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Die Bedeutung und der Hintergrund von Kooperationen in der

8. Zusammenfassung und Ausblick

8.4. Schlussbetrachtung

3.3.1. Die Bedeutung und der Hintergrund von Kooperationen in der

Die Biotechnologiebranche ist seit ihrem Beginn durch eine große Anzahl von Kooperationen37 geprägt (Rothaermel, 2001a; Barbanti et al., 1999; Sharp, 1999; Powell et al., 1999; Pisano, 1991; Shan, 1990). Daher resultieren biotechnologische Innovationen i.d.R.

aus dem Zusammenspiel einer Vielzahl von Beteiligten, zu denen u.a. Universitäten und Forschungsinstitute, sowie junge Biotechnologie- und etablierte Pharmaunternehmen gehören (Mytelka, 1999).

37 Unter einer Kooperation wird "die auf stillschweigender oder vertraglicher Vereinbarung beruhende Zusammenarbeit zwischen rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen" verstanden (Rüdiger, 1998: S.26). Existieren Beziehungen zwischen mehr als zwei Unternehmen, wird auch der Begriff des Netzwerks verwendet (Biemans, 1998). In diesem Zusammenhang stellt die Lizenzierung eine bestimmte Kooperationsform dar (Forrest, 1990). Ein detaillierte Einordnung der Lizenzierung in den Kontext der Unternehmenskooperation erfolgt in Abschnitt 3.3.3.

Beispiele für Kooperationen zwischen jungen Biotechnologie- und etablierten Pharmaunternehmen, bei denen eine Aufteilung von Entwicklung und Vermarktung stattfindet, sind in Unterabschnitt 3.1.3 für biotechnologische Blockbuster-Präparate in Tabelle 6 dargestellt.

Hintergrund der hohen Bedeutung von Kooperationen in der Biotechnologiebranche ist die Entwicklung der modernen Biotechnologie und die damit einhergehenden Veränderung der Wirkstoff-Forschung und des pharmazeutischen Innovationsprozesses (vgl. hierzu und im Folgenden die Abschnitte 3.1.1 und 3.2.2). Die Entwicklung der modernen Biotechnologie stellt eine technologische Diskontinuität dar, die insbesondere den Bereich der Wirkstoff-Forschung stark veränderte. Diese Veränderungen wurden von neugegründeten Biotechnologieunternehmen vorangetrieben und fanden außerhalb der etablierten Pharmaindustrie statt. Gleichzeitig blieben die der Wirkstoff-Forschung nachgelagerten Wertschöpfungsstufen, wie die klinische Entwicklung, die Zulassung durch staatliche Regulierungsbehörden, sowie das Marketing und der Vertrieb von diesen Veränderungen weitgehend unberührt (Pisano und Mang, 1993). Die Biotechnologie kann daher hinsichtlich ihres Einflusses auf die Wirkstoff-Forschung als kompetenzzerstörend charakterisiert werden (Tushman und Anderson, 1986). In nachgelagerten Wertschöpfungsschritten blieben etablierte Kompetenzen dagegen bestehen, so dass die Biotechnologie im Rahmen des Innovationsmodells von Abernathy und Clark als revolutionäre Neuerung eingeordnet werden kann (Abernathy und Clark, 1985).

Da der gesamte Entwicklungsprozess von Arzneimitteln sehr kostenintensiv, langwierig und risikoreich ist, werden hohe Integrationsbarrieren für junge Biotechnologieunternehmen aufgebaut (vgl. Unterabschnitt 3.2.3). Während junge Biotechnologieunternehmen daher eine Vielzahl neuer Technologien und Produktmöglichkeiten entwickeln, verfügen etablierte Pharmaunternehmen nach wie vor über die komplementären Ressourcen und die finanziellen Mittel, die für eine erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung notwendig sind (Pisano, 1991), so dass sich Kooperationen mit etablierten Pharmaunternehmen für junge Biotechnologie anbieten.

Über die Finanzierung der Weiterentwicklung und den Zugang zu komplementären Ressourcen hinaus, ermöglichen kooperative Strategien die Überwindung weiterer, spezifischer Probleme von Jungunternehmen, die sich aus deren Neuheits- und

Größenhandicap38 ergeben (Aldrich und Auster, 1986): Kooperationen mit etablierten und bekannten Unternehmen erhöhen den Bekanntheitsgrad eines jungen Unternehmens und schaffen Vertrauen in dessen Qualität, sowie in dessen technologische Basis (Stuart et al., 1999). In diesem Zusammenhang wird auch von der externen Validierung der Technologie durch die Partnerschaft gesprochen. Des Weiteren können junge Unternehmen von der Erfahrung eines etablierten Partners profitieren, von diesem Partner lernen, und sich durch einen Erfahrungsaustausch weiterentwickeln (Powell et al., 1996; Doz, 1996; Kogut, 1988).

Aus der Sicht junger Biotechnologieunternehmen liegt daher die kooperative Zusammenarbeit mit etablierten Pharmaunternehmen als Innovationsstrategie nahe. Im umgekehrten Fall bieten Kooperationen etablierten Pharmaunternehmen die Möglichkeit an neuen Technologien und Produktmöglichkeiten zu partizipieren. Etablierte Unternehmen der pharmazeutischen Industrie stehen unter einem sehr hohen Innovationsdruck. Die Anzahl der sich in der Entwicklung befindlichen, eigenen Produktkandidaten reicht nicht aus, um den Umsatzverlust, der durch das Auslaufen des Patentschutz von bereits vermarkteten Medikamente resultiert, zu kompensieren. Daher können etablierte Pharmaunternehmen die angestrebten Wachstumsziele in vielen Fällen nicht aus eigener Kraft erfüllen39 (Drews, 1998). Durch die Einlizenzierung neuer Produktkandidaten kann dieser Innovationsdruck gemindert und das eigene Entwicklungsportfolio40 ergänzt werden (Ollig, 2002).

