• Keine Ergebnisse gefunden

Der Anstieg der Religiosität in der Ukraine nach der Unabhängigkeit

Geht man, wie oben ausgeführt, von ca. 60 % religiösen Ukrainern im Jahr 1990 aus, so überrascht die Prozentzahl von 58 % im Jahr 1996 eher dadurch, dass sie in der ersten Hälfte der 1990er Jahre nicht zugenommen hat. Der Anteil der Gläubigen von 57,8 %, den die Razumkov-Umfrage noch im Jahr 2000 (vgl. Tab. 1) erfasste, legt die Vermutung nahe, dass auf die explosive Zunahme an Menschen, die sich zu Zeiten der Wende zur Religion bzw. zum Glauben bekannten, zunächst eine Flaute von etwa fünf bis sieben Jahren folgte. Mit Angstgefühlen – verschwundener Angst vor der Obrigkeit und zunehmender Angst vor dem Tod –, auf die Lewada hinwies, lässt sich somit nur der erste (der spätsowjetische) Aufschwung der Religiosität erklären. Gleichzeitig weisen die Ergebnisse des EVS 1999, die mit der unterschlagenen Antwortoption »Schwer zu sagen« deutlich höher als die der Razumkov-Umfrage 2000 ausfielen, darauf hin, dass sich unter den vielen Schwankenden (24,5 % in der Razumkov-Umfra-ge 2000) ein Großteil der »nach Glauben Strebenden«, wie sie Lewada nannte, befand. Nicht zufällig ergab der EVS 2008 sogar über 80 % der Religiösen.

Auch die Zahlen des Vertrauens zur Kirche und zum Klerus sprechen dafür, dass die Entwicklung der Religiosität Mitte der 1990er Jahre stagnierte. Die Daten des Monitorings »Ukrainische Gesellschaft« zeigen, dass der Anteil derer, die der Kirche und dem Klerus eher oder voll vertrauten, von 1994 bis 1998 stabil bei etwa 35 % verblieb. Erst ab 2000 begann dieser Anteil zu steigen und erreichte in den Jahren 2008–2010 mehr als 55 %, bevor er im Jahr 2012 wieder leicht zurückging (vgl. Abb. 2 sowie Tab. 4 im Anhang).

Abb. 2 Vertrauen zur Kirche und zum Klerus, Veränderung des Mittelwerts 1994 –2012 in der Gesamtbevölkerung

Quellen: Monitoring IS NANU; Frage: »Vertrauen Sie der Kirche und dem Klerus?

1. Nein, gar nicht, 2. Eher nicht, 3. Schwer zu sagen, ob ich vertraue oder nicht, 4. Eher ja, 5. Ja, voll.« Eigene Berechnungen.

Der Vergleich mit den anderen Datensätzen zeigt dabei, dass das Vertrauen höher ausfällt, wenn in der Frage nicht die Kirche und der Klerus gemeinsam genannt werden, sondern die Kirche allein. Das kann so gedeutet werden, dass die Menschen auf eine »abstrakte« Kirche viel mehr Hoffnungen und Erwartung projizieren, als die »reale« Kirche ihrer Meinung nach leistet – Vertrauen ist schließlich eine Kategorie, die sich auf menschliches Handeln bezieht. In den WVS/EVS-Umfragen gaben um bis zu 30 % mehr Ukrainer an, der Kirche zu vertrauen: 1996 waren es 67 %, 2008 insgesamt 78,1 %. Das Razumkov-Zentrum berichtet folgende Ergebnisse: 2000: 63,1 %; 2010: 72,5 %; 2013: 63,8 % der Ukrainer vertrauten der Kirche eher oder voll.22 Gleichwohl widerspiegeln diese Ergebnisse eine ähnliche Entwicklung, wie sie von der Kurve in Abb. 2 dargestellt ist.

Der Eindruck, dass sich der Anstieg der Religiosität in der Ukraine in zwei Schüben vollzog, zwischen denen es eine Flaute gab, verfestigt sich ferner, 22 Razumkov-Zentrum: Relihija i vlada v Ukrajini, 42.

wenn man eine weitere Frage heranzieht. Nach der Bedeutung von Gott in ihrem Leben mit Hilfe einer zehnstufigen Skala befragt, wählten im Jahr 1996 insgesamt 45,6 % der Menschen die Stufen 7 bis 10 (vgl. Abb. 7 im Anhang).

