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3 Ergebnisse

4.1 Anatomisches Resultat

4 Diskussion

In dieser prospektiven, multizentrischen Beobachtungsstudie TiLOOP® PRO A wurde die Ver-änderung der Lebensqualität, die Durchführbarkeit der Operationsmethode und die Sicherheit der vaginalen, netzgestützten, operativen Therapie des Descensus genitalis unter standardi-sierten Bedingungen untersucht. In den aktuellen Stellungnahmen und Leitlinien der Fach-gesellschaften wird empfohlen, dass die vaginale Netzchirurgie in den Händen von geübten Operateuren, in spezialisierten Zentren, als Therapie bei Rezidiverkrankung oder komplexen Fällen eingesetzt werden kann und weiter wissenschaftlich aufgearbeitet werden soll (10, 41, 54). Die Hersteller sind angehalten, für eine stetige Verbesserung des Materials und der biokompatiblen Eigenschaften der Implantate zu sorgen. In diesem Rahmen wurde die Studie als Folgestudie zur vorangegangenen Langzeitstudie (clinicaltrials.gov: NCT01084889) zur Untersuchung der Zystozelenkorrektur mit einem alloplastischen Netz (TiLOOP® Total 6, pfm medical ag) mit ebenfalls obturatorischer, lateraler und apikaler Fixation konzipiert (23, 55) . Durch die weitere Verbesserung des Implantats (Vergrößerung der Poren von 1 auf 3 mm, Gewichtsreduktion von 35 auf 24 g/m2) sollten die positiven Ergebnisse bezüglich der Lebensqualität und der Sexualität, erhoben über validierte, standardisierte Fragebögen, bestätigt werden (39, 45- 47). Gleichzeitig sollten die sehr guten anatomischen Ergebnisse bestätigt werden und es wurde erwartet, dass sich die Komplikationsrate verringern würde.

Die Patientenkohorte dieser Studie spiegelt die für Deutschland typische Patientinnenklientel für die Erkrankung wider (52- 53), die allgemeine und gynäkologische Anamnese der Patientinnen zeigt keine Besonderheiten. Alle Operateure sind erfahren und spezialisiert in der operativen Therapie des Descensus genitalis und der vaginalen Netzimplantation.

Die Ergebnisse dieser Studie sollen also dazu beitragen, die Datenlage über vaginale Netzimplantationen als Therapie des symptomatischen Descensus genitalis im Rahmen der geforderten Bedingungen der Fachgesellschaften zu verbessern.

4.1 Anatomisches Resultat

Das anatomische Resultat war sehr gut. Der Anteil von Patientinnen mit einer Zystozele ICS-Grad ≥ 2 sank von 100% (52/52) auf 0% im 6-Wochen- und 6-Monats-Follow-up und stieg im 12-Monats-Follow-up auf 4,3% (2/46). Beide Patientinnen mit einer Rezidivzystozele waren asymptomatisch und es wurde parallel zur Netzimplantation eine Kolporrhaphia posterior durchgeführt. Der Rezidivdeszensus eines bereits operativ rekonstruierten Kompartiments sollte als Komplikation gesehen werden. Ob eine netzgestützte operative Therapie des hinteren Kompartiments hier die Rezidivrate noch weiter absenken kann, muss in weiteren Studien untersucht werden. Die Daten zum anatomischen Outcome passen erneut zu den Ergebnissen der TiLOOP®-Total-Six-Studie (23), in welcher beobachtet wurde, dass der Grad

42 des anterioren Deszensus von 100% ICS-Grad ≥ 2 vor der Implantation auf 1,8% nach sechs Monaten und auf 2,9% nach 12 Monaten abgesunken war. Bei beiden Studien verbesserte sich der Grad des Gesamtdeszensus und des Deszensus im anterioren Kompartiment nach ICS signifikant. Allerdings zeigten die Patientinnen des 12-Monats-Follow-up in der TiLOOP-PRO-A-Studie häufiger einen Gesamtdeszensus ≥ 2 (TiLOOP-TiLOOP-PRO-A-Studie: 19,6%, TiLOOP Total Six: 13,3%) bei höheren Ausgangsgraden des Deszensus in der PRO-A-Studie, z. B. im anterioren Kompartiment ICS-Grad III: 67,3% versus 47,8%. Insgesamt muss man bei den Daten zum anterioren Kompartiment bedenken, dass in den meisten Fällen auch eine operative Versorgung des hinteren Kompartiments stattgefunden hat (TiLOOP PRO A: 79,9%, TiLOOP Total Six: 67,8%) (55). Dies beeinflusst das anatomische Resultat des vorderen Kompartiments.

