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2.3 Kapazitation

2.3.2 Kapazitationsabläufe in vitro

2.3.2.4 Vitalität

Die Kapazitationsprozesse und daraus resultierenden Ereignisse der Akrosomreaktion und Hyperaktivierung stellen für die Erlangung der Befruchtungsfähigkeit der Spermienzellen essentielle Voraussetzungen dar, wirken gleichzeitig aber destabilisierend auf die Zellen und führen, wenn keine Befruchtung einer Eizelle erfolgt, letztendlich zum Zelltod. Die Integrität der Plasmamembran ist ein sicherer Parameter für die Spermienvitalität, da nur intakte Membranen die Funktionen der Zellen gewährleisten (HARRISON u. VICKERS 1990). Die Beurteilung der Plasmamembranintegrität kann mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie erfolgen, wobei Vitalitätsfarbstoffe eingesetzt werden, die eine Differenzierung zwischen lebenden und toten Spermienzellen erlauben (DÖCKE et al. 1882).

Wichtige Vertreter dieser Fluoreszenzfarbstoffe sind Propidiumjodid (PJ), Carboxyfluoresceindiacetat (CDFA) und Hoechst 33258. PJ ist nicht

membranpermeabel und bindet an die zelluläre DNA, woraus folgt, dass der Farbstoff nur in Zellen mit geschädigter Plasmamembran eindringen kann. CDFA hingegen dringt, verdünnt in DMSO, in membranintakte Zellen ein, wo HAUGLAND (1996) zu Folge Acetatgruppen durch zelluläre Esterasen abgespaltet werden. Die resultierende Substanz ist membranimpermeabel und sorgt für eine Fluoreszenz des Akrosoms, des Zytoplasmas und der Mitochondrien; aus membrandefekten Zellen verschwindet der Farbstoff rasch. Bei Hoechst 33258 handelt es sich um einen DNA-bindenden Farbstoff mit beschränkter Membranpermeabilität, der ebenso wie PJ nur Zellen mit Membrandefekten anfärbt (BALTES 1993).

2.4 Oviduktepithelzell-Spermatozoen-Interaktion in vitro 2.4.1 In-vitro-Systeme

Zur differenzierten Untersuchung der Oviduktepithelzell-Spermatozoen-Interaktion werden In-vitro-Systeme eingesetzt, die eine Beobachtung der Bindungs-mechanismen ermöglichen und Experimente zur Klärung der bindungsabhängigen Einflüsse sowohl auf die Spermienzellen als auch auf das Eileiterepithel erlauben.

Als geeignete Systeme haben sich insbesondere Oviduktepithelzellkulturen und Oviduktepithelexplante erwiesen.

2.4.1.1 Oviduktepithelzellkulturen

Zellkulturen stellen der Definition von SCHAEFFER (1990) zu Folge eine Form der Haltung und Kultivierung von Zellen in vitro dar, die sich nicht mehr im Zustand eines organisierten Gewebeverbandes befinden.

Das erforderliche Material zur Gewinnung von Oviduktepithelzellen der Tierarten Schwein, Schaf, Rind und Pferd stammt in der Regel vom Schlachthof (JOSHI 1988;

BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993; LEFEBVRE u. SAMPER 1993;

WATSON et al. 1994); von dort werden die Eileiter in einem aus einer gepufferten Salzlösung bestehenden Medium (GUTIERREZ et al. 1993) ins Labor transportiert.

Zum Schutz vor mikrobieller Kontamination wird das Transportmedium von einigen Autoren mit Antbiotika versetzt (ELLINGTON et al. 1990; WATSON et al. 1994).

