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Barnase´-Fusionierung von Mikroproteinen als Werkzeug für die Röntgenstrukturanalyse

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4. Ergebnisse und Diskussion

4.1. Entwicklung eines rekombinanten Expressionssystems für die Produktion von Mikroproteinen

4.1.4. Barnase´-Fusionierung von Mikroproteinen als Werkzeug für die Röntgenstrukturanalyse

Die strukturelle Charakterisierung ist ein unerlässliches Werkzeug für die Entwicklung von Wirkstoffen auf der Basis von Cystin-Knoten Mikroproteinen durch rationales Protein Design und die Optimierung gewünschter Eigenschaften. Kleine, Disulfidbrücken-reiche Proteine sind sehr schwer zu kristallisieren [Craik et al., 2001]. Daher stammen die zur Zeit in den Datenbanken erhältlichen Strukturinformationen über Cystin-Knoten Mikroproteine fast ausschließlich aus der Analyse durch NMR. NMR-Daten sind jedoch auch für kleine Proteine im Bereich von Mikroproteinen sehr schwer zu generieren und sind im Vergleich zur Röntgenstrukturanalyse ungenau (G. Sheldrick, persönliche Kommunikation).

In den vorangegangenen Abschnitten wurde die Entwicklung eines Verfahrens zur Expression und Produktion von Mikroproteinen über die Fusionierung an Barnase´, einer enzymatisch inaktivierten Variante der extrazellulären RNase Barnase aus Bacillus amyloliquefaciens, vorgestellt. Barnase ist ein strukturell sehr gut untersuchtes und leicht kristallisierendes Protein, was sich in einer Zahl von mehr als 20 verschiedenen Einträgen in der Protein-Daten-Bank ausdrückt.

Es wäre konzeptionell daher möglich, dass die Fusionierung der Mikroproteine an Barnase´

nicht nur für deren Expression und Reinigung dienlich ist, sondern auch als Werkzeug für die Generierung von Kristallen für die Röntgenstrukturanalyse. Zudem könnte man auf diesem Wege die Lösung der Struktur durch molekularen Ersatz mit Barnase als Suchmodell vereinfachen.

Um das Konzept der Erleichterung der Kristallisation durch Fusionierung der Mikroproteine an Barnase´ experimentell umzusetzen, sollte in Zusammenarbeit mit Dr. Hartmut Niemann (Abteilung Strukturbiologie an der GBF Braunschweig) McoEeTI als Barnase´-Fusionsprotein kristallisiert und dessen Struktur aufgeklärt werden. McoEeTI (Abbildung 4.1.8.) ist ein Hybridprotein aus den Trypsininhibitoren EETI-II [Heitz et al., 1989, Polanowski et al., 1980] und MCoTI-II [Heitz et al., 2001, Hernandez et al., 2000], welches in dieser Arbeit als Grundgerüst für die Entwicklung von Inhibitoren der humanen β-Tryptase (Abschnitt 4.2.2.) verwendet wurde. Die Aufklärung der 3-D Struktur von McoEeTI hat also nicht nur methodischen Wert, sondern wird zudem für die Verbesserung der inhibitorischen Eigenschaften des Mikroproteins gegenüber Tryptase eingesetzt.

Abbildung 4.1.8.: Aminosäuresequenz und Disulfidverknüpfung des Cyklotids MCoTI-II, EETI-II und des Hybridproteins McoEeTI, das aus den 16 N-terminalen Resten von MCoTI-II (rot) und den 13 C-terminalen Aminosäuren von EETI-II (grün) zusammengesetzt ist.

4.1.4.1. Klonierung, Expression und Reinigung von Barnase´-McoEeTI

Barnase´-McoEeTI sollte über das in Abschnitt 4.1.2. beschriebene E. coli System produziert und gereinigt werden. Die Klonierung des Vektors pBar100-McoEeTI wurde in Schmoldt et al. [Schmoldt et al., 2005] beschrieben und wird daher hier nicht näher erläutert.

Auf die Produktion und Reinigung von McoEeTI als Barnase´ Fusion wurde bereits in Abschnitt 4.1.2.2. eingegangen, soll aber im Folgenden noch einmal näher dargestellt werden.

