12.1 (1) Gemäß § 181 BVergG 2006 war der geschätzte Auftragswert der auszuschreiben
den Leistung ohne Umsatzsteuer vom Sektorenauftraggeber vor der Durchführung des Vergabeverfahrens sachkundig zu ermitteln. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung war der Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens.
Zum Zeitpunkt der Genehmigung der Einleitung des Vergabeverfahrens lagen keine Auftragswertschätzungen für die beabsichtigten Vergaben vor. Bei der späteren Abänderung der Genehmigung im Juli 2013 betreffend die Vergabe der weiterfüh
renden Planung schätzte die Flughafen Wien AG den Auftragswert auf 300.000 EUR, eine detailliertere Kostenermittlung lag dazu nicht vor.
58 Planung des Passagierleitsystems hinsichtlich Prinzipien, Überarbeitung der Piktogramme und Schildgestaltung
59 Evaluierung und Planung des Leitsystems sowie Aufbereitung der Druckdaten
Tabelle 5 zeigt die Vergaben an den Leitsystemplaner für das Projekt Leitsystem:
Tabelle 5: Projekt Leitsystem: Vergaben an den Leitsystemplaner im überprüften Zeitraum
Vergabeverfahren Auftragswert bzw.
maximaler Abrufwert in 1.000 EUR allgemeine Planung
1. Direktvergabe Februar 2013 98
2. Direktvergabe Juli 2013 9 107
weiterführende Planung
Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit einem Bieter
Abschluss einer Rahmenvereinbarung Juli 2013 90 485
Aufstockung April 2015 95
Summe 592
Quelle: Flughafen Wien AG
(2) Für die allgemeine Planung des Leitsystems beabsichtigte die Flughafen Wien AG zum Zeitpunkt des Genehmigungsantrags im Dezember 2012, den Auftrag direkt an einen ihr bereits bekannten Leitsystemplaner zu vergeben. Dieser legte im Jänner 2013 ein Angebot in der Höhe von rd. 98.000 EUR, die Flughafen Wien AG beauftragte ihn laut Abrechnungsunterlagen im Februar 2013. Eine weitere Direkt
vergabe an denselben Leitsystemplaner erging im Juli 2013 auf Basis von zwei Ange
boten vom März und April 2013.
Laut dem Leitfaden der Flughafen Wien AG zur Abwicklung von Vergabeverfahren (in der Folge: Vergabeordnung) war vor Einleitung eines Vergabeverfahrens sicher
zustellen, dass eine ausreichende Marktübersicht besteht, und zu dokumentieren, wie diese gewonnen wurde. Bei Direktvergaben ab 7.500 EUR war zumindest eine zweite „unverbindliche Preisauskunft“ zu Vergleichszwecken anzufordern. Ein Abge
hen von dieser Vorgehensweise war schriftlich zu begründen, insbesondere war darzulegen, wie dennoch die Preisangemessenheit festgestellt werden konnte. Die schriftliche Prüfung der Preisangemessenheit war grundsätzlich auch laut BVergG 2006 vorgesehen.
Die Flughafen Wien AG hielt in der Genehmigung zur Einleitung des Vergabeverfah
rens fest, dass sie die Mindestanzahl an erforderlichen Verfahrensteilnehmern nicht einhielt. Sie begründete dies mit der Fachkenntnis des Planers sowie seiner Erfah
rung mit dem Leitsystem des Flughafens Wien aus vergangenen Projekten. Aus den Unterlagen ging nicht hervor, wie sie die Preisangemessenheit festgestellt oder die Marktübersicht gewonnen hatte.
(3) Für die Vergabe der weiterführenden Planung beabsichtigte die Flughafen Wien AG zunächst, die Mindestanzahl an erforderlichen Verfahrensteilnehmern einzuhalten. Im Juli 2013 änderte sie jedoch mit Genehmigung des Einzelvorstands die geplante Vorgehensweise, um diesen Auftrag im Zuge eines Verhandlungsver
fahrens mit einem Bieter60 an den bereits tätigen Leitsystemplaner zu vergeben.
Diesbezügliche, dem Verfahren entsprechende Verhandlungen waren in den dem RH übermittelten Unterlagen nicht dokumentiert. Gemäß BVergG 2006 sollte die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer bei nicht offenen Verfahren ohne vorhe
rige Bekanntmachung nicht unter drei liegen, wobei Ausnahmen aus sachlichen Gründen zulässig waren.61 Die Flughafen Wien AG begründete ihre Vorgehensweise damit, dass die Erarbeitung eines Leistungsverzeichnisses für die Legung vergleich
barer Angebote komplex sei. Es sei faktisch unmöglich, die Leistung unterschied
licher Bieter zu bewerten, da es für die Dauer bzw. den Aufwand der Leistungserbringung keine vergleichbare Grundlage gebe. Zudem sah die Flughafen Wien AG bei einem weiteren Dienstleister die mögliche Gefahr, dass dieser die Fest
legungen der im Zuge der allgemeinen Planung erbrachten Leistungen permanent infrage stellen könnte.
Im Juli 2013 schloss die Flughafen Wien AG mit dem beauftragten Leitsystemplaner für die weiterführende Planung eine Rahmenvereinbarung mit einem maximalen Abrufwert von 390.000 EUR und einer Laufzeit von drei Jahren. In der Rahmenver
einbarung waren eine Verlängerungsoption der dreijährigen Laufzeit sowie ein Stun
densatz, welcher nach tatsächlichem Zeitaufwand vergütet werden sollte, festgelegt.
Im April 2015 erhöhte die Flughafen Wien AG die Höhe des maximalen Abrufwerts auf 485.000 EUR „im Zuge einer Direktvergabe“.
12.2 Der RH kritisierte, dass die Flughafen Wien AG für die Vergaben der Leitsystem
planung keine Auftragswertschätzungen vorweisen konnte, obwohl der Auftrags
wert gemäß BVergG 2006 zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens zu ermitteln war.
Der RH hielt kritisch fest, dass die Flughafen Wien AG ohne eine Auftragswertschät
zung und noch vor Vorliegen eines Angebots beabsichtigte, einen ihr bereits bekann
ten Leitsystemplaner direkt zu beauftragen. Zudem konnte die Flughafen Wien AG nicht darlegen, wie sie die Preisangemessenheit festgestellt oder die Marktübersicht gewonnen hatte, wie dies im BVergG 2006 und in der internen Vergabeordnung vorgesehen war.
60 § 201 BVergG 2006
61 § 250 BVergG 2006
Der RH hielt fest, dass die Flughafen Wien AG für die Vergabe der weiterführenden Planungsleistungen des Leitsystems ein Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter durchführte und sich dabei auf eine Ausnahmebestimmung des BVergG 2006 berief. Er wies jedoch kritisch darauf hin, dass die Flughafen Wien AG durch die Verknüpfung mit der vorangegangenen Direktvergabe den Bieterkreis einschränkte und für das Projekt Leitsystem letztlich Planungsleistungen in Höhe von rd. 592.000 EUR unter Ausschluss des Wettbewerbs an einen einzigen Auftragneh
mer vergab. Im Hinblick auf die Bedenken der Flughafen Wien AG, die weiterfüh
rende Planung auszuschreiben, wäre daher nach Ansicht des RH ein angemessener Wettbewerb zu Beginn des ersten Vergabeverfahrens zweckmäßig gewesen. Er erachtete die Argumentation der Flughafen Wien AG, dass ein weiterer Dienstleister die bereits erbrachten Leistungen infrage stellen könnte, als nicht schlüssig. Er verwies diesbezüglich auf die übliche Praxis, Planungsphasen auch einzeln an unter
schiedliche Dienstleister zu vergeben.