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Die Bautätigkeit Johann Friedrich Henkenhafs 1889-1908 Henkenhaf ist ab 1879 bereits in den Niederlanden sowohl als Architekt als

3. Die Firma Henkenhaf & Ebert (um 1875-1914)

3.2 Die Bautätigkeit Johann Friedrich Henkenhafs 1889-1908 Henkenhaf ist ab 1879 bereits in den Niederlanden sowohl als Architekt als

auch als Bauunternehmer tätig. Ein Grund für seinen Weggang aus Heidel-berg203 kann darin liegen, daß die Bautätigkeit dort in den siebziger und

198 GemA Amst: 5221/Dossier 4507, Volgnr. 14-15, Vergrößerung eines Hotels, Billardsaal, Leidseplein 28-29/ Marnixstraat 406-408, American-Hotel, Datierung 9-12-1884 und 22-12-1884. – Das erste American Hotel, nach Entwürfen von C. A. A.

Steinigeweg (1825-1900) und Eduard Cuypers (1859-1927) errichtet, wurde bereits um 1900 wieder abgebrochen. An seiner Stelle wurde das neue American Hotel nach Plänen von H. G. Jansen (1859-1934) und W. Kromhout Czn (1864-1940) erstellt.

Vgl.: VREEKEN/ WOUTHUYSEN (1987), S.113-120. – BRULS/van HOOFF (1981), S. 49-50.

199 Vgl.: Kapitel 4.

200 Vgl.: Kapitel 9, A.1

201 GemA Amst: 5221/Dossier 923, Volgnr. 1, Wiederherstellen eines durch Brand beschädigten Gebäudes, Prins Hendrikkade 42, Gebäude mit Zeichenräumen, Datierung 8-2-1889.

202 ADRESSBÜCHER AM (1890/91) und (1891/92).

203 Die Vermutung, daß Henkenhaf durch die Vermittlung befreundeter Architekten in die Niederlande ging, ließ sich nicht belegen. Der Ausbildungsweg Henkenhafs bleibt, wie in Kapitel 2.1 dargelegt, ungeklärt. Ein Auslandsstudium, zum Beispiel an der Polytechnischen Schule in Delft, war laut Mitteilung der TU Delft möglich, in den Immatrikulationslisten ist Henkenhaf jedoch nicht verzeichnet. An der bekannten Polytechnischen Schule unterrichtete beispielsweise der Architekt Eugen Gugel (1832-1905) in den Jahren zwischen 1864 und 1903. Zu Gugel: vgl. ROSENBERG (1988), S.

ger Jahren nur langsam fortschreitet.204 In Amsterdam hingegen nehmen der wirtschaftliche Aufschwung und die städtebauliche Entwicklung bereits nach 1870 ihren Anfang. Auf Betreiben angesehener Persönlichkeiten der Stadt werden Grundlagen für eine Entwicklung Amsterdams zu einer modernen Weltstadt gebildet. Außerdem siedeln sich viele deutsche kapitalkräftige Einwanderer in Amsterdam an, die in der Stadt Geschäfte oder Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe eröffnen.205 Zu ihnen gehört unter anderen A. W. Krasnapolsky (1834-1912),206 einer der Auftraggeber Henkenhafs und Eberts, der das gleichnamige Café-Restaurant mit dem weithin berühmten Wintergarten errichten läßt. Kennengelernt haben könnten sich Henkenhaf und Krasnapolsky während der Zusammenkünfte des Deutschen Vereins, die im Café Krasnapolsky stattfinden.207

Wenige Jahre, bevor Henkenhaf 1879 in den Niederlanden aktiv wird, begin-nen in Amsterdam neue ökonomische Entwicklungen, und zugleich setzt dort eine rege Bautätigkeit auch auf dem Sektor der öffentlichen Bauten ein. 1876 erhält Amsterdam mit dem Nordseekanal eine direkte Anbindung an das Welt-handelsnetz. Ein Stadterweiterungsplan wird 1877 verabschiedet, und gleich-zeitig wird eine Modernisierung der veralteten Infrastruktur der Innenstadt vorgenommen.208 Im Brennpunkt der städtebaulichen Diskussion steht der Bau des Zentralbahnhofes am Endpunkt einer der bestehenden Straßenachsen, die erweitert werden sollen. Als künftiger Standort für dieses moderne Bauwerk wird ein Terrain gewählt, das erst durch das Zuschütten eines Abschnittes des Flusses IJ gewonnen werden soll. Diese vorbereitenden Arbeiten werden in den Jahren zwischen 1870 und 1880 durchgeführt. In südlicher Richtung trifft

325. Für den Hinweis zu Eugen Gugel danke ich Herrn Ing. J. M. Hoenstok vom Denkmalamt Den Haag.

204 Ernst Walz, Grundlage der Verwaltungsorganisation der Stadt und allgemeine Entwicklung in den letzten Jahrzehnten, in: Monographien deutscher Städte, Bd. XXVIII. Heidelberg, Berlin 1928, S. 60.

