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2.1 Überblick über das System der höheren Berufsbildung

Die folgende Grafik stellt das Bildungssystem als Ganzes dar. Die höhere Berufsbildung ist bildungssystematisch auf der Tertiärstufe angesiedelt. Während die Hochschulbildung als Tertiär A bezeichnet wird, wird sie mit dem Begriff Tertiär B gekennzeichnet.

direkter Zugang Bildungswege mit Zusatzqualifikation

Berufsabschluss für Erwachsene SekstufeIISekstufeITertr- stufe

Mittelschulbildung

Berufsabschluss für Erwachsene SekstufeIISekstufeITertr- stufe

Mittelschulbildung

Die höhere Berufsbildung hat im Kanton Bern einen hohen Stellenwert. Die eidgenössischen Berufsprüfungen (BP) und die eidgenössischen höheren Fachprüfungen (HFP) sowie die hö-heren Fachschulen bieten die Möglichkeit zur Höherqualifizierung von Erwachsenen ohne Maturität. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung des Nachwuchses an spezia-lisierten Fachleuten und Kadermitarbeitenden für die Arbeitswelt.

Absolventinnen und Absolventen der höheren Berufsbildung sind auf dem Arbeitsmarkt prak-tisch in allen Branchen gefragt. Dies nicht zuletzt, weil die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) Inhalt und Abschlüsse weitgehend selbst bestimmen können. Entsprechend einem Vergleich der Erwerbslosenquoten nach Bildungsstufen weisen Personen mit einem Tertiär-abschluss die tiefsten Zahlen aus (Ende 2010: 2.9 %1). Innerhalb der Tertiärstufe zeigt sich zudem, dass die höhere Berufsbildung gute Chancen bietet, nach dem Abschluss rasch eine Anstellung zu finden. Demgegenüber befinden sich Hochschulabgängerinnen und -abgänger häufig länger auf Arbeitssuche.

Der Nettoaufwand des Kantons Bern für die höhere Berufsbildung lag im Rechnungsjahr 2012 bei CHF 84.6 Millionen (inkl. NDS und Ausserkantonale; 2010: 79.3 Mio. 2011: 93.4 Mio.).

Davon entfallen CHF 75.2 Millionen auf die Höheren Fachschulen und CHF 9.4 Millionen auf Vorbereitungskurse BP/HFP. Im Jahr 2011 haben sich Sondereffekte, wie die Überführung der Mitarbeitenden am BZ Pflege und medi ins LAG, ausgewirkt. Im interkantonalen Vergleich ist das finanzielle Engagement des Kantons Bern in der höheren Berufsbildung damit klar überdurchschnittlich.

Der Bund leistet zur Finanzierung der Berufsbildung Pauschalbeiträge an die Kantone. Ein Teil davon dient der Mitfinanzierung der höheren Berufsbildung2. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) eruiert jährlich die Gesamtkosten der öffentlichen Hand für die Berufsbildung. Davon übernimmt der Bund gemäss BBG3 25 Prozent. Dieser Betrag wird aufgrund der Anzahl Bildungsverhältnisse in der beruflichen Grundbildung be-rechnet, ohne die Anstrengungen der einzelnen Kantone im Bereich der höheren dung zu berücksichtigen. Im Jahr 2011 profitierte der Kanton Bern für die gesamte Berufsbil-dung von CHF 90 Millionen, im Jahr 2012 von CHF 103 Millionen (geplant: 2013: 101 Mio.

Franken, 2014: 100 Mio. Franken; 2015 104 Mio. Franken). Diese Erhöhung der Bundessub-ventionen an die Kantone gegenüber 2011 ist im Voranschlag und im Finanzplan bereits ent-halten.

1 Bundesamt für Statistik (2011d).

2 Art. 53 Abs. 2 Bst. a Ziff. 6 und 7 BBG.

3 Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG; SR 412.10).

Der Bund kommt mit der Erhöhung lediglich seiner gesetzlichen Verpflichtung gemäss BBG nach. Diese Mehreinnahmen dürfen die Kantone nicht zusätzlich in die Berufsbildung investie-ren, sonst würden die Gesamtkosten der Berufsbildung erhöht, was auch finanzpolitisch nicht angezeigt ist.

