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Beschäftigungsentwicklung

Tabelle 2.6: Anzahl abhängig beschäftigter Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und Bezieher

3.1 Beschäftigungsentwicklung

149 Die Gesamtbeschäftigung hat seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns kontinuierlich zugenom-men. Hinter dieser Gesamtentwicklung zeigen sich jedoch Unterschiede je nach Beschäftigungsform und für hoch und wenig vom Mindestlohn betroffene Wirtschaftszweige. Die ausschließlich geringfügige Beschäfti-gung ist im Jahr 2015 stark und in den Folgejahren schwächer, aber stetig zurückgegangen. Die sozialversi-cherungspflichtige Beschäftigung ist im Berichtszeitraum kontinuierlich gewachsen. Die vom Mindestlohn hoch betroffenen Wirtschaftszweige wuchsen unmittelbar nach der Einführung des gesetzlichen Mindest-lohns stärker als die wenig vom Mindestlohn betroffenen Wirtschaftszweige. Dieses Bild hat sich allerdings in der mittleren Frist umgekehrt. Ab Mitte des Jahres 2016 sind die Wachstumsraten der vom Mindestlohn hoch betroffenen Wirtschaftszweige geringer als diejenigen der wenig vom Mindestlohn betroffenen Wirtschafts-zweige.

150 Die ökonometrischen Kausalstudien bestätigen für die mittlere Frist die Untersuchungen zu den Einführungs-effekten des gesetzlichen Mindestlohns (Mindestlohnkommission 2018: 99ff.): Der Mindestlohn hatte einen

Rückgang der Anzahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten zur Folge. Dieser Effekt übersetzte sich in einen leichten Rückgang der Gesamtanzahl der Beschäftigten, die aus sozialversicherungspflichtig Beschäf-tigten und ausschließlich geringfügig BeschäfBeschäf-tigten besteht. Auf die sozialversicherungspflichtige Beschäfti-gung hatte der gesetzliche Mindestlohn dagegen keinen statistisch signifikanten bzw. lediglich einen geringen Effekt. Die vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns getroffenen Vorhersagen von substanziellen nega-tiven Beschäftigungseffekten durch den Mindestlohn (vgl. z. B. Knabe et al. 2014; Arni et al. 2014) sind somit jedenfalls bislang nicht festzustellen.

Info-Box 5: Arbeitsmarktdaten: Abgrenzung und Vergleichszeitraum

Die in diesem Bericht verwendeten Beschäftigungsdaten der Bundesagentur für Arbeit umfas-sen grundsätzlich nur sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte. Dazu gehören keine Beamten, Selbständigen oder mithelfenden Familienangehörige. Sie enthalten zudem weder Personen unter 18 Jahren noch Auszubildende, weil diese vom gesetzlichen Mindestlohn nicht unmittelbar betroffen sind. Nach § 22 Abs. 2 MiLoG sind Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung vom Mindestlohn ausgenommen. Da eine Unterscheidung nach Abschluss oder Nichtabschluss einer Berufsausbildung nicht möglich ist, werden hier alle Minderjährigen aus der Betrachtung ausgeschlossen. Auszubildende, die in einem betrieblichen Ausbildungsverhält-nis stehen, sind aufgrund von § 22 Abs. 3 MiLoG vom Mindestlohn ausgenommen. Sie stellen mit rund 1,5 Mio. Beschäftigten quantitativ die mit Abstand größte Personengruppe am Arbeitsmarkt dar, für die der gesetzliche Mindestlohn nicht gilt.

Mangels der Möglichkeit zur genauen Identifizierung sind in den Daten vormals Langzeitarbeits-lose in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung enthalten, obwohl sie vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen sind (§ 22 Abs. 4 MiLoG). Ihre Anzahl ist allerdings vernachlässigbar (vom Berge et al. 2016c, d). Bestimmte Praktika sind ebenfalls vom Mindestlohn ausgenommen.

Dazu zählen im Wesentlichen Pflichtpraktika und freiwillige Praktika mit einer Dauer von bis zu drei Monaten vor oder während einer Ausbildung (§ 22 Abs. 1 MiLoG). Personen, die Pflichtprak-tika ableisten, sind nicht in den Daten enthalten. Freiwillige PrakPflichtprak-tikantinnen und PrakPflichtprak-tikanten sind in den Daten enthalten, soweit es sich dabei um geringfügige, kurzfristige oder sozialver-sicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse handelt (Bossler et al. 2018: 70f.). Deren Grö-ßenordnung dürfte, relativ zur Gesamtanzahl der Beschäftigten, aber sehr gering ausfallen (vgl.

Konegen-Grenier und Winde 2017: 30).