Die Epithelzellgewinnung geschieht durch vorsichtiges Ausschaben des längs geöffneten Ovidukts mittels einer Skalpellklinge (BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993) oder durch behutsames Ausstreifen des vom Mesosalpinx befreiten Eileiters mit Hilfe einer Pinzette (LEFEBVRE u. SAMPER 1993). Neben mechanischen Methoden wird zudem die Gewinnung von Epithelzellen durch enzymatische Prozesse beschrieben. GUTIERREZ et al. (1993) sowie WATSON et al. (1994) führen eine Inkubation mit Trypsin durch, JOSHI (1988) nutzt die Aktivität von Kollagenasen zur Abspaltung der Epithelzellen vom Oviduktgewebe. In beiden Fällen wird die Reaktion durch Zugabe von Serum gestoppt, um die Vitalität der Zellen zu erhalten. Auch durch die In-situ-Spülung der Eileiter mit einer Salzlösung können Epithelzellen gewonnen werden (ELLINGTON et al. 1990).

Um die Zellen zu vereinzeln, werden die gewonnenen Zellaggregate wiederholt in eine Spritze mit dünner Kanüle aufgezogen (GUTIERREZ et al. 1993; LEFEBVRE u.

SAMPER 1993; WATSON et al. 1994). Nach mehrfachem Waschen durch Resuspension in Medium, erfolgt die Trennung der Zellen vom Waschmedium mittels Sedimentation (ELLINGTON et al. 1990; BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al.

1993) oder Zentrifugation (JOSHI 1988; WATSON et al. 1994).

Als Kulturmedien dienen gepufferte Salzlösungen, die mit Antibiotika, Antimykotika und Serum angereichert werden, wobei vorwiegend fetales Kälberserum in unterschiedlichen Konzentrationen verwendet wird. Manche Autoren setzen außerdem Verdauungsenzyme und Wachstumsfaktoren zu (ELLINGTON et al.

1990). Die Kultivierung erfolgt im Brutschrank bei konstanter Begasung mit 5% CO2

und einer Temperatur von 37°C (JOSHI 1988; BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993) oder 39°C (ELLINGTON et al. 1990; LEFEBVRE u. SAMPER 1993). Nach etwa vier bis sieben Tagen der Kultivierung entsteht ein konfluenter Monolayer (ELLINGTON et al. 1990; BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993), dessen Zellwachstum eine charakteristische „Wirbelform“ zeigt (BOERJAN et al. 1993).

2.4.1.2 Oviduktepithel-Explante

Das Explant ist nach der Definition von SCHAEFFER (1990) ein aus seiner ursprünglichen Umgebung entferntes Gewebestück, das zur Erhaltung oder Kultivierung in ein künstliches Medium verbracht wird.

Neben Schlachtorganen werden zur Explantgewinnung auch durch laparatomische

Eingriffe isolierte Eileiter verwendet (RAYCHOUDHURY u. SUAREZ 1991; SUAREZ et al. 1991). Die Gewinnung von Ovidukepithelexplanten erfolgt nach Längsöffnung des Eileiters mit Hilfe einer Mikroschere, indem aus den Longitudinalfalten des Epithels 0,5-1 mm große Gewebestücke geschnitten werden (RAYCHOUDHURY u.

SUAREZ 1991; SUAREZ et al. 1991; GEHLHAAR 1999). Bovine, durch Ausstreifen der Eileiter gewonnene Oviduktepithelzellen bilden nach ihrer Vereinzelung bläschenförmige Zellaggregate mit zilientragender äußerer Oberfläche, die ebenso wie geschnittene Explante eingesetzt werden (LEFEBVRE u. SUAREZ 1996).

Die Explante können entweder zur Kultivierung und Züchtung eines Monolayers genutzt (RAYCHOUDHURY u. SUAREZ 1991) oder direkt experimentell verwendet werden (SUAREZ et al. 1991; GEHLHAAR 1999).

2.4.2 Koinkubation von Oviduktepithelzellkulturen und Spermatozoen

Mit Hilfe der Koinkubation von Oviduktepithelzellen und Spermatozoen werden In-vitro-Experimente zur Beobachtung von interaktiven Prozessen und auf diese wirkenden Einflüssen durchgeführt. Sowohl Aspekte der Bindungskinetik als auch die Beeinflussung der Spermien hinsichtlich Motilität, Vitalität, Kapazitation und Befruchtungsfähigkeit können überprüft werden und erlauben wesentliche Schlüsse hinsichtlich der In-vivo-Situation.

