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3 Ausstattung und Zustand des Natura 2000-Gebiets

3.3.10 Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) [1323]

Erfassungsmethodik Detailerfassung Kartierjahr 2018

Die Bechsteinfledermaus wurde im FFH-Gebiet mittels Netzfängen und Nistkastenkontrollen nachgewiesen. Quartiere wurden zusätzlich durch die Besenderung und Telemetrie von zwei reproduktiven Weibchen ermittelt. Weiterhin wurden Daten der Arbeitsgemeinschaft Fleder-mausschutz und aus der Datenbank des Büros FrInaT ausgewertet. Zusätzlich wurden Nist-kästen im Gundelfinger Wald (am 19.06., 25.07., 21.08. und 18.09.2018, insgesamt 60) und an der Brugga bei Kirchzarten (23.07.2018, 4 Stück) kontrolliert.

Als Netzfangstellen wurden bevorzugte Jagdgebiete der Bechsteinfledermaus wie Altholzbe-stände mit geringer Bodendeckung oder auch Gewässer, die von den Tieren zum Trinken aufgesucht werden, ausgesucht. Die Orte wurden anhand einer Analyse von Luftbildern und der Auswertung von FOGIS-Daten vorausgewählt und dann vor Ort besichtigt. Dabei wurde darauf geachtet, dass sich diese Bereiche möglichst auch zum Nachweis des Großen Maus-ohrs und der Wimperfledermaus eignen. Insgesamt wurden fünf halbnächtliche Netzfänge (10.07., 12.07., 13.07., 17.07., 18.07., 23.07.18) und ein ganznächtlicher Netzfang (16.07.18) durchgeführt. Dabei kamen in der Regel 8 bis 10 Netze in unterschiedlichen Ausführungen zum Einsatz. Zur Erhöhung des Fangerfolgs wurde an jeder Netzfangstelle mindestens ein Sussex-Autobat als akustisches Lockmittel eingesetzt.

In zwei Nächten wurden bei Netzfängen reproduktive Weibchen gefangen (11.07. und 19.07.18). Die Tiere wurden in der ersten Nachthälfte gefangen, besendert und gleich wieder frei gelassen. Im weiteren Verlauf der Nacht wurden die Tiere mittels Radio-Telemetrie verfolgt und im Morgengrauen nach dem Einflug in eine Baumhöhle auch ihr Quartier ermittelt. Die Quartiernutzung der Sendertiere wurden an fünf darauffolgenden Tagen kontrolliert und es wurden parallele Ausflugszählungen zur Ermittlung der Koloniegröße durchgeführt.

Erhaltungszustand der Lebensstätte der Bechsteinfledermaus LS = Lebensstätte

Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheiten 1 1 1 3

Fläche [ha] 105,68 583,66 1537,32 2226,67

Anteil Bewertung von LS [%] 4,75 26,21 69,04 100

Flächenanteil LS am Natura 2000-Gebiet [%]

4,74 26,20 69,02 99,96

Bewertung auf Gebietsebene C

Beschreibung

Der optimale Lebensraum für Bechsteinfledermäuse setzt sich aus einem hohen Quartieran-gebot (Spechthöhlen und sonstige Baumhöhlen) im räumlichen Verbund, aus strukturreichen Waldbeständen mit weitgehend geschlossenem Kronendach und einem hohen Nahrungsan-gebot (Schmetterlinge, Zweiflügler) zusammen. Im Wirtschaftswald sind diese Bedingungen nahezu ausschließlich in Altholzbeständen gegeben, die nicht oder nur in geringem Umfang genutzt werden. Die höchsten Individuendichten werden in Südbaden in ehemaligen Eichen-Mittelwäldern festgestellt, die alte Eichen und einen hohen Kronenschlussgrad aufweisen.