2.2 Beschreibung der Angebote

2.2.1 Vorbereitende Kurse auf Berufs- und höhere Fachprüfungen

Bei den Berufsprüfungen (BP) und den höheren Fachprüfungen (HFP) sind lediglich die Prü-fungsordnungen eidgenössisch anerkannt. Die Vorbereitung auf die Prüfung ist nicht überall zwingend in Kursen zu absolvieren. Gemäss einer Befragung von Kandidatinnen und Kandi-daten besuchten jedoch über 80 Prozent einen solchen Kurs4. Diese sind unterschiedlich ausgestaltet und werden von verschiedensten Bildungsinstitutionen oder von den OdA ange-boten. Die BP und die HFP stehen für praxisnahe Abschlüsse und verbinden solide praktische Fähigkeiten mit fundierten theoretischen Kenntnissen. Sie richten sich an Personen mit Be-rufserfahrung und sind in aller Regel berufsbegleitend zu absolvieren.

Das SBFI genehmigte bisher 433 (265 BP / 168 HFP) solcher Prüfungsordnungen. Im Schul-jahr 2012/13 wurden im Kanton Bern 123 Vorbereitungskurse auf BP und 44 Vorbereitungs-kurse auf HFP mitfinanziert. Der Nettoaufwand (inkl. Schulgeldbeiträge für den ausserkanto-nalen Schulbesuch) betrug in der Rechnung 2012 9.4 Millionen Franken.

Die Berufsprüfungen (mit eidgenössischem Fachausweis) und die höheren Fachprüfungen (mit eidgenössischem Diplom, Meisterdiplom) werden durch die OdA organisiert. Sie werden dafür durch das SBFI direkt finanziell unterstützt, bisher mit bis zu 25 Prozent.

2012 haben Studierende mit Wohnsitz im Kanton Bern rund 2’437 Bildungsabschlüsse reali-siert, d.h. 2‘014 eidgenössische Fachausweise (CH: 13’582) und 423 eidgenössische Diplome (CH: 2‘815). Im Jahre 2000 waren es 1’220 eidgenössische Fachausweise und 471 eidgenös-sische Diplome. Dies zeigt, dass insbesondere der Bedarf nach Fachleuten mit BP stark an-gestiegen ist.

Die Abschlüsse verteilen sich im Kanton Bern auf ca. 300 Angebote. 60 Prozent davon wer-den durch wer-den Kanton subventioniert. Die finanziell unterstützten 35 Anbieter sind mehrheit-lich privatrechtmehrheit-liche Organisationen. Der Kanton finanziert die Nettokosten der Anbieterorgani-sationen mit Leistungsvertrag bzw. Leistungsvereinbarung (Defizitdeckung) oder er zahlt Pau-schalen je studierende Person gemäss FSV an ausgewählte Anbieter ohne Leistungsvertrag.

Die Studierenden entrichten Studiengebühren an die Bildungsinstitutionen mit Leistungsver-trag bzw. Leistungsvereinbarung gemäss den kantonalen Vorgaben. Bei Anbietern ohne Leis-tungsvertrag (Verbänden, Arbeitgeberorganisationen und weiteren privaten Bildungsinstitutio-nen) bezahlen sie die von diesen kalkulierten Teilnahmegebühren. Die Arbeitgeber unterstüt-zen die Studierenden in der Regel beim Kursbesuch und bei der Prüfungsteilnahme. Da die Vorbereitung auf eidgenössische Prüfungen nicht formalisiert ist, hat weder der Bund noch der Kanton Einfluss auf den Inhalt und auf die Dauer und damit auf die Kosten der Vorbereitungs-kurse. Trotzdem deckt der Kanton heute das Defizit der Anbietenden mit Leistungsvertrag bzw. Leistungsvereinbarung.