205 VREEKEN/WOUTHUYSEN (1987), S. 15; 73; 98. Die deutschen Einwanderer gründeten Geschäfte wie Peek & Cloppenburg, C & A Brenninckmeyer und die Amsterdamer Bank. Auch die Hollandsche IJzeren Spoorweg Maatschappij (HIJSM), die Holländische Eisenbahngesellschaft, wurde mit deutschem Kapital finanziert.

206 Ibd., S. 97-110. Krasnapolsky, dessen Großvater um 1800 von Kiew nach Peine übersiedelte, war bereits seit 1856 mit seinen Eltern in Amsterdam ansässig. Dort baute er mit enormem Geschäftssinn ab 1866 das Unternehmen Krasnapolsky auf, zu dem neben dem Hotel-Restaurant noch eine eigene Gärtnerei gehörte, die seinen berühmten Wintergarten versorgen konnte. Zudem richtete er als vermutlich erster Betreiber in Amsterdam hinter seinem Wintergarten ein Elektrizitätswerk ein.

207 Ibd., S. 37.

208 Ibd., S. 15-19.

diese Hauptachse, Damrak genannt, direkt auf den Dam, den zentralen Platz, an dem unter anderem das berühmte Amsterdamer Rathaus (1648-1665), das heutige Koninklijk Paleis, liegt.209 Geplant ist, den Damrak als Boulevard anzulegen, ähnlich den Boulevards anderer europäischer Städte wie London oder Paris.210 Parallel zum projektierten Bahnhof verläuft in Ost-West-Richtung die Prins Hendrikkade. An dieser prominenten Kreuzung soll direkt dem Bahnhof gegenüber ein Hotel entstehen. Reisende, die per Bahn in Amsterdam eintreffen, sollen sich in einem modernen Hotel in zentraler Lage und bequemer Reichweite einquartieren können. Pläne für die Errichtung eines Hotels an dieser Stelle bestehen bereits seit 1882, realisiert wird aber sowohl der Bau des Hotels als auch der des Bahnhofs jedoch erst in den Jahren 1889 und 1890.211 Den Auftrag zur Ausführung des Hotels an dieser exponierten Stelle erhält Johann Henkenhaf.212 Es erhält den Namen Victoria Hotel und ist neben dem Kurhaus-Hotel in Scheveningen, 1884-85 von Henkenhaf und Ebert errichtet, das größte bekannte und noch erhaltene Bauwerk Henkenhafs.

Einem Zeitungsbericht zufolge gründet Henkenhaf bereits am 2. Februar 1883, im Jahr der ersten Weltausstellung der Niederlande,213 die "N. V. Hotelonder-neming Victoria Hotel".214 Das Gesellschaftskapital beträgt eine halbe Millio-nen Gulden. Er fertigt nicht nur die Entwürfe für das Gebäude, sondern er wird auch später Direktor des Hotelunternehmens. Bevor mit dem Bau des Hotels an der Ecke Damrak/Prins Hendrikkade begonnen werden kann, vergehen etwa

209 Das Rathaus wurde nach Plänen von Jacob van Campen (1595-1657) errichtet. Ab 1808 diente es als Königliche Residenz.

210 VREEKEN/WOUTHUYSEN (1987), S. 17; 19.

211 Der Zentralbahnhof wurde zwischen 1881 und 1889 nach Entwürfen von P. J. H.

Cuypers und Adolf Leonard van Gendt (1835-1901) errichtet und am 15. Oktober 1889 eröffnet. In den achtziger Jahren waren noch weitere Bauprojekte aktuell. Zum einen befand sich zwischen 1877 und 1885 das im Süden der Stadt gelegene Rijksmuseum im Bau, das nach Plänen von Cuypers erbaut wurde, zum anderen entwickelte sich eine ausgiebige und kontrovers geführte Diskussion um die Plazierung der Börse, für welche unterschiedliche Straßenabschnitte des Damraks vorgesehen wurden. Die Streitfrage wird erst im Jahr 1898 mit dem Baubeginn der Börse nach Entwürfen von Hendrik Petrus Berlage (1856-1934) beendet.