Nach Transformation des E.coli Stammes 71-18, der bereits das Helferplasmid pRep4

enthielt, mit dem Vektor pBar100-McoEeTI erfolgte die Fermentation bei der Selecore GmbH im 5 l Maßstab (3.1.7.2.). Auch die initialen Reinigungsschritte wurden von der Selecore GmbH durchgeführt: Nach Ansäuerung der Fermentationskultur (3.4.6.1.), Zentrifugieren und Sterilfiltrieren des Überstands wurde der Kulturüberstand, 1:5 mit Wasser verdünnt, in 25 mM Na-Acetat Puffer pH 5 zunächst über eine große Kationenaustauschersäule gegeben (Tropfsäule aus Glas mit SP-SEpharose XL) und das Fusionsprotein mit NaCl eluiert. Das Eluat wurde dann über eine zweite Säule, gefüllt mit Amberchrom CG-300 M reversed phase Material, gegeben und das Fusionsprotein mit einem Acetonitril Gradienten eluiert. Barnase´-McoEeTI enthaltene Fraktionen wurden nach SDS-PAGE Analyse vereinigt.

Nach diesen initialen Reinigungsschritten war das Protein jedoch für Kristallisationszwecke nicht rein genug. Insbesondere war ein Anteil dimerer und trimerer Fusionsproteine enthalten.

Die Fraktionen aus der RP Reinigung wurden nach Verunreinigungsgrad in zwei Aliquots (Fraktion A: wenig Di- und Trimer; Fraktion B: relativ viel Di- und Trimer) geteilt und zunächst separat lyophilisiert, um das Acetonitril zu entfernen. Das lyophilisierte Protein wurde dann in 0,1 M Tris-HCl Puffer pH 7,8 mit 8 M Harnstoff gelöst, über Nacht gegen 50 mM Ammoniumacetat dialysiert (3.4.4.) und an der Vision Biocad® workstation erneut präparativ über Kationenaustauschchromatographie (3.4.6.3.) gereinigt (Abbildung 4.1.9.).

Die Elution erfolgte, um die di- und trimeren Spezies abzutrennen, mit einem sehr flachen NaCl Gradienten von 0-750 mM NaCl in 40 Säulenvolumen.

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Abbildung 4.1.9.: Reinigung von Barnase´-McoEeTI über Kationenaustauschchromatographie. (A) Chromatogramm der Reinigung von Fraktion A, enthielt wenig Di- und Trimere; (B) Chromatogramm der

Reinigung Fraktion B, enthielt mehr Di- und Trimere. In blau dargestellt ist der Verlauf der OD280, in rot der OD260 über die Zeit in min. In grau: NaCl Gradient in % einer 3 M Stammlösung. (C) Analyse des gereinigten Barnase´-McoEeTI Fusionsproteins auf einem 15 %igem SDS-Polyacrylamidgel. M, Molekulargewichts Standard (Größenangabe links in kDa); 1, Barnase´-McoEeTI Fusionsprotein nach Dialyse gegen gegen 25 mM Tris-HCl pH 8,0, 10 mM NaCl.

Man erkennt in Abbildung 4.1.9. (A, B) jeweils einen Hauptpeak bei etwa 20 min, der dem monomeren Barnase´-McoEeTI Fusionsprotein entspricht, und einem (A) bzw. zwei (B) Nebenpeaks, den trimeren bzw. dimeren Spezies. Die einzelnen Fraktionen wurden mittels SDS-PAGE (3.4.1.) analysiert. Die Fraktionen, die das Fusionsprotein in der gewünschten Reinheit enthielten, wurden vereinigt und gegen 25 mM Tris-HCl pH 8,0, 10 mM NaCl dialysiert. Abbildung 4.1.9. C zeigt das saubere Endprodukt der Reinigung auf einem 15 %igen SDS-Polyacrylamidgel. Die Konzentration des gereinigten Proteins wurde photometrisch bestimmt (3.4.2.). Es ergab sich eine Gesamtmenge von ca. 50 mg Fusionsprotein, das für die Kristallisation an der GBF eingesetzt wurde.

4.1.4.2. Kristallisation und Röntgenstrukturanalyse von Barnase´-McoEeTI

Die Kristallisation und Röngenstrukturanalyse von Barnase´-McoEeTI wurde von Dr.

