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2. Theoretische Grundlagen

2.2 Der architektonische Aspekt von Brücken

2.2.1 Die Rolle des Architekten in der Gestaltung von Brücken

2.2.1.1 Die Architektur der Murbrücken

Die steirischen Murbrücken hinsichtlich ihrer Architektur äußerst uneinheitlich. Die Brückenbauten reichen von äußerst reizlosen, architektonisch kaum anspruchsvollen Zweckbauten über interessant anmutende Multifunktionalbrücken bis hin zur künstlichen Murinsel in Graz. Diese Insel in der Mur soll in erster Linie Kunstobjekt sein, erfüllt ihren Zweck der Verbindung von Ufern aber trotzdem. Als architektonisch anspruchsvoller als Balken- oder Plattenbrücken erweisen sich die Fachwerkbrücken in der Obersteiermark oder jene in Mureck wobei diese Brücken in erster Linie nicht erbaut wurden, um einen optischen Reiz darzustellen, sondern um ihren Zweck zu erfüllen.

Generell ist erkennbar, dass man sich in der Steiermark vor allen ab den 1980er Jahren dazu entschlossen hat, „architektonisch hochwertigere“ Brücken zu bauen als in den Jahrzehnten zuvor. Dies mag einerseits daran liegen, dass diese Brücken als Neubauten an historischen Standorten Brücken ablösten, die zu einer Zeit errichtet wurden, als man mit dem raschen Wachstum der Bevölkerungszahl und der starken Zunahme des Verkehrs zu kämpfen hatte.

Die Brücken mussten relativ rasch erbaut werden, kostengünstig und leistungsstark sein. Mit den Brückenneubauten bot sich die Möglichkeit, eine teilweise Verschönerung des Ortsbildes oder eines Stadtteils zu erreichen. Des Weiteren ist zu sagen, dass mit dem stärkeren

Aufkommen an innerstädtischem Radverkehr, dem Ausschluss von PKWs aus den

Innenstädten, durch die Einführung von Fußgängerzonen und Verkehrsleitsystemen ein Trend hin zu multifunktionalen Brücken einsetzte.

Ein nächster Grund für die Errichtung von architektonisch aufwendigen Brücken beruhte darauf, mit „modern“ anmutenden Brücken ein Einmaligkeitsmerkmal für die Umgebung oder gar ein touristisches Interesse zu erwecken.

Beispiele für architektonisch anspruchsvolle Murbrücken sind unter anderem:

Bertha von Suttner-Friedensbrücke (Graz) 1985

Kalvarienbrücke (Graz) 1989

Erich-Edegger-Steg (Graz) 1992

Erzherzog Johann Brücke (Leoben) 1992

Holzeuropabrücke (St.Lorenzen/St.Georgen ob Murau) 1993

Hohenlimburgbrücke (Bruck an der Mur) 1993

Hängende Murbrücke (Frohnleiten) 1993

Mursteg (Murau) 1995

Augartensteg (Graz) 1997

Murinsel (Graz) 2003

Geh- und Radwegbrücke in den Murauen (Bezirk: RA) 2006

Murbrücke in St.Magarethen-Kobenz 2009

2.2.1.2 Brücken, als „Signatur“ des Architekten

Obwohl der Architekt beim Bau einer Brücke an viele Einschränkungen und Vorgaben gebunden ist, gelingt es doch Bauwerke so zu entwerfen, dass diese seine deutlich erkennbare Handschrift tragen. Ich habe mich für drei exemplarische, internationale Brückenbauwerke entschieden, um an Hand von diesen die funktionalen und/oder städtebaulichen Ähnlichkeiten in der Motivation der Errichtung und der architektonischen Form der (in späteren Kapiteln ausführlicher behandelten) Murbrücken nachzuweisen:

Der erste Bau ist der so genannte Brückenpavillon, der von der im Irak geborenen, britischen Architektin Zaha Hadid in Kooperation mit Patrik Schumacher im Jahr 2008 in Saragossa, der Hauptstadt der spanischen Autonomen Gemeinschaft Aragonien, gebaut wurde (Fraunhofer IRB, 2009).