Drei Jahre später war dieser Prozentsatz nur leicht gestiegen – auf 48,9 %, während er in den Jahren 2006 und 2008 bereits bei rund 66 % lag, was einen schnelleren Anstieg in der ersten Hälfte der 2000er Jahren, als in der zweiten Hälfte der 1990er bedeutet. Diese Zahlen drücken zwar eher eine (von Lewada vorhergesagte) Vertiefung bzw. Intensivierung des Glaubens aus, unterstützen aber indirekt auch die These einer schubartigen Entwicklung der Religiosität – insbesondere, wenn man nicht die Gesamtbevölkerung betrachtet, sondern die Gruppe derer, die sich als religiös bezeichnen (Abb. 3).

Abb. 3 »Bedeutung von Gott in Ihrem Leben«, Anteil in Prozent der Religiösen

Quellen: WVS 1996, 2006; EVS 1999, 2008; Frage: »Wie wichtig ist Gott in Ihrem Leben? 1. Überhaupt nicht wichtig … 10. Sehr wichtig«. Eigene Berechnungen.

Tab. 2 Kirchliche Institutionen und Klerus – Veränderung im Vergleich zur letzten Periode in Prozent

Einrichtungen/Organisationen 2006 2009 2012 Administrative Einrichtungen 24,1 13,7 10,3

Gemeinden 25,1 6,8 5,9

Klöster 39,4 11,9 9,0

Missionsstellen 44,4 10,0 5,9

Bruderschaften 43,4 –2,6 8,1

Bildungseinrichtungen 38,9 12,0 2,6

GESAMT 25,5 7,0 6,0

Geistliche 25,7 5,1 3,3

Quellen: Ukrajina u cyfrach 2012, 18. Eigene Berechnungen (für die absoluten Zahlen siehe Tab. 5 im Anhang).

Als Zwischenfazit lassen sich an dieser Stelle zwei Thesen zur Entwicklung der Religiosität in der Ukraine formulieren: Erstens: Der Anstieg der Religiosität erfolgte in den letzten 25 Jahren schubartig. Auf den ersten Aufschwung der Religiosität, der mit 1987–1992 datiert werden kann (wir wollen ihn deshalb spätsowjetisch nennen), folgte eine Flaute von etwa fünf bis sieben Jahren.

Zwar formierten bzw. entwickelten sich die ukrainischen Kirchen in dieser Zeit institutionell weiter,23 der Anteil der sich zur Religion bekennenden Ukrainer »stagnierte« jedoch auf dem Niveau von etwa 60 %. Am Ende der 1990er und insbesondere in der ersten Hälfte der 2000er Jahre gab es einen weiteren Aufschwung, der sich in der Verbreitung der Religiosität, im Anstieg der Anzahl kirchlicher Einrichtungen sowie in der Zunahme an Vertrauen zur 23 Vgl. Wilson: The Ukrainians, Chapter XIV; Boeckh: Orthodoxie und

demokrati-sche Transformation in der Ukraine.

Kirche (und dem Klerus) äußerte. Dieser postsowjetische Aufschwung dauerte ungefähr zehn Jahre, allerspätestens endete er im Jahr 2010.24 Zweitens: Der Anstieg der sich als religiös bzw. gläubig bezeichnenden Ukrainer belief sich auf schätzungsweise 15 bis 20 %. Obwohl die zahlenmäßige Zunahme der religiösen Menschen von einer Intensivierung des Glaubens begleitet war, liegt die Vermutung nahe, dass ein beträchtlicher Teil dieses postsowjetischen Aufschwungs, den die quantitativen Umfragen erfassen, auf einem nominellen Bekenntnis beruhte.25

Diese Annahme wollen wir prüfen, in dem wir die Struktur der Religiosität anhand einer Clusteranalyse26 der ISSP-Daten aus dem Jahr 2008 untersuchen.

Glücklicherweise bildete in diesem Jahr, in dem der postsowjetische Aufschwung der Religiosität in der Ukraine seinen Höhepunkt erreichte, das Thema Religion den Schwerpunkt der Umfrage.

