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Beschreibung der Transaktion Zahlungen für Naturschutz im Wald

C Empirische Analyse

7 Agency-Analyse der Zahlungen für Naturschutz im Wald

7.1 Beschreibung der Transaktion Zahlungen für Naturschutz im Wald

Allgemeine Risiken

Beim Abschluss langfristiger Verträge treten einige Risiken auf, die sowohl den Prinzipal als auch den Agenten treffen können. Eine Verschiebung der Hauptlast des jeweiligen Risikos zwischen den Akteuren ist durch eine entsprechende Vertragsgestaltung möglich. Folgende zwei Risiken sind für ZNW besonders relevant:

(1) Marktrisiko: gemeint ist das Risiko finanzieller Verluste durch Änderung der Marktpreise.

Im konkreten Fall kann das heißen, dass der Waldbesitzer sich z. B. verpflichtet, eine be-stimmte Menge Totholz für einen Zeitraum von 20 Jahren vorzuhalten. Dafür bekommt er eine Zahlung von x Euro, die sich an den aktuellen Holzpreisen orientiert. In der Vertragszeit steigt der Brennholzpreis nun um das 10fache. D. h., die Opportunitätskosten des Waldbe-sitzers für die Totholzerhaltung steigen. Die Zahlungen für die von ihm erbrachten Natur-schutzleistungen steigen aber nicht. Anders herum wäre es denkbar, dass die Holzpreise in-nerhalb des Verpflichtungszeitraumes deutlich sinken. Der Fördermittelgeber könnte die gleiche Totholzmenge orientiert an dann aktuellen Holzpreisen für deutlich weniger Geld bekommen. Die Zahlungen verändern sich trotzdem nicht. Das Marktrisiko tragen somit sowohl Agent als auch Prinzipal. Dem Risiko kann durch die Aufnahme einer Preisgleitklau-sel, die beispielsweise an die Entwicklung der Brennholzpreise gebunden ist, begegnet wer-den.

(2) Produktionsrisiko: gemeint sind die Risiken, die das zu erstellende Produkt betreffen. An-gewendet auf das Beispiel Naturschutz im Wald heißt das, es ist nicht gesichert, ob mit der umgesetzten Maßnahme langfristig tatsächlich das angestrebte Naturschutzziel erreicht wird. Je nach Vertragsgestaltung liegt dieses Risiko mehr beim Agenten oder beim Prinzipal.

In der aktuellen maßnahmenbezogenen Förderung liegt dieses Risiko stärker beim Prinzipal.

In der Forstwirtschaft sind diese Risiken aufgrund der Langfristigkeit der Produktionszyklen sonders schwer zu überschauen. Diese Risiken sind bei der Vertragsgestaltung besonders zu be-achten; insbesondere aus dem Blickwinkel der Akzeptanz von Fördermaßnahmen.

Förderverfahren

In Kapitel 4.1.2 ist die Prinzipal-Agent-Beziehung bei der Umsetzung der ZNW bereits dargestellt worden. In der Haupttransaktion steht der Prinzipal als Fördermittelgeber vielen Agenten (Wald-besitzern) als Fördermittelnehmer gegenüber. Diese Haupttransaktion soll im Folgenden näher beschrieben werden. Grundlage der Beschreibung ist der Ablauf des Förderverfahrens am Bei-spiel Nordrhein-Westfalens (Landesbetrieb Wald und Holz NRW, 2009). Die Darstellung erfolgt aber möglichst verallgemeinernd, da der Ablauf vom Grundsatz her in allen Bundesländern ähn-lich ist.

In Abbildung 7 ist der allgemeine Verfahrensablauf der Förderung im ELER-Rahmen an der Schnittstelle Fördermittelempfänger (Waldbesitzer bzw. vertreten durch Betreuungsförster) – Fördermittelgeber (vertreten durch die Bewilligungsstelle) dargestellt. Das Förderverfahren star-tet erst nach der Antragstellung durch den Waldbesitzer. Dieser muss dazu einen vorgegebenen Antrag bei der zuständigen Bewilligungsstelle, als direkte Vertretung des Fördermittelgebers in Kontakt mit dem Waldbesitzer, stellen. Zur Antragstellung gehört das Beibringen diverser Belege (z.B. Eigentumsnachweis) bzw. Erklärungen („Kleingedrucktes im Antrag“), sowie der EU-Unternehmensnummer3. Die EU-Unternehmensnummer muss vor der erstmaligen Förderung bei der zuständigen Behörde angefordert werden. Der Waldbesitzer stellt den Antrag freiwillig. Die Maßnahme darf nicht vor Antragstellung und Bewilligung begonnen werden.

3 Die EU-Unternehmensnummer dient der eindeutigen Identifizierung von Antragstellern. Sie muss bei Beantragung aller Förder- und Ausgleichsmaßnahmen angegeben werden. So soll z. B. Doppelförderung verhindert werden.