Der Besuch der vorbereitenden Kurse und der Prüfungen wird durchschnittlich zu 83 Prozent durch Studien- bzw. durch Prüfungsgebühren finanziert. Diese werden je nach Branche mehr oder weniger von den Arbeitgebern mitgetragen. In der Dienstleistungsbranche beteiligen sich die Arbeitgeber überdurchschnittlich an den Kursgebühren. Die Teilnehmergebühr auf eine Lektion berechnet, beträgt für den vorbereitenden Kurs auf die HFP Expert/in Rechnungsle-gung und Controlling CHF 24 und für den Schreinermeister CHF 6. Zwar berechtigt der Be-such von vorbereitenden Kursen zum Bezug von Ausbildungsbeiträgen. Weil die Absolventin-nen und Absolventen die Kurse berufsbegleitend besuchen, ist ihr Verdienst jedoch meistens zu hoch, so dass sie nicht in den Genuss von Stipendien kommen.

4 Befragung der Kandidatinnen und Kandidaten der eidgenössischen Prüfungen im Bereich der höhe-ren Berufsbildung; Schlussbericht von econcept im Auftrag des SBFI, 10. November 2011.

2.2.2 Bildungsgänge an höheren Fachschulen

Bildungsgänge an höheren Fachschulen (HF) vermitteln höhere berufliche Qualifikationen und bereiten auf Fach- und Führungsfunktionen vor. Die praxisorientierten Bildungsgänge bauen auf einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis auf. Eine Berufsmaturität ist nicht Vorausset-zung. Die vom SBFI zu genehmigenden Rahmenlehrpläne werden von den Bildungsanbietern zusammen mit den OdA erarbeitet. Die Vorgaben dazu finden sich in der Mindestvorschriften-verordnung5. Der Titel (z.B. „dipl. Techniker HF“) ist geschützt (vgl. Art. 63 BBG).

2012 wurden im Kanton Bern 1’057 Abschlüsse an HF realisiert. Gesamtschweizerisch waren es 6‘780. Dies sind knapp dreimal mehr Abschlüsse als im Jahre 2000. Der Grund liegt vor allem in der Zunahme der Anzahl tertiärer Berufsabschlüsse, aber auch in der Zuordnung der Gesundheitsberufe zur Tertiärstufe. An der Berner Fachhochschule wurden im gleichen Jahr 1‘250 Bachelors abgegeben. Dies zeigt die grosse Bedeutung der Bildungsgänge HF.

Der Nettoaufwand im Kanton Bern im Rechnungsjahr 2012 für die 45 mitfinanzierten Bil-dungsgänge HF betrug 61.6 Millionen Franken. Weiter gibt es 10 BilBil-dungsgänge von privaten Anbietern, die keine Unterstützung von der öffentlichen Hand erhalten. Von 28 Anbietern mit Leistungsvereinbarung haben 21 eine privatrechtliche Trägerschaft (Verein, AG, Stiftung).

Lediglich sieben (25 %) der Bildungsgänge HF werden von kantonalen Schulen angeboten.

Die nicht subventionierten Angebote sind in zwei Bereichen positioniert, die im Wettbewerb stehen, nämlich der Bildungsgang zum Betriebswirtschafter/zur Betriebswirtschafterin HF (insgesamt neun Anbieter, nur zwei davon sind subventioniert) und derjenigen zum Wirt-schaftsinformatiker/zur Wirtschaftsinformatikerin HF (vier Anbieter, nur einer ist subventio-niert).

93 Prozent der Studierenden an Bildungsgänge HF im Kanton Bern, die im Jahr 2012 zur Prü-fung angetreten waren, bestanden die DiplomprüPrü-fung.

Der Kanton Bern finanziert die Nettokosten der Bildungsgänge HF (Defizitdeckung), sofern er mit den öffentlich- oder den privatrechtlichen Anbietern eine Leistungsvereinbarung oder ei-nen Leistungsvertrag abgeschlossen hat. Zudem zahlt er Pauschalen je studierende Person gemäss FSV an ausgewählte weitere privatrechtliche Anbieter ohne Leistungsvertrag. Die Studierenden entrichten Studiengebühren an die Bildungsinstitutionen mit Leistungsvertrag bzw. mit Leistungsvereinbarung gemäss den kantonalen Vorgaben. Bei Anbietern ohne Leis-tungsvertrag (Verbänden, Arbeitgeberorganisationen und weiteren privaten Bildungsinstitutio-nen) bezahlen sie die von diesen kalkulierten Teilnahmegebühren.