2.4.2.1 Regionale und hormonelle Einflüsse

Elektronenmikroskopische Untersuchungen von ELLINGTON et al. (1991) zeigten, dass die In-vitro-Bindung von Bullenspermien an Eileiterepithelzellen bedeutende Übereinstimmungen mit dem Wesen der Bindung in vivo aufweisen. Bovine Spermatozoen binden mit intaktem Akrosom an Zilien und Mikrovilli, wobei sie sich bevorzugt zwischen zwei Zellen anheften und so von Zilien bedeckt zu sein scheinen (POLLARD et al. 1991). Hengstspermien nehmen ebenfalls einen engen, über Mikrovilli und Sekretionsprodukte vermittelten Kontakt zu den Epithelzellen auf (THOMAS et al. 1994a). Experimenten von SUAREZ et al. (1991) zu Folge binden Eberspermien bei Koinkubation mit porzinen Oviduktepithelzellen mit der akrosomalen Region an zilientragenden Zellen, wobei die Bindungsaffinität zu Epithelzellen des Isthmus stärker ausgeprägt ist, als zu ampullären Zellen

(RAYCHOUDHURY u. SUAREZ 1991). Auch THOMAS et al. (1994a) beobachten eine Abhängigkeit der Anzahl gebundener Spermienzellen vom anatomischen Ursprung der Oviduktepithelzellen: Hengstspermien binden in größerem Ausmaß an Epithelzellen des Isthmus als der Ampulle. Bei bovinen Spermatozoen stellen LEFEBVRE et al. (1995a) hingegen keinen Einfluss der Oviduktregion hinsichtlich der Bindungsaffinität fest.

Neben dem anatomischen Ursprung der Zellen unterliegen die Bindungs-mechanismen zudem hormonellen Einflüssen, die zyklusabhängig variieren.

RAYCHOUDHURY und SUAREZ (1991) stellen fest, dass Spermienzellen bei Anwesenheit von Steroidhormonen in östrischen Konzentrationen in größerer Anzahl binden als in Abwesenheit von Steroiden. Eine Abhängigkeit der Bindungsaffinität von der Präsenz steroider Hormone beobachten auch THOMAS et al. (1994a).

Untersuchungen mit porzinen und bovinen Oviduktepithelexplanten verschiedener Zyklusabschnitte zeigten jedoch keine Abhängigkeit der Anzahl gebundener Spermien vom Tag des Zyklus (SUAREZ et al. 1991; LEFEBVRE et al. 1995a).

2.4.2.2 Einfluss auf Motilität und Vitalität

Mit Oviduktepithelzellen koinkubierte bovine Spermatozoen erhalten ihre Motilität deutlich länger als in Medium allein inkubierte Spermien (POLLARD et al. 1991).

SUAREZ et al. (1991) berichten, dass die Beweglichkeit von Eberspermien bei Kontakt mit Oviduktepithelexplanten aufrechterhalten wird, und auch ovine Spermatozoen bleiben bei Koinkubation mit Eileiterepithelzellen länger motil, als bei Inkubation ausschließlich in Medium (GUTIERREZ et al. 1993). Untersuchungen von THOMAS et al. (1994a) zu Folge weisen Hengstspermien eine ebenfalls durch die Bindung an Oviduktepithelzellen positiv beeinflusste Motilität auf, die zudem zyklusabhängig variiert. An während der Follikelphase gewonnenen Explanten gebundene Spermien zeigen während der ersten 24 Stunden der Kokultivierung eine ausgeprägtere Beweglichkeit als Spermienzellen in Kontakt zu postovulatorisch oder im Diöstrus erstellten Explanten. CHIAN und SIRARD (1995) zeigten, dass mit reinen Isthmusepithelzellkulturen oder Epithelzellkulturen des gesamten Eileiters koinkubierte Bullenspermien nach 48 Stunden motiler sind als Spermatozoen, die mit Kulturen ampullären Epithels in Kontakt stehen. Mit Oviduktepithelzellkulturen kokultivierte Hengstspermien bleiben bis zu vier Tage motil und vital, wobei in