Hartmut Niemann durchgeführt. Das Testen verschiedener Kristallisationsbedingungen führte zum Wachstum kleiner Kristalle unter verschiedenen Konditionen. Nach Optimierung konnten geeignete Kristalle mit der sitting drop vapour diffusion Methode bei 4 °C mit 1,3 M Ammoniumsulfat, 7 % PEG 400 (v/v), 0,1 M MES pH 6,5 als Reservoir Puffer erhalten werden. Dabei wurden die Tropfen aus 4 µl Reservoir Puffer und 8 µl Proteinlösung (30 mg/ml) zusammengemischt. Die für die Datenaufnahme benutzten Kristalle wuchsen über einige Wochen zu einer Größe von ca. 500 x 500 x 35 µm heran (Abbildung 4.1.10.).

Die Aufnahme des Datensatzes der optimierten Kristalle wurde von H. Niemann an der DESY beamline BW6 bei 100 K und einer Wellenlänge von 1,050 Ǻ durchgeführt. Es konnte dabei eine Auflösung von 1,3 Ǻ erreicht werden. Die Statistiken sind in Niemann et al.

(Manuskript in Vorbereitung) nachzulesen.

Abbildung 4.1.10.: Photographie der für die Datensatzaufnahme verwendeten Barnase´-McoEeTI Kristalle (Quelle: H. Niemann). Der graue Strich entspricht etwa 1 mm.

Die Struktur des Barnase´-McoEeTI Fusionsproteins konnte durch molekularen Ersatz mit einem Monomer von Barnase w.t. [Mauguen et al., 1982] als Suchmodell gelöst werden. In der asymetrischen Einheit befinden sich zwei unabhängige Moleküle des Fusionsproteins (Abbildung 4.1.11.).

Abbildung 4.1.11.: Schematische Darstellung der Kristallpackung von Barnase´-McoEeTI (Quelle: H.

Niemann). Barnase´ und McoEeTI des ersten Moleküls in der asymetrischen Einheit sind in blau und orange, Barnase´ und McoEeTI des zweiten Moleküls in grün und gelb dargestellt.

Die zwei unabhängigen Moleküle des Fusionsproteins kommen im Wesentlichen durch eine unterschiedliche Orientierung der Fusionspartner durch Drehung um den linker SSSM zustande, der Barnase´ und McoEeTI verbindet (Abbildung 4.1.12. A).

Die Struktur von McoEeTI (Abbildung 4.1.12. B) zeigt das erwartete Cystin-Knoten Motiv, bei dem das erste Cystein mit dem vierten, das zweite mit dem fünften und das dritte mit dem sechsten Cystein verknüpft ist. Es gibt nur zwei Faltblattstränge in McoEeTI, die den β-hairpin formenden Strängen zwei und drei des Inhibitor-Cystin Knoten FaltungsMotivs [Chiche et al., 2004, Pallaghy et al., 1994] entsprechen, wobei die Strang eins bildende Region in McoEeTI von dem verwendeten Programm formal nicht als β-Strang erkannt wird.

Der loop zwischen Cystin II und III beinhaltet eine kurze 310 Helix.

Im Vergleich zu den NMR Strukturen von MCoTI-II [Felizmenio-Quimio et al., 2001, Heitz et al., 2001] fehlt McoEeTI der flexible SGSDG loop, der in dem zyklischen Protein N- und C-Terminus verknüpft. Zusätzlich sind einige kleinere Unterschiede zu erkennen (Niemann et al., Manuskript in Vorbereitung). Lysin 119 (Lys 10 in MCoTI-II) ist nach Analogie mit Strukturen von Cystin-Knoten Trypsin Inhibitoren im Komplex mit Trypsin [Bode et al., 1989, Helland et al., 1999] der P1 Rest, der in das aktive Zentrum der Protease inseriert wird.

Vergleicht man die Lysin Seitenkette mit den P1 Resten solcher Kristallstrukturen, die im Komplex mit Trypsin generiert wurden (z.B. [Bode et al., 1989]), so erkennt man, dass die Stellung der Kette deutlich verschieden ist, d.h. die genaue Positionierung erfolgt offensichtlich erst nach Kontakt mit der Ziel-Protease.

Abbildung 4.1.12.: Darstellung des Barnase´-McoEeTI Fusionsproteins (A) und von McoEeTI (B). Die linker Sequenz (SSSM) ist in grün, β-Stränge in beige und α-helikale Bereiche in blau dargestellt. Der Bereich des fusionierten McoEeTI Mikroproteins beginnt C-terminal nach dem linker. Disulfidbrücken sind in gelb dargestellt. Die Abbildung wurde mit dem Programm PyMOL (http://www.pymol.org) erstellt.