Abbildung 7: Vereinfachter Verfahrensablauf forstliche Förderung an der Schnittstelle Bewilligungsstelle als Vertreter des Fördermittelgebers und Waldbesitzer als Fördermittelnehmer bzw. dessen Agent (Betreuungsförster)

Quelle: Eigene Darstellung.

Die möglichen Fördertatbestände sind in Förderrichtlinien veröffentlicht, auf deren Grundlage die Anträge gestellt werden. In den Richtlinien ist auch festgehalten, wer und was unter welchen Bedingungen gefördert wird. Teilweise sind die Fördergegenstände in Merkblättern oder Erlassen weiter spezifiziert.

Der Verfahrensablauf selbst ist ebenfalls in Dienstanweisungen und Erlassen genau festgelegt.

Das Verfahren wird durch Bestimmungen aus und Landesrecht definiert. Aufgrund der EU-Beteiligung ist das Förderverfahren in der Regel durch klar definierte Prüfpfade, Dokumentati-onspflichten aller Entscheidungen im Verfahren sowie eine Vielzahl an Kontrollen und Rückkopp-lungsschleifen gekennzeichnet (Fährmann et al., 2015a).

Nach Antragseingang wird zunächst die Verwaltungskontrolle Teil 1 durchgeführt. Das heißt, die Antragsakten werden auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit der Förderrichtlinie sowie forstfachliche Richtigkeit geprüft. Innerhalb der Verwaltung des Fördermittelgebers erfolgt au-ßerdem die Antragseingabe in das entsprechende EDV-System sowie die Mittelbewirtschaftung.

Erst dann kann es zur Bewilligung kommen.

Nach Erteilung der Bewilligung kann der Fördermittelnehmer die Maßnahme wie bewilligt, unter Einhaltung etwaiger Nebenbestimmungen, durchführen. Die Maßnahme muss innerhalb des Be-willigungszeitraums umgesetzt werden. Das kann z. B. bei ungünstiger Witterung ein Problem sein. Kommt es bei der Maßnahmendurchführung zu Änderungen gegenüber der Maßnahmen-beschreibung im Bewilligungsbescheid, sind diese beim Fördermittelgeber anzuzeigen. Je nach Art der Änderung reicht eine Mitteilung bei der Bewilligungsstelle oder es muss ein

Änderungsan-trag eingereicht werden. Bis zur Bewilligung des ÄnderungsanÄnderungsan-trages müsste die Maßnahme ei-gentlich ruhen, was praktisch teilweise schwer umzusetzen ist.

Nach der Maßnahmendurchführung muss vom Fördermittelnehmer ein Verwendungsnachweis beim Fördermittelgeber eingereicht werden. Dem Verwendungsnachweis sind ebenfalls diverse Unterlagen beizufügen (Rechnungen, Kontoauszüge, usw.). Nach Eingang des Verwendungs-nachweises erfolgt die Inaugenscheinnahme (Verwaltungskontrolle Teil 2) der Maßnahme durch die Bewilligungsstelle, d. h. die Maßnahme wird vor Ort durch einen Förster (der nicht an der Maßnahmendurchführung beteiligt war) kontrolliert. Auf Grundlage des Verwendungsnachwei-ses erfolgen die Festlegung des tatsächlichen Förderbetrags und die Auszahlung an den Förder-mittelnehmer. Die Verwendungsnachweisdaten werden innerhalb der Verwaltung des Fördermit-telgebers in ein entsprechendes EDV-System übernommen. Die Auszahlung erfolgt durch die Hauptkasse der Landwirtschaftskammer (andere Bezeichnung in anderen Ländern). Ein Teil der Anträge muss zusätzlich einer Vor-Ort-Kontrolle unterzogen werden. Bei der Vor-Ort-Kontrolle werden die Verwaltungskontrolle Teil 1 und 2 gewissermaßen wiederholt. Bei Abweichungen der Flächengröße oder anderer zuwendungsrelevanter Sachverhalte, die über einer Toleranzgrenze liegen, werden Sanktionen verhängt. Innerhalb der Zweckbindungsfrist können noch weitere Kontrollen folgen. Mit den späteren Kontrollen innerhalb bzw. am Ende der Zweckbindungsfrist möchte der Fördermittelgeber den langfristigen Erfolg der Maßnahmen sichern.