Die subventionierten Studiengänge werden überwiegend durch öffentliche Beiträge finanziert.

Der Besuch von Bildungsgängen HF berechtigt zum Bezug von Ausbildungsbeiträgen.

2.2.3 Nachdiplomstudiengänge

Neben den Bildungsgängen HF bieten die höheren Fachschulen auch Nachdiplomstudien-gänge (NDS) an. Diese erlauben den Studierenden eine weitere Spezialisierung und Vertie-fung. Auch die NDS werden vom SBFI anerkannt. Die Absolventinnen und Absolventen erhal-ten ein Diplom und dürfen den entsprechenden Titel führen. Diese Studiengänge werden vom Bund finanziell nicht unterstützt. Auch die geltende kantonale Gesetzgebung legt fest, dass die Kursgebühren für den Besuch eines Nachdiplomstudiengangs grundsätzlich die Kosten decken müssen. Diese können aber aus wichtigen Gründen mit kantonaler Unterstützung herabgesetzt werden. Der Nettoaufwand betrug im Rechnungsjahr 2012 7.8 Millionen Fran-ken.

Das SBFI anerkannte bisher 41 NDS an höheren Fachschulen. Im Schuljahr 2012/13 wurden im Kanton Bern sechs NDS mitfinanziert (Anästhesie-, Intensiv- und Notfallpflege; Pflege Ge-sundheitsförderung und Prävention sowie Pflegeberatung). Dabei handelt es sich um versor-gungsnotwendige NDS im Gesundheitsbereich gemäss SpVG6.

5 Verordnung des EVD vom 11. März 2005 über Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bil-dungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF; SR 412.101.61).

6 Spitalversorgungsgesetz vom 13. Juni 2013 (SpVG; BSG 812.11).

2.3 Akteure und ihre Verantwortungsbereiche

Nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die Beteiligten am System der höheren Berufs-bildung.

2.4 Reformen auf eidgenössischer und interkantonaler Ebene 2.4.1 Weiterbildungsgesetz

Das neue Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) 7 ist derzeit in der Beratung bei den eidgenössischen Räten. Gemäss diesem Entwurf gehören vorbereitende Kurse auf BP und HFP systematisch zur Weiterbildung. Nach dem geltenden kantonalen Recht zählen sie je-doch zur höheren Berufsbildung und werden ausfinanziert. Demgegenüber muss die Weiter-bildung zu kostendeckenden Preisen durchgeführt werden. Ausgenommen davon sind nur Angebote, die als förderungswürdig eingestuft werden (Art. 29 BerG). Für diesen Widerspruch muss im Kanton eine Lösung gefunden werden. Mit der vorgeschlagenen Änderung wird die-sem Umstand Rechnung getragen.

2.4.2 Erhöhung der Prüfungsfinanzierung durch den Bund für BP und HFP

Der Bundesrat hat am 14. November 2012 beschlossen, die Subventionen für die Durchfüh-rung von BP und HFP per 2013 von heute 25 Prozent auf 60 Prozent und in Ausnahmefällen bis auf 80 Prozent zu erhöhen. Diese Massnahme hat zum Ziel, das Bildungsgefäss der eid-genössischen Prüfungen zu stärken und die Absolventinnen und Absolventen finanziell zu entlasten. Zudem sollen auch die Expertenhonorare angepasst werden. Man erhofft sich da-durch einen positiven Effekt auf die Prüfungsqualität. Die Änderung der Beitragshöhe bedingt eine Anpassung der Berufsbildungsverordnung8. Mit der Erhöhung der Beitragssätze auf 60 Prozent der effektiven Kosten dürfte sich der Bundesbeitrag an die Durchführung der Prüfun-gen von heute rund fünfzehn Millionen auf schätzungsweise vierzig Millionen Franken pro Jahr erhöhen. Von dieser Erhöhung profitieren die Organisationen, welche die Prüfungen durchführen resp. sollen damit auch die Prüfungsgebühren gesenkt werden.

7 Vgl. Ergebnisbericht des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT; heute: SBFI) vom 11. Juni 2012.

8 Verordnung vom 19. November 2003 über die Berufsbildung (Berufsbildungsverordnung, BBV; SR 412.101) (Art. 65 BBV)

2.4.3 Neue interkantonale Vereinbarung über die Beiträge an die Bildungsgänge HF

Die EDK hat am 22. März 2012 die interkantonale Vereinbarung über die Beiträge an die Bil-dungsgänge der höheren Fachschulen (HFSV) verabschiedet und die Kantone am 27. April 2012 eingeladen, das für den Beitritt vorgesehene Verfahren einzuleiten. Die HFSV löst im Bereich der HF die FSV ab, die heute die Abgeltung des Besuchs von ausserkantonalen Bil-dungsangeboten in der höheren Berufsbildung regelt. Bis Ende August 2013 wurde sie bereits von 11 Kantonen ratifiziert.

Im Gegensatz zur FSV orientieren sich die Tarife in der HFSV an einer gesamtschweizeri-schen Kostenerhebung. Die Beiträge werden für jeden Bildungsgang auf der Grundlage der durchschnittlichen gewichteten Ausbildungskosten pro Bildungsgang und studierende Person definiert. Dabei werden für die Semesterpauschale folgende Variablen berücksichtigt: Ausbil-dungsdauer, Anzahl anrechenbarer Lektionen und durchschnittliche Klassengrösse. Von den erhobenen Brutto-Vollkosten werden 50 bis 90 Prozent pro Semester und studierende Person als Tarif festgelegt. In den Fachbereichen Gesundheit, Soziales sowie Land- und Waldwirt-schaft kann die Fachdirektorenkonferenz bei der Konferenz der Vereinbarungskantone für einzelne Bildungsgänge Beiträge in der Höhe von maximal 90 Prozent der ermittelten durch-schnittlichen Standardkosten pro studierende Person und Semester beantragen (vgl. Art. 7 HFSV). Die HFSV spricht hier von Bildungsgängen mit erhöhtem öffentlichem Interesse.

Die HFSV sieht Freizügigkeit vor. Sobald ein Bildungsgang durch das SBFI anerkannt ist, der Sitzkanton mit dem Bildungsanbieter einen Leistungsvertrag abgeschlossen und den Bil-dungsgang bei der EDK angemeldet hat, steht dieser allen Studierenden der Vereinbarungs-kantone zum Besuch offen. Ein zusätzliches Kostengutspracheverfahren ist nicht mehr erfor-derlich. Der Wohnsitzkanton der studierenden Person wird ohne weiteres ab dem Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns zahlungspflichtig. Es bleibt aber in der Hoheit des Kantons zu ent-scheiden, mit welchen Anbietern er Leistungsverträge abschliessen will und welche Bildungs-gänge er für die Aufnahme in die HFSV der EDK meldet.

2.5 Revisionsgründe

2.5.1 Ablösung der FSV durch die HFSV im Bereich HF

Die HFSV regelt neu den Lastenausgleich zwischen den Kantonen für den interkantonalen Schulbesuch von HF-Bildungsgängen (vgl. Ziff. 2.4.3).

Die Anbieter müssen zur Kostentransparenz bereit sein. Sie sollen nicht mehr nur punktuell subventioniert werden. Vorgesehen ist, dass alle Anbieter Beiträge erhalten, sofern sie mit dem Standortkanton einen Leistungsvertrag abschliessen. Dadurch wird der Kanton verpflich-tet, den Anbieter mindestens mit der interkantonal festgelegten Pauschale zu unterstützen.

Studierende mit stipendienrechtlichem Wohnsitz im Kanton Bern, die ein Bildungsangebot im Kanton besuchen, dürfen nicht diskriminiert werden.

