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Antibiotika bei der Behandlung von Lungenabszessen bei Fohlen

Zur wirksamen Therapie der abszedierenden Rhodococcus equi-Pneumonie stehen nur wenige Antibiotika zur Verfügung. In vitro zeigt sich Rhodococcus equi

gegenüber einer Reihe von antimikrobiellen Wirkstoffen sensibel bis intermediär sensibel (PRESCOTT, 1981; NORDMANN und RONCO 1992; siehe Tab. 1). Bei der Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie ist aber neben der minimalen Hemmstoffkonzentration (MHK) auch die Verteilung des Medikamentes am Infektionsort (FREY und LÖSCHER, 2002), also insbesondere im Lungengewebe, in Abszessen und Makrophagen, entscheidend für den Therapieerfolg (PRESCOTT und SWEENEY, 1985; HILLIDGE, 1987). Zur Evaluierung der in-vivo-Wirksamkeit von Antibiotika bei der Behandlung der Rhodococcus equi-Pneumonie werden deshalb spezielle Untersuchungen, zum Beispiel über eine Anreicherung im Lungengewebe, herangezogen (NIX et al., 1991; DONOWITZ et al., 1994).

Es liegen unterschiedliche Berichte über Therapieerfolge bei der Rhodococcus equi-Pneumonie mit diversen Antibiotika vor. SWEENEY et al. (1987) beschreiben den erfolgreichen Einsatz von Penicillin in Kombination mit einerseits Amikacin und Rifampicin und anderseits Gentamicin und Chloramphenicol bei jeweils einem Fohlen mit positivem bakteriologischen Rhodococcus equi-Nachweis. Schon BARTON und FULTON (1980) empfehlen Penicillin und Ampicillin nicht zur Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie. Auch LARSON (1980) lehnt eine Behandlung mit Penicillin wegen der ungünstigen pharmakologischen Eigenschaften grundsätzlich ab. SWEENEY et al. (1987) berichten von 17 erkrankten Fohlen, die unter einer Therapie mit Penicillin und Gentamicin verstarben. Gentamicin wird von MARTENS et al. (1982b) zur Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie als Mittel der Wahl angegeben, während PRESCOTT (1981) es schon allein aufgrund der bekannten nephrotoxischen Wirkung nicht empfiehlt.

LARSON (1980) wie auch SWEENEY et al. (1987) berichten über eine gute in-vitro–

Wirksamkeit von Oxytetrazyklin, während sie klinisch keine gute Wirksamkeit feststellen.

Tab. 1: Minimale Hemmstoffkonzentration ausgewählter Antibiotika bei verschiedenen Rhodococcus equi-Isolaten

Antibiotikum MHK 90(µg/ml) 1 MHK gesamt (mg/l) 2 MHK50 (mg/l) 2

Methicillin > 16

Cephalothin 2,0 - > 16 Chloramphenicol 8,0 – 16,0 Ampicillin 4,0 – 8,0

Penicillin > 4,0 2 – 16 4

Trimethorprim-Sulpha 2,0 – 16,0 Tetrazykline 1,0 – 4,0

1) Minimale Hemmstoffkonzentration ausgewählter Antibiotika bei 30 Rhodococcus equi-Isolaten von Pferden (nach PRESCOTT, 1981)

2) Minimale Hemmstoffkonzentration ausgewählter Antibiotika bei fünf humanen Rhodococcus equi-Isolaten (NORDMANN und RONCO, 1992)

3) MHK90 von 60 Rhodococcus equi-Isolaten von Fohlen mit Pneumonie (JACKS et al., 2001)

4) Minimale Hemmstoffkonzentration von Azithromycin bei humanen Rhodococcus equi-Isolaten (MASCELLINO et al., 1994)

Über Therapieerfolge mit potenzierten Sulfonamiden liegen besonders widersprüchliche Ergebnisse vor. Während unter anderem WILSON (1955), PRESCOTT und SWEENEY (1985) Therapieerfolge verzeichnen, beschreiben

SWEENEY et al. (1987) einen Therapieerfolg nur in 50 % der Fälle, bei PILTZ (2004) bewährt sich das Protokoll (Rifampicin: 9 mg/kg p.o., alle 12 Stunden/Trimethoprim-Sulfadiazine: 15 mg/kg p.o., alle 12 Stunden) nicht. Dagegen werden Rhodococcus equi-bedingte Lungenabszesse erfolgreich mit der Antibiotikakombination Erythromycin/Rifampicin (Erythromycin 35 mg/kg, alle 8 Stunden, Rifampicin 6 mg/kg, alle 8 Stunden) oder mit der Monotherapie mit Azithromycin (10 mg/kg p.o., einmal täglich) behandelt.