Darüber hinaus erhalten etablierte Unternehmen durch die Kooperation mit jungen Unternehmen Zugang zu deren hochqualifizierten Wissenschaftlern, die von der attraktiven Arbeitsumgebung junger Unternehmen angezogen werden (Pisano, 1991). Weiterhin können auf einem Gebiet, auf dem eine Vielzahl neuer Technologie- und Produktansätze entstehen, nicht alle Ansätze intern verfolgt werden. Vor diesem Hintergrund erlauben Kooperationen die Beteiligung an einer Reihe neuer Innovationen bei gleichzeitig limitiertem Risiko, da im Falle des Scheiterns ein Teil des finanziellen Risikos durch weitere Investoren abgedeckt ist (Zumbroich et al., 1994).

38 Die englischen Bezeichnungen für das Neuheits- und Größenhandicap sind "liability of newness" und "liability of smallness" (vgl. hierzu Baum, 1996; Hannan und Freeman, 1984; Freeman et al., 1983; Stinchcombe, 1965).

39 In diesem Zusammenhang wird auch vom "NCE-Gap" gesprochen, das die Lücke zwischen benötigten und den sich in der Entwicklung befindlichen neuen Medikamenten bezeichnet.

40 Das Entwicklungsportfolio, das alle sich in der Entwicklung befindlichen Medikamente eines Pharmaunternehmen umfasst, wird auch als Produktpipeline bezeichnet.

Aus diesen Gründen sind Kooperationen mit Biotechnologieunternehmen auch für etablierte Unternehmen erforderlich und attraktiv sind. So weisen jüngste Untersuchungen in diesem Zusammenhang nach, dass die Innovationsstärke von etablierten Pharmaunternehmen positiv mit deren Kooperationstätigkeit im Bereich der Biotechnologie korreliert ist (Rothaermel, 2001b; Rothaermel, 2001a). Daher kommt es im Rahmen des biopharmazeutischen Innovationsprozess zu einer Arbeitsteilung zwischen jungen Biotechnologieunternehmen und etablierten Pharmaunternehmen, d.h. die moderne Biotechnologie hat zu einer Disintegration41 des biopharmazeutischen Innovationsprozesses geführt.

Vorklinsche

Phase Zulassung

Marketing und Vertrieb

Wirkstoff-Forschung

Klinische Phase I/II/III

3 – 6,5 Jahre ~6 Jahre 1 – 2,5 Jahre

Radikale Veränderungen durch

die moderne Biotechnologie Etablierter und stark regulierter Prozess, hohe Anforderungen an komplementäre Ressourcen

Kooperations-modell

Biotech/Pharma Start Expansion I Expansion II Biotechnologieunternehmen

Etabliertes Pharmaunternehmen Lizenzvergabe als

Kommerzialisierungsstrategie

Entwicklungs-dauer Kompetenzen

und Veränderungen

Maximaler Integrationsgrad

Abbildung 9: Illustrative Darstellung der Kooperation eines Biotechnologie- und eines Pharmaunternehmens. Quelle: Eigene Darstellung.

41 Die Disintegration oder Dekonstruktion der Wertschöpfungskette einer Industrie beschreibt die Auflösung bestehender Wertschöpfungsstrukturen, bei der die einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette auseinanderbrechen und in neuer Form zusammengesetzt werden (Evans und Wurster, 1997). Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung der Computerindustrie.

Während IBM bis Mitte der 60er Jahre die gesamte Wertschöpfungskette dieser Industrie beherrschte, entstanden in den 70er und 80er Jahren eine Vielzahl neuer Unternehmen, die heute einzelne Stufen der Wertschöpfung dominieren, wie beispielsweise Microsoft im Bereich der Betriebssysteme (vgl. Christensen, 2001). Die Telekommunikationsindustrie hat auf Grund der Deregulierung und neuer, technischer Entwicklungen (Internet und Mobiltelfon) eine ähnliche Entwicklung vollzogen.

Dies ist in Abbildung 9 beispielhaft dargestellt: Ein junges Biotechnologieunternehmen ist nach der Gründung zunächst im Bereich der Wirkstoff-Forschung tätig. Bei erfolgreichem Abschluss dieser Phase erfolgt die Expansion in den Bereich der vorklinischen und den Beginn der klinischen Entwicklung. Die Vorwärtsintegration des Biotechnologie-unternehmens stoppt auf einer bestimmten Stufe des Innovationsprozesses, die auch als maximaler Integrationsgrad bezeichnet wird, und das sich in der Entwicklung befindende neue Medikament wird an ein etabliertes Pharmaunternehmen weitergegeben. Im Rahmen dieses kooperativen Innovationsprozesses kommt es zu einem Technologietransfer zwischen zwei Unternehmen. Dieser wird in Form eines Lizenzvertrages vertraglich geregelt wird. Die Lizenzvergabe kann daher als vertraglich geregelter, und damit kontrollierter Technologietransfer bezeichnet werden, und für ein nicht vollständig integriertes