Die hoch betroffenen Wirtschaftszweige entsprechen den 20 Wirtschaftszweigen mit den höchs-ten Anteilen an Beschäftighöchs-ten, die im Jahr 2014 einen Stundenlohn von unter 8,50 Euro ver-dienten (vgl. Info-Box 3). Anders als in den vorangegangenen zwei Berichten der Mindestlohn-kommission (2016, 2018) werden die Beschäftigten der Wirtschaftszweige, welche die Branchen abbilden, die nach § 24 Abs. 1 MiLoG bis Ende des Jahres 2017 vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen waren (sogenannte Ausnahmebranchen), den hoch betroffenen Wirtschaftszweigen zugerechnet – vorausgesetzt ihr Anteil an Beschäftigten, die im Jahr 2014 einen Stundenlohn von unter 8,50 Euro verdienten, rechtfertigt dies. In den vorangegangenen zwei Berichten waren die

Beschäftigten dieser Wirtschaftszweige sowie die Zeitungszustellerinnen und -zusteller den wenig betroffenen Wirtschaftszweigen zugeordnet, da sie aufgrund der Übergangsregelung zu diesem Zeitpunkt nicht vom gesetzlichen Mindestlohn erfasst waren. Durch die leicht veränderte Zusam-mensetzung der Gruppe der hoch betroffenen Wirtschaftszweige weichen die Ergebnisse der Zeit-reihenanalysen im vorliegenden Bericht geringfügig von den Befunden der ersten beiden Berichte der Mindestlohnkommission ab.

Info-Box 6 dokumentiert die Beschäftigungsentwicklung in den Wirtschaftszweigen, welche die Ausnahmebranchen abbilden, um Effekte der Übergangsregelung zu analysieren. Im Rahmen der Übergangsregelung haben die betroffenen Branchen einen allgemeinverbindlichen tariflichen Mindestlohn gezahlt, der zumindest für einen Teil des Zeitraums oder einen Teil der Beschäftigten des Wirtschaftszweiges unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns lag.

Für Vergleiche im Zeitverlauf wurden mehrheitlich Jahresvergleiche auf Basis des Monats April vorgenommen. In wenigen Fällen wurden Quartals- oder Jahresdurchschnitte gewählt. Der Monat April wurde genutzt, um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Sondereffekten in den Daten zu verringern, die aus Vorzieheffekten im Jahr 2014 oder der graduellen Umsetzung in der Einführungs- und Erhöhungsphase zu Beginn der Jahre 2015, 2017 und 2019 resultieren kön-nen. Für das Jahr 2019 wurde die Dokumentation der Beschäftigungsentwicklung entweder mit-tels Quartalswerten bis Juni 2019 oder anhand von Vorjahresvergleichen zum Monat April durch-geführt, da zum Zeitpunkt der Berichtslegung Durchschnittswerte für das Gesamtjahr 2019 in der Beschäftigtenstatistik noch nicht vorlagen.

151 Der Zeitraum seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ab Jahresbeginn 2015 ist von einer kontinuierli-chen Zunahme der Gesamtbeschäftigung, d. h. der Summe aus sozialversicherungspflichtiger und ausschließ-lich geringfügiger Beschäftigung, geprägt (Abbildung 3.1). Sie stieg zwischen dem ersten Quartal 2013 und dem zweiten Quartal 2019 von 32,7 Mio. auf 36,5 Mio. Beschäftigte. Eine Abnahme des Beschäftigungsni-veaus ist weder nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2015 noch infolge einer der Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns zu Beginn des Jahres 2017 und zu Beginn des Jahres 2019 in den deskriptiven Daten zu erkennen.

152 Die Wachstumsraten der Gesamtbeschäftigung unterscheiden sich in ihrer Dynamik zwischen West-und Ostdeutschland insbesondere nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 (Abbildung 3.2). Das Beschäftigungswachstum betrug im Jahr 2015 mit rund 0,7 Prozent in Ostdeutsch-land nur knapp die Hälfte des Wachstums von rund 1,5 Prozent in WestdeutschOstdeutsch-land. Ein Großteil der Dif-ferenz geht auf den stärkeren Rückgang der ausschließlich geringfügigen Beschäftigung in Ostdeutschland im Vergleich zu Westdeutschland zurück. Während diese im Westen um 2,5 Prozent sank, fiel sie im Osten um 6,7 Prozent (vgl. Anhangtabelle A.3). Im Jahr 2017, dem Jahr der ersten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, ist dagegen kein auffallender Unterschied in den Wachstumsraten zwischen Ost- und West-deutschland zu erkennen. Im Jahr 2019, als die zweite Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns in Kraft trat, fiel das Beschäftigungswachstum deutlich schwächer, d. h. um rund einen halben Prozentpunkt geringer aus als in den Vorjahren. Das gilt für Ost- und Westdeutschland gleichermaßen.

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