Medium allein inkubierte Spermienzellen weniger als 24 Stunden lebensfähig bleiben (ELLINGTON et al. 1993a). Durch Experimente mit Vesikeln der apikalen Plasmamembran, isoliert aus homogenisierten Kaninchenovidukten, überprüften SMITH und NOTHNICK (1997) den vitalitätserhaltenden Effekt des direkten Kontakts zwischen Spermienzellen und Oviduktepithelzellen. Mit periovulatorischen Membranvesikeln koinkubierte Spermien bleiben über 48 Stunden hinweg vital;

Spermatozoen, die Kontakt zu präovulatorischen, postovulatorischen, aus Nierenepithelzellen isolierten Membranvesikeln oder auschließlich zu Medium haben, zeigen nach 12 Stunden signifikante Vitalitätsverluste. BOQUEST und SUMMERS (1999) beobachten, dass Bullenspermien in Kontakt mit Oviduktepithelzellkulturen, die mit 17β-Östradiol vorbehandelt wurden länger lebensfähig und beweglich bleiben als an unbehandelten Epithelzellen gebundene Spermien. Bei der Kokultivierung humaner Spermienzellen mit Epithelzellkulturen des Eileiters zeigt sich, dass Spermien, die keine Bindung zum Epithel eingehen schlechter beweglich sind und eine höhere Anzahl an Membrandefekten und abgelösten Akrosomen aufweisen, als Zellen einer Kontrollgruppe (ELLINGTON et al. 1999). Untersuchungen von THOMAS et al. (1994b) zu Folge weisen an Eileiterepithelzellen gebundene Hengstspermatozoen einen höheren Prozentsatz an motilen und vitalen Zellen auf als die initial den Epithelzellen hinzugefügte Spermienpopulation. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass die Bindung der Spermien am Oviduktepithel einen Mechanismus zur Selektion einer vitalen und motilen Spermienpopulation darstellt.

2.4.2.3 Einfluss auf die Kapazitation

Die Koinkubation von frisch ejakulierten Bullenspermatozoen mit bovinen Oviduktepithelzellkulturen führt bei Supplementierung des Mediums mit 10 % östrischem Kuhserum nach sechsstündiger Inkubation in 45 % der Spermienzellen zur akrosomalen Exozytose; Spermien, die ausschließlich in mit östrischem Kuhserum angereichertem Medium inkubiert werden, zeigen hinsichtlich der Akrosomreaktion keinen signifikanten Anstieg (GUYADER u. CHUPIN 1991). Die Autoren berichten weiterhin, dass bei der In-vitro-Fertilisation mit Spermienzellen, die über einen Zeitraum von sechs Stunden Kontakt zu Eileiterepithelzellen hatten, 75 % der Eizellen befruchtet werden. Auch ELLINGTON et al. (1991) beobachten bei der Kokultivierung von bovinen Spermien mit Kulturen des Oviduktepithels einen Anstieg

der Anzahl akrosomal reagierter Zellen und stellen zudem eine induzierende Wirkung auf die Hyperaktivierung der Spermatozoen fest. Eberspermien zeigen bei Kontakt zu Eileiterepithelzellen ebenfalls akrosomale Exozytose, wobei die Inkubation mit homologen und vom Hamster stammenden Oviduktepithelzellkulturen vergleichbare Resultate zeigt (GUTIERREZ et al. 1993). Untersuchungen von CHIAN und SIRARD (1995) zu Folge steigt der Prozentsatz an Spermienzellen, die in der Lage sind mit der Eizelle zu fusionieren durch die Inkubation der Zellen in mit Ovidukt-epithelzellkulturen vorinkubiertem, also konditioniertem Medium an. Humane Spermien weisen bei Inkubation in konditioniertem Medium oder Koinkubation mit Eileiterepithelzellen ebenfalls einen Anstieg kapazitierter Zellen auf, eine Induktion der Akrosomreaktion wird jedoch nicht beobachtet (YAO et al. 1999). Bei Experimenten mit bovinen Oviduktepithelexplanten und Bullenspermatozoen stellen LEFEBVRE und SUAREZ (1996) fest, dass der Anteil ungebundener kapazitierter Spermien in Anwesenheit von Eileiterepithelzellen deutlich höher ist als in deren Abwesenheit. Aufgrund dieser Ergebnisse vermuten die Autoren einen direkten Zusammenhang zwischen dem Ablauf der Kapazitationsprozesse und der Lösung der Spermatozoen vom Oviduktepithel. FAZELI et al. (1999) beobachten bei vierstündiger Koinkubation von Eberspermien und porzinen Kulturen des Eileiterepithels, dass nur unkapazitierte Spermienzellen eine Bindung zu den Epithelzellen eingehen und die Anzahl der kapazitierten Spermien während der Koinkubation signifikant ansteigt; mit Nierenepithelzellen oder ausschließlich in Medium inkubierte Spermatozoen bleiben unkapazitiert. Auch Untersuchungen von GUALTIERI und TALEVI (2000) zu Folge nehmen lediglich akrosomintakte Spermien Kontakt zum Eileiterepithel auf. Die Autoren stellen jedoch keine signifikanten Veränderungen des akrosomalen Status in Abhängikeit der Lösung von der Oviduktepithelzellkultur fest.