Der Brückenpavillon ist das Symbol der Weltausstellung 2008, die das Thema „Wasser und Nachhaltige Entwicklung“ hatte (W.Rieder, 2008).

Ein Anspruch dieser Weltausstellung war es, die Stadtteil, nördlich des Ebro mit der Kernstadt im Süden neu zu verknüpfen. Funktional handelt es sich um einen Zwitter, halb Fußgängerbrücke, halb Ausstellungspavillon. Der Bau von 260 Meter Länge bietet im Inneren 7000 Quadratmeter Fläche. Die gesamte Tragstruktur ist aus Stahl mit einem Gewicht von 7000 Tonnen.

Für die Abstützung auf einer kleinen Insel in Flussmitte sorgt ein Pfeilerfundament, dessen einzelne Stützen bis zu 68 Meter in den Untergrund reichen. Der aus Stahl konstruierte Baukörper ist im Querschnitt eine Raute und dem Prinzip nach als Röhre ausgebildet. Diese Röhrenkonstruktion setzt sich aus unterschiedlichen Elementen zusammen: Der Unterbau besteht aus 15 bis 18 Millimeter starken, zu gekurvten Flächen miteinander verschweißten Stahlplatten.

Die gekippten Seitenflächen sind als stählernes Flächentragwerk mit diagonalen

Verstrebungen ausgebildet, die in einem Abstand von jeweils 3,60 Meter angebracht sind. Die Außenhaut der Brücke ist mit dreieckigen Platten aus Glasfaserbeton verkleidet.

Wie schimmernde Schuppen eines Fisches erscheinen die 29.000 glasfaserverstärkten

Betonplatten, die in unterschiedlichen Grautönen und mit exakt definierten Radianten hergestellt wurden. Zusätzlich belebt wird die Fassadenstruktur durch die vielfache Spiegelung des Wassers und des Sonnenlichts.

In Bezug auf Formbarkeit, Farbe und Verarbeitung ermöglicht Glasfaserbeton eine fast unbegrenzte Gestaltungsfreiheit. Mit der Zusammensetzung des Betons aus rein

mineralischen Rohstoffen entspricht das Material darüber hinaus der Forderung der Expo nach der Verwendung von natürlichen, umweltfreundlichen und nachhaltigen Wertstoffen.

Die sanft fließende, geschwungene Form der Brücke, welche leicht gebogen ist, ist den natürlichen Gegebenheiten des Wassers nachempfunden (H.Sigge, 2009).

Dieser Brückenpavillion ist ähnlich wie die Murinsel in Graz im Rahmen einer großen kulturellen Veranstaltung errichtet worden. Beide Bauwerke haben den Anspruch, nicht nur als bloße Verbindung zwischen den angrenzenden Ufern zu gelten, sondern sind auch als architektonische Kunstwerke zu verstehen. Es handelt sich um Brückenkunstwerke, welche multifunktionale Nutzungen wie Ausstellungen, Kulturereignisse, kulinarische Genüsse oder einfach nur ein Verweilen, eine Flucht aus dem Großstadtgetriebe ermöglichen.

Die beiden international anerkannten Architekten (Zaha Hadid in Zaragoza und Vito Acconci in Graz) versuchten bewusst durch den Einsatz von Materialien, die bisher in dieser Form nicht im Brückenbau in den beiden Städten verwendet worden sind, ein Einmaligkeits-merkmal im öffentlichen, städtischen Raum zu erschaffen.

Abb.10 Brücke zur Weltaustellung 2008 in Saragossa, (Partner Beton, 2009) Abb.11 Brücke zur Weltaustellung 2008 in Saragossa, (Partner Beton, 2009)

Die zweite Brücke, welche unverkennbar die Handschrift ihres Architekten trägt, ist die Bach de Roda-Felipe II Brücke, in Barcelona, der Hauptstadt der Autonomen Gemeinschaft

Katalonien in Spanien, welche zwischen 1984 und 1987 gebaut wurde. Mit einer Gesamtlänge von 128 Metern und ihrem Paar zweigeteilter, gekippter Bögen war diese Brücke eine der ersten, die den Ruf Santiago Calatravas, der weltweit einer der führenden Brückenarchitekten ist, begründete. In der Tat scheint die 60 Grad Neigung der seitlichen Stahlbögen beinahe wie eine stilistische Signatur des renommierten Ingenieurarchitekten (P. Jodidio, 2007).

Die Brücke, die ein von fehlenden Wohnmöglichkeiten gekennzeichnetes und von Bahntrassen dominiertes, städtisches Randgebiet (Bach de Roda) mit der Felipe II Straße verbindet, quert diese Bahnanlagen und stellt damit (erstmals seit der Errichtung der

Gleiskörper) einen direkten Zugang eines Teils der Stadt zum Meer wieder her (V. Schroeder, 2005).

Für ihren Bau wurden mächtige Betonstützen, monolithische Granitpfeiler sowie eine mit zunehmender Höhe leichter werdende Stahlbogenkonstruktion kombiniert. Darüber hinaus veranschaulicht sie Calatravas Festhalten an der Hierarchie der Materialien und Formen, die in Relation zu ihrer Distanz zum Erdboden verwendet werden (P. Jodidio, 2007).

Zwischen der Bach-de-Roda-Felipe II Brücke besteht kein so starker Bezug zu einer oder mehreren Murbrücken wie zwischen dem oben erwähnten Brückenpavillon und der Murinsel.

Jedoch fällt auf, dass man mit dem Bau des Leobner Stadtkraftwerkes bzw. mit dem Neubau der Grazer Bertha-von-Suttner Friedensbrücke (der beinahe gleichzeitig wie der Brückenbau in Barcelona stattfand) Überlegungen anstellte, wie man industriell geprägtes oder brach-liegendes Gebiet durch Brückenbauten attraktiveren kann. Während die Brücke in Barcelona eine Verbindung zwischen einem Stadtteil und dem Meer herstellt, so erhalten die Leobner über die neue Murquerung am Stadtkraftwerk einen Zugang zum AsiaSpa und der Eishalle.

Abb.12 Bach-de-Roda-Felipe II Brücke in Barcelona, (P. Jodidio, 2007)

Als abschließendes Beispiel dieses Kapitels möchte ich die jüngste der Pariser Seine Brücken beschreiben. Es handelt sich hierbei um die Passerelle Simone de Beauvoir, einem

Fußgängersteg, welcher das 12. mit dem 13. Arrondissement verbindet. Genauer gesagt stellt dieser Steg die Verbindung zwischen den beiden Vierteln dar, welche in den letzten beiden Jahrzehnten wahrscheinlich die größten Erneuerungen durchlebt hatten. (M. Padberg, 2007)

War der 13. Bezirk bis Ende der 1980er Jahre als Industrieviertel, als Zuwandererviertel der Asiaten, als Viertel des Austerlitzer Bahnhofs, als Hochhausviertel der Nachkriegsjahre und gar als gesundheitsgefährdendes Viertel bekannt, änderte sich dies mit der Errichtung der Bibliothèque Nationale de France Anfang der 1990er Jahre.

Nun, am Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrhunderts, befindet sich immer noch die größte Baustelle der französischen Hauptstadt in unmittelbarer Umgebung dieses Steges. Auf dem rechten Seineufer wurden mit der Errichtung des Sportpalais Bercy, des neuen

Finanzministeriums, des Filmmuseums und des Parc de Bercy ebenfalls städtebauliche Akzente gesetzt.

Damit diese beiden neugeschaffenen „Zentralräume“ direkt miteinander verbunden sind, entschied die Stadt Paris 1999, zwischen der Nationalbibliothek und dem Park de Bercy eine Fußgängerbrücke zu errichten. Im Juli 2006 wurde schließlich die Passerelle eröffnet und auf den Namen der französischen Schriftstellerin, Philosophin und Feministin Simone de

Beauvoir getauft.

Damit wurde in Paris zum ersten Mal der Name einer Frau für eine Brücke vergeben, eine Aktion, welche in Graz bereits 20 Jahre zuvor mit der Bertha von Suttner Friedensbrücke geschah. Bei der Passerelle Simone de Beauvoir handelt es sich um eine architektonisch äußerst anspruchsvolle Konstruktion des in Bruck an der Mur geborenen und in Paris

lebenden Architekten Dietmar Feichtinger (Aktueller Dienst des österreichischen Rundfunks, 2009).

Der Steg ist 304 Meter lang, 12 Meter breit und teilweise, weil in Wellenform gestaltet, zweigeschossig. Die Passerelle ist eine Kombination aus Bogen- und Hängebrücke, die in einem einzigen Schwung ohne Strebepfeiler über die Seine führt. Durch die Überlagerung der Kurven dieser Bogen- und Hängebrücke entsteht über der Mitte des Flusses ein räumliches Volumen, das eventuell später mit Einbauten oder Einrichtungen gefüllt werden

kann (D. Feichtinger, 2009).

In Graz findet man ähnliche Motivationen in der Errichtung von innerstädtischen Stegen vor allem beim Augartensteg und dem Erich-Edegger-Steg. Die beiden Grazer Stege verbinden, wie die Pariser Pasarelle, historisch unterschiedlich geprägte und in ihrer Entwicklung noch immer divergierende Bezirke.

Sowohl in der Umgebung der beiden Grazer Stege als auch in den Brückenköpfen der Passarelle wurde versucht, durch groß angelegte Neubauten, kulturelle Aktivitäten und der Intensivierung der Kommunikation zwischen den Ufern eine soziale Aufwertung und eine Attraktivierung der Brückenköpfe zu erreichen.

Abb.13 Passerelle Simone de Beauvoir in Paris, Blickrichtung Norden, eigene Aufnahme, 11.April 2009

2.3 Brücken als Mittel der Raumplanung

Brückenneubauten werden heutzutage noch stärker als in der Vergangenheit gezielt eingesetzt, um eine Wechselwirkung zwischen den durch sie verbundenen Umgebungen herzustellen. Es spielt dabei weniger eine Rolle, ob es sich um zwei Stadtteile, Stadt und Vorstadt, Stadt und unbebautes Ufer oder zwei ländliche Gebiete handelt, welche verbunden werden. Entscheidend ist, dass es nach der Errichtung der Brücke ein vielfach gesteigertes, verdichtetes Beziehungsgeflecht zwischen dem Verbundenen gibt.

Dies ist vor allem bei Brückenneubauten von enormer Wichtigkeit, welche entweder innerhalb von dichtbesiedelten Räumen, Räumen welche von Menschen bisher durch das Fehlende als trennend wahrgenommen worden sind oder Regionen verbinden, die bisher nicht in einer ansprechenden Form genutzt worden sind wie zum Beispiel Brachflächen, welche durch die Errichtung von einer Brücke zum Ausgangspunkt von baulichen Maßnahmen für die Planung und Gestaltung von städtischen, ländlichen oder generell räumlichen

Entwicklungsprogrammen werden.

Brückenneubauten können aber auch historische Bereiche, welche einstmals verbunden waren und durch geschichtliche Ereignisse, wie dem Bau von Ringstraßen, Eisenbahnschienen, Kanälen, Flussumleitungen oder der Festlegung von territorial-hoheitlichen Grenzen oder ähnlichem, getrennt worden sind, wieder verbinden. Ein Beispiel hierfür ist die im letzten Kapitel erwähnte Bach de Roda-Felipe II Brücke oder die Autobahnbrücke im italienischen Piacenza, welche die Autobahn A21 (Brescia-Tortona) auf Brücken hinweg über die

Industrieanlagen der Stadt leitet und somit weder den Verkehrsfluss unterbricht oder hindert, noch eine Umgestaltung oder einen Abriss der Industrieeinrichtungen erforderlich machte.

Raumplaner sollten, besser gesagt, müssen bei der optisch und ästhetischen Wahl von Brückenneubauten in den letzten Jahren auch auf den Landschaftscharakter, die Umgebung, den Denkmalschutz, das historische Gesamtbild eines Ortes und auf das Vorhanden sein von Schutzgebieten von Fauna und Flora Rücksicht nehmen.

Beispiele hierfür findet man sowohl international als auch entlang der Mur:

Eine Dammlösung beim Neubau einer Murüberquerung im obersteirischen Judenburg wurde aus Gründen des Ortsbildschutzes abgelehnt. Beim Bau der Vasco da Gama Brücke in Lissabon musste das Brutgebiet von 300 Wasservögelfamilien im Tejo-Ästuar National Park berücksichtigt werden. Bei der Errichtung des, auch als Brücke fungierenden, Stadtkraftwerks in Leoben musste eine Fischaufstiegshilfe in der Mur errichtet werden. Ein Brückenbau, wie bei einer Brücke der Semmering Schnellstraße, direkt über die Gemeinde Schottwien hinweg, wäre in der Gegenwart wohl auch nicht mehr möglich.

Brücken wurden oft als Ablöse eines älteren Verkehrsträgers erbaut. Als Beispiel kann die erste Murbrücke in Ehrenhausen gesehen werden. Diese ersetzte den Fährbetrieb an dieser Stelle. Auch werden Brückenneubauten errichtet, um zur Entlastung von Verkehrswegen beizutragen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es an Brücken oder generell an stark frequentierten Verkehrswegen häufig zu Staus oder zum kompletten Erliegen des Verkehrs kommt beziehungsweise, wenn man sich dazu entscheidet eine Brücke, für andere

Verkehrsträger zu errichten.

Im innerstädtischen Raum werden immer häufiger Fußgänger- und Radfahrbrücken und Stege errichtet, Verkehrswege, die nicht für den motorisierten Verkehr zugänglich sind, somit unter Umstände auch zur Steigerung der urbanen Lebensqualität beitragen. Es gibt zum Beispiel seit der Eröffnung der Passerelle Simone de Beauvoir in Paris fünf Fußgängerstege über die Seine, in Graz existieren mit dem Pongratz-Moore Steg, dem Erich Edegger Steg, dem Augartensteg, dem Puchsteg und dem Gasrohrsteg ebenfalls fünf Stege über die Mur.

„Heutzutage halte ich die erneute Beschäftigung mit der Peripherie von Städten für eine der

wichtigsten Aufgaben. Die meisten öffentlichen Bauten in solchen Bereichen sind rein funktional, aber selbst in der Nähe von Eisenbahngeleisen oder über verschmutzte Flüsse können Brücken eine

bemerkenswert positive Wirkung haben. Indem sie ein passendes Umfeld schaffen, können sie eine symbolische Wirkung entwickeln, deren indirekte Folgen weit über ihren unmittelbaren Standort hinausreichen“, sagte Santiago Calatrava in einem Interview im Juni 1997 in Zürich (P. Jodidio, 2007).

3. AUSGESUCHTE MURBRÜCKEN IN DER STEIERMARK

Der zentrale Teil dieser Diplomarbeit beschäftigt sich mit den Murbrücken und deren elementare Rolle im Wandel der Brückenköpfe. Die Arbeit beschränkt sich auf

Brückenneubauten, welche nach 1955 errichtet wurden. Bei allen Brücken wird immer nur der aktuelle Brückenbau behandelt. Die jeweiligen Vorgängerbrücken werden im Rahmen einer kurzen geschichtlichen Aufzählung erwähnt, der Wandel der Brückenköpfe aber dezidiert erst ab der Errichtung der aktuell existenten Brücke beschrieben.

Die der salzburgisch-steirischen Landesgrenze näheste Brücke, welche in dieser Diplomarbeit besprochen wird, ist die Holzeuropabrücke. Diese befindet sich nordwestlich der

Bezirkshauptstadt Murau. Der südlichste Bau, den ich besprechen werde, ist die Grenzbrücke in der Bezirkshauptstadt Bad Radkersburg.

Die Untersuchung der Brücken ist in fünf Unterkapitel unterteilt: einerseits um die Gemeinsamkeiten der Brückencharaktere deutlich erkennbar zu machen, andererseits um durch eine dem Flusslauf oder der Chronologie der Entstehung der Bauten folgende

Auflistung nicht die eigentliche Thematik zu verlieren. Brücken, deren Charakter keinem der von mir getroffenen Unterkapitel eindeutig zuzuordnen sind, das heißt Brücken wie die Grazer Hauptbrücke (kürzlich in Erzherzog-Johann-Brücke umbenannt), die Kalvarienbrücke in Graz oder die Erzherzog Johann Brücke in Leoben, bei denen zwei oder mehrere der Unterkapitel zutreffen würden, werden von mir hier nicht behandelt.

Versuch einer Brückentypologie:

Brücken von besonderem architektonischen Wert:

Hierzu zählen Brücken, die ihren Zweck zu erfüllen und die zusätzlich ein architektonisches Einmaligkeitsmerkmal aufweisen. Viele dieser Brücken sind sichtbare Orientierungspunkte, eine Orientierungshilfe, oder wurden zum Wahrzeichen einer Gemeinde, Stadt oder Region.

Brücken als ausschließliche Zweckbauten:

In diese Rubrik gehören Brücken, bei denen es nur darauf ankommt, die trennende Mur zu überwinden, also beide Ufer zu verbinden. Die Entwicklung der Brückenköpfe ist völlig unabhängig von der optisch, architektonischen Gestaltung der Brücke. Einzig das Vorhandensein der Brücke spielt für die Brückenköpfe eine Rolle.

Brücken als Folge von (historischen) Stadterweiterungen:

In diesem Unterkapitel werden Brücken erwähnt, die entweder an Orten außerhalb von den historischen Stadtmauern errichtet wurden, Ufer verbinden, bei denen zu mindest ein Ufer zu einer Vorstadt gehörte oder Brücken, welche aus den Randgebieten der Städte in das Umland führen.

Brücken als Grenze oder in unmittelbarer Grenznähe:

Hierzu zählen jene Brücken, welche als Grenzübergang fungieren, weiters Brücken die in Gemeinden in unmittelbarer Grenznähe oder in der Nähe von Grenzübergängen gebaut wurden.

Brücken als Mittel zur Stadtplanung:

Es sind dies Brücken, die gezielt errichtet wurden, um stadtplanerische Konzepte in die Wirklichkeit zu übertragen, um städtische Quartiere sozial aufzuwerten, gemeinsame, verbindende Effekte zwischen den Ufern entstehen zu lassen und um die Vorarbeit für eine weitere gezielte Stadterneuerung, Stadtentwicklung oder Stadterweiterung zu schaffen.

Der Vollständigkeit wegen gibt es an dieser Stelle eine Auflistung aller steirischen Murbrücken pro Bezirk:

Murau 24

Judenburg 13

Knittelfeld 5

Leoben 23

Bruck an der Mur 18

Graz-Umgebung 29

Graz (Stadt) 17

Leibnitz 10

Bad Radkersburg 3

Summe Steiermark 142

Definitionen des Wortes „Brückenkopf“:

Brückenkopf: 1) Schanze oder Befestigungsanlage auf dem feindseitigen Ufer vor einem verteidigten Brückenübergang

2) Allgemein für Brückenende (H.Koepf/G.Biding, 2005).

