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Arbeitsmarktpolitik für Migranten und Migrantinnen sowie für Asylberechtigte,

und Asylwerberinnen

Menschen mit Migrationshintergrund stehen häufig vor großen Herausforderungen am Ar-beitsmarkt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen verfügen viele Personen über keinen Pflichtschulabschluss bzw. nur über äußerst geringe Basiskompetenzen, zum anderen wer-den im Ausland erworbene Bildungsabschlüsse häufig nicht formal anerkannt. Grundsätz-lich stehen Migranten und Migrantinnen mit Arbeitsmarktzugang alle Maßnahmen und Pro-gramme des Arbeitsmarktservice (AMS) zur Verfügung (je nach Vorbildung, Ausbildung, Vorkenntnissen).

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte als spezielle Zielgruppe der Personen mit Migrationshintergrund haben einen uneingeschränkten Zugang zum österreichischen Ar-beitsmarkt. Ihnen steht daher ebenfalls das gesamte Dienstleistungs- und Förderangebot des Arbeitsmarktservice zur Verfügung.

Im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Migranten und Migrantinnen wurden dar-über hinaus folgende Schwerpunkte gesetzt:

Verbesserung des Zugangs zur Beschäftigung

• „Mentoring für Migranten und Migrantinnen“ ist eine gemeinsame Initiative des Österreichischen Integrationsfonds, der Wirtschaftskammer Österreich und des AMS.

Ziel ist die Unterstützung der Mentees (Migranten und Migrantinnen) bei der Eingliederung in den österreichischen Arbeitsmarkt. Dafür stellt die Wirtschaft Mentoren und Mentorinnen zur Verfügung, die den Mentees unterstützend zur Seite stehen. Die Aufgabe der Mentoren bzw. der Mentorinnen deckt sich dabei nicht mit jenen des Arbeitsmarktservice, welches weiterhin die Aufgabe der Arbeitsvermittlung, Kurswahl und Beratung für die Mentees übernimmt.

• Nachqualifizierungen: Mitgebrachte Kompetenzen der Migranten und Migrantinnen können für den Arbeitsmarkt genutzt werden, indem auf bestehenden Qualifikationen aufgebaut wird und gegebenenfalls mit arbeitsmarktpolitischen Angeboten eine Nachqualifikation erfolgt. Im Bedarfsfall wird ein unterstützendes zielgruppenspezifisches Maßnahmenangebot eingesetzt – Beispiele dafür sind Orientierungsmaßnahmen für Personen mit nichtdeutscher Muttersprache, spezielle Fachkurse zur Verbesserung der Zugangschancen zu höher qualifizierten Arbeitsmarktsegmenten sowie Arbeits- und Bewerbungsassistenz für Migranten und Migrantinnen. Das AMS bietet Sprachkurse für Personen mit Migrationshintergrund mit mangelnden Deutschkenntnissen an, um sprachliche Barrieren bei der Arbeitsmarktintegration zu beseitigen. Für Migranten und Migrantinnen werden außerdem verstärkt mehrsprachige Broschüren und Informationsmaterialien zur Berufswahl und zum Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt, um auf das Beratungsgespräch vorzubereiten und den Beratungsprozess zu verkürzen. Im Jahr 2019 nahmen 40.459 und im Jahr 2020 38.987 Personen an Sprachkursen des AMS teil.

Die Sprachförderung für die Zielgruppe der anerkannten Flüchtlinge wird vom Österreichischen Integrationsfonds angeboten.

• Die überbetriebliche Lehrausbildung (siehe auch unter Punkt 7.2.13 auf Seite 113) bietet allen Jugendlichen, die eine Lehrausbildung anstreben, jedoch keine Lehrstelle

finden, die Möglichkeit die Ausbildung in einer Lehrwerkstätte oder in Zusammenarbeit mit dem Betrieb zu absolvieren.

• Beratung für Unternehmen zum Thema Diversity Management (Impulsberatung).

Unternehmen werden bei der Entwicklung einer Diversity Strategie unterstützt.

• AusbildungsFit (vormals Produktionsschulen) des Sozialministeriumservice wird österreichweit umgesetzt. Hier handelt es sich um ein niederschwelliges Programm für Jugendliche zur Vorbereitung auf eine Lehrausbildung. Benachteiligte Jugendliche können durch individuelle Förderung in eine Berufsausbildung oder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Näheres siehe unter Punkt 9.2.2 auf Seite 176.

Anlaufstellen zur Anerkennung und Bewertung von im Ausland erworbenen Qualifikatio-nen

• Um die mitgebrachten Qualifikationen von Migranten und Migrantinnen bestmöglich zu nutzen, gibt es seit 2013 vier Anlaufstellen in Wien, Linz, Graz und Innsbruck. In den übrigen Bundesländern finden wöchentliche Sprechtage statt.

• Die Anlaufstellen sind Beratungsstellen im Sinne des § 5 Anerkennungs- und Bewertungsgesetzes (AuBG). Sie bieten österreichweit kostenlose, mehrsprachige Information, Beratung und Begleitung an.

• Die Anlaufstellen (AST) sind niederschwellig konzipiert und stehen allen Personen (unabhängig von einer AMS-Vormerkung) offen, die formelle Qualifikationen im Ausland erworben und Fragen zur Anerkennung bzw. beruflichen Verwertung ihrer Kompetenzen haben. Sie arbeiten dabei eng mit dem AMS zusammen, um die Arbeitsmarktintegration von Personen mit Migrationshintergrund entsprechend ihrer Qualifikationen bestmöglich zu unterstützen.

• Die Anlaufstellen leiten mitgebrachte Diplome und Zeugnisse an Bewertungsstellen (ENIC-NARIC, schulische Abschlüsse beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung/BMBWF) weiter. Da eine formelle Anerkennung meist nur im reglementierten Bereich (insbesondere Gesundheitsberufe) notwendig ist, ist die Bewertung eine Information für die Betreuung beim AMS und für potenzielle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen.

• Im Fachkräftebereich gibt es die Möglichkeit der Gleichhaltung mit einem Lehrabschluss.

• Die Finanzierung der Anlaufstellen erfolgt durch das Bundesministerium für Arbeit.

Verbesserung der beruflichen Perspektiven

• Das Jugendcoaching (siehe auch unter Punkt 9.2.1 auf Seite 174) ist Teil einer umfas-senden Gesamtstrategie. Ziel dieser Strategie ist die Verhinderung des frühzeitigen Aus-scheidens von Jugendlichen an der Schnittstelle zwischen Pflichtschule und weiterfüh-renden (Berufs-)Ausbildung bzw. Arbeitsmarkt. Bei Bedarf werden jedem Schüler und jeder Schülerin (Migranten- und Migrantinnenanteil über 50%) individuelle Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur Verfügung gestellt. Das Jugendcoaching soll gewähr-leisten, dass eine flächendeckende und nahtstellenübergreifende Beratung, Begleitung und Betreuung vom Ende der Pflichtschulzeit bis zur nachhaltigen Integration in ein wei-terführendes (Aus-)Bildungssystem erfolgt.

• Beim Programm „Frauen in Handwerk und Technik“ (FIT) forciert das AMS bei der Betreuung von Migranten und Migrantinnen die intensive Zusammenarbeit mit Einrichtungen, die auf die Begleitung und Beratung von Migranten und Migrantinnen spezialisiert sind – siehe auch unter Punkt 7.2.9 auf Seite 103.

• Informations- und Beratungsdienstleistungen in Zusammenarbeit mit Migranten- und Migrantinnenberatungsstellen, insbesondere zur Unterstützung von Frauen und Mädchen.

• Zusätzlich werden spezielle Beratungsangebote für Migranten und Migrantinnen mit hohem Bildungspotential angeboten, um einer nicht ausbildungsadäquaten Beschäftigung dieser Personen entgegen zu wirken.

• Zukauf von Dolmetschdiensten.

• Muttersprachliche Erstinformationsveranstaltungen sowie Angebot von fremdsprachigen Broschüren und Folder.

• „Kompetenz mit System“ (KmS) ermöglicht es, im Rahmen einer modularen Ausbildung die Zeiten der Arbeitslosigkeit für Qualifizierungen bis zum Lehrabschluss in bestimmten Berufen zu nützen. Durch den modularen Aufbau können besonders Personen, die keine durchgehende Ausbildung absolvieren können oder häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind, das Angebot zur Höherqualifizierung nutzen. Bei KmS wird in Wien ein eigener Lehrgang für den Bereich Einzelhandel für Migranten und Migrantinnen angeboten.

Diversity Management im AMS

• Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Arbeitsmarktservice werden in Diversity Kompetenz und interkultureller Kompetenz geschult.

• Diversity Management in der Personalpolitik des AMS. Die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Kenntnissen mindesten einer der wichtigsten Sprachgruppen

(serbisch/kroatisch/bosnisch, türkisch, polnisch, rumänisch, ungarisch) ist in den letzten Jahren gestiegen.

• Eigener/Eigene Diversity Beauftragter/Beauftragte im AMS Jugendliche.

Zielgruppenspezifische Angebote für Flüchtlinge im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpo-litik

Kompetenzchecks: Kompetenzchecks sind Fördermaßnahmen mit dem Ziel, die mitgebrachten Qualifikationen, Kompetenzen und Berufserfahrungen der beim AMS vorgemerkten anerkannten Flüchtlinge zu ermitteln. Durch die Erhebung sollen bedarfsorientierte (Nach-)Qualifizierungen und die anschließende Stellenvermittlung unterstützt werden. Für diese Instrumente bzw. Aktivitäten ist die Ermittlung des Status Quo der betroffenen Personen von großer Bedeutung. Darüber hinaus stehen ergänzende Beratungsangebote im Rahmen des Kompetenzchecks zur Verfügung, etwa zu Themen wie der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und dem österreichischen (Aus-)Bildungswesen. Die Vereinten Nationen haben eine Teilmaßnahme des Kompetenzchecks – den Kompetenzcheck für Frauen – mit dem

„Public Service Award 2019“ prämiert. Im Jahr 2019 wurden 2.945 und im Jahr 2020 1.457 anerkannte Flüchtlinge durch den Kompetenzcheck gefördert.

Überregionale Vermittlung: Im Programm „Überregionale Vermittlung“ des AMS wird insbesondere anerkannten jugendlichen Flüchtlingen berufliche Perspektiven in Berufen und Regionen mit Lehrlingsmangel angeboten. Dabei werden im Vorfeld die Kompetenzen und Interessen der Jugendlichen erhoben, um ein optimales Matching mit den angebotenen Lehrstellen zu gewährleisten. Die Jugendlichen werden auf das Lehrverhältnis entsprechend vorbereitet und auch nach der Vermittlung umfassend begleitet.

Just Integration Implacement – Zielgruppenstiftung für junge Erwachsene von 18 bis 30 Jahren, insbesondere für arbeitslose Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte: Die Just Integration unterstützt und begleitet junge Erwachsene von 18 bis 30 Jahren durch arbeitsplatznahe Qualifizierungsmaßnahmen, Case Management und Coaching bis zur Ablegung der außerordentlichen Lehrabschlussprüfung, wobei der Fokus auf der Zielgruppe der arbeitslosen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten liegt. Während der Ausbildung in einem Praktikumsbetrieb, im Idealfall beim künftigen Arbeitgeber, bietet Just Integration eine intensive Betreuung sowie begleitende Maßnahmen (z. B.

Deutschkurse, Lernbegleitung in der Berufsschule, etc.) an. Ziel ist, eine berufliche

(Höher-)Qualifizierung auf Basis bereits bestehender beruflicher Vorerfahrung zu erreichen, um in weiterer Folge eine Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Unternehmensgründungsprogramm: Im Rahmen der Kompetenzchecks wird auch die Option der Unternehmensgründung geprüft. Bei Eignung können anerkannte Flüchtlinge eine Gründungsberatung bei einem Beratungsunternehmen, das mit dem AMS kooperiert, in Anspruch nehmen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, erforderliche Qualifikationen zu erwerben – die Kosten für die Unternehmensberatung und die Weiterqualifizierung trägt das AMS. Zudem wird unter bestimmten Voraussetzungen für die Dauer der Teilnahme am Programm eine finanzielle Absicherung gewährleistet. Um die für die Gründung eines eigenen Unternehmens notwendige Investitionen und Betriebsmittel finanzieren zu können, steht Asylberechtigten auch das Mikrokreditprogramm (siehe auch unter Punkt 8.5 auf Seite 146) als ergänzende Unterstützung auf dem Weg in die selbständige Erwerbstätigkeit zur Verfügung. In Wien gibt es mit „step2business“ ein zusätzliches Beratungsprogramm speziell für anerkannte Flüchtlinge.

Verantwortliche Organisation und Regelung: Das Arbeitsmarktservice für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik; die Planung erfolgt im Rahmen der arbeitsmarktpolitischen Schwerpunktsetzung der Bundesorganisation und in der jährlichen Arbeitsprogrammpla-nung. Die Umsetzung und Durchführung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Mig-ranten und Migrantinnen ist Aufgabe der Landesorganisationen sowie der regionalen Ge-schäftsstellen des AMS. Sozialministeriumservice bezüglich Jugendcoaching.

Gesetzliche Grundlage: Arbeitsmarktservicegesetz (1994); § 25 Abs. 1 Z 9) und Richtlinien des Arbeitsmarktservice. Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) 1969 in der geltenden Fassung, § 6; Rahmenrichtlinie „Berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“;

Richtlinie „NEBA-Angebote“. BGBl. I. Nr. 75/2017 – Integrationsjahrgesetz (IJG); AMPFG so-wie Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005; Bundesrichtlinie des AMS zur Umsetzung des Integrationsjahres, BGS/SFA/0502/9535/2019 und BGS/AMF/0722/9957/2019.

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