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Angebotsstruktur und Spezifität (OK1)

Die Charakteristik der Angebote hat sich durch die Covid-19-Pandemie verändert. Die Unterkategorie UK1.1 umfasst die Angebotsstruktur vor der Covid-19- Pandemie. In den Kategorien UK1.2 und UK1.3 wird die Entwicklung während der Schließzeit und der hybriden Öffnungszeit abgebildet.

4.1.1 Angebotsstruktur und Spezifität vor der Covid-19- Pandemie (UK 1.1)

In der Kategorie gab es wenige benannte Angebote. die der Unterkategorie „spezifisch, strukturiert“ zugeordnet wurden (4 von 19 Nennungen). Beispiel: „(…) bei den Angeboten haben wir eigentlich jeden Tag eine kostenfreie Nachhilfe, die wir anbieten, also eine 1 zu 1 Betreuung.“ (I3, Z.114-116)

Der überwiegende Teil der Angebote wird der Unterkategorie „unspezifisch, unstrukturiert“

zugeordnet (9 von 19 Nennungen). Beispiel: „(…) ach ich sag mal [Einrichtungsname] als Wohnzimmer, ne, wo man halt hier hinkommt, äh, einfach da ist, guckt was passiert, ähm, da ist auch egal, was an dem Tag ist“ (I2, Z.92-94).

„(…) diese Selbstwirksamkeit, die die Jugendlichen ansonsten in diesen analogen Geschichten erfahren, ne, die kochen zusammen, wir können nachher was Schönes essen und D und F mit ihren Rezepten werden bejubelt, ne. Schreiben vielleicht noch auf, ne. Die

hören zusammen Musik, die eine bringt der anderen irgendwelche Tanzmoves bei und beide gehen nachher glücklich raus.“ (I4, Z.629-633)

Aus den Antworten der Expert*innen geht hervor, dass Angebote nicht an „formalisierende Bildungssysteme erinnern“ (I1, Z.153-154) sollen, weil die Erfahrungen von den Besuchenden in diesen Systemen „schon zu schlecht“ (I1, Z.157) sind.

Neben den unspezifischen und unstrukturierten Angeboten gibt es vor Covid-19 in den befragten Einrichtungen Angebote, die spezifisch und unstrukturiert sind. Zu dieser Kategorie werden Aussagen zugeordnet, die eine thematische Spezifität aufweisen und ohne formale Strukturen konzipiert sind (6 von 19 Nennungen).

„Dazu haben wir ganz viel Angebote, die wir versuchen so zu strukturieren, dass wir die gar nicht als Angebotsrahmen quasi sichtbar werden, wo ich jetzt zu ner festen Zeit am festen Ort sein muss, sondern wo wir einfach sagen, wir haben irgendwie Personal, was im Haus ist, was irgendwie zum Beispiel im Bereich Medien stark ist.“ (I3, Z.136-140)

In diesen Angeboten sind gruppendynamische Prozesse motivierender Faktor in Gelegenheitsstrukturen (vgl. I3, Z.161-164).

Insgesamt wird in allen befragten Einrichtungen der Fokus auf unspezifische und unstrukturierte Angebote gelegt. Durch diese Offenheit werden Gelegenheitsstrukturen für

„Selbstwirksamkeitserfahrungen“ (I4, Z.629) geboten.

4.1.2 Angebotsstruktur und Spezifität während der hybriden Öffnungszeit (UK 1.2)

Die Regelungen haben zur Folge, dass es während der hybriden Öffnungszeit „konstruierte Verhältnisse“ (I4, Z.618) gibt. In den Aussagen zu Angeboten während der hybriden Öffnungszeit nimmt der Anteil von strukturierten und spezifischen Angeboten (9 Nennungen) im Vergleich zu unspezifisch unstrukturierten Angeboten (5 Nennungen) zu. Räumliche Gegebenheiten, die verfügbare Fläche oder nicht ausreichende sanitäre Anlagen werden verstärkt als begrenzende Faktoren in räumlich kleinen Einrichtungen wahrgenommen (vgl.

I4, Z.615-619). Regeln wie Zugangsbeschränkungen oder Kontaktdaten erfordern strukturiertere Verhältnisse im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie.

„Ich darf erstmal reinschnuppern. Ich muss nicht gleich alles preisgeben. Ich muss mich nicht direkt anmelden. Sondern ich kann erst mal gucken, ob es mir gefällt und dann sagen „Jetzt mach ich weiter auf.“. Ähm, es ist momentan schwer, weil eben halt die Hygieneschutzbestimmungen so sind, dass man eine Nachverfolgung haben muss.“ (I4, Z.480-484)

Besucher*innen mit schlechten Erfahrungen aus formalisierten Settings, wie delinquente oder von Obdachlosigkeit bedrohte Jugendliche, können durch das Entfallen des anonymen Settings nicht mehr erreicht werden.

„(…) das ist aber zum Beispiel eine erste Hürde, wo ich erlebt hab, dass Jugendliche an der Stelle schon umgedreht sind und gesagt haben: „Nee, ich will hier nicht meinen Namen sagen, ich weiß nicht was, ne, ist mir unheimlich, was ihr damit macht, ne, vielleicht hab ich irgendwie gerade Stress mit irgendwelchen Behörden (…)“ (I3, Z.265-268)

Von den Fachkräften fordern die Covid-19-Regeln eine stärkere Spezifität. Einzelne Spiele oder Angebote können nicht mehr angeboten werden. Diese Reduktion hat in einer Einrichtung zur Folge, dass „viele was an sich entdeckt (haben), was sie vorher nicht wussten, dass sie es können“ (I2, Z.429-434). Innerhalb der Regeln gibt es in allen befragten Einrichtungen eine hohe Bereitschaft, um die neuen Regelungen so niederschwellig wie möglich zu gestalten.