Ein Antibiotikum, das in der Lage sein soll, einen klinischen Erfolg bei der Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie zu erzielen, muss besondere Eigenschaften besitzen. Eine gute Fettlöslichkeit, die es ermöglicht, die Zellwand der Makrophagen, die Abszesskapsel sowie den käsig-rahmigen Abszessinhalt zu durchdringen (SWEENEY et al., 1987; DONOWITZ, 1994). Von Vorteil ist weiterhin ein schwach basischer Charakter, der es dem Antibiotikum ermöglicht, im intrazellulären sauren Milieu protoniert und damit konzentriert zu werden (KLEMPNER und STYRT, 1981;

DONOWITZ, 1994). Eine Anreicherung am Infektionsort, also im Lungengewebe (ZERTUCHE und HILLIDGE, 1987; FREY und LÖSCHER, 2002), ist ebenso eine Grundvoraussetzung wie eine intrazellulär erhaltene antimikrobielle Aktivität (VAN DEN BROEK, 1989), sowie die Fähigkeit, auch verkäsende Abszesshöhlen zu durchdringen und zu sterilisieren (GROSSET, 1980; HILLIDGE, 1987).

Antibiotikakombinationen, die diese Eigenschaften erfüllen, stellen die Mittel der Wahl in der Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie dar. Die besten klinischen Erfolge werden mit Kombinationen von Rifampicin mit Erythromycin, Azithromycin und vereinzelt auch Clarithromycin erzielt (GROSSET, 1980; PRESCOTT, 1981;

PRESCOTT und NICHOLSON, 1984; GIGUÈRE et al., 2004; PILTZ, 2004).

SWEENEY et al. (1987) berichten von einem deutlichen Rückgang der Mortalität nach Einführung von Rifampicin und Erythromycin in der Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie.

2.3.3 Rifampicin

Rifampicin (3- 4-Methylpiperazinyl-iminomethyl- Rifamycin SV, s. Abb. 1) ist eines von etwa 750 halbsynthetischen Derivaten des Rifamycin B, das 1957 von

Streptomyces mediterranei isoliert wurde (SENSI et al., 1959 und 1960; FARR und MANDELL, 1982). Rifampicin zählt zur Gruppe der makrozyklischen Antibiotika (BURROWS et al., 1985) und ist Mittel der Wahl bei der Tuberkulosetherapie des Menschen (BARONTI und LUKINOVICH, 1968; GROSSET, 1980; FARR und MANDELL, 1982).

Abb. 1: Strukturformel von Rifampicin (Stahlmann und Lode, 2001)

Während einige Autoren für Rifampicin in einer Konzentration von 10 bis 20 µg/ml eine bakterizide Wirkung durch eine Bindung an die DNA–abhängige RNA- Polymerase der Bakterien und damit eine Verhinderung der Initiation beschreiben (McCABE und LORION 1968; FURESZ, 1970; MANDELL, 1973; BURROWS et al., 1985), berichten schon FARR und MANDELL (1982) nur von einem bakteriostatischen Effekt. In einer Untersuchung an fünf humanen Rhodococcus equi-Isolaten erkennen auch NORDMANN und RONCO (1992) nur eine bakteriostatische Wirkung. In therapeutischen Dosen wird die mitochondriale RNA–

Synthese beim Säuger nicht beeinflusst (FARR und MANDELL, 1982).