Heute gilt nach Artikel 46 BerG die Gebührenregelung von Artikel 47 BerG für alle kantonalen Anbieter und für diejenigen Anbieter, mit denen eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen wurde. Zudem trägt der Kanton bei diesen Anbietern die Restkosten (Art. 38 BerG). Diese starren Finanzierungsvorschriften sind mit dem Konzept der HFSV nicht vereinbar.

Die neue gesetzliche Regelung ist aber unabhängig von einem Beitritt zu HFSV umsetzbar.

Der Regierungsrat kann die Höhe der Pauschalen auch selber festsetzen. Die Erziehungsdi-rektion plant dem dafür zuständigen Regierungsrat (vgl. Art. 54 BerG) die Ratifizierung zu beantragen, wenn absehbar ist, dass die vorliegende Gesetzesänderung auf gutem Wege ist.

Mit der Ratifizierung würden sich gemäss Kostenschätzungen die Einnahmen für den Kanton Bern aus interkantonalen Schulbesuchen erhöhen (vgl. Kap. 7.4.2).

2.5.2 Finanzierung von Angeboten im Kanton über die FSV

Die FSV ist die nach wie vor geltende interkantonale Vereinbarung für die Finanzierung der Angebote der höheren Berufsbildung. Jeder Kanton führt in einem Anhang die Schulen und Bildungsgänge auf, die vom interkantonalen Lastenausgleich profitieren. Im Berner Anhang sind sämtliche Schulen und deren Bildungsgänge aufgelistet, mit denen der Kanton einen Leistungsvertrag oder eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen hat. Zusätzlich sind aber auch Anbieter im Anhang enthalten, mit denen kein Leistungsvertrag abgeschlossen wurde.

Diese Praxis basiert auf dem nicht zuletzt auch im Grossen Rat9 erkennbaren politischen Wil-len, die höhere Berufsbildung im Vergleich mit der ständig an Attraktivität gewinnenden Hoch-schulbildung zu stärken.

Die Ausdehnung der Unterstützung in diesem Bereich steht im Widerspruch zum kantonalen Recht und zur steigenden finanziellen Belastung in der Tertiärbildung. Deshalb stoppte der Regierungsrat diese Praxis und lehnt seither Subventionsgesuche von neuen Anbietern ab.

Beschwerdeverfahren gegen solche Ablehnungsentscheide sind gegenwärtig hängig. Die An-bieter bemängeln, diese Subventionspraxis stehe im Widerspruch zu Artikel 11 BBG, wonach durch Massnahmen auf dem Bildungsmarkt keine ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrun-gen entstehen dürfen. Auch die verfassungsrechtliche Wirtschaftsfreiheit wird angerufen, die eine Gleichbehandlung aller Konkurrentinnen und Konkurrenten fordert. Bei einer Gutheis-sung der Beschwerden muss mit Mehrausgaben gerechnet werden.

Für diese aktuellen Umsetzungsprobleme gibt es im Rahmen der bestehenden kantonalen Gesetzgebung keine bildungs-, finanz- und wettbewerbspolitisch sowie verwaltungsökono-misch befriedigende Lösung. Nach heutigem Recht (Art. 27 BerG) kann der Kanton die Bil-dungsgänge HF fördern, wenn sie den Bedürfnissen der Arbeitswelt entsprechen und einen längerfristigen Nutzen bringen. Artikel 88 BerV nennt folgende weitere Förderkriterien: ausge-wiesene Nachfrage und ein Bedarf des Arbeitsmarktes. Sowohl für die Teilnehmenden als auch für den Arbeitsmarkt muss ein längerfristiger Nutzen vorhanden sein. Die Anwendung dieser Kriterien im Hinblick auf eine punktuelle Förderung des bestehenden riesigen Angebots erwies sich als kaum umsetzbar. Angesichts der veränderten Marktverhältnisse (u. a. wach-sender Anbietermarkt, überregional tätige Anbieter, Bedürfnisse nach freier Anbieterwahl sei-tens der Studierenden) führen die bisherigen, z. T. nicht genügend scharfen Förderkriterien zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen Anbietern mit und ohne Subventionen, zu unkontrollier-bar wachsenden Ausgaben durch mehr und umfangreichere Bildungsgänge sowie zu einem unverhältnismässig hohen Verwaltungsaufwand. Der Kanton finanziert Anbietende ohne er-kennbare Systematik. Die Strukturen sind primär historisch gewachsen. Ein klares bildungs- und/oder ordnungspolitisches Konzept ist aus heutiger Sicht nicht erkennbar.

Im Hinblick auf den ursprünglich vorgesehenen Systemwechsel von der Anbieterfinanzierung zur Subjektpauschale hat der Kanton Bern die FSV vorsorglich per 30. September 2014 ge-kündigt. Da im jetzigen Zeitpunkt auf einen Systemwechsel verzichtet wird, wird sich der Re-gierungsrat mit dem Wiederbeitritt zur FSV befassen. Allerdings hat der Kanton Bern nun die Möglichkeit seine Bedingungen zu ändern (vgl. Kap. 7.5).

2.5.3 Keine inhaltlichen Vorgaben für vorbereitende Kurse BP und HFP

Wie bereits erwähnt, fehlen bei den vorbereitenden Kursen die Vorgaben. Entsprechend viel-fältig gestaltet sich das Angebot. Nachfolgende Graphik zu den vorbereitenden Kursen im Hinblick auf die Berufsprüfung Logistikfachleute illustriert dies sehr gut. Analysiert wurden alle vorbereitenden Kurse, die von den Kantonen in ihren Anhängen zur FSV aufgeführt werden.

9 Vgl. u.a. Motion 130/2008 Pfister, Zweisimmen (FDP) / Schwarz-Sommer, Steffisburg (SVP) vom 10.

April 2008: Bitte keine Zweiklassen-Gesellschaft bei den Studiengebühren.

Daraus lässt sich ablesen, dass es Schweiz weit 29 Kursangebote gibt, deren Umfang zwi-schen 330 und 720 Lektionen liegt. Dem günstigsten Anbieter bezahlt der Kanton Bern auf-grund der FSV 2’520 Franken und dem teuersten 5’670 Franken. Dieses oder ein ähnliches Bild ergibt sich praktisch für jedes Vorbereitungsangebot auf eine BP oder eine HFP, wenn mehrere Anbieter auf dem Markt sind. Es gibt keine Bestrebungen, die vorbereitenden Kurse zu formalisieren. Viele Vorbereitungskurse sind zudem modularisiert, was die Überwachung der Zahlungen durch die Kantone zusätzlich erschwert und bei den Institutionen zu einem hohen administrativen Aufwand führt. Es gibt auch Organisationen der Arbeitswelt (OdA), wel-che Dauer und Inhalt national harmonisiert haben. Dies sind vor allem die gewerblich-industriellen Berufsgruppen.

Gemäss FSV entrichten die Kantone einen Lektionenbeitrag. Jedes Jahr können die Anbieter die veränderten Bedingungen melden, die Kantone korrigieren daraufhin ihren Anhang und bezahlen die höheren Kantonsbeiträge. Der Kanton sieht sich mit stets wachsenden Lektio-nenzahlen und somit wachsenden Kosten konfrontiert. Damit ist klar, dass dieses Modell ei-gentlich keine Zukunft hat.

2.5.4 Keine Kontrolle über Teilnehmende an vorbereitenden Kursen

Der Kanton hat keine Kontrolle darüber, ob Teilnehmende von vorbereitenden Kursen auch eine Berufs- oder höhere Fachprüfung ablegen. Legen Kursteilnehmende keine Berufs- oder höhere Fachprüfung ab, kommt der Kursbesuch einer beruflichen Weiterbildung gleich. Beruf-liche Weiterbildung ist aber nach geltender Gesetzgebung nur im Ausnahmefall subventions-berechtigt (vgl. Art. 32 BBG und Art. 31 BerG). Nach dem heutigen System der Restkostenfi-nanzierung oder dem neuen System der LektionenfiRestkostenfi-nanzierung kann diese ungewollte Wir-kung nicht gänzlich verhindert werden. Kontrollen können wegen der Menge an Anbietern nur stichprobenweise durchgeführt werden.