„Ähm, wie gesagt, das, was wir machen müssen, das ist halt nun mal dieses „Es gibt eben Anmeldung“, es gibt dieses, dass wir das aufschreiben müssen, wer da war, das versuchen wir eben alles so niederschwellig wie möglich zu machen.“ (I2, Z.571-573)

Unspezifische und unstrukturierte Inhalte werden vom analogen in den digitalen Bereich verschoben. In diesen Settings können die Besuchenden auch ihre „Anonymität“ und

„Neutralität“ (I4, Z.505) behalten.

4.1.3 Angebotsstruktur und Spezifität während der Schließzeit (UK 1.3) Während die Einrichtungen geschlossen sind, finden Angebote größtenteils in digitalen Formaten oder durch mobile Arbeit im Sozialraum der Einrichtung statt. Digitale Angebote erfordern eine stärkere Planung und begrenzen dadurch die Beteiligung bei spezifischen Angebotsformaten.

„Aber dieser... dieser Punkt, Angebote rein zu kommen oder auch partizipativ, unspezifisch was zu machen, ähm, finde ich momentan einfach schwierig und weiß ich auch nicht, wie man das gut auffangen kann.“ (I4, Z.650-652)

Angebote, die vor der Pandemie bereits strukturiert und spezifisch waren, können leichter in digitale Formate umgewandelt werden als unspezifische und unstrukturierte Angebote.

„Das ist was Anderes, wenn man so eine Gruppe hat, die schon ein bestimmtes Thema miteinander verbindet. Das ist, glaub ich, da kann ich sehr themenspezifisch, sehr gut arbeiten.“ (I4, Z.659-661)

Die Fachkräfte berichten, dass die Jugendlichen bei den digitalen Formaten verstärkt

„Aufhänger“ (I2, Z.605) brauchen, um an den Angeboten teilzunehmen. Gelingensfaktor für

digitale Angebote ist die inhaltliche und strukturelle Nähe zu bereits vorhandenen analogen Angeboten aus der Zeit vor der Pandemie.

„(…) also wir merken halt, da kommen unsere besser mit klar, ne, also dass man sich zwar über nen Server trifft zum zum Quatschen, dass das andere aber möglichst nahe dem kommt, was wir sonst hier auch tun.“ (I2, Z.484-485)

In digitalen Angeboten müssen sich die Teilnehmenden aktiv für das Mitmachen entscheiden. Die im Analogen stattfindenden Gelegenheitsstrukturen sind im Digitalen nicht umsetzbar. „(…) ich bin nicht digital einfach mal in nem Raum und guck was passiert und halt mich da halt auf und werd dann automatisch Teil von was“ (I3 Z.884-885).

Analog gibt es Angebote, um den Kontakt zu den Jugendlichen zu halten. Zielgruppen, die mit den digitalen Angeboten nicht erreicht werden, werden teilweise durch mobile Arbeit im Sozialraum der Einrichtung erreicht.

„(…) wir erreichen sie halt, wenn sie einfach mal so im Sommer jetzt draußen waren. Dass man so ein bisschen Kontakt halten kann, dass man... dass man spricht und so“ (I2, Z.345-347)

Um den Zugriff auf die Lebenswelt der Jugendlichen zu behalten und um Rahmenbedingungen zu schaffen, um mit den Jugendlichen den Kontakt zu halten, werden gesetzliche Grauzonen genutzt.

„(…) wir hatten aber kein Mitarbeitendenbetretungsverbot und wir haben geschickt dadurch, dass eine große Schar unserer Jugendlichen die JuLeiCa (Jugendleiter-Card)- Schulung gemacht haben. die frühzeitig unter Vertrag genommen, obwohl sie noch gar keine Einsätze (…) gemacht haben. Aber waren die halt angemeldet als Übungsleiter, das heißt (…) irgendwann haben wir die eingeladen (…)“ (I4, Z.194-198)

In der Schließzeit gibt es „kaum Möglichkeiten, die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen (…) abzufragen“ (I1, Z.620-621). Die Konzeption der Angebote obliegt den Fachkräften. Die Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten werden reduziert auf das Reagieren auf von Fachkräften spezifizierte und strukturierte Angebote.

„(…) da hab ich mir immer ausgedacht, was könnte gut Spaß machen. Und die Jugendlichen haben nachher auch gesagt: War schön, wir haben eine Stunde lang mit dir gespielt und wir haben die anderen im Chat getroffen - super. Aber so gehe ich normalerweise nicht in die Kinder- und Jugendarbeit rein.“ (I4, Z.580-583)

Ausnahme zu diesen strukturierten und spezifischen digitalen Angeboten stellen eingerichtete, teils von Jugendlichen selbstverwaltete Discord-Server und WhatsApp Gruppen dar. In diesen Formaten können Jugendliche „sich auch gegenseitig (…) gut vernetz[en] (..) und gut unterstützen“ (I4, Z.223-224)