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7.2 Qualifizierungsmaßnahmen

7.2.1 Arbeitsstiftungen

Kurzbeschreibung: Arbeitsstiftungen werden vor allem dann gegründet, wenn ein großer Personalabbau oder -aufbau in einem oder mehreren Unternehmen oder in einer Region stattfindet. Teilnehmer und Teilnehmerinnen an einer Arbeitsstiftung werden um- oder höherqualifiziert.

Beschreibung: Ziel einer Arbeitsstiftung ist es, arbeitslose Personen zu qualifizieren, wenn ein großer Personalabbau oder -aufbau stattfindet. Die betroffenen Unternehmen, die

re-gionalen arbeitsmarktpolitischen Akteure und Gebietskörperschaften sind bei einer Ar-beitsstiftung in der Regel eingebunden. ArAr-beitsstiftungen werden meist im Zusammenhang mit Sozialplänen beschlossen. Sie unterstützen einen etwaigen Strukturwandel in einer Re-gion. Arbeitsstiftungen bieten ein breites Angebot an Beratung und Qualifizierung für die teilnehmenden Personen.

Arten von Arbeitsstiftungen: Es gibt verschiedene Arten von Arbeitsstiftungen, die insbe-sondere nach der Ausrichtung auf Personalabbau (Outplacement) oder Aufbau (Implace-ment) unterschieden werden. Es gibt auch dauerhaft bzw. langfristig eingerichtete Stiftun-gen, z.B. bei langfristigen strukturellen Veränderungen. Die Arbeitsstiftung umfasst ein Maßnahmenkonzept, d.h. es werden verschiedene Angebote, wie Case Management, Aus- und Weiterbildung, Praktika, etc. kombiniert.

Outplacementstiftungen: Sie werden auf Initiative eines oder mehrerer Unternehmen eingerichtet, die einen größeren Personalabbau planen. Das geschieht meist auf Grund von Vereinbarungen der Sozialpartner im Sozialplan. Es gibt verschiedene Formen der Outplacementstiftungen:

− Unternehmensstiftungen: bei einem oder mehreren verbundenen Unternehmen, die Personal abbauen;

− Insolvenzstiftungen: bereitgestellt durch eine Gebietskörperschaft (oder eine andere geeignete juristische Person), wenn das Unternehmen wegen Insolvenz oder schwerwiegenden Gründen nicht mehr dazu in der Lage ist;

− Regionalstiftung: bei größerem Personalabbau in mehreren Unternehmen einer Region;

− Branchenstiftung: bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten in einem Wirtschaftszweig;

bereitgestellt von der gesetzlichen Interessensvertretung der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen.

Implacementstiftungen: Sie werden eingerichtet, wenn ein aktueller Bedarf an Personal in einem oder mehreren Unternehmen besteht, der nicht abgedeckt werden kann. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen werden zielgerichtet für diese Unternehmen qualifiziert.

Zielgruppenstiftungen: Sie werden eingerichtet, um bestimmte arbeitsmarktpolitische Zielgruppen zu qualifizieren (insbesondere zur Ausbildung junger Arbeitsloser). Hier kommt sowohl Implacement als auch Outplacement in Frage.

Einrichtung einer Stiftung: Normalerweise wird die Gründung einer Arbeitsstiftung von den beteiligten Akteuren und Akteurinnen verhandelt: Unternehmen, Sozialpartner, Arbeits-marktservice, Regierung, etc. Es wird ein Stiftungskonzept erstellt, das u.a. Maßnahmen, Zielgruppen, Dauer, Stiftungsträger und Finanzierung umfasst.

Maßnahmen und Umsetzung: Die Arbeitsstiftungen werden über Stiftungsträger abgewi-ckelt, der die Teilnehmenden durchgängig betreut. Meist wird eine Berufsorientierungs-phase angeboten, die auch eine kurze Arbeitserprobung (1 Woche) beinhaltet. Die Teilneh-mer und TeilnehTeilneh-merinnen erhalten individuelle Maßnahmenpläne. Diese umfassen z.B.

Aus- und Weiterbildungen, die auch ein Praktikum beinhalten können. Das Modul „Aktive Arbeitssuche“ unterstützt die Teilnehmenden bei der Suche nach einem Job.

Zielgruppe: Arbeitslose, deren Arbeitsplätze aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten verloren gegangen sind unter besonderer Berück-sichtigung älterer Arbeitsloser; jugendliche Arbeitslose.

Voraussetzungen zur Teilnahme: Bei einer Outplacementstiftung dürfen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht vermittelbar oder ohne vorangehende Qualifizierung nicht ver-mittelbar sein – entsprechend der Zumutbarkeitsbestimmungen. Sie müssen die Anwart-schaft für Arbeitslosengeld erfüllen.

Arbeitslose Personen können an einer Implacementstiftung teilnehmen (im Detail: Bezie-her/Bezieherinnen von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder ohne Leistungsbezug). Fol-gende Voraussetzungen müssen vorliegen: Es besteht kein aktueller Personalbedarf eines (anderen) personalsuchenden Unternehmens, der nur mit der in Frage kommenden arbeits-losen Person abgedeckt werden kann. Durch die Höherqualifizierung und den in Aussicht gestellten Arbeitsplatz ist eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erwarten.

Ein gemeinsamer Ausbildungsplan muss zwischen künftigen Arbeitgebern/Arbeitgeberin-nen, Stiftungsträgern und Stiftungsteilnehmer/Stiftungsteilnehmerinnen erarbeitet und vereinbart werden. Dieser umfasst die Qualifizierungsmaßnahmen und Dauer des Prakti-kums. Das AMS muss diesen Plan genehmigen.

Das Stundenausmaß muss der bisherigen Arbeitszeit (Outplacement) oder der zukünftig an-gestrebten Arbeitszeit (Implacement) entsprechen. Es muss aber mindestens 50% der kol-lektivvertraglich festgelegten Normalarbeitszeit ausmachen. Bei Personen, die das 50. Le-bensjahr vollendet haben, kann stattdessen auch eine intensive Betreuung treten

(Einzel-coaching, Reduzierung des Stundenausmaßes, verlängerte Ausbildungen etc.). Ebenso kön-nen für Persokön-nen mit einer Erwerbsminderung von mindestens 50% die notwendigen Wo-chenstunden reduziert werden.

Höhe: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten Arbeitslosengeld (sogenanntes Stif-tungs-Arbeitslosengeld) vom AMS. Bei niedrigem Arbeitslosengeld wird dieses durch die Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes ergänzt. Zusätzlich erhalten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen mindestens € 60 im Monat als Zuschuss, die sogenannte „Zuwendung zur Abdeckung schulungsbedingter Mehraufwendungen.“ Neben der Bezahlung des Arbeitslo-sengeldes, kann das AMS die angebotenen Maßnahmen fördern. Hierbei gibt es Unter-schiede nach Stiftungsart, welche Maßnahmen gefördert werden. Dies ist im Detail in der Richtlinie festgelegt. Bei Insovenzstiftungen können bis zu 60% der förderbaren Kosten ge-fördert werden. Bei den anderen Stiftungen bis zu 35%.

Dauer: Die Geförderten können bis zu drei Jahre teilnehmen; bei Personen ab 50 Jahren bis zu vier Jahre.

Verantwortliche Organisation und Regelung: BMA, AMS, Sozialpartner, Unternehmen, all-fällige Fördergeber etc. Geregelt in: Arbeitsmarktservicegesetz § 34; § 35 (DLU-Beihilfe bzw. DLU-Mindestsicherung des Leistungsbezuges); Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bun-desmitteln; Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977; § 18 Abs. 6 bis 9 (Anerkennung von Maßnahmen der Arbeitsstiftung) i. V. m. § 18 Abs. 5 (Rechtsfolge einer verlängerten Be-zugsdauer des Arbeitslosengeldes) und § 12 Abs. 5 (Fortbezug der Notstandshilfe); Bundes-richtlinie Anerkennung, Förderung und Durchführung von Maßnahmen der Arbeitsstiftung (AST) – aktuellste Fassung, BGS/AMF/0722/9959/2018.

Finanzierung: Je nach Stiftung unterschiedlich, meist Unternehmen, AMS und evtl. andere Akteure. Die Finanzierung wird mit dem Stiftungskonzept ausgehandelt. Das AMS finanziert das Arbeitslosengeld über die Arbeitslosenversicherung (Stiftungs-Arbeitslosengeld aus ak-tivierten passiven Mitteln) und die trägerbezogenen Maßnahmenkosten über das aktive Förderbudget (Konzept der Mischfinanzierung).

Tabelle 18: Arbeitsstiftungen – Stiftungs-Arbeitslosengeld/Schulung – (Jahresdurchschnittsbestand)

Jahr LB (M+F) LB in % der Beschäfti-gung

Männer Frauen Ausgaben

in Euro

Ausgaben in % des BIP

2010 9.292 0,236 5.029 4.263 158.492.163 0,054

2011 6.869 0,172 3.530 3.339 117.873.261 0,038

2012 5.424 0,135 2.632 2.792 92.144.832 0,029

2013 4.950 0,123 2.169 2.780 80.877.451 0,025

2014 5.578 0,138 2.272 3.305 93.589.836 0,028

2015 5.138 0,126 2.240 2.898 91.058.265 0,026

2016 4.990 0,120 2.168 2.822 91.198.101 0,026

2017 4.523 0,108 1.934 2.589 85.875.073 0,023

2018 3.796 0,090 1.523 2.273 73.476.533 0,019

2019 3.505 0,082 1.329 2.176 69.198.108 0,017

2020 3.497 0,083 1.453 2.044 69.376.654 0,018

Quellen: AMS-DWH: Abfrage vom 16. April 2021; Statistik Austria: Abfrage BIP vom 8. März 2021, Abfrage Erwerbstätigkeit vom 12. April 2021 (Tabelle Erwerbstätige nach Alter und Geschlecht seit 1994); eigene Berechnungen des BMA.

Anmerkung: Die Ausgaben in EURO setzen sich aus dem Stiftungs-Arbeitslosengeld inklusive der Sozialversicherungsbeiträge, aber ohne Ausgaben der Arbeitsstiftung zusammen. LB= Leistungsbezieher; BIP=

Bruttoinlandsprodukt.