Der intrazelluläre Calciumgehalt zeigt während eines Inkubationszeitraums von sechs Stunden bei an Eileiterepithelzellkulturen gebundenen Hengstspermien deutlich niedrigere Werte als bei freischwimmenden Spermienzellen (DOBRINSKI et al. 1996). Spermatozoen, die sich nach vier Stunden der Koinkubation vom Oviduktepithel lösen weisen höhere zytosole Calciumwerte auf als solche, die gebunden bleiben (DOBRINSKI et al. 1997). Dies lässt vermuten, dass der intrazelluläre Calciumspiegel durch die Bindung der Spermienzellen am Epithel des

Eileiters niedrig gehalten wird und die Lösung der Spermatozoen mit dem kapazitationsabhängig stattfindenden Calciuminflux einhergeht.

2.4.2.4 Einfluss auf das Oviduktepithel

Die Oviduktepithelzellkulturen unterliegen bei der Interaktion mit Spermatozoen ebenfalls einigen Veränderungen. Nachdem es zum Kontakt zwischen Epithel und Spermien gekommen ist, steigt der intrazelluläre Calciumgehalt der kultivierten Zellen an. Außerdem finden durch Verstärkung der Zell-zu-Zell Kommunikation gekennzeichnete dynamische Prozesse statt: lichtmikroskopisch sind Kontraktionen und Bewegungen des Monolayers zu beobachten (ELLINGTON et al. 1993c).

Untersuchungen von NOLTE (1998) zu Folge reagieren Kulturzellen aus porzinem Oviduktepithel im Verlauf einer sechsstündigen Koinkubation mit Eberspermien mit der Bildung von Lücken im sonst konfluenten Monolayer, die bei lichtmikroskopischer Betrachtung als Folge von Kontraktionen des Zellverbandes identifiziert werden.

Neben der Struktur der Zellkultur beeinflusst die Bindung von Spermienzellen zudem die Proteinsynthese der Epithelzellen. Das Muster der sezernierten Eiweiße verändert sich; während einige Proteine verstärkt produziert werden, ist die Synthese anderer gestoppt und es kommt zur Produktion von Eiweißen, die in Abwesenheit von Spermienzellen nicht gebildet werden. Untersuchungen mit durch eine Membran voneinander getrennten Oviduktepithel- und Spermienzellen zeigen, dass das resultierende Proteinmuster eine Stellung zwischen der Ursprungssituation und der Situation bei direkter Interaktion einnimmt (ELLINGTON et al. 1993b; THOMAS et al.

1995).

2.4.2.5 Vermittlung des Bindungsmechanismus

Untersuchungen zum Verständnis des Bindungsmechanismus auf molekularer Ebene weisen darauf hin, dass der Kontakt zwischen Epithel- und Spermienzelle über Kohlenhydrat-Protein-Interaktionen vermittelt wird. Lektine sind Glykoproteine, die im Sinne eines Rezeptor-Ligand-Prinzips Kohlenhydrate erkennen und an sie binden. So werden vermutlich seitens der Epithelzellen definierte Oligosaccharide exprimiert, die durch oberflächenassoziierte Spermienlektine identifiziert werden.

