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Zur beruflichen Handlungskompetenz als Leitziel der Wirtschafts- Wirtschafts-didaktik Wirtschafts-didaktik

2. Zu den wirtschafts- und gründungsdidaktischen Grundlagen der Entwicklung unternehmerischer Persönlichkeiten der Entwicklung unternehmerischer Persönlichkeiten

2.1 Zur Wirtschaftsdidaktik als theoretischer Rahmen für die Pla- Pla-nung und Gestaltung von Qualifizierungsangeboten im Pla-nung und Gestaltung von Qualifizierungsangeboten im

2.1.2 Zur beruflichen Handlungskompetenz als Leitziel der Wirtschafts- Wirtschafts-didaktik Wirtschafts-didaktik

Die Kategorie einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz gilt als etabliertes Leitziel der Wirtschaftsdidaktik.65 Euler/Hahn konstatieren, dass sich die Wirtschaftsdi-daktik im Kern „mit dem Erwerb bzw. der Erweiterung von Handlungskompetenzen [be-schäftigt], wobei diese so stabil verfügbar sein sollen, dass sie in sozio-ökonomischen Lebenssituationen angewendet werden sollen“66. Aus den beiden Praxisbezügen der Wirtschaftsdidaktik leiten Euler/Hahn mit der beruflichen Handlungskompetenz eine un-mittelbare Zielvorstellung für die Wirtschaftsdidaktik ab, wie die folgende Abbildung ver-anschaulicht.67

Abbildung 3: Wirtschaftsdidaktische Begriffszusammenhänge68

Im wissenschaftlichen Kontext gibt es sehr heterogene Ansichten darüber, was den Kompetenzbegriff kennzeichnet,69 aber obwohl weder zwischen noch in einzelnen Dis-ziplinen ein einheitliches Verständnis des Begriffs Kompetenz erkennbar ist, hat er in den letzten Jahren zunehmende Verwendung und Verbreitung erfahren.70 Weinberg

65 Vgl. bspw. Bader (2000, S. 211) und Neef (2005, S. 155).

66 Euler/Hahn (2014, S. 82).

67 Vgl. Euler/Hahn (2014, S. 82).

68 Entnommen aus Euler/Hahn (2014, S. 82).

69 Vgl. Bunk (1994, S. 9).

70 Vgl. Geißler/Orthey (1993).

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finiert Kompetenz wie folgt: „Unter Kompetenz werden alle Fähigkeiten, Wissensbe-stände und Denkmethoden verstanden, die ein Mensch in seinem Leben erwirbt und betätigt. Gleichgültig, wann, wo und wie Kompetenzen erworben werden, fest steht, sie ermöglichen es dem Menschen, sein Leben selbstbestimmt und in Eigenverantwortung zu führen. Mit dem Kompetenzbegriff werden diejenigen Fähigkeiten bezeichnet, die den Menschen sowohl in vertrauten als auch in fremdartigen Situationen handlungsfähig ma-chen.“71 Im heutigen Kompetenzverständnis kommt der Selbstorganisationsfähigkeit, also der Fähigkeit, neue Herausforderungen in einer selbstorganisierten Form zu bewäl-tigen, eine besondere Bedeutung zu. In diesem Sinne definiert Kappelhoff: „Kompeten-zen sind evolutionär entstandene, generalisierte Selbstorganisationsdispositionen kom-plexer, adaptiver Systeme – insbesondere menschlicher Individuen – zu reflexivem, kreativem Problemlösungshandeln im Hinblick auf allgemeine Klassen von komplexen, selektiv bedeutsamen Situationen.“72

Im hier relevanten wirtschaftsdidaktischen Kontext steht das Konstrukt der Handlungs-kompetenz als übergreifende Zielkategorie beruflicher Qualifizierungskonzepte im Mit-telpunkt der Betrachtung.73 Nach Euler versteht man unter Handlungskompetenzen

„Wissen, Einstellungen und Fertigkeiten, die sich ein Mensch aneignet und die ihn zum Handeln in praktischen Lebenssituationen befähigen. Sie bezeichnen das innere Poten-zial, Anforderungen aus praktischen Lebenssituationen zu bewältigen.“74

Bader/Müller definieren die berufliche Handlungskompetenz als "die Fähigkeit und Be-reitschaft des Menschen, in beruflichen, privaten und gesellschaftlichen Situationen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln (…), die gefundenen Lösungen zu bewerten und seine Handlungsfähigkeit weiterzuentwickeln"75. Diese Ausrichtung des Konzepts nicht nur auf den beruflichen Wirkungsraum, sondern auch auf die privaten und gesellschaftlichen Lebensbereiche hat dazu geführt, dass ihm in der neueren wirtschaftsdidaktischen Literatur eine hohe Bedeutung zugemessen wird.76

