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Der Begriff „Atopie“ (griechisch Atopia = Ungewöhnlichkeit, Seltsamkeit) wurde erstmalig von COCA und COOKE (1923) als klinisches Bild einer Überempfindlichkeitsreaktion oder einer allergischen Reaktion vom Typ I beschrieben. Zu den atopischen Erkrankungen gehören das allergische Asthma, die allergische Rhinitis und Konjunktivitis und das atopische Ekzem.

Heute versteht man unter dem Begriff Atopie, eine genetisch bedingte Disposition zur spontanen Entwicklung einer Typ-I-Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber Inhalations- oder perkutan aufgenommenen Allergenen, die normalerweise harmlose Substanzen darstellen (REEDY et al. 2002). Bei der Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ I nach COOMBS und GELL (1963) werden B-Zellen zur Bildung von spezifischem IgE durch T-Zell-Hilfe angeregt. Dieses antigenspezifische IgE bindet über Fc-Rezeptoren an Mastzellen, wodurch diese sensibilisiert werden. Beim nächsten Antigenkontakt mit der sensibilisierten Mastzelle wird das gebundene IgE kreuzvernetzt, und die Zelle degranuliert unter Freisetzung von Mediatoren, welche die bekannten Symptome wie Asthma bronchiale, allergische Rhinokonjunktivitis oder atopisches Ekzem hervorrufen. Bei der durch IgE vermittelten allergischen Reaktion lassen sich eine frühe und eine späte Phase unterscheiden.

Die Sofortreaktion beruht auf der Wirkung von Histamin und anderen, von den Mastzellen ausgeschütteten, schnell metabolisierten Effektoren. Die Entzündungseffekte von Histamin erklären sich aus seinen pharmakologischen Eigenschaften, die über H1-Rezeptoren auf Blutgefäße, glatte Muskulatur und die Oberfläche von Schleimhäuten einwirken. Die Spätreaktion wird durch eingewanderte inflammatorische Leukozyten hervorgerufen, die durch Chemokine und andere von den Mastzellen während oder nach der Sofortreaktion freigesetzte Mediatoren angelockt werden. Immunologisch wird die verstärkte IgE-Bildung bei der Atopie durch ein Überwiegen der Th2-Immunantwort gesteuert, bei partieller Unterdrückung der Th1-Immunantwort (ROITT et al. 1991).

Bei Menschen und Haustieren ist die AD eine mit starkem Juckreiz einhergehende entzündliche Hauterkrankung mit akut-entzündlichem, chronischen oder chronisch-rezidivierenden Verläufen. Die Erkrankung ist weltweit verbreitet und tritt aufgrund der genetischen Prädisposition bei bestimmten Rassen oder Familien gehäuft auf. Die am

häufigsten betroffenen Stellen sind Schnauze (Gesicht), Pfoten (Handrücken), Flexor-und Extensorflächen (REEDY et al. 2002).

Die Atopie der Hunde weist viele Gemeinsamkeiten mit ihrem Gegenstück beim Menschen auf:

• Familiäre Disposition,

• Auftreten im Jugendalter,

• Chronischer Pruritus,

• Typische Hautveränderungen an den Beuge- oder Streckseiten der Extremitäten,

• Sofortreaktion im Hauttest (HELTON RHODES et al. 1987, RHODES et al. 1987)

