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Andere Vorschriften

Im Dokument Kinderwerbung und Lauterkeitsrecht (Seite 163-166)

A.: Rechtliche Ausgestaltung

III.: Andere Vorschriften

Das UWG ist auf nichtkommerzielle Werbemaßnahmen unanwendbar. Das gilt auch für die Spendenakquisition. Ausnahmen bestehen nur insoweit, wie gemeinnützige oder ideelle Vereinigungen neben ihren primären Zielen einen Erwerbszweck verfolgen.

III.: Andere Vorschriften

Angesichts der unter I. und II. gemachten Feststellungen könnte man versucht sein zu glauben, nichtwirtschaftliche (Kinder- ) Werbung finde im rechtsfreien Raum statt. Dem ist nicht so.

Auch auf dem nichtkommerziellen Sektor gelten Beschränkungen. Sie ergeben sich zum einen aus den allgemeinen Gesetzen zum Schutz des Vermögens, der Ehre, usw. Was die Spendensammlung betrifft, existieren außerdem spezielle öffentlich – rechtliche Restriktionen, und diverse Selbstverpflichtungserklärungen. Im folgenden werden die wichtigsten Regelungen kurz dargestellt.

1.) Sammlungsgesetze

Gesetzliche Beschränkungen speziell für nichtkommerzielle Reklame existieren nicht. Einen gewissen Schutz vor irreführender Spendenwerbung gewähren aber die Sammlungsgesetze der Länder. Nach ihnen können Sammlungen u. a. dann abgebrochen werden, wenn die Verwendung der Mittel nicht dem angekündigten Zweck entspricht1037. Der schon vorhandene Erlös wird in solchen Fällen eingezogen, und einem gemeinnützigen Zweck zugeführt1038. Die zuständigen Überwachungsbehörden entscheiden jedoch – wenn sie überhaupt tätig werden - nicht nach Lauterkeitsaspekten, sondern unter Gesichtspunkten der polizeilichen

1034 Vgl. §§ 611, 662, 665, 675 BGB

1035 Vgl. §§ 666 ff, 675 BGB

1036 Vgl. §§ 618 f, 669 f, 675 BGB

1037 E. Ullmann, FS für Traub, 411 f; vgl. etwa SammlungsG Ba- Wü §§ 2 I Nr. 2; 6; 9 II Nr. 2

1038 Z. B. SammlungsG Ba - Wü §§ 6 III; 9 III

abwehr1039. Für die weit verbreitete Fördermitgliedswerbung gelten die Sammlungsgesetze in der Regel nicht1040.

2.) § 263 StGB

Im Rahmen des § 263 StGB ist der sogenannte Spenden – oder Bettelbetrug als Fallgruppe anerkannt. Die Anwendung der Norm gestaltet sich jedoch schwierig, da Schutzgut des § 263 nur das Vermögen, nicht aber die Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers ist1041. Einen Vermögensschaden erleidet der Spender nach h. M. nur dann, wenn der soziale Zweck verfehlt wird, den er mit seiner Gabe anstrebt1042. Dieser Fall liegt z. B. vor, wenn der Sammelnde die Gelder absichtlich zum privaten Nutzen verwendet. Dagegen soll ein hoher Verwaltungs- oder Werbekostenanteil an sich noch keine Zweckverfehlung bedeuten1043. Falsche Vorstellungen des Spendenden über die genaue Art der Hilfstätigkeit, oder die Hilfsempfänger, stellen meist unbeachtliche Motivirrtümer dar.

3.) §§ 185 ff StGB

Ehrverletzende Werbebehauptungen jeder Art können nach den §§ 185 ff StGB verfolgt werden. Die Ehre i .d. S. stellt nur einen Teilbereich der Personenwürde dar, und ist nicht mit ihr identisch1044. Eine Ehrverletzung wird überwiegend darin gesehen, daß dem Betroffenen zu Unrecht Mängel nachgesagt werden, welche bei ihrem wirklichen Vorliegen seinen Geltungswert minderten1045.