Zu dieser Bedeutung führt auch das Verständnis von Handeln aus einer ganzheitlichen Perspektive, die alle die menschliche Persönlichkeit kennzeichnenden Potenziale und

71 Weinberg (1996, S. 213).

72 Kappelhoff zitiert nach Lang-von Wins/Rosenstiel (2005, S. 303).

73 Vgl. hierzu Braukmann (2001, S. 82 f.).

74 Euler (2005, S. 259). Vgl. auch Winther (2010, S. 47), Schwadorf (2005, S. 63 ff.) und Verstege (2005, S. 92 ff.).

75 Bader/Müller (2002, S. 176).

76 Vgl. Voth (2009, S. 98).

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Fähigkeiten einschließt.77 Diese ganzheitliche Perspektive führt zu einem Bildungsver-ständnis der Zielkategorie der beruflichen Handlungskompetenz, das eine umfassende Entwicklung des Menschen fördert und „auf die umfassende Konzeption der handlungs-orientierten Didaktik rekurriert.“78

Die berufliche Handlungskompetenz beinhaltet verschiedene Teilkompetenzen, die in der Literatur teilweise unterschiedlich strukturiert werden. Nach Verstege sind in der be-rufs- und wirtschaftspädagogischen Literatur vor allem dreidimensionale Modelle vorzu-finden, wobei sich in fast allen Modellen die Fach-/Sachkompetenz und die soziale Kom-petenz finden.79 Sachkompetenz, die synonym auch als Fachkompetenz bezeichnet wird, kann dabei definiert werden als „Fähigkeit und Bereitschaft, Aufgaben- und Prob-lemstellungen selbständig, fachgerecht und unter Beachtung bindender Normen und Vorschriften sowie methodengeleitet zu bearbeiten und das Ergebnis zu beurteilen".80 Sozialkompetenz wird als „Fähigkeit und Bereitschaft, sich mit anderen […] rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und sich gruppen- und beziehungsorien-tiert zu verhalten“81 verstanden.

In vielen (älteren) Ansätzen werden die beiden Dimensionen häufig um die Metho-denkompetenz ergänzt,82 die nach Bader definiert werden kann als „Fähigkeit und Be-reitschaft zu zielgerichtetem, planmäßigen Vorgehen bei der Bearbeitung beruflicher Aufgaben und Probleme"83. Eine derartige Binnendifferenzierung der Handlungskompe-tenz in Fach-, Methoden- und SozialkompeHandlungskompe-tenzen, nimmt bspw. Halfpap mit der Qualifi-kations- und Kompetenzstruktur der beruflichen Handlungsfähigkeit vor, wie die nachfol-gende Abbildung veranschaulicht.84

77 Vgl. Euler (2005, S. 259).

78 Braukmann (2001, S. 85).

79 Vgl. Verstege (2005, S. 93).

80 Bader (1991, S. 443).

81 Wilsdorf (1991, S. 43).

82 Vgl. bspw. Ott (2011, S. 201) oder Frey (2002, S. 142).

83 Bader (1991, S. 443).

84 Vgl. Westerfeld (2004, S. 123) sowie Verstege (2005, S. 93).

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Abbildung 4: Qualifikations- und Kompetenzstruktur der beruflichen Handlungs- fähigkeit in Anlehnung an Halfpap85

Vor allem neuere Beiträge ergänzen die Sach- und Sozialkompetenzen eher um die Selbstkompetenz, die auch als Personal- oder Humankompetenz bezeichnet wird.86 Diese kann definiert werden als „Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, als Indivi-duum die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen in Beruf, Familie und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabun-gen zu entfalten sowie Lebenspläne zu fassen"87.

Dieser Dreiteilung soll auch in der vorliegenden Arbeit gefolgt werden. Für den hier fo-kussierten Bereich lässt sich konstatieren, dass klassische Weiterbildungsseminare vor allem fachliche und methodische Kompetenzen fördern sollen, während der Fokus bei persönlichkeitsbezogenen Seminaren eher im Bereich der Selbstkompetenzen liegt.88

85 Westerfeld (2004, S. 124) in Anlehnung an Halfpap (1992, S. 143).

86 Vgl. bspw. Bader/Müller (2002, S. 177), Jungkunz (1995, S. 59 ff.).

87 Bader/Müller (2002, S. 178).

88 Vgl. Graf/Klein (2001, S. 162).

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Diese Kompetenzen können nach Euler/Hahn in unterschiedlichen Handlungsdimensio-nen auftreten und wirksam werden. Sie unterscheiden hier die DimensioHandlungsdimensio-nen des Erken-nens, des Wertens und des Könnens.89 Der Zusammenhang von Kompetenzbereichen und Handlungsdimensionen wird durch die folgende Abbildung veranschaulicht.