24 Unser Befund ist somit völlig konträr zu der Behauptung von Paul M. Zulehner, Miklós Tomka und Inna Naletova, die – interessanterweise ebenfalls unter Verweis auf die EVS/WVS-Daten – den Schluss ziehen, in der Ukraine hätte es in den 1990er Jahren einen »vorübergehenden Anstieg der orthodoxen Religiosität« gegeben, auf den eine Abnahme der Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche von 56 auf 41 % bzw.

ein allgemeiner Rückgang der Religiosität gefolgt sei; Zulehner et al.: Religionen und Kirchen in Ost(Mittel)Europa, 145.

25 Den Ausdruck »nominell« übernehmen wir von Yelensky: Religiosity in Ukraine according to Sociological Surveys, 217–218.

26 Die Clusteranalyse ist eine statistische Methode, Objekte (Personen) nach ihrer Ähnlichkeit so zu gruppieren, dass die Gruppen einerseits möglichst homogen hinsichtlich bestimmter Merkmale sind und sich gleichzeitig möglichst stark voneinander unterscheiden. Unsere Cluster (Gruppen) wurden anhand des K-Means-Verfahrens gebildet.

Typen der Religiosität in der Ukraine

Die Bildung von Gruppen (Cluster) erfolgte unter Heranziehung von vier Merkmalen: Glaube an Gott, subjektive Religiosität, Häufigkeit der Teilnahme an Gottesdiensten und Häufigkeit des Betens. Die Einteilung der Befragten in vier Gruppen stellte eine statistisch stabile Lösung dar, die vor den anderen möglichen Lösungen aufgrund der inhaltlichen Plausibilität bevorzugt wurde.

Die vier Clusterzentren, die in Tab. 3 aufgeführt sind, bilden idealtypische Profile von vier Bevölkerungsgruppen.

Zur Gruppe A gehörten im Jahr 2008 13 % der ukrainischen Bevölkerung.

Diese Menschen können als religiöse Kirchengänger bezeichnet werden, da sie nicht nur oft beten, sondern im Vergleich zu den anderen drei Gruppen deutlich öfter an Gottesdiensten teilnehmen: im Durchschnitt fast wöchentlich.

Gemäßigt Religiöse (Gruppe B) bilden mit 31,9 % die größte von allen vier Gruppen. Sie geben ihre Religiosität tendenziell auf der untersten von den ersten drei Stufen an (Stufe 4 bedeutet »teils … teils« und Stufe 5 bereits »ge-mäßigt nicht religiös«27), nehmen nur gelegentlich an den Gottesdiensten teil, beten jedoch relativ oft, und das ist auch das Merkmal, das sie hauptsächlich von der Gruppe C unterscheidet.

Gruppe C sind die sogenannten passiv Gläubigen (26,8 %), die sich dadurch auszeichnen, dass sie zwar an Gott glauben, sich selbst aber als wenig religiös bezeichnen. Sie beten etwa einmal im Monat und nehmen nur gelegentlich an 27 Die etwas unglücklich formulierte Abstufung ist wohl der Grund, warum sich die Cluster A, B und C so wenig im Merkmal »subjektive Religiosität« unterscheiden (siehe Tab. 3). Die Stufe 1, »außerordentlich religiös«, wirkte offenbar zu extrem, so dass sie nur von wenigen Menschen gewählt wurde. Die Stufe 3 hingegen,

»gemäßigt religiös«, klang als subjektive Einschätzung eben angenehm gemäßigt, so dass die Befragten sie im Zweifelsfall der Stufe 2, »sehr religiös«, anscheinend präferiert haben. Hieße die Stufe 3 »eher religiös«, so hätten womöglich mehr Menschen die Stufe 2 gewählt.

den Gottesdiensten teil. Passiv Gläubige scheinen mit der religiösen Lehre und der entsprechenden Kirche nur insofern in Verbindung zu stehen, als sie sich als einer bestimmten Religion bzw. Konfession zugehörig ausweisen würden und die sozial etablierten religiösen Feste wie etwa (bei Christen) Weihnach-ten und Ostern wahrnehmen, ihre Kinder taufen etc., darüber hinaus jedoch säkularisiert sind.28 Der ukrainische Religionsforscher Viktor Yelensky weist in diesem Kontext auf den Umstand hin, dass Befragte nicht selten angeben, der Russischen Orthodoxen Kirche anzugehören, obwohl es in ihren Wohnorten diese Kirche nicht gibt. An die Stelle des kirchlichen Zugehörigkeitsgefühls tritt somit die natio nale Selbstidentifikation.29 Auch den Unterschied zwischen den Ukrainischen Orthodoxen Kirchen des Moskauer und des Kiewer Patriarchats können, wie der ukrainische Publizist Mykola Rjabtschuk bemerkt, viele »nur auf dem Papier feststellen (beispielsweise bei Umfragen), nicht aber in der Praxis«.30 Dass das Moskauer Patriarchat das Kiewer nicht anerkennt und es als schismatisch bezeichnet, scheint den Großteil der passiv Gläubigen (Grup-pe C), aber wohl auch der gemäßigt Religiösen (Gruppe B) nicht sonderlich zu irritieren. Rjabtschuk – im Einklang mit anderen ukrainischen Intellek-tuellen – bringt es mit der allgemeinen (man könnte sagen: ideologischen) Orientierungslosigkeit in Verbindung.31

28 In einem Gespräch mit dem Vorsteher der Armenischen Kirche in L’viv im Ok-tober 2013 beklagte dieser, dass die Mitglieder der Kirchengemeinschaft nicht selten hauptsächlich am Ritual interessiert seien und religiöse Gespräche mit der Bemerkung unterbrechen würden, er solle es bitte nicht so kompliziert machen. Es gibt Anzeichen dafür, dass das Ritual auch schon vor 1917 im kirchlichen Leben wichtiger als die Lehre gewesen war; vgl. Lane: Christian Religion in the Soviet Union, 31. Die Gruppe der passiv Gläubigen korrespondiert mit dem Typus der

»Kulturreligiösen« bei Zulehner et al.: Religionen und Kirchen in Ost(Mittel) Europa, 74 ff.

29 Yelensky: Religiosity in Ukraine according to Sociological Surveys, 217–218, 222.

30 Rjabtschuk: Die reale und die imaginierte Ukraine, 32–33.

31 Rjabtschuk: Die reale und die imaginierte Ukraine, 32–33.

Tab. 3 Typen der Religiosität: Clusterzentren und Anzahl der eingruppierten Personen Gläubig Ja (2.97) Ja (2.84) Ja (2.63) Ja & nein (1.95) Subjektive

Reli-giosität Eher religiös

(2.7) Eher religiös

(3) Eher religiös

(3.4) Eher nicht reli giös (4.8)

Betens Einmal pro Tag Mehrmals

pro Woche Etwa einmal

im Monat Nie Anzahl der

Be-fragten 238 586 492 519

Quelle: ISSP 2008, Ukraine, eigene Berechnungen. Glaube an Gott: 1 – »nicht-gläubig«, 2 – »schwankend« und 3 – »gläubig«. Subjektive Religiosität: 7-Items-Likert-Skala von 1 – »außerordentlich religiös« bis 7 – »außerordentlich nicht religiös« (vgl. hierzu Anmerkung 27 oben). Häufigkeit der Teilnahme an Gottesdiensten: 9 Antwortmög-lichkeiten von »Nie« bis »Mehrmals pro Woche«. Häufigkeit des Betens: 11 Optionen von »Nie« bis »Mehrmals pro Tag«). 21 Fragebögen, die inkonsistente Antworten beinhalteten, wurden aus der Analyse ausgeschlossen.

Am Vorabend der Auflösung der Sowjetunion deckten die Umfragen auf, dass der größte Personenkreis (47 % der sich zum Glauben Bekennenden) »sich für gläubig hält, ohne daraus unbedingt irgendwelche Schlüsse zu ziehen, die für sie allgemeingültigen Charakter besitzen oder den eigenen Standpunkt festigen«.32 Viele solcher nominell Gläubigen sind offenbar in der Gruppe D enthalten. Interessant ist, dass die statistische Analyse 28,3 % der Befragten unabhängig davon, ob sie an Gott zu glauben und nicht zu glauben (oder zu schwanken) angeben, zu einem Cluster zuordnet – und zwar weil sie eher

32 Lewada: Die Sowjetmenschen, 236.

nicht religiös sind, nie beten und so gut wie nie in die Kirche gehen. Das ist die Gruppe der Areligiösen.33

Abb. 4 stellt die Prozentanteile der vier Religiositätstypen in den vier Re-gionen der Ukraine dar. Es fällt auf, dass sich die Westukraine hierbei stark von den anderen drei Regionen unterscheidet. Die größte Gruppe in dieser Region sind mit 41,3 % die religiösen Kirchengänger, während der Anteil der Areligiösen äußerst gering ist – 3,4 %. Im Gegensatz dazu macht der Anteil der Areligiösen im Zentrum, Süden und Osten der Ukraine rund ein Drittel der Bevölkerung aus, zusammen mit der Gruppe der passiv Gläubigen fast zwei Drittel. Die religiösen Kirchengänger sind hingegen eine kleine Minderheit (von 7,3 % im Zentrum bis 3,6 % im Osten).

Abb. 4 Typen der Religiosität in den Regionen der Ukraine, Anteil in Prozent

Quelle: ISSP 2008, Ukraine, eigene Berechnungen. Die regionale Einteilung der ukrainischen oblasti (darunter die Stadt Kiev und die Autonome Republik Krim) folgt der Gruppierung des Razumkov-Zentrums.34

33 Die Gläubigen unter diesen Areligiösen können mit Detlef Pollack als »Areligiöse in der Kirche« bezeichnet werden. Diese sind Personen, denen der Bezug zur Sinnfrage fehlt und die »orthodoxierte, ritualisierte routinisierte Vollzugsformen«

von Religiosität aufweisen; vgl. Pollack: Säkularisierung, 51.

34 Westen: Volyns’ka, Zakarpats’ka, Ivano-Frankivs’ka, L’vivs’ka, Rivnens’ka, Ter-nopils’ka, Černiveс’ka; Zentrum: Kyjiv, Kyjivs’ka, Vinnyc’ka, Žytomyrs’ka, Kiro-vohrads’ka, Poltavs’ka, Sums’ka, Chmelnic’ka, Čerkas’ka, Černihivs’ka; Süden:

Schlüsselt man nun auch den Anstieg der Religiosität in der Ukraine zwischen 1996 bis 2008 (vgl. Abb. 1) regional auf, so wird deutlich, dass er größtenteils auf die Zunahme des Bekenntnisses zur Religion in den zentralen, südlichen und östlichen Gebieten der Ukraine zurückgeht (Abb. 5). Die westlichen Gebiete, in denen die UGKK dominiert, waren bereits in den 1990er Jahren sehr religiös (was angesichts der im Punkt 2.1. beschriebenen Geschichte nicht überrascht);

der Anstieg erfolgte von 88,8 % auf den sehr hohen Wert von 97,7 %. Umso stärker fiel der zahlenmäßige postsowjetische Aufschwung der Religiosität in den anderen Regionen aus. Gerade aber der ukrainische Osten, wo die beiden Gruppen der Areligiösen (Cluster D) und passiv Gläubigen (Cluster C) einen besonders großen Anteil haben, legte am meisten zu: von 43,1 % Religiösen im Jahr 1996 auf 75,1 % im Jahr 2008, was einen Anstieg von 32 % ergibt. Somit ist ein – indirekter – empirischer Beweis erbracht, dass der recht hohe Anteil der Religiösen am Höhepunkt des postsowjetischen Aufschwungs (zwischen 2007 und 2010) nicht unerheblich auf das nominelle Bekenntnis zurückgeht.

Abb. 5 Steigende Anzahl religiöser Personen in den ukrainischen Regionen, An-gaben in Prozent

Quellen: WVS 1996; EVS 2008; Frage: »Einmal abgesehen davon, ob Sie in die Kirche gehen oder nicht – würden Sie sagen, Sie sind … 1. ein religiöser Mensch, 2. kein religiöser Mensch, 3. ein überzeugter Atheist«. Eigene Darstellung.

Krym, Mykolajivs’ka, Odes’ka, Chersons’ka; Osten: Dnipropetrovs’ka, Donec’ka, Zaporiz’ka, Luhans’ka, Charkivs’ka oblast’.