Verschiedene Experimente haben gezeigt, dass speziespezifische Unterschiede

hinsichtlich der an der Interaktion beteiligten Moleküle bestehen. Die Bindung von Hamsterspermien an Oviduktepithelzellen wird spezifisch durch die Koinkubation mit Fetuin und dessen endständiger Sialsäure gehemmt, was darauf hinweist, dass die Sialsäure eine Rolle bei der Bindungsvermittlung spielt (DEMOTT et al. 1995). Der Einsatz von Asialofetuin bzw. dessen endständigem Zucker Galaktose führt zur signifikanten Inhibition der Bindung von Hengstspermien an equinen Eileiterepithel-explanten (LEFEBVRE et al. 1995) und der Kontakt zwischen bovinen Spermien-und Oviduktepithelzellen schließt die Erkennung von Fucose mit ein (LEVEBFRE et al. 1997). Die porzine Eileiterepithel-Spermatozoen-Interaktion wird vermutlich über Mannose und Galaktose vermittelt (GEHLHAAR 1999).

Untersuchungen von SUAREZ et al. (1998) zeigen, dass das Fucose enthaltende Oligosaccharid Lewis-a im Gegensatz zu anderen fucosehaltigen Kohlenhydraten einen signifikant inhibierenden Effekt auf die bovine Spermien-Oviduktepithel-Bindung hat, der zudem einer Calciumabhängigkeit unterliegt. REVAH et al. (2000) zu Folge führt die Entfernung des Seminalplasmas während der Passage durch das weibliche Genitale zur Darstellung von Bindungsstellen für Fucose, die die Bindung am Oviduktepithel vermitteln. Kurz vor der Ovulation kapazitieren die Spermienzellen, was in einer Modifikation der Bindungsstellen resultiert und zur Ablösung der Spermien führt, woraufhin Mannose-Bindungsstellen aktiviert oder freigelegt werden, die vermutlich bei der Vermittlung der Bindung an der Zona pellucida beteiligt sind.

2.5 Synopse

Die dargestellten Auszüge aus der Literatur zeigen, dass der Ovidukt maßgeblich an der Regulation von Spermienfunktion und -transport beteiligt ist. Die Vorgänge im Eileiter nehmen also einen wesentlichen Einfluss auf den Befruchtungsvorgang. Um die Bedeutung der Oviduktepithel-Spermatozoen-Interaktion auf den für die Befruchtungsfähigkeit der Spermien essentiellen Kapazitationsprozess detailierter beurteilen zu können, wurden die im Folgenden beschriebenen Experimente durchgeführt.

3 Eigene Untersuchungen

3.1 Material und Methoden

3.1.1 Erstellung von Oviduktepithelzellkulturen

3.1.1.1 Gewinnung der Oviduktepithelzellen

Die verwendeten Eileiter wurden am örtlichen Schlachthof von postpuberalen Sauen unterschiedlichen Zyklusstandes gewonnen; es kamen vorwiegend Ovidukte von interöstrischen Tieren zum Einsatz. Die Entnahme der Ovidukte erfolgte grundsätzlich am Morgen zwischen 700 und 830 Uhr. Der Transport der Proben sowie deren Lagerung erfolgte in 39°C warmer PBS-Lösung (Rezept s. Anhang A), wobei die Eileiter bis zum Zeitpunkt der Präparation (maximal eine Stunde nach der Entnahme) in einen Wärmeschrank (Fa. Memmert, Schwabach) verbracht wurden.

Unter der sterilen Werkbank (The Baker Company, Inc., Sanford, Maine) wurde das Eileitergekröse mit Hilfe einer chirurgischen Pinzette und einer Schere mit zwei spitzen Schenkeln möglichst vollständig abgelöst. Die präparierten Eileiter wurden in drei bis vier Teilstücke unterteilt und in eine mit dem Kulturmedium gefