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Anforderungen im Retail– und Gastronomiebereich

27.1 (1) Im Jahr 2012 befanden sich am gesamten Flughafen rd. 19.700 m2 Retail– und Gastronomieflächen, davon rd. 10.000 m2 im Terminal 3. Im Bereich nach der Sicher­

heitskontrolle (Airside) lagen im Terminal 3 produktive Retail– und Gastronomie­

flächen77 im Ausmaß von rd. 5.000 m2.

Zur Zeit der Inbetriebnahme des Terminals 3 standen viele Retail– und Gastronomie­

flächen leer bzw. konnten nicht in Betrieb genommen werden. Dies war vor allem auf die Insolvenz eines großen Betreibers mit 31 Verkaufsstandorten zurückzuführen. Die Flughafen Wien AG reduzierte die Leerstände in den Folgejahren kontinuierlich.

(2) Nach der Inbetriebnahme des Terminals 3 analysierte die Flughafen Wien AG die Herausforderungen im Retail– und Gastronomiebereich. Im September 2012 hielt sie fest, dass eine gemeinsame kommerzielle Zone mit den anderen Terminals fehlte und die Passagiere innerhalb des Terminals 3 nach der zentralen Sicherheitskon ­ t rolle in unterschiedliche Gate–Bereiche mit jeweils eigenem Retail– und Gastrono­

mieangebot geleitet wurden.

Im Rahmen ihres Strategieprozesses hielt die Flughafen Wien AG darüber hinaus folgende Herausforderungen für den Retail– und Gastronomiebereich fest:

• Die Trennung der Passagierflüsse führte zu einer geringeren Flächenproduktivität.

Zudem konnten die Passagiere nur einen eingeschränkten Ausschnitt des Angebots nutzen. Die meisten abfliegenden Passagiere hatten damit weniger Verkaufsflächen zur Verfügung als vor der Inbetriebnahme des Terminals 3.

• Die verfügbare Fläche pro Passagier lag unter jener vergleichbarer Flughäfen, wodurch das Kaufkraftpotenzial nicht optimal ausgeschöpft wurde bzw. die Umsätze pro Passagier hinter den Vergleichswerten lagen.

• Die Vielfalt der Marken war geringer als auf der Gesamtfläche möglich, weil Geschäfte bzw. Marken an mehreren Standorten innerhalb der Terminals vertreten waren.

77 ohne Nebenflächen, wie Lager oder Büros

Im Zuge der Terminalentwicklung sollten daher zusätzliche Retail– und Gastrono­

mieflächen geschaffen, die Sortimentsvielfalt vor allem im mittleren Marken– und Preissegment ausgebaut sowie die Passagierflüsse zwischen und innerhalb der Terminals optimiert werden. Schnelle Prozesse, z.B. bei Sicherheitskontrollen, und Wartebereiche in der Nähe von Shops sollten die verfügbare Zeit für Passagiere zum Einkaufen erhöhen.

(3) Die Flughafen Wien AG beauftragte Anfang des Jahres 2015 bei einem Unterneh­

men (in der Folge: Retail–Beratungsunternehmen) Beratungsleistungen zur Opti­

mierung des kommerziellen Angebots. Diese Studie analysierte insbesondere das bestehende Angebot und die räumliche Situation der Retail– und Gastronomieflä­

chen, die Zusammensetzung und Bedürfnisse der Passagiere und bewertete verschiedene Planungsvarianten im Hinblick auf das Erlöspotenzial. Die Studie bestä­

tigte im Wesentlichen die von der Flughafen Wien AG erkannten Schwierigkeiten im Bestand. Das Retail–Beratungsunternehmen leitete auf der Grundlage der Passa­

gierprognose, des Konsumverhaltens und der erzielbaren Umsätze u.a. einen Ziel­

wert für die Größe der Retail– und Gastronomieflächen im Terminal 3 ab. Dieser Zielwert basierte im Jahr 2015 auf einer angenommenen Steigerung der Passagier­

zahlen um 3 %, im März 2016 auf einer Steigerung von 1 % und im Mai 2016 auf der Passagierprognose gemäß dem Basisszenario der Unternehmensplanung (TZ 26) und variierte dementsprechend.

Ein weiteres, auf Architektur und Design im Retailbereich spezialisiertes Unternehmen (in der Folge: Retail–Designunternehmen) skizzierte im Rahmen der Variantenent­

wicklung Möglichkeiten der Positionierung von Nutzflächen in der künftigen Terminal ­ landschaft (z.B. für Retail und Gastronomie, Duty–free, allgemeine Wartebereiche, Lounges und Sanitäranlagen). Das Retail–Designunternehmen bezog sich jedoch im selben Zeitraum auf von der kommerziellen Studie abweichende Zielwerte.

(4) Die Flughafen Wien AG holte auch Informationen über die Zufriedenheit der Passagiere, u.a. mit dem Retail– und Gastronomieangebot, am Flughafen Wien ein.

Entsprechende Daten lagen z.B. aus einer Imageanalyse im Jahr 2013 und aus Passa ­ gierbefragungen des internationalen Dachverbands der Flughafenbetreiber (Airports Council International) vor, der regelmäßig die Zufriedenheit der Passagiere bewertete und die Ergebnisse im Vergleich mit anderen Flughäfen darstellte („Airport Service Quality–Survey“).

Im Zuge der Studie zur Optimierung des kommerziellen Angebots ließ die Flughafen Wien AG ebenfalls Passagierbefragungen durchführen. Diese zeigten u.a. auf, dass zum damaligen Zeitpunkt die Hälfte der Passagiere weder Retail– noch Gastrono­

mieeinrichtungen nutzte. Als wichtigste Gründe dafür gaben die Befragten an, dass kein Bedarf bestand, die angebotenen Produkte zu teuer waren oder sie keine Zeit hatten. Laut den Befragungen war ein Drittel der Käufe geplant, zwei Drittel erfolg­

ten spontan. Die Studie leitete daraus ein wesentliches Verbesserungspotenzial ab.

Die Planung des Passagierflusses und die Optimierung der Sichtachsen waren dabei wichtige Faktoren, um die Reisenden stärker in Kontakt mit den Angeboten zu brin­

gen. Weiters bestand der Bedarf, die Angebote besser auf die Bedürfnisse der Passa­

giere zuzuschneiden, z.B. durch bessere Angebote im mittleren Preissegment und Gastronomieangebote für Alleinreisende.

27.2 Der RH hielt fest, dass die Flughafen Wien AG die Anforderungen an den Retail– und Gastronomiebereich im Zusammenhang mit der Terminalentwicklung aus quantitati­

ven und qualitativen Analysen und Studien im Wesentlichen nachvollziehbar ableitete.

Er wies jedoch darauf hin, dass der Handlungsbedarf im Retail– und Gastronomiebe­

reich vor allem auch auf Mängel in der ursprünglichen Planung des Projekts „Skylink“

zurückzuführen war.

Der RH erachtete die von der Flughafen Wien AG durchgeführten Analysen und die beauftragten Studien für den Retail– und Gastronomiebereich grundsätzlich als geeignete Planungsgrundlagen. Er merkte aber kritisch an, dass die im März 2016 erstellte Studie nicht auch die Verkehrsszenarien der Unternehmensplanung berück­

sichtigte und diesbezügliche Ergebnisse für das Basisszenario erst im Mai 2016 vorlagen. Daraus ergaben sich niedrigere Zielwerte für die Retail– und Gastronomie­

flächen und es entstand auch ein Zusatzaufwand bei der Erstellung der Wirtschaft­

lichkeitsprüfung (TZ 30). Der RH wies weiters kritisch darauf hin, dass die beiden beauftragten Studien in Bezug auf die Zielwerte für Retail– und Gastronomieflächen nicht optimal aufeinander abgestimmt waren.

Der RH würde es deshalb für zweckmäßig erachten, wenn die Flughafen Wien AG bei der Erstellung von Studien und Analysen im Sinne einer konsistenten Planung grundsätzlich einheitliche Verkehrsszenarien bzw. Prognosen verwendet sowie bei Planungsprojekten für eine inhaltliche Abstimmung bzw. einen Informationsaus­

tausch zwischen unterschiedlichen Auftragnehmern sorgt.

Der RH hielt fest, dass der Flughafen Wien AG Informationen über die Zufriedenheit der Passagiere mit dem Retail– und Gastronomieangebot und ihre Bedürfnisse – auch im Vergleich zu anderen Flughäfen – vorlagen. Die Analyse der Zusammen­

setzung der Passagiere sowie deren Befragung im Zuge einer beauftragten Studie erachtete der RH als zweckmäßig. Die Schlussfolgerungen der Studie zielten darauf ab, das Konsumverhalten der Passagiere durch Planung des Passagierflusses, die

Optimierung der Sichtachsen sowie Adaptierungen im Angebot zu steuern, um die Erträge für die Flughafen Wien AG zu erhöhen.

27.3 Laut Stellungnahme der Flughafen Wien AG habe es bei einer Variantenuntersu­

chung eine geringe, aber nicht maßgebliche Abweichung zwischen den Zielwerten des Retail–Beratungsunternehmens und des Retail–Designunternehmens gegeben.

Diese habe trotz intensiver Nachforschung nicht plausibilisiert werden können.

27.4 Der RH erwiderte der Flughafen Wien AG, dass er die Abweichung der Zielwerte im Mai 2016 um 1.000 m2 bzw. 10 % als relevant erachtete und die Verwendung einheitlicher Zielwerte für die Planung zweckmäßig wäre.