2.2.1 Pathomechanismen der AD

Der der AD zugrundeliegende Pathomechanismus ist noch nicht vollständig geklärt; es liegt wahrscheinlich eine Kombination von defekter zellulärer Immunantwort, IgE-mediierter Immunreaktion und äußeren Faktoren die zu einer Verschlimmerung der Symptomatik führen (z.B. durch Staphylokokkenprodukte, Malassezia Hefen) vor. Sowohl beim Menschen (VAN DER HEYDEN et al. 1991, ZACHARY et al. 1995) als auch beim Hund (NIMMO WILKIE et al. 1991, 1992) wurden bei atopischen Patienten Veränderungen der zellvermittelten Immunität beobachtet. Außerdem weisen sowohl erkrankte Hunde (WILLEMSE et al. 1985, KLEINBECK et al. 1989) als auch der Großteil betroffener Menschen (PARISH 1981, UEHARA 1986) erhöhte Serumkonzentrationen von allergenspezifischem IgE und einigen Untergruppen von IgE auf. Aus pathogenetischer Sicht ist die AD durch eine inadäquate T-Zell-Antwort definiert. Die T-Zell-Reaktion hat bei Mensch und Hund (SINKE et al. 2002) eine Prägung vom Th2-Typ, der gekennzeichnet ist durch die Bildung von Interleukin (IL)-4, IL-5, IL-6 und IL-13. Daraus resultiert eine unangemessene und erhöhte IgE-Produktion. Die Ekzemreaktion basiert auf erhöhtem spezifischem IgE, das über Fcε-Rezeptoren (Fcε-R) (HAAS et al. 1992) an Langerhans-Zellen und inflammatorische, dendritische, epidermale Zellen (IDEC) bindet. Bei Allergenexposition wird das Antigen durch diese Zellen prozessiert und den T-Zellen präsentiert, dies induziert eine gezielte T-zelluläre Antwort. Während IDEC bereits früh in der Entwicklung von AD betroffenen Hautbereichen in die Epidermis einwandern, findet die Expression des Fcε-RI auf ihrer Oberfläche erst später in der

chronischen Phase statt (KERSCHENLOHR et al 2003). Fcε-RI-aktivierte IDEC instruieren naive T-Zellen zu IFN-γ produzierenden T-Zellen und der Ausschüttung von IL-12 und IL-18, wodurch möglicherweise die Umwandlung von einer Th2- zu einer Th1-Antwort bedingt ist.

In der Tat werden in chronisch veränderter Haut höhere Mengen dieser Zytokine gefunden, weshalb man auch von einem biphasischen Verlauf der AD spricht, gekennzeichnet durch eine akute Th2-dominierte und chronische Th1-dominierte Phase (HAMID et al. 1994).

Die European Academy of Allergology and Clinical Dermatology (EAACI) hat eine neue Nomenklatur der AD vorgeschlagen, da es eine allergische IgE-assoziierte Form der AD, das

„allergic Atopic eczema/dermatitis syndrome“ (AAEDS) welches 70–80 % der Patienten betrifft und eine nicht-allergische Form, das „nonallergic Atopic eczema/dermatitis syndrome“ (NAAEDS) gibt (JOHANSSON et al 2001), das bei 20–30 % der Patienten beobachtet wird (NOVAK et al. 2003). Patienten mit NAAEDS zeigen keine respiratorischen Symptome, wie bronchiales Asthma oder allergische Rhinitis, haben normale IgE Level im Serum, kein spezifisches IgE und negative Haut-Prick Test Ergebnisse gegenüber Aero- oder Nahrungsallergenen. Immunologische Unterschiede bestehen zudem zwischen diesen beiden Formen hinsichtlich des Zytokinmusters im peripheren Blut und der betroffenen Hautbereiche sowie in der phänotypischen Charakterisierung epidermaler dendritischer Zellen (WUTHRICH et al. 2003). Beide Formen gehen mit einer Eosinophilie einher. Bei dem AAEDS produzieren die T-Gedächtnis-Zellen erhöhte Mengen an Th2-Zytokinen, wie IL-4 und IL-13, die die Synthese von IgE induzieren, sowie IL-5 welches maßgeblich an der Entwicklung von eosinophilen Granulozyten beteiligt ist (SICHERER u. LEUNG 2004).

Diese T-Zellen produzieren außerdem abnorm geringe Mengen von IFN-γ, welches als Th1-Zytokin die Th2-Zell Funktion inhibiert. Das NAAEDS ist assoziiert mit einer vergleichsweise geringeren Produktion von IL-4 und IL-13. In beiden Formen wird eine IL-10 vermittelte Th2-Zell-Differenzierung vermutet (LAOUINI et al. 2003, HOWELL et al.

2005).

Beim Menschen mit AD enthält die Haut ein Infiltrat, das sich vorwiegend aus CD4+-T-Zellen und einer kleinen Anzahl von CD8+-T-Zellen zusammensetzt, die vermutlich über eine zytotoxische und suppressive Wirkung verfügen (LEUNG et al. 1981, LEVER et al.

1987). SINKE et al. (1997) berichteten, dass besonders in veränderter atopischer Epidermis

des Hundes ein Anstieg von CD4+-T-Zellen zu beobachten war. In unveränderter atopischer Haut dagegen infiltrieren sowohl CD4+- als auch CD8+-T-Zellen die Epidermis ohne erkennbare Bevorzugung der CD4+-T-Zellen. In der Dermis atopischer Hunde war lediglich die Anzahl der CD8+-T-Zellen erhöht. Daraus wurde geschlossen, dass CD8+-T-Zellen wahrscheinlich wichtige Regulatoren bei der AD von Hunden sind (SINKE et al. 1997, OLIVRY et al. 1997). Untersuchungen zeigten dass sich das Hautinfiltrat atopischer Hunde hauptsächlich aus Mastzellen, dendritischen APC (die wahrscheinlich von LC abstammen) und T-memory-Zellen zusammensetzt. Eosinophile und degranulierte Eosinophile wurden nur in der Epidermis veränderter atopischer Haut nachgewiesen. Ebenso wurden T-Lymphozyten, die den γδ-T-Zellrezeptor exprimieren in der Epidermis oder Dermis aller atopischen Hunde, jedoch nur selten bei gesunden Tieren beobachtet (OLIVRY et al. 1997). Diese Beobachtungen stehen im Gegensatz zu Ergebnissen beim Menschen, wo eine reduzierte Anzahl dieser T-Zellen im peripheren Blut nachgewiesen wurde. Da die γδ-T-Zellen IFN-γ sezernieren, könnte ihre Reduzierung die IgE–Produktion potenzieren.

Auch Chemokine prägen das Infiltrat akuter und chronischer Läsionen (BLAUVELT et al.

2003, ONO et al. 2003, LEUNG et al. 2004). So scheinen das „Th2-type CC chemokine thymus and activation-regulated chemokine“ (TARC, CCL17), das „macrophage-derived chemokine“ (MDC, CCL22) und das „inflammatory cytokine I-309“ (I-309, CCL1) an einer Amplifikation der ursprünglich allergischen Entzündungsreaktion teilzuhaben. Das Chemokin mit der Bezeichnung „regulated upon activation, normally T-expressed, and presumably secreted“ (RANTES, CCL5), sowie das „monocyte chemoattractant protein 4“ (MCP-4, CCL13) und das „eosinophil chemotactic protein“ (Eotaxin, CCL11) sollen darüber hinaus an einer Rekrutierung von Eosinophilen und Th2-Zellen in die Region der Läsionen verantwortlich sein. Auch das „cutaneous T-cell attracting chemokine“ (CTACK, CCL27), ein hautassoziiertes Chemokin, soll am sog. „T-cell-homing“ beteiligt seint. Weiterhin ist CTACK, bei AD-Patienten deutlich hochreguliert. Ebenfalls hochreguliert sind MDC und TARC, die selektiv CCR4-exprimierende Th2-Zellen anlocken, wobei der Schweregrad der AD mit den TARC-Spiegeln positiv korreliert (HIJNEN et al. 2004). Th1-Zell-Migration auf der anderen Seite scheint durch erhöhte Level des „interferon (gamma)-induced protein of 10kDa“ (IP-10, CXCL10), sowie des „monokine induced by IFN-γ“ (MIG, CXCL9) und des

„interferon (gamma) induced T-cell alpha chemoattractant“ (I-TAC, CXCL11) in Keratinozyten ausgelöst zu werden (KLUNKER et al. 2003).