Abbildung 5: Kompetenzbereiche und Handlungsdimensionen als Grundlage für die Bestimmung von Lernzielen90

Bei der Dimension Erkennen stehen kognitive Handlungsschwerpunkte im Vordergrund.

Hier existiert Wissen, das unterschiedliche Ausprägungen haben kann. In der Dimension des Wertens wird eine bestimmte Einstellung gegenüber Dingen oder Personen einge-nommen, während in der Dimension des Könnens vor allem das handhabend-gestal-tende Wissen angesprochen wird, das auch als Fertigkeit zur Anwendung von Wissen bezeichnet werden kann.91

Der Erwerb und Ausbau von Handlungskompetenzen kann zielgerichtet durch Lernen oder durch nicht intentionale Sozialisationsprozesse erfolgen.92 Euler/Hahn definieren

89 Vgl. Euler/Hahn (2014, S. 142 f.).

90 In sehr enger Anlehnung an Euler/Hahn (2014, S. 144).

91 Vgl. hierzu ausführlich Euler/Hahn (2014, S. 143 f.).

92 Vgl. Euler/Hahn (2014, S. 87).

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dabei Lernen als „zielgerichtete, relativ stabile Erweiterung beziehungsweise den erst-maligen Erwerb von Handlungskompetenzen“93. Die Wirtschaftsdidaktik fokussiert zu-meist allerdings auf die zielgerichteten Lernprozesse.94 Euler/Hahn beziehen auch die Sozialisation in ihren ganzheitlichen Ansatz mit ein und definieren Lehren als „gezielte Unterstützung beim Erwerb von Handlungskompetenzen“ wobei sich das Lehren in Lern- oder Sozialisationsprozessen vollziehen kann.95 Auch Schneider konstatiert, dass die wachsende Bedeutung des informellen Lernens, womit alle Selbstlernprozesse außer-halb formaler Bildungsinstitutionen gemeint sind, deutlich macht, „dass bei der Betrach-tung beruflicher Handlungskompetenzen der Blick über den pädagogischen Schutzwall von Unterrichtsräumen und auf alle Bereiche der beruflichen und außerberuflichen Wir-kungsräume geweitet werden muss“96.

Für die Weiterentwicklung der Disziplin Wirtschaftsdidaktik, gerade auch hinsichtlich der Erreichung anspruchsvoller Lernzielkomplexe, wie der im Rahmen der vorliegenden Ar-beit fokussierten Entwicklung unternehmerischer Persönlichkeit, ist diese ganzheitliche Sichtweise unter Einbezug von Lern- und Sozialisationsprozessen notwendig und ziel-führend.97 Die hier im Fokus stehenden persönlichkeitsbezogenen Entwicklungsmaß-nahmen für Existenzgründer aus der Arbeitslosigkeit sollen (im weiteren Sinne) dem Leit-ziel der beruflichen Handlungskompetenz verpflichtet sein.

Bislang beschränkt sich diese Weiterentwicklung allerdings nur auf wenige innovative Ansätze wie bspw. das ‚Modell der Lernschritte in der Entwicklung von Sozialkompeten-zen‘ von Euler/Hahn98, so dass die Wirtschaftsdidaktik allein nicht in der Lage scheint, eine ganzheitliche unternehmerische Persönlichkeitsentwicklung theoretisch zu fundie-ren.99 Nichtsdestotrotz stellen die wirtschaftsdidaktischen Paradigmen des Lehrens und Lernens, sowie die Modelle zur Planung und Gestaltung von Lehr/Lernsituationen die zentrale referenztheoretische Grundlage insbesondere für mikrodidaktische Aspekte zur Planung und Gestaltung von Lehr-/Lernsituationen dar und sollen im Folgenden darge-legt werden.

93 Euler/Hahn (2014, S. 87). Als relativ stabil gelten Handlungskompetenzen nach Euler/Hahn dann, wenn sie auf mittlere Sicht konstant sind oder eine gewissen Kontinuität besitzen, also z.B. nach Prü-fungen noch vorhanden sind.

94 Vgl. Schneider (2011, S. 52).

95 Vgl. teilweise wörtlich Euler/Hahn (2014, S. 87).

96 Schneider (2011, S. 53).

97 Vgl. Schneider (2011, S. 54).

98 Vgl. Euler/Hahn (2014, S. 488).

99 Vgl. Schneider (2011, S. 54).

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2.1.3 Zu den lerntheoretischen Hintergründen und prinzipiengeleiteten

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