Brückenkopf: Befestigungsanlage vor einer Brücke. Bestimmt, den Feind am Übergang

über die letztere zu hindern wie dem Verteidiger die Verbindung über den Fluss zu erhalten (Meyer, 1888).

Brückenkopf: Gesicherter Flussübergang (Mackensen, 1982).

Brückenkopf: 1) Befestigungsanlage auf dem feindseitigen Ufer zur Verteidigung einer Brücke

2) Bauten, die von vorrückenden Truppen im Feindgebiet errichtet werden, um von dort aus weitere Aktivitäten zu koordinieren

3) Der unmittelbare Nahbereich am Ende einer Brücke (AHD, 2000).

3.1 Brücken von besonderem architektonischem Wert

3.1.1 Holzeuropabrücke in St.Lorenzen/St.Georgen ob Murau

Die Holzeuropabrücke, die bei ihrer Eröffnung im Jahr 1993 größte, freitragende, für den Schwerverkehr freigegebenen Holzbrücke Europas, verbindet die beiden Gemeinden Sankt Lorenzen und St.Georgen ob Murau, die sich im Bezirk Murau befinden.Die Brücke stellt die Verbindung zwischen der B97 (Murauer Bundesstraße) und dem Ortskern von St.Lorenzen dar. Dieser wird dominiert von den touristisch genutzten Einrichtungen und Anlagen des Kreischbergs. Die Talstation der Kreischberg Seilbahn wird umgeben von einem

großangelegten Parkplatz und Gebäuden, deren Funktion ebenfalls auf den Tourismus ausgerichtet sind.

Zu erwähnen seien hier Gaststätten, Hotel- und Beherbergungsbetriebe sowie Sportgeschäfte.

Folgt man der Straße von St.Lorenzen kommend über die Brücke, so erreicht man den Brückenkopf auf dem linken Murufer, also auf St.Georgen ob Judenburger Seite. Dieser Brückenkopf ist anders als jener am Kreischberg weniger touristisch geprägt. Er stellt die verkehrstechnische Anbindung des Schigebietes mit der Bundesstraße dar. Diese bildet zauch die Umfahrung des Ortgebietes von Sankt Georgen ob Murau.

An der Abzweigung der Bundesstraße, direkt vor der Brücke auf St. Georgener Seite, befindet sich ein großflächiger Parkplatz. Die Vorgängerbrücke der Holzeuropabrücke konnte im Laufe der letzten Jahre ihres Bestehens den an sie gerichteten Anforderungen nicht mehr entsprechen. Anfang 1991 entschieden sich die beiden Gemeinden mit den Planungen zum Bau einer neuen, tragfähigeren Murbrücke zu beginnen. Nach fast zweijähriger Planungszeit fand der erste Abbund im Jänner und der Montagebeginn im April 1993 statt.

Die für den Brückenbau verantwortlichen Politiker, allen voran der damalige Bürgermeister Franz Autischer entschieden sich beim Bau für den Rohstoff Holz, dem Rückgrat der

ortsansässigen Bauernschaft. Durch das reichliche Vorhandensein von Holz in dieser Region und die zahlreichen verarbeitenden Betriebe ist Holz, zu einem wirtschaftlich wie

gemeinschaftlich sehr wichtiger Faktor für den Bezirk Murau geworden. Mittlerweile sind auch der steirische Holzcluster und die touristisch vermarktete Holzstraße im Bezirk

Die Eröffnung der Brücke fand am 1.Oktober 1993 durch den damaligen österreichischen Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil statt. Die Kosten des Projektes beliefen sich auf 26,5 Millionen Schilling (circa 1,9 Millionen Euro) (F. De Rosa, 2009).

Die Holzeuropabrücke ist 85 m lang, 8,60 m breit, überragt in 25 m Höhe und mit einer

Die Holzeuropabrücke ist 85 m lang, 8,60 m breit, überragt in 25 m Höhe und mit einer