212 Henkenhaf war seit Februar 1882 in Amsterdam gemeldet. Das Datum der Auftragserteilung ist nicht bekannt.

213 Internationale Koloniale en Uitvoerhandelstentoonstelling, vgl. Eric Mattie, Weltausstellungen. Stuttgart; Zürich 1998, S. 59.

214 VREEKEN/WOUTHUYSEN (1987), S. 137-138. – N. V. = Naamloze Vennootschap = Aktiengesellschaft. Henkenhaf fertigte in den Jahren 1888 und 1889 Pläne für die Errichtung des Victoria Hotels an. Ob bereits im Jahr 1883, dem Jahr der Gründung der Hotelgesellschaft, ein Projekt von Henkenhaf vorhanden war, muß aufgrund fehlender Unterlagen offenbleiben.

sechs Jahre. Innerhalb dieser Zeit kauft die Gesellschaft acht Häuser am geplanten Standort, um diese zugunsten des neuen Hotels abbrechen zu lassen.

Zwei Hauseigentümer innerhalb der Hausreihe an der Prins Hendrikkade fordern jedoch einen zu hohen Kaufpreis. Die Tagespresse tadelt die Haltung der eigensinnigen Hausbesitzer aufs Heftigste, doch auch diese Angriffe bewir-ken keinerlei Änderungen. Henbewir-kenhaf verzichtet notgedrungen auf den Erwerb der beiden Häuser und paßt seine Planung der Situation an. Die ursprünglichen Planungen für das Eckgrundstück sehen vor, zu beiden Seiten eines monumen-talen Eckturmes einen symmetrischen Fassadenaufbau auszuführen. Nach den Entwürfen wird jedoch lediglich die mit Motiven der Renaissance und des Barock versehene Fassade am Damrak realisiert, die Fassade an der Prins Hendrikkade schließt die beiden kleinen, historischen Häuser U-förmig ein (Abb. 6-7).215

Die ersten erhaltenen Entwurfszeichnungen für die Fassade datieren vom 25. September 1888.216 Die Baugenehmigung wird sechs Monate später erteilt, und nach einer Bauzeit von eineinhalb Jahren eröffnet die Gesellschaft das Victoria Hotel am 19. August 1890. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Brand des Kurhauses in Scheveningen wird auf Brandschutzmaßnahmen besonders großer Wert gelegt. So wirbt das Victoria Hotel in einem Reiseführer für Amsterdam aus dem Jahr 1893 dann auch mit dem Slogan, "das einzige feuersichere Hotel in Holland" zu sein.217

Bereits während der Bauzeit begleiten eine Reihe unangenehmer Vorfälle Henkenhafs Hotelprojekt. Im Laufe der Bauarbeiten ereignet sich im Oktober 1889 ein Unglücksfall, bei dem drei Bauarbeiter durch einen einstürzenden Mauerbogen mit daraufliegendem Eisenträger verletzt werden. Eine nachfol-gende Untersuchung hinsichtlich der statischen Sicherheit des Bauwerks zieht die Forderung einer Gefängnisstrafe für Henkenhaf nach sich, von welcher er

215 Die fraglichen Häuser stehen heute noch inmitten des Hotel-Komplexes. – Vgl.: Dat kleermakerswinkeltje en dat tapperijtje. Von Henk van Gelder, in: NRC Handelsblad vom 4. Februar 2000, S. 7. Der Autor des Artikels berichtet über eine Buchneuerscheinung, die sich mit der Situation der beiden standhaften Hausbesitzer belletristisch befaßt: Thomas Rosenboom, Publieke werken. Amsterdam 2000. Diesen Hinweis verdanke ich Herrn Jan van Doorn, Utrecht.

216 GemA Amst: 5221/Dossier 923, Volgnr. 2-6; 8, Victoria Hotel, Prins Hendrikkade 48/Damrak 1-5, Datierung Entwurf 25-08-1888/25-09-1888, 26-03-1889 und 25-11-1889. Der letzte Plan für einen Umbau des Hotels datiert vom 6. Mai 1892.