Alle Maßnahmen, die im Rahmen von ELER gefördert werden, sind nach dem gleichem Schema umzusetzen. Es spielt keine Rolle, wie umfangreich die Maßnahmen sind. Mit „umfangreich“ ist hier sowohl der einzelne Förderfall als auch der Gesamtansatz der Maßnahmen im Entwicklungs-programm des jeweiligen Landes gemeint. Das führt dazu, dass kleine Maßnahmen relativ teuer sind, da die (hohen) Fixkosten relativ kleinen Fördersummen gegenüberstehen. Die forstliche Förderung hat in allen deutschen Bundesländern generell einen geringen Umfang am Finanzvo-lumen der Entwicklungsprogramme; die forstlichen Naturschutzmaßnahmen sind besonders ge-ring ausgestattet (dazu auch Kapitel 1). In der Folge sind die relativen Implementationskosten der forstlichen Maßnahmen insgesamt und der forstlichen Naturschutzmaßnahmen im speziellen sehr hoch. Die relativen Implementationskosten für Naturschutzmaßnahmen im Wald belaufen sich in der betrachteten Förderperiode (2007- 2013) in Nordrhein-Westfalen auf ca. 100 % der ausgezahlten Fördermittel4 (Fährmann et al., 2015a).

Aus der Beschreibung wird deutlich, dass das Verfahren auf häufige und standardisierte Wieder-holung angelegt ist. Der Fördermittelgeber hat in den Aufbau von (Ablauf-)Strukturen und EDV-Systeme investiert. Ein wichtiger Punkt im Verfahren ist die Kontrolle. An verschiedenen Stellen im Verfahren wird die antragsgemäße Umsetzung der Maßnahmendurchführung abgesichert. Der Fördermittelgeber versucht dadurch die Gefahr von Hidden action/information zu verhindern.

Diese Kontrolle ist sowohl auf den eigentlichen Agenten (Waldbesitzer) als auch auf die eigenen

4 D.h. für 1 Euro Förderung sind 1 Euro Verwaltungsaufwand nötig.

Strukturen ausgerichtet. Damit soll das Risiko des Missbrauchs von Fördermitteln möglichst mi-nimiert werden. Der Fördermittelgeber setzt auf Kontrollmechanismen, weniger auf Vertrauen.

Die Kontrollschleifen setzen für einen reibungslaufen und effizienten Ablauf standardisierbare Maßnahmen voraus. Forstliche Maßnahmen, Naturschutzmaßnahmen im Besonderen, haben dabei das Problem, nur schwer standardisierbar zu sein, da sie stark von externen Faktoren be-einflusst werden (z. B. spezifischer Standort und Wetter).Die Kontrollen und das Monitoring be-ziehen sich aber überwiegend auf die finanzielle Abwicklung. Diese lässt sich im Vergleich zu der eigentlich mit den geförderten Maßnahmen angestrebten Wirkung (z. B. im Bereich der Biodiver-sität) leichter beobachten.

Die eben beschriebene Haupttransaktion wird teilweise durch eine Nebentransaktion ergänzt (Kapitel 4.1.2). In diesem Fall nimmt der Betreuungsförster des Waldbesitzers eine größere Rolle im Verfahren ein. Er informiert den Waldbesitzer über Fördermöglichkeiten, berät zu im Wald umsetzbaren Maßnahmen, bereitet teilweise auch den Förderantrag stark vor, überwacht und organisiert die Maßnahmendurchführung und den Verwendungsnachweis. Der Betreuungsförster handelt in der Haupttransaktion also in unterschiedlich starkem Maße als Agent des Waldbesit-zers. An den einzuhaltenden Verfahrensabläufen ändert sich dadurch aber nichts. Der Betreu-ungsförster darf auch nicht in den Bewilligungsprozess für die Maßnahmen der von ihm betreu-ten Fördermaßnahmen involviert sein.

Schlussfolgerungen aus der Agency-Analyse:

Für die weitere Analyse können folgende Kernpunkte herausgestellt werden:

• Zur Verhinderung des Auftretens von Moral Hazards ist das Verfahren von Kontrollstrukturen geprägt. Diese sind sowohl auf den Fördermittelnehmer als auch auf die Strukturen innerhalb des Fördermittelgebers gerichtet. Vertrauen spielt innerhalb des Förderverfahrens anschei-nend kaum eine Rolle.

• Es handelt sich um ein komplexes Verfahren, das nicht zwischen großen und kleinen Maß-nahmen unterscheidet. Die Folge sind hohe Implementationskosten auf Seiten des Fördermit-telgebers, insbesondere für kleine Maßnahmen.

• Die einzuhaltenden Fristen und Abläufe ermöglichen kaum Flexibilität bzw. Anpassung der Maßnahmenausführung an Betriebsabläufe (z.B. Pflanzung aufgrund von Witterung doch nicht im Herbst, sondern lieber im Frühjahr; Pflegearbeiten oder sonstige kleine Maßnahmen können schlecht in den normalen Betriebsablauf integriert werden, da vorherige Antragstel-lung nötig).

• Die Vorplanung der Maßnahmen hat eine große Bedeutung.

• Das Förderverfahren einschließlich der damit verbunden Vorgaben ist kein spezielles forstli-ches Verfahren, sondern ist von der landwirtschaftlicher Förderung übertragen.