Rifampicin zeichnet sich durch seine hohe Fettlöslichkeit, seine gute Verteilung in peripheren Geweben nach oraler Applikation und seine Penetration neutrophiler Granulozyten, Makrophagen und käsigen Abszessmateriales aus (FURESZ, 1970;

PROKESCH und HAND, 1982; HILLIDGE, 1987). Bei Ratten übersteigen die Gewebsspiegel zum Beispiel in der Lunge die gleichzeitig gemessenen

Serumspiegel (FURESZ, 1970). Nach intragastraler Applikation von 20 mg/kg zeigt Rifampicin beim Pferd eine gute Absorption mit einer Plasmahalbwertszeit von 11,5 Stunden (WILSON et al., 1988). Rifampicin unterliegt einem enterohepatischen Kreislauf und wird nach Deacetylierung in der Leber mit der Galle ausgeschieden (FURESZ, 1970; BURROWS et al., 1985). Rifampicin gelangt durch einfache Diffusion in neutrophile Granulozyten und Makrophagen und liegt dort zweifach konzentriert vor (MANDELL, 1973; PROKESCH und HAND, 1982). Beim Vorliegen stoffwechselaktiver Bakterien zeigt Rifampicin auch intrazellulär antimikrobielle Aktivität (MANDELL, 1973).

Das Wirkspektrum von Rifampicin erfasst grampositive Keime wie Staphylococcus aureus, aber auch einige gramnegative Keime und Mycobacterium tuberculosis (FUERSZ, 1970; WILSON et al., 1988). Gramnegative Enterobacteriaceae sind resistent (WILSON et al., 1988). Mit einer minimalen Hemmstoffkonzentration (MHK) von 0,03 bis 0,25 mg/l (NORDMANN und RONCO, 1992) zeigt sich Rifampicin 90 mal potenter als Penicillin und fünfmal potenter als Gentamicin gegenüber Rhodococcus equi (ZERTUCHE und HILLIDGE, 1987). Rifampicin ist ein starker Induktor microsomaler Enzyme der Leber, u.a. bei Kaninchen, und beschleunigt dadurch die Ausscheidung von z.B. Steroiden und Digitoxin (VAN MARLE et al., 1979; FARR und MANDELL, 1982). Nach einer Therapiedauer von sieben Tagen wird bei Menschen eine beschleunigte Ausscheidung von Rifampicin festgestellt. Die therapeutische Wirkung des Rifampicin wird aber hiervon nicht beeinträchtigt (FARR und MANDELL, 1982). Beim Pferd wurde bisher über diese Wirkung nicht berichtet.

Für Rifampicin werden mehrere Dosierungen zur oralen Applikation vorgeschlagen.

BURROWS et al. (1985) empfehlen eine Dosierung von 10 mg/kg einmal täglich, während PRESCOTT und SWEENEY (1985) speziell bei der Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie mit einer Gabe von zweimal täglich 10 mg/kg Gewebskonzentrationen erzielen, die dauerhaft oberhalb der MHK liegen. HILLIDGE (1987) verwendet Rifampicin in Kombination mit Erythromycin in einer Dosierung von 5 mg/kg zweimal täglich. Bei einer Applikation therapeutischer Dosen werden keine Nebenwirkungen außer einer vorübergehenden Rotfärbung des Urin beobachtet (BARONTI und LUKINOVICH, 1968; LYONS, 1979; FARR und MANDELL, 1982;

ZERTUCHE und HILLIDGE, 1987). Die experimentelle Gabe hoher Dosen ruft bei

Affen (Macaca irus) Erbrechen und bei Hunden eine nekrotisch-hämorrhagische Enteritis sowie einen Ikterus hervor (FUERSZ, 1970).

Wird Rifampicin als Monotherapie eingesetzt, entwickeln sich wahrscheinlich durch Mutation der RNA–Polymerase schnell Resistenzen (BARONTI, 1968; FARR und MANDELL, 1982). In einer Untersuchung von TAKAI et al. (1997) an 99 Rhodococcus equi-Isolaten von einem Fohlen, das zuvor einer einmonatigen Rifampicin–Monotherapie unterzogen wurde, zeigen sich 90% der untersuchten Isolate nach Abschluss der Therapie resistent gegen Rifampicin. Zu Therapiebeginn waren alle 99 Isolate sensibel für Rifampicin. Die Kombination von Rifampicin mit Erythromycin oder Azithromycin stellt derzeit den Standard bei der Therapie der Rhodococcus equi-Pneumonie von Fohlen dar (ZENT, 1987; ZERTUCHE und HILLIDGE, 1987; PILTZ, 2004). In vitro zeigt die Kombination von Rifampicin mit Erythromycin mit einer mehr als zehnfachen Steigerung der additiven Wirkung beider Präparate einen synergistischen Effekt (PRESCOTT und NICHOLSON, 1984).