Bei der Einteilung des FFH-Gebiets in Erfassungseinheiten wurde zunächst zwischen der überwiegend offenen Kulturlandschaft und Waldlebensräumen unterschieden. In der offenen Kulturlandschaft werden vor allem Obstwiesen und Hecken insbesondere im Spätsommer zur Jagd genutzt. In den Waldgebieten wurde zwischen der Kernlebensstätte (Gebiete mit den nachgewiesenen und weiteren potenziellen Quartieren und besonders gut geeigneten Jagd-gebieten in deren Nähe) und dem Jagdhabitat als weiterer Lebensstätte unterschieden. Als Jagdhabitat werden alle Waldlebensräume genutzt, wobei auch hier die Altholzbestände sowie die Bereiche mit offen Bodenflächen und Laubblänken, die auch für eine Bodenjagd genutzt werden können, von besonderer Bedeutung sind.

Der aktuelle Verbreitungsschwerpunkt der Bechsteinfledermaus im FFH-Gebiet liegt im Gun-delfinger Wald. Hier konnten bei allen Netzfängen Bechsteinfledermäuse, teilweise auch in größerer Anzahl gefangen werden. In zwei Fällen wurden reproduktive Weibchen besendert und telemetriert. Sie zeigten insgesamt drei Baumquartiere, die vermutlich zwei Wochenstu-benverbänden zuzuordnen sind. Ausflugszählungen erbrachten bei einem Quartier auf dem Gundelfinger Waldspielplatz am 12.07.2018 maximal 66 ausfliegende Tiere, wobei aufgrund des sehr warmen Sommers auch bereits einzelne Jungtiere darunter waren. Hier befindet sich in unmittelbarer Nähe ein weiteres genutztes Quartier, bei dem der Ausflug aber nicht einseh-bar ist. Ein weiteres Wochenstubenquartier konnte unweit des Elzdobels ebenfalls in einer Spechthöhle einer alten Eiche ermittelt werden. Hier wurden bei einer Ausflugszählung am 25.07.2018 40 Tiere gezählt. Auch wenn bereits erste Jungtiere bei den Zählungen mit erfasst wurden, handelt es sich um sehr große Wochenstubenkolonien. Vereinzelt nutzt die Bechst-einfledermaus auch Fledermaus-Nistkästen. Obwohl die etwa 60 Kästen teilweise bereits vor 20 Jahren aufgehängt und regelmäßig kontrolliert werden, gelangen erst in den letzten Jahren vereinzelte Nachweise von Bechsteinfledermäusen, die meisten bei den aktuellen Kontrollen in 2018. Am häufigsten wurden solitäre Männchen nachgewiesen, in diesem Jahr am 21. Au-gust zur Zeit der Auflösung der Wochenstuben erstmals auch ein Weibchen mit einem Jung-tier. Durch die Nistkastenkontrollen konnten weitere Waldgebiete als Kernlebensstätte belegt werden.

Diese sehr hohe Dichte von Bechsteinfledermäusen ist ein Beleg für die hohe Eignung des Gundelfinger Waldes und auch angrenzender Wälder als Lebensraum für die Bechsteinfleder-maus. Der Gundelfinger Wald zeichnet sich durch einen sehr hohen Altholzbestand insbeson-dere von alten Eichen aus. Der Wald wird vor allem als Erholungswald genutzt und von daher

stand seitens der Gemeinde Gundelfingen als Waldbesitzer in den letzten Jahren die Pflege und die Erhaltung der alten und imposanten Bäume im Vordergrund. So sind zum Teil noch großflächige Altholzbestände vorhanden, die hervorragende Quartiermöglichkeiten und auch Kern-Jaghabitate für die Bechsteinfledermaus und andere Waldfledermäuse darstellen. Das Sendertier, welches das Quartier nahe des Elzdobels bezog, nutzte neben Jagdhabitaten im Wald auch Obstwiesen auf der Gemarkung Gundelfingen an der Bahnlinie auf Höhe des Ma-lifikantenweges.