Der Tatbestand der Beleidigung setzt voraus, daß das oder die Opfer sicher bestimmbar ist / sind. Bei Kollektivbezeichnungen muß der Kreis der Verletzten klar umgrenzt, und die Zuordnung des einzelnen zweifelsfrei sein1046. Allgemeine Werturteile über Personengruppen sind nicht geeignet, einzelne Menschen in ihrer Ehre zu kränken. Von Behauptungen über „die Frauen“, „die Kinder“, „die Katholiken“ usw. kann sich niemand individuell betroffen fühlen, weil der Äußernde nur ein Stereotyp, ein Klischee benutzt1047.

Wenn zu Reklamezwecken ekelerregende oder abstoßende Bilder verwendet werden, kämen die Betrachter insgesamt als Beleidigungsopfer in Frage; auch hier wird aber nicht jeder einzelne angesprochen, sondern nur eine unbestimmte Publikumsmasse. Häufig wird es bei werblichen Äußerungen auch am Beleidigungsvorsatz fehlen, oder er ist nicht nachweisbar.

1039 C. Hoffrichter – Daunicht, FS für v. Gamm, 39 f

1040 DZI - Informationsblatt: Tipps für Spender - Sammlungsgesetze. Zur Fördermitgliedswerbung BGH NJW 1995, 539 f

1041 BGH NJW 1995, 539; H. – J. Rudolphi, FS für Klug, Bd. II, 315 f

1042 BGH NJW 1995, 539 m. w. N.; H. – J. Rudolphi, FS für Kluge, Bd. II., 315 ff

1043 Der BGH geht von einer zweckmäßigen Verwendung aus, solange der Spendensammler die steuerrechtlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt. In der Praxis der Finanzbehörden wird ein Verein auch dann als gemeinnützig anerkannt, wenn er im ersten Jahr seines Bestehens keine Ausgaben für den satzungsgemäßen Zweck tätigt, und in den folgenden Jahren nicht mehr als die Hälfte der Einnahmen für die Mitgliederwerbung ausgibt (BGH NJW 1995, 539). Das DZI hält nach einer Aufbauphase von zwei Jahren nur noch 35 % Werbe –und Verwaltungskosten für annehmbar (Ausführungsbestimmungen zum Spenden – Siegel, I.

4.). H. – J. Rudolphi bejaht eine Zweckverfehlung, wenn der Sammelnde mehr Unkosten verursacht, als aus seiner Sicht notwendig erscheinen (FS für Klug, Bd. II; 315, 325 f).

1044 BGHSt 36, 145, 148 (Verletzung des Schamgefühls keine Beleidigung); Lackner / Kühl (Kühl), vor § 185, Rdn. 1

1045 BGHSt 36, 145, 148; Lackner / Kühl (Kühl), vor § 185, Rdn. 1

1046 BGHSt 36, 83, 85; 11, 207, 209; Lackner / Kühl (Kühl), vor § 185, Rdn. 3

1047 BGHSt 36, 83, 86 f; Lackner / Kühl (Kühl), vor § 185, Rdn. 3

4.) § 823 I BGB – Persönlichkeitsrecht

Das Persönlichkeitsrecht (im zivilrechtlichen Sinn) ist aufzufassen als ein einheitliches, subjektives Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit1048. Soweit es nicht in einzelnen Aspekten durch Spezialnormen geschützt wird, stellt es ein sonstiges Recht i. S. v. § 823 I BGB dar1049. An Sonderregelungen sind insbesondere zu nennen das Namensrecht aus § 12 BGB, und das Recht am eigenen Bild aus §§ 22 ff KUG. Bei rechtswidriger Verletzung besteht ein Anspruch auf Unterlassung, und Beseitigung der Störung1050.

Im Zusammenhang mit Werbung erlangt das Persönlichkeitsrecht Bedeutung als ein Kontroll-recht über die eigene Darstellung in der Öffentlichkeit. Grundsätzlich darf der einzelne selbst entscheiden, wie, wann und in welchem Zusammenhang er sich einem breiten Publikum präsentiert1051. Das Werbepublikum als Ganzes, oder bestimmte Bevölkerungsteile, werden dagegen nicht geschützt. Es besteht lediglich einen Anspruch des einzelnen auf Achtung seiner individuellen Persönlichkeit1052. Der Verbraucher, der von einer Werbemaßnahme nur in der Anonymität des Publikums betroffen wird, kann nicht geltend machen, daß dadurch sein Persönlichkeitsrecht verletzt werde1053. Auch derjenige, der von den Fernwirkungen des Eingriffs in das Recht eines anderen mittelbar belastet wird, hat nur dann einen eigenen Anspruch, wenn diese Auswirkungen gleichzeitig als Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind1054. Einzelnen oder Gruppen, die sich durch Reklamebilder anderer Menschen diskriminiert fühlen, stehen daher keine Ansprüche aus §§ 823 I, 1004 BGB zu.

5 .) Selbstverpflichtungen

Das DZI und der Deutsche Spendenrat haben für die Spendenakquisition Verhaltensregeln aufgestellt1055. Demnach soll Werbung wahr, eindeutig und sachlich erfolgen, die Spender nicht unter Druck setzen, und den Hilfsempfängern nicht ihre Würde nehmen1056. Die Anerkennung der beiden Kodizes durch die sammelnden Organisationen ist allerdings fraglich. In Deutschland werben schätzungsweise 20 000 bis 25 000 Einrichtungen um Spenden1057. Den Vorgaben des DZI hatten sich bis November 2000 140 Vereinigungen unterworfen1058. Das Spenden – Siegel des Zentralinstituts ist allerdings nur für überregional sammelnde Organisationen mit sozialer, insbesondere humanitär – karitativer Zielsetzung gedacht. Die Selbstverpflichtung des Deutschen Spendenrats steht jeder gemeinnützigen Vereinigung offen.

Im Oktober 2001 hatten 47 Mitgliedsorganisationen unterzeichnet1059.

1048 BGHZ 13, 334, 337 f; 24, 72, 78; Palandt / Thomas, § 823 BGB Rdn. 176

1049 St. Rspr.; BGH NJW 1994, 124 f, m. w. N.; Palandt / Thomas, § 823 BGB Rdn. 177, 179

1050 Palandt / Thomas, Einf vor § 823 BGB, Rdn. 16 f; § 823 BGB Rdn. 199

1051 St. Rspr.; BGHZ 13, 334, 339; OLG Karlsruhe, VersR 1996, 600 f; FamRZ 1983, 742 ff; OLG Koblenz, NJW – RR 1995, 1112;

OLG Düsseldorf, FamRZ 1984, 1221 ff.

1052 Palandt / Thomas, § 823 BGB Rdn. 177

1053 BGHZ 64, 178, 182 f; auch kein Anhaltspunkt für unmittelbare Bedrohung des Erziehungsrechts eines einzelnen Vaters, wenn Buchhandlung jugendgefährdende Schriften auslegt.

1054 BGH NJW 1980, 1790 f; Palandt / Thomas, § 823 BGB Rdn. 198

1055 Nicht ganz korrekt daher Jahrbuch ZAW 20001, 14, wo behauptet wird, außerhalb der kommerziellen Werbekommunikation existierten keine selbstdisziplinären Konfliktregler.

1056 Kap. 2, B. VIII 2.).

1057 Kap. 1, B. II. 2.) a)

1058 DZI - Bulletin 2 / 00

1059 Aktueller Stand auf http://www.spendenrat.com

B.: Regelungsbedarf ?

Die Auflistung unter A. hat gezeigt: eine Kontrolle nichtkommerzieller Kinderwerbung unter Lauterkeitsaspekten findet nur sehr begrenzt statt. Daher soll der Frage nachgegangen werden, ob eine verstärkte Überwachung unter diesem Gesichtspunkt notwendig und sinnvoll wäre.

Zunächst wird untersucht, ob faktisch Zustände existieren, die sich nach den Maßstäben der §§

1, 3 UWG als unerlaubte Auswüchse darstellen. Dann wird erörtert, ob der jeweilige Mißstand das Resultat einer ungewollten Regelungslücke ist, oder ob er aus irgendwelchen Gründen hingenommen werden muß.

Im Dokument Kinderwerbung und Lauterkeitsrecht (Seite 163-166)