2 für 4,11 Tiere (COLLINS 1984, CHIDA 1998). Dabei steht den Tieren mehr Platz zur Verfügung, die einen Großteil des Jahres im Innengehege verbringen.

Ein spezieller Eiablageplatz ist für die Haltung in Zürich beschrieben (s. 2.3.1.4.3).

Ein Wasserbecken im Innengehege existiert bei der Haltung in Barcelona, im Izu-Andyland Aquarium sowie in Zürich (RUIZ et al. 1980, CASARES et al. 1995, CHIDA 1998).

Temperatur

Die Raumtemperatur beträgt

- in St. Catherines Island mindestens 10 °C - im Dreher Park Zoo mindestens 24 °C - in Zürich 24 - 28 °C

- im Izu-Andyland Aquarium über 24 °C - im Hirakawa Zoo 10 - 17 °C

(TUCHAK u. ELLIS 1979, BEHLER u. VALENZUELA 1983, CASARES et al. 1995, CHIDA 1998, TERAHARA u. MORIYAMA 1998).

Als Wärmequellen dienen Bodenheizung, Raumheizung und Infrarot-Lampen. In Zürich wird in Bodennähe ein Temperaturgradient von 24 - 32 °C erzielt. In St. Catherines Island beträgt die Bodentemperatur mindestens 27 °C und im Hirakawa Zoo mindestens 20 °C (BEHLER u. VALENZUELA 1983, CASARES et al. 1995, TERAHARA u. MORIYAMA 1998).

Luftfeuchte

Angaben zur Luftfeuchtigkeit werden von keinem Autor gemacht.

Licht und Beleuchtung

Um eine möglichst hohe Lichtintensität auch im Winter zu erreichen, ist in einigen Haltungen das Dach des Riesenschildkrötenhauses mit Fenstern ausgestattet (BEHLER u. VALENZUELA 1983, CASARES et al. 1995, CHIDA 1998). Aus den anderen Haltungen fehlen Angaben zur Beleuchtung im Innengehege.

Messungen der Lichtintensität in Zürich (lichtdurchlässiges Dach) ergaben jedoch eine Erniedrigung der Lichtintensität um 42 % an sonnigen Tagen und 69 - 80 % an bewölkten Tagen. Weibchen mit heranreifenden Eiern sind nach LICHT (1972) besonders wärmebedürftig. In der Annahme, dass trotz Bodenheizung und lichtdurchlässigem Dach die Tiere zusätzliche Wärme– und Lichtreize benötigen, wurde 1988 in Zürich ein Strahlersystem installiert, welches als zusätzliche Wärme–

und Lichtquelle dient (CASARES et al. 1995).

UV-Bestrahlung

Eine regelmäßige UV-Bestrahlung wird von CASARES et al. (1995) für die Züricher Haltung erwähnt. Das installierte Strahlersystem kombiniert Infrarot- und UV-Quellen (Vita-Lites®). Den Schildkröten wird unter der Bestrahlungsanlage zweimal täglich Futter während einer Bestrahlungsdauer von je 30 Minuten angeboten. Die Strahler befinden sich in 2,5 m Höhe, so dass die Oberflächentemperatur des Carapax 32 °C nicht überschreitet.

Im Izu-Andyland Aquarium sind Vollspektrum-Strahler (True light®) installiert, Angaben zu Bestrahlungsdauer und Frequenz werden nicht gemacht (CHIDA 1998).

2.3.1.1.4 Management

Um die Aktivität der Tiere zu fördern, wird in Zürich und im Sedgwick County Zoo Futter an mehreren Stellen verteilt angeboten (CASARES et al. 1995, WEISS 2000).

Außerdem sollen in Zürich zusätzliche Licht- und Wärmequellen für die Erhöhung der Tagesaktivität im Winter sorgen (HONEGGER 1998). Im LFBS Seffner werden die Tiere zweimal jährlich in ein anderes Außengehege umgesetzt (Wechselbeweidung).

Weiterhin werden dort gelegentlich innerhalb des Geheges Strukturen verändert. Auf diese Weise wird die Bewegungsaktivität der neugierigen Tiere stimuliert. Im Sedgwick County Zoo werden Geochelone gigantea sogar auf Targets - ein Tennisball auf einem Stock - trainiert. Als Belohnung für das Berühren des Targets werden sie gestreichelt oder erhalten Futter (Möhren). So sind bei einem Tier sogar Blutentnahmen möglich, wenn es sich aufstellt und den Target berührt. Außerdem soll das Einreiben der Tiere mit Feuchtigkeitsmilch zum Wohlbefinden beitragen (WEISS 2000). Auf die von wenigen Haltern praktizierte Geschlechtertrennung wird im Kapitel 2.3.2.3 eingegangen.