Ebenfalls ein wichtiger Lebensraum sind die Waldgebiete nördlich des Wildtales. Hier sind eher Mischwälder und Buchen-Eichenwälder ausgeprägt. In einzelnen Flächen finden sich auch hier ältere Bestände mit Quartierpotenzial. Bei einem Netzfang in einem Buchenbestand wurde ein juveniles Männchen gefangen. Aufgrund der relativen Nähe zu den bekannten Wo-chenstubenquartieren im Gundelfinger Wald könnte das Tier diesen zugeordnet werden. Es ist aber auch möglich, dass sich hier eine weitere Wochenstube der Art befindet.

Auch die Waldgebiete oberhalb Zähringens um die Zähringer Burg liegen noch im Aktionsraum der Kolonie des Waldspielplatzes in Gundelfingen, der mit ca. 1,5 Kilometer Radius um den Quartierbaum anzusetzen ist. Hier gibt es neben jüngeren Buchen- und Mischwäldern auch einige altholzreiche Waldbestände, die als Kernlebensstätte abgegrenzt wurden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Tiere der Gundelfinger Kolonie diesen Raum als Quartier- und Jagdge-biet nutzen. Bei einem Netzfang in der Nähe des Zähringer Stollens („Bombenloch“) wurde allerdings nur ein Männchen gefangen. In den Obstwiesen der Zähringer Höhe wurden bei anderen Untersuchungen in den letzten zwei Jahren auch mehrere Bechsteinfledermäuse ge-fangen, vor allem im Spätsommer, wenn die Tiere die Obstwiesen verstärkt zur Jagd nutzen.

Die als Kernlebensstätte ausgewiesenen Wälder weisen überwiegend sehr gut geeignete Quartier- und Jagdgebiete auf. Die Habitatqualität ist hier hervorragend – Wertstufe A. Ent-sprechend konnten hier auch Wochenstubenkolonien mit mehr als 25 Weibchen nachgewie-sen werden. Deshalb ist auch der Zustand der Population als sehr gut – Wertstufe A – zu beurteilen. Beeinträchtigungen der Habitatqualität durch die forstliche Nutzung sind hier eher gering bis mittel, da der Wald in großen Teilen als Erholungswald zurückhaltend bewirtschaftet wird – Wertstufe B.

Die restlichen Wälder im FFH-Gebiet stellen als weitere Lebensstätte ebenfalls ein Quartier- und Jagdgebiet der Bechsteinfledermaus dar, allerdings von geringerer Bedeutung.

In den Waldgebieten nördlich des Glottertales wurden bei den beiden Netzfängen keine Bech-steinfledermäuse nachgewiesen. Die Waldgebiete sind als Fortpflanzungsstätte nur in den un-teren Lagen geeignet, da die Bechsteinfledermaus als relativ wärmeliebende Fledermausart in Baden-Württemberg nur Wochenstuben in Höhen bis etwa 600 m ü.NN bildet. In diesen niedrigen Lagen finden sich im FFH-Gebiet allerdings nur sehr wenige und kleinflächige ältere Laubwaldgebiete, die als Quartiergebiet überhaupt in Frage kommen. Die älteren Laub-mischwälder am Kandel sind dagegen auch in höheren Lagen als Jagdhabitat vor allem auch für Männchen der Bechsteinfledermaus gut geeignet.

Der Wald oberhalb von Freiburg-Herdern ist ebenfalls als Jagdhabitat der Bechsteinfleder-maus geeignet. Quartierpotenzial besteht vor allem im Bereich der Altholzbestände entlang des Glasbaches, wo eine Grillstelle und ein Weiher als Freizeitbereich genutzt werden. Feh-lende Nachweise sind vermutlich auf die geringe Untersuchungstiefe zurückzuführen, da in diesem Teilgebiet ebenfalls nur ein Netzfang durchgeführt wurde. Das Vorhandensein einer Wochenstubenkolonie ist aufgrund des Vorkommens geeigneter Lebensräume gut möglich.

