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Auswirkung experimenteller Gefäßverschlüsse auf Weichteilgewebe .1 Ischämie und Infarkt

Unter Ischämie versteht man die Herabsetzung oder Unterbrechung der arteriellen Blutzufuhr eines Organs, die eine Hypoxie desselben nach sich zieht. Kommt der arterielle Fluss im Gewebe vollständig zum Erliegen, liegt eine totale Ischämie vor (JENNINGS et al. 1975). Die Auswirkungen derartiger Durchblutungsstörungen treten an hoch differenzierten Geweben wie Herz, Gehirn und Niere schon nach kurzem Bestehen einer Hypoxie ein, während wenig differenzierte Gewebe wie Bindegewebe und Muskel länger andauernde hypoxische Zustände

Hypoxie führt zum Infarkt des Gewebes, der sich durch eine Koagulations- oder Kolliquationsnekrose auszeichnet (GEDIGK 1990). Ein Infarkt tritt nur auf, wenn es sich bei dem verlegten Gefäß um eine Endarterie oder funktionelle Endarterie handelt, deren Gewebeabschnitt nicht bzw. nicht ausreichend durch Kollateralgefäße mit Blut versorgt werden kann.

2.5.2 Auswirkung experimentell veränderter Perfusion am Herzen

Die Koronararterien des Herzens stellen funktionelle Endarterien dar, d.h. es bestehen Verbindungen zwischen den einzelnen Gefäßen, diese sind aber funktionell nicht ausreichend (GEDIGK 1990). Kommt es zu einem allmählichen Verschluss der Koronargefäße, weiten sich die als präformierte Kanäle vorliegenden Kollateralen (BELLMAN et al. 1959, BAROLDI u. SOMAZZON 1967; HARRIUS et al. 1972), sodass sie den Ruhebedarf des Herzmuskels decken (STRANDNESS 1980), nicht aber eine belastungsinduzierte Ischämie verhindern können (HELFANT et al. 1971). JENNINGS et al. (1963 u. 1969) stellen schon einige Sekunden nach Verschluss des R. circumflexus der A. coronaria sinistra bei Hunden zyanotische Verfärbung und anaeroben Metabolismus des Myokards fest. SCHAPER et al.

(1967) erzielen über einen Zeitraum von drei Wochen einen allmählichen Verschluss des R.

circumflexus der A. coronaria sinistra bei Hunden, woraus in 50 Prozent der Fälle eine nicht ausreichende Kollateralversorgung resultiert. 34 Prozent der Tiere starben spontan, 17 Prozent zeigten Herzmuskelinfarkte bei der Autopsie.

Histologisch weisen betroffene Bereiche aufgequollene Muskelzellen mit geschwollenen oder zerrissenen Mitochondrien, auseinander gewichene Myofibrillen und Sichtbarwerden der in normaler Herzmuskulatur unsichtbaren I-Streifen auf (SPATH u. BASOTTI 1982;

JENNINGS et al. 1975).

Bei plötzlichem Verschluss einer den linken Ventrikel versorgenden Koronararterie kommt es bei verschiedenen Tierspezies zu Tachykardie und Hypotension (KOMURO et al. 1982;

COSIN et al. 1984; GUPTA u. SINGH 1997). Daneben sind in der akuten Phase schwere Arrhythmien und andere Veränderungen des Elektrokardiogramms, wie z.B. Verlängerung des QRS-Komplexes und Veränderungen der Amplitudenhöhe der jeweiligen Aktionsphasen zu beobachten (KOMURO et al. 1982; GUPTA u. SINGH 1997). Das Verschwinden der abnormalen EKG-Ableitungen nach ca. drei Tagen lässt sich auf die Normalisierung der elektrophysiologischen Veränderungen durch Bildung von Kollateralen zurückführen und ist bei verschiedenen Tierspezies zu beobachten (HILLS u. GELTES 1980; EULER et al. 1983;

GUPTA u. SINGH 1997). Bei Untersuchungen nach der Ligatur des R. circumflexus der A.

prozentige Reduzierung des Blutflusses im Myokard der vorderen und hinteren linken Ventrikelwand. REES und REDDING (1967) stellen nach akuter Okklusion einer Koronararterie an Hundeherzen und Injektion von Xenon133 in das ischämische Gebiet ein Absinken der Clearance auf 25 Prozent fest. Messungen an den folgenden Tagen ergaben trotz Fortbestehen des Arterienverschlusses eine Steigerung der Clearance bis auf präoperative Werte an Tag zehn post operationem.

2.5.3 Auswirkung experimentell veränderter Perfusion auf die Skelettmuskulatur SOLANO et al. (1995) beschränken die arterielle Blutzufuhr des M. semitendinosus bei Hunden durch Ligatur des oberen bzw. unteren den Muskel versorgenden Gefäßstammes (A. glutea caudalis, A. caudalis femoris distalis). Messungen an Tag sechs und 18 post operationem ergeben keine Reduzierung des Blutflusses in verschiedenen Muskelabschnitten, jedoch wird nach Ligatur der A. glutea caudalis ein signifikant gesteigerter Blutfluss im Muskel gemessen. Anzeichen ischämischer Nekrose sind nicht vorhanden.

Die hier beobachteten Blutflusssteigerungen lassen sich durch das Flap-delay Phänomen erklären. Eine Hypoxie im Gewebe steigert die Perfusion indem sich vorher geschlossene Gefäße öffnen und Kapillaren in Richtung des Hypoxiegebietes wachsen (JONSSON et al.

1982; CLARKE u. CHEN 1992). Andere Theorien für den gesteigerten Blutfluss beinhalten Hypertrophie der vorhandenen Gefäße (CALLEGARI et al. 1992), passive Vasodilatation durch Denervierung im Hypoxiegebiet (HJORTDAL et al. 1992) und gesteigerten metabolischen Bedarf (JONNSON et al. 1982; HJORTDAL et al. 1992). BOYED et al.

(1990) untersuchen die Überlebensfähigkeit transplantierter Haut nach Ligatur des versorgenden Gefäßstammes vier bis 28 Tage vor der Transplantation bei Schweinen. Sie beobachten eine signifikante Steigerung der Größe der überlebenden Hautareale im Vergleich zu kontrolloperierten Tieren ohne vorherige Ligatur des versorgenden Gefäßstammes. Bei Messungen des kapillären Blutflusses in Muskel/Haut-Transplantaten stellen sie einen signifikant höheren Blutfluss fest, nachdem oben genannte Ligatur 2 Wochen vor der Transplantation angebracht wurde. Basierend auf ihren Untersuchungen machen sie die durch die vorübergehende Hypoxie bewirkte Vasodilatation (LINDBOM 1983) für die Öffnung bestehender Arteriolen verantwortlich, wodurch der Blutfluss in Muskel und Haut gesteigert wird. TAYLOR (1988) beobachtet anhand von Angiographien vor und nach derartigen Ligaturen die Öffnung von kleinkalibrigen Randgefäßen zwischen zwei aneinander angrenzenden Versorgungsgebieten, was die Annahme von BOYED et al. (1990) unterstützt.

Die Blutversorgung der Eingeweide ist ihrer Funktion nach sehr unterschiedlich und variiert zwischen einzelnen menschlichen Individuen (MICHELS 1951) und von Spezies zu Spezies (STRANDNESS 1980).

Das Blut der menschlichen Leber stammt z. B. zu zwei Dritteln aus der V. portae (SCHENK et al. 1962). Bei vorübergehendem Verschluss der A. hepatica steigt die Sauerstoffdifferenz zwischen portalem und hepatischem Blut, was auf eine Beteiligung des Portalblutes an der Erhaltung von Leberabschnitten, die von der arteriellen Blutzufuhr abgeschnitten sind, hinweist (TYGSTRUP et al. 1962). Bei verschiedenen Tierspezies sind anaerobe Keime aus der Leber zu isolieren: so überleben Hunde eine Ligatur der A. hepatica nur bei gleichzeitiger Verabreichung von Antibiotika (HORVATH et al. 1957). Im Gegensatz dazu überleben bestimmte Affenarten eine solche Ligatur fast ausschließlich auch ohne Gabe von Antibiotika, weisen aber teilweise Infarktbereiche in der Leber auf, die bei gleichzeitiger Antibiotikaverabreichung nicht auftreten (CHILD et al. 1952).

Am menschlichen Darm hat die Verlegung einzelner Arterien in der Regel keine Folgen, auch wenn es sich um größere Gefäße handelt, da sie keine Endarterien darstellen, sondern in Arkaden entlang des Darmrohres miteinander anastomosieren. Ist sehr weit proximal ein Gefäßstamm verlegt, reicht der Blutdruck in den benachbarten Gefäßen nicht aus, um die Zirkulation im abgeschnittenen Bereich aufrecht zu erhalten. Es kommt zur Anhäufung von Blut und hämorrhagischer Infarzierung (GEDIGK 1990). Bei Pferden ist eine von vielen Kolikursachen die thrombotisch-embolische Verlegung von Darmarterien, hervorgerufen durch die Wanderung der 4. Larve von Strongylus vulgaris. Die durch die Intimaverletzung der betroffenen Gefäße (v.a. A. mesenterica cranialis, A. ileocolica) entstehenden Thromben können zum vollständigen Gefäßverschluss oder aber zur Blockierung kleiner Äste durch abgesprengte Emboli führen. Dabei kommt es nur zu Mangeldurchblutung und Kolikerscheinungen, wenn entweder die Hauptarterie selbst oder zum Beispiel mindestens drei in Anastomosenbögen auslaufende Dünndarm- oder Kleinkolonarterien betroffen sind, sodass das durch Anastomosen zugeführte Blut den Erhalt der Darmwand nicht gewährleisten kann. Ist der arterielle Blutdruck herabgesetzt, kommt es zu einer Verlangsamung des kapillären Blutflusses, was zu einer Verminderung des effektiven Filtrationsdruckes bis hin zu venösem Rückfluss führt. Daraus resultieren ein Darmwandödem und bei länger anhaltender Ernährungsstörung auch Dilatation und erhöhte Permeabilität der Kapillaren. Der betroffene Darmabschnitt wird hämorrhagisch infarziert. Bei kompletter Unterbrechung der arteriellen Blutzufuhr größerer Gebiete entsteht ein ischämischer Infarkt, der eine trockene Nekrose

HUSKAMP et al. 1999).

Die Ligatur von V. und/oder A. testicularis bei Schaf und Ziege resultiert in einer ischämischen Koagulationsnekrose des Hodens, da keine ausreichende Kollateralversorgung der Hoden existiert (VRZGULOVA 1979; VRZGULOVA 1981; EILTS et al. 1989; AHMED et al. 1999). Direkt nach der Ligatur der A. testicularis bei Schafböcken beobachtet VRZGULOVA (1979) ein intersitielles Ödem des Hodens. EILTS et al. (1989) beschreiben erweiterte venöse Gefäße, die Fibringerinnsel enthalten. 5 Tage nach Ligatur der A.

testicularis bei Ziegenböcken stellen sie eine vollständige Autolyse des Hodens fest.

Ultrasonographische Untersuchungen des Organs nach Ligatur der A. und V. testicularis zeigen eine Abnahme der Echogenität mit gesprenkelter Echotextur des Hodenparenchyms und eine Vergrößerung des Hodens am ersten Tag post operationem. Dieses Erscheinungsbild ist ungefähr bis zu Tag 30 post operationem zu beobachten. Danach nimmt der Hoden an Größe ab und wird kleiner als das kontralaterale, unbeeinflusste Organ. Eine geringgradige Hypoechogenität gegenüber der gesunden Seite bleibt bestehen. Die gesprenkelte Echotextur ist nicht mehr feststellbar. Zusätzlich ist postoperativ eine den Hoden umgebende anechogene Zone zu beobachten. Ab Tag 15 post operationem sind in diesem Bereich flotierende, hyperechogene Streifen vorhanden. Bei der Punktion ist daraus eine gelbe Flüssigkeit mit Fibringerinnseln zu gewinnen. Im Folgenden nehmen die hyperechogenen Strukturen dieses Bereiches zu, er erscheint homogen hell und verdickt. Die postmortalen Untersuchungen ergeben einen verkleinerten, atrophierten Hoden von grau-weißlicher Farbe. Auf der Oberfläche sind keine Gefäße zu beobachten. Die Tunica albuginea erscheint fibrös und verdickt. Die histologische Untersuchung des Hodens ergibt eine diffuse Koagulationsnekrose mit fibrotischer Gewebereaktion in der Peripherie (AHMAD et al 1999).