217 VREEKEN/ WOUTHUYSEN (1987), S. 141, Abb. 208.

jedoch im Frühjahr 1890 freigesprochen wird. Zwei Monate vor der Eröffnung des Hotels gerät der Architekt ein weiteres Mal mit den Behörden in Konflikt.

Ein Teil des Trottoirs soll nach seiner Planung durch Pfosten, die untereinander durch Ketten verbunden sind, zum Eingangsbereich des Hotels hinzugezogen werden. Diese Hindernisse auf einem öffentlichen Verkehrsweg lehnt die Bau-aufsichtsbehörde ab. Nur eineinhalb Jahre nach der Eröffnung gerät das Hotelunternehmen offenbar in Zahlungsschwierigkeiten. Einer entsprechenden Pressemeldung zufolge wird laut Gerichtsurteil am 3. Februar 1892 das Konkursverfahren des Unternehmens eröffnet. Wenige Monate später wird das Konkursverfahren eingestellt, und alle Gläubiger erhalten ihre Forderungen zu 100 % erstattet.218 Ob Henkenhaf während dieser Zeit noch als Direktor für das Unternehmen tätig und für die Zahlungsunfähigkeit verantwortlich ist, ist nicht bekannt. Die Errichtung des Victoria Hotels ist das einzige bekannte Projekt, das Johann Henkenhaf in der Zeit zwischen 1889 und seinem Weggang aus den Niederlanden im Herbst 1892 ausführt.219 Die Aussage, daß das Victoria Hotel nach dem Vorbild eines bestehenden Hotels in Koblenz errichtet worden sein soll,220 konnte nicht bestätigt werden.221

Beziehungen zu Deutschland unterhält Henkenhaf weiterhin. Ein Teil der von ihm selbst entworfenen Zimmereinrichtungen des Victoria Hotels wird von einer Berliner Möbelfirma geliefert. Im Treppenhaus des Hotels wird ein Gobelin von Gustav Mohr aus Heidelberg aufgehängt, was Henkenhafs Verbundenheit mit Heidelberg und mit den Niederlanden dokumentiert.222 Im Oktober 1892 verläßt Henkenhaf die Niederlande und siedelt mit seiner Familie für drei Jahre nach Berlin um. Eine Tätigkeit Henkenhafs läßt sich in

218 VREEKEN/WOUTHUYSEN (1987), S. 137-142. – H. J. M. Roetemeijer, Het Victoria Hotel, in: ons amsterdam 31 (1979), S. 125-129. – KLEERMAKERS, in: NCR vom 4.

Februar 2000, S. 7.

219 Auf eine kunstwissenschaftliche Betrachtung des Victoria Hotels wird verzichtet, da eine Bearbeitung bereits von VREEKEN/WOUTHUYSEN (1987), S. 137-142, vorgenommen wurde.

220 Ibd., S. 139. – ROETEMEIJER (1979), S. 126.

221 Mitteilung des Stadtarchivs Koblenz.

222 Auf dem Gobelin ist das Heidelberger Schloß zusammen mit dem Amsterdamer Victoria Hotel, flankiert von den Personifikationen des Handels und der Industrie, dargestellt. Vgl.: VREEKEN/WOUTHUYSEN (1987), S. 140. Der Verbleib des Gobelin war nicht zu ermitteln. – StA Hd: Zu Gustav Mohr waren keine Daten zu ermitteln. So bleibt unklar, ob Mohr den Entwurf geliefert oder den Gobelin gefertigt hat.

Berlin weder als Architekt noch als Unternehmer nachweisen.223 Er entscheidet sich ein weiteres Mal, seinen Wohnort und Wirkungskreis zu wechseln. In Danzig widmet er sich ab 1896 den unterschiedlichsten Bauaufgaben. Nach seinen Entwürfen entstehen Wohnhäuser, ein Kontor, ein Elektrizitätswerk und das Kurhaus des Ortes Hela auf der Spitze der Danzig gegenüberliegenden Halbinsel gleichen Namens.224

Gründe für Henkenhafs Umzug von der Nordsee- zur Ostseeküste nach Danzig sind nicht bekannt.225 Verlockend kann wiederum die Aussicht sein, sich neuen Bauaufgaben in einer neuen Umgebung zu stellen.226 In der Hansestadt schrei-tet die moderne Verkehrsentwicklung verstärkt ab Mitte der neunziger Jahre fort. Dem Bebauungsplan von 1891 zufolge werden ab 1895 die niedergelegten Wälle im Westen der Stadt mit öffentlichen und privaten Gebäuden bebaut, zwischen 1898 und 1900 entsteht westlich davon der neue Zentralbahnhof.227 Ab 1898 dehnen sich die freigewordenen Flächen zusätzlich durch die geschleiften nördlichen Bastionen aus, so daß in der Folge ein insgesamt zwei Kilometer langer Straßenzug für bauliche Aktivitäten zur Verfügung steht.228

223 Mitteilung des Landesdenkmalamtes Berlin.

224 KUILE, ter (1958), Sp. 184.

225 In den ADRESSBÜCHERN DZ wird der Danziger Vorort Langfuhr, dem Wohnort Henkenhafs, in einer Rubrik zusammen mit der Siedlung Neuschottland aufgeführt. Seit etwa der Mitte des 14. Jahrhunderts bestand vor den Toren Danzigs ein Ort namens Schottland. Er wurde hauptsächlich von schottischen Handwerkern, aber auch von niederländischen Glaubensflüchtlingen bewohnt. Der Ort, im 18. Jahrhundert Altschottland genannt, wurde in den Jahren 1807 und 1813 zerstört. Die neue Siedlung, ebenfalls unweit von Danzig, erhielt zur Unterscheidung von der historischen die Bezeichnung Neuschottland. Wie erwähnt, stammt Henkenhafs Ehefrau aus Schottland.

Die Vermutung, daß verwandtschaftliche oder Glaubensgründe den Ausschlag für einen Wechsel nach Danzig-Langfuhr gegeben haben, ließ sich nicht belegen. – Die Literaturhinweise zum Ort Altschottland verdanke ich Herrn Reinhard Wenzel, Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen. Genannt sei an dieser Stelle nur: John Muhl, Geschichte der Dörfer auf der Danziger Höhe. Danzig, Originalnachdruck der Ausgabe von 1938 (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Westpreußens, hrsg.

vom Westpreußischen Geschichtsverein; 21), S. 157-161. – Zur Siedlung Neuschottland waren keine Angaben zu ermitteln.

226 Geprägt ist Danzig, ebenso wie Amsterdam, von der Renaissance-Architektur des 16. Jahrhunderts, die zum Ende des 19. Jahrhunderts noch immer das Danziger Stadtbild bestimmte. Der Renaissancestil gelangte durch die Vermittlung niederländischer Baumeister nach Danzig. Vgl.: Wilhelm Lübke, Geschichte der Renaissance in Deutschland, neu bearbeitet von Albrecht Haupt, 2. Bd., 3. Aufl.

Eszlingen a. N. 1914, S. 208-209.

227 Hans Georg Siegler, Danzig. Chronik eines Jahrtausends. Düsseldorf 1990 (= Droste-Städte-Chronik), S. 272-281.

228 Erich Keyser, Die Baugeschichte der Stadt Danzig. Köln; Wien 1972, S. 470-471. – Danzig und seine Bauten, MCMVIII, hrsg. vom Westpreußischen Architekten- und Ingenieur-Verein zu Danzig. Berlin 1908, S. 23-25.

Nach Plänen von Johann Henkenhaf errichtete Privatbauten im Zentrum Danzigs oder in den neu ausgewiesenen Baugebieten sind jedoch nicht nach-weisbar.229

Am 16. Juli 1897 beschließt die Danziger Stadtverordnetenversammlung die Errichtung eines Elektrizitätswerkes auf dem sogenannten Bleihof, nördlich der Speicherinsel gelegen. Ter Kuile zufolge erhält Henkenhaf diesen Bauauftrag.230 In der Literatur wird der Name Henkenhafs jedoch nicht genannt, vermutlich, weil es sich in erster Linie um einen Ingenieurbau handelt, bei dem die technische Leistung und nicht die architektonische Gestaltung im Vordergrund steht (Abb. 8).231 Da Henkenhaf sich bereits 1896 in Danzig aufhält, ist es aber durchaus möglich, daß er die Pläne für das Gebäude angefertigt hat. Das Elektrizitätswerk ist am 17. Januar 1898 im Rohbau fertiggestellt und wird am 18. Juni 1898 teilweise in Betrieb genommen.232 Bereits im Adreßbuch der Stadt Danzig von 1899 wird die elektrische Zentrale am Bleihof 1/3 als Sehenswürdigkeit gerühmt.233

Innerhalb der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts trägt die zunehmende Beliebtheit von Aufenthalten in Seebadeorten an der Ostseeküste während des Sommers zur Expansion des Badetourismus bei. Die meisten Badegäste kommen aus Berlin, von wo aus sie über ein ausgebautes Eisenbahnnetz bereits ab 1870 in direkter Verbindung nach Danzig reisen können. In der Danziger Bucht finanzieren private Investoren die Einrichtung einiger neuer Seebäder, wie zum Beispiel in dem kleinen Fischerort Hela auf der Halbinsel Hela.234 So wird am 4. Mai 1898 per Zeitungsbericht bekanntgegeben, daß die "Weichsel AG" beabsichtigt, in Hela eine Kurhausanlage zu etablieren und in Kürze mit dem Bau eines Bade-Hotels beginnen wird.235 Im Juni 1898 wird das

229 Aufgrund der Kriegszerstörung Danzigs sind weder im Architekturhistorischen Institut Danzig noch im Denkmalamt Danzig Unterlagen zu Bauten vorhanden, die eine Zuordnung als Werk von Henkenhaf erlauben.

230 KUILE, ter (1958), Sp. 184.

231 DANZIG (1908), S. 365-368, Abb. 366. Die Anlage wurde unter Mitwirkung des damaligen Direktors der Firma Siemens u. Halske, Berlin, erbaut. Möglicherweise entstand während Henkenhafs Berlinaufenthalt ein Kontakt zu dieser Firma.

232 Elektrizitätswerk, in: DNN vom 17. Januar 1898, 1. Beilage, S. 5; Betriebseröffnung der elektrischen Centrale, in: DNN vom 20. Juni 1898, S. 3.

233 ADRESSBUCH DZ (1899).

234 Christian Tilitzky/Bärbel Glodzey, Die deutschen Ostseebäder im 19. Jahrhundert, in:

Kurstädte in Deutschland. Zur Geschichte einer Baugattung, hrsg. von Rolf Bothe.

Berlin 1984, S. 513-538; hier S. 520-521.

235 Vom Seebade Hela, in: DNN vom 4. Mai 1898, 2. Beilage, S. 9.

Kurhausprojekt Henkenhafs durch eine im Schaufenster einer Danziger Papierhandlung ausgestellte Zeichnung der Öffentlichkeit vorgestellt.236 Die Grundsteinlegung erfolgt bereits am 1. Oktober 1898, und fünf Wochen später wird das Richtfest gefeiert.237 Nach achtmonatiger Bauzeit wird das Kurhaus eingeweiht.238 Das im Vergleich zum Scheveningener Kurhaus kleine Kurhotel in Hela (Abb. 9) beherbergt 25 Logierzimmer mit moderner, eleganter Ausstattung sowie Einrichtungen für warme Bäder. Zwischen Strand und Kur-haus erstreckt sich ein Kurgarten. An diesen schließt sich ein Seesteg an, der als Promenade für die Kurgäste und als Anlegestelle für die Dampfer dient.

Das Kurhaus im "Villenstyl mit schlanken Seitenthürmchen [ist] kein steifer, moderner, kastenartiger Hotelbau, sondern es ist mit feinem Geschmack und künstlerischer Auffassung dem eigenartigen Charakter des landschaftlichen Bildes und der alterthümlichen Bauweise der Ortschaft Hela und seiner Kirche angepaßt."239 Wenn auch Hela zu den 'kleinen Bädern' gehört, so ist der See-badeort mit dem Hinweis auf das Kurhaus dennoch in gängigen Reiseführern aufgenommen.240

Das letzte bekannte Bauwerk Henkenhafs ist seine eigene Villa (Abb. 10), die um 1897/1900 im vornehmen Villenvorort Langfuhr, nördlich von Danzig gelegen, errichtet wird.241 In der Gestaltung ähnelt die Villa dem Kurhaus von Hela. Henkenhaf wählt eine malerische Bauform, die aus asymmetrisch

236 Das neue Kurhaus von Hela, in: DNN vom 10. Juni 1898, 1. Beilage, S. 3; Das neue Kurhaus in Hela, in: DNN vom 6. August 1898, 1. Beilage, S. 5.

237 Kurhaus Hela, in: DNN vom 7. Oktober 1898, 1. Beilage, S. 5; Richtefest des Curhauses auf Hela, in: DNN vom 2. November 1898, 1. Beilage, S. 5.

238 Das Kurhaus wurde am 20. Mai 1899 eingeweiht. Einweihung des Kurhauses Hela, in:

DZ vom 24. Mai 1899, S. 6. – Über die Einweihung berichtet ausführlich auch: Carl Girth, Geschichte und Beschreibung der Halbinsel Hela bis auf die neueste Zeit. Danzig o. J. [um 1900], (= Nordostdeutsche Städte und Landschaften; 9), S. 73-84. – Vgl. auch:

H. Mankowski, Die Halbinsel Hela, Danzig 1906 (= Nordostdeutsche Städte und Landschaften; 9), S. 21-23.

239 NEUES KH HELA, in: DNN vom 6. August 1898, 1. Beilage, S. 5. – Teile der Halbinsel sind noch heute als militärisches Sperrgebiet ausgewiesen, daher war nicht zu ermitteln, ob das Kurhaus heute noch besteht. – Vgl. auch: Bruno E. Mattendorf, Hela 1945 und 1980, in: Der Westpreuße 32 (1980), S. 4-6. – Für die Überlassung von historischen Ansichtskarten des Kurhauses danke ich Herrn Bruno Wandtke, Architekt in Sopot (Zoppot).

240 Zum Beispiel in: Ostseebäder und Städte der Ostseeküste. 4. Aufl., Leipzig 1910 (= Meyers Reisebücher), S. 8; 180.

241 Denkmalamt Danzig: Die Villa in Langfuhr (heute: Wrzeszcz), Parkweg 2 (heute: ul.

Pawlowskiego 2) ist noch erhalten. Die innere Raumaufteilung wurde zugunsten mehrerer separater Wohneinheiten verändert. Die letzte Instandsetzungsmaßnahme erfolgte im Jahr 1990 [Stand 1997]. Eine Bauaufnahme einschließlich einer Fotodokumentation wurde seitens des Denkmalamtes vorgenommen.

gruppierten und unterschiedlich ausgeprägten Bauteilen besteht, die zudem charakteristische Elemente, wie zum Beispiel Spitzhelmturm, Erker und Fach-werk, erhalten.242 Er entscheidet sich damit für einen Stil, der in der Architek-tur der Zeit kurz vor und nach der Jahrhundertwende beliebt ist. Aufnahme findet die Villa Henkenhafs in der Zeitschrift "Das Deutsche Landhaus" im Jahr 1906 im Rahmen einer Berichtserie über Landhauskolonien um Danzig und in der Publikation "Danzig und seine Bauten".243 Beide Autoren heben die geschickte Einpassung des reich gegliederten Gebäudes in das Grundstück mit altem Baumbestand am Jäschkentaler Wald hervor.244

Ein Danziger Zeitungsartikel berichtet anläßlich der Ankündigung des Kurhausbaues auf Hela, daß Henkenhaf "eine Reihe von bedeutenden Hotel-und Kurhausbauten in England, Holland Hotel-und an der deutschen Nordseeküste ausgeführt hat".245 Um welche Bauten es sich – mit Ausnahme des bekannten Kurhauses in Scheveningen – im einzelnen handelt und um welche Zeit sie gebaut wurden, bleibt unerwähnt.246

242 Wolfgang Brönner, Die bürgerliche Villa 1830-1890, unter besonderer Berücksichtigung des Rheinlandes. Düsseldorf 1987 (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland; Bd. 29), S. 127. – Zum Begriff des "Malerischen" vgl.

BRÖNNER (1987), S. 91-94. – Zur gleichen Zeit errichteten Jakob Henkenhaf und Friedrich Ebert eine Reihe von Villen im Stil der deutschen Renaissance in Heidelberg.

Vgl.: HARTMANN (1996), S. 66-73.

243 Landhauskolonien um Danzig. I. Langfuhr, in: Das Deutsche Landhaus 2 (1906), Bd. 1, S. 17 (irrtümlich Villa am Taubenweg statt am "Parkweg" und Baumeister

243 Landhauskolonien um Danzig. I. Langfuhr, in: Das Deutsche Landhaus 2 (1906), Bd. 1, S. 17 (irrtümlich Villa am Taubenweg statt am "Parkweg" und Baumeister