Im Zartener Becken wurde nur ein kleines Wald-/Offenlandgebiet an der Brugga untersucht.

Hier wurde bei einem halbnächtlichen Netzfang ein Männchen der Bechsteinfledermaus an einer Hecke im Offenland gefangen. Die Hecken und Obstwiesen stellen einen gut geeigneten Lebensraum für die Art dar. Das Waldgebiet selbst ist sehr strukturreich und mit Nadel- und Laubholzbeständen durchsetzt. Altholzbestände sind nicht flächig ausgeprägt, jedoch gibt es

einzelne ältere Bäume, insbesondere Eichen mit einem sehr hohen Quartierpotenzial. Ein Vor-kommen von einer Wochenstubenkolonie ist nicht ausgeschlossen, wird jedoch als weniger wahrscheinlich eingeschätzt als z.B. im Waldgebiet östlich von Freiburg-Herdern.

Die Habitatqualität dieser Wälder außerhalb der Kernlebensstätte wird als suboptimal einge-stuft – Wertstufe C - da größere Altholzkomplexe fehlen. Sie stellen Jagdgebiete für einzelne Tiere, insbesondere Männchen dar. Der Zustand der Population wird daher mit der Wertstufe B bewertet. Die forstliche Nutzung ist überwiegend intensiv und die Beeinträchtigung durch Störungen wird daher als stark – Wertstufe C – angesehen.

Wahrscheinlich alle Bechsteinfledermaus-Populationen des FFH-Gebiets sind auf Jagdhabi-tate außerhalb des Waldes angewiesen, die via Leitstrukturen erreichbar sein müssen. Das Offenland wird daher von einigen Weibchen und Männchen zur Jagd genutzt. Der Zustand der Population wird hier mit gut – Wertstufe B – beurteilt. Die offene Kulturlandschaft im FFH-Gebiet ist vielerorts strukturreich (Feldgehölze, kleinere Waldbestände, Obstbäume und bach-begleitende Gehölze). Die Habitatqualität wird daher mit gut – Wertstufe B – bewertet. Dass diese Strukturen aber teilweise beseitigt werden, muss als mittlere Beeinträchtigung gewertet werden – Wertstufe B.

Ein Winterquartier der Bechsteinfledermaus stellt der Leopoldstollen am Schauinsland dar, der etwa 1 km außerhalb des FFH-Gebietes liegt. Hier wurden am 23.02.2017 bei einer Kontrolle zwei Tiere nachgewiesen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Bechsteinfledermäuse sehr ver-steckt in den Untertagequartieren überwintern und bei Kontrollen insbesondere im Februar kaum entdeckt werden. Die Anzahl der beobachteten Tiere ist daher kein Maß für die Besatz-zahlen insgesamt.

Verbreitung im Gebiet

Die Bechsteinfledermaus kommt vermutlich im gesamten FFH-Gebiet vor, mit Schwerpunkt in den unteren und mittleren Lagen. Nachweislücken sind dem begrenzten Untersuchungsum-fang geschuldet, da in einzelnen Teilflächen nur ein oder zwei Netzfänge durchgeführt wurden.

Insbesondere bei geringer Individuendichte sind mehrere Netzfänge über das Jahr verteilt er-forderlich um ein Vorkommen der Bechsteinfledermaus zu überprüfen.

Bewertung auf Gebietsebene

Auf Basis der Einschätzung der Habitatqualität und Beeinträchtigungen sowie unter Einbezug der aktuellen Daten zum Zustand der Populationen ist der Erhaltungszustand der Bechstein-fledermaus im FFH-Gebiet mit „C“ einzuschätzen. Dies kommt vor allem dadurch, dass die Kernlebensstätte nur geringe Flächen einnimmt und der sonstige Wald als Lebensstätte den größten Teil des FFH-Gebietes einnimmt.