Beide Studien bestätigen die Ergebnisse zum anatomischen Resultat, wie sie in aktuellen Veröffentlichungen und Leitlinien zu finden sind (10, 37- 38, 56- 57), vor allem die geringe Zahl an Patientinnen mit Rezidivdeszensus im netzversorgten Kompartiment. Für die herkömmliche Kolporrhaphia anterior sind Rezidivraten von bis zu 40% beschrieben (10, 20, 22, 54), dem sind die vaginalen alloplastischen Netzimplantationen überlegen.

Weitere Langzeitdaten sollen dies in naher Zukunft untermauern. Dies wird, gemeinsam mit dem Nachweis, dass diese Implantate mittlerweile eine vertretbare Komplikationsrate haben, auch die weiteren Entscheidungen zu den Implantaten in den angloamerikanischen Ländern beeinflussen.

4.2 Stressharninkontinenz

Eine De-novo-Stressharninkontinenz wird nach Senkungsoperationen häufig beobachtet, oftmals als bereits bestehende, okkulte Stressharninkontinenz (22, 41, 58- 59). Eine De-novo-Stressharninkontinenz trat bei 6,1% (3/49) nach sechs Monaten und bei 10,2 % (5/49) der Patientinnen im 12-Monats-Follow-up auf. Diese Zahlen sind im Vergleich zur Vorgängerstudie TiLOOP total 6 verbessert. Nach sechs Monaten wiesen hier 20% (58/289) der Patientinnen eine De-novo-Stressharninkontinenz auf. Im Vergleich zur aktuellen Literatur ist die Rate an Patientinnen der TiLOOP®-PRO-A-Studie mit De-novo-Stressharninkontinenz gering. Alas et al. berichten von einer De-novo-Stressinkontinenz von 9,9% (27/274) 6 Monate nach einem Eingriff mit oder ohne Netz aufgrund eines symptomatischen Deszensus (60). Weitere Publikationen zeigen De-novo-Inkontinenzraten von 6,2% bis 24% nach Deszensuschirurgie mit und ohne Implantat (37, 61).

43 4.3 Lebensqualität

Die vorliegende Studie zeigt in allen neun Domänen des P-QoL-Fragebogens signifikante Verbesserungen der Lebensqualität. Das heißt, die Nullhypothese, dass sich die Lebens-qualität um weniger als den MCID im Vergleich zum Zustand vor der Operation verbessert, konnte widerlegt werden, sowohl nach 6 als auch nach 12 Monaten.

Diese Ergebnisse bestätigen die Daten der Vorgängerstudie TiLOOP® Total 6. Bei gleicher Methodik hatte sich die Lebensqualität nach 12 Monaten und auch nach 36 Monaten ebenfalls in allen neun Domänen des Fragebogens signifikant verbessert (23). Schon frühere Arbeiten zeigten signifikante Verbesserungen in allen neun Domänen des P-QoL-Fragebogens nach 12 Monaten, sowohl nach herkömmlicher Kolporrhaphia anterior bzw. nach trokargestützter vorderer, vaginaler Polypropylennetzimplantation als auch nach vorderer oder hinterer vagi-naler Polypropylennetzimplantation (62- 63). In einer prospektiven Multicenterstudie wurde ebenfalls die Lebensqualität von Patientinnen 12 Monate nach Implantation eines alloplasti-schen Netzes (Prolift® oder Seratom®) mittels eines validierten Fragebogens untersucht.

Erneut konnte eine statistisch signifikante Verbesserung der Lebensqualität 12 Monate postoperativ gezeigt werden (64). Neuere Arbeiten zeigen positive Auswirkungen auf die Lebensqualität, statistisch dargestellt durch die Verwendung des P-QoL-Fragebogens, nach 12 Monaten und auch über einen Zeitraum von 12 Monaten hinaus (37). In einer retrospektiven Erhebung glichen die Domänen des P-QoL-Fragebogens postoperativ denen der Normal-bevölkerung (65). Buca et al. zeigten die signifikante Verbesserung der Lebensqualität 24 Monate nach Implantation eines vaginalen Meshes für das vordere Kompartiment (66). Auch die Evaluation der Lebensqualität unter Nutzen anderer validierter Fragebögen (pelvic floor distress inventory-short form (PFDI-20), pelvic floor impact questionnaire-7 (PFIQ-7); Pelvic Organ Prolapse/Urinary Incontinence Sexual questionnaires (PISQ-12)) zeigt einen Anstieg der Lebensqualität nach Implantation eines alloplastischen Netzes (67). Trotz der verbesserten Lebensqualität berichten alle Studien auch über netzassoziierte Komplikationen wie z. B. Netzarrosionen oder teils chronifizierte Schmerzen. Die Ergebnisse der TiLOOP®-PRO-A-Studie zur Veränderung der Lebensqualität stimmen also mit den in der Literatur publizierten Daten überein. Besonders reproduzierbar sind die Daten im Vergleich mit Arbeiten, in denen ebenfalls der validierte P-QoL-Fragebogen verwendet wurde.

4.4 Sexualität

Zusätzlich zu den drei Fragen des P-QoL-Fragebogens zum Thema Sexualität wurden dem Bogen weitere acht Fragen zur Sexualität aus dem validierten deutschen Beckenbodenfrage-bogen hinzugefügt (47). Neben Fragen nach vaginaler Trockenheit, dem intravaginalen Empfinden, dem Empfinden von vaginaler Weite oder Enge wurden u. a. auch Fragen nach

44 Schmerzen während des Verkehrs, Lokalisation der Schmerzen und zum Urinverlust während des Verkehrs gestellt. Insgesamt ist es für diese Patientinnenkohorte typisch, dass die Mehrheit der Frauen sexuell inaktiv ist. Gründe sind neben einem symptomatischen Deszensus oftmals Probleme des Partners, das Alter oder der eigene Gesundheitszustand.

Die Befragung zur Sexualität, welche aufgrund der Hinzunahme oben genannter acht Fragen besonders ausführlich war, zeigt ein sehr erfreuliches Ergebnis. Postoperativ waren mehr Patientinnen sexuell aktiv als präoperativ. Keine zuvor sexuell aktive Patientin war 12 Monate postoperativ sexuell inaktiv. Mit Dyspareunie begründeten nur 2 % (1/49) der Patientinnen 12 Monate postoperativ die sexuelle Inaktivität. Neben der vaginalen Netzimplantation können in dieser Kohorte auch andere Gründe als die Implantation, wie z. B. vaginale Trockenheit, für eine Dyspareunie verantwortlich sein. Präoperativ gaben 15,4 % (8/52) der Frauen an, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zu verspüren. Postoperativ wurde von keiner Patientin eine De-novo-Dyspareunie angegeben. Bei geringer Patientinnenzahl kann dies nur als weite-rer Hinweis auf eine positive Beeinflussung der Sexualität nach vaginaler Netzimplantation gesehen werden.

In der TiLOOP®-Total-Six-Studie hatten sich die Antworten auf die o. g. drei Fragen alle statis-tisch signifikant verbessert (23). Statisstatis-tisch signifikant verbesserten sich in dieser Studie nur die Antworten auf die Frage, ob der Prolaps die Partnerschaft und das Sexleben beeinflusst.

Die Vermutung liegt nah, dass die größere Flexibilität aufgrund des verringerten Gewichts des Netzes hier eine Rolle spielen könnte. In der Literatur zeigt sich ein inhomogenes Bild, teil-weise zeigt sich eine Verschlechterung der sexuellen Aktivität nach vaginaler Netzimplantation (67), die meisten Arbeiten berichten allerdings über eine positive Auswirkung auf die Sexualität (65). Weitere klinische Studien mit größeren Fallzahlen sind nötig, um diese These zu unter-mauern und auch um die verschiedenen vaginalen Operationsmethoden untereinander zu vergleichen, was durch die typische Kohorte mit überwiegend sexuell inaktiver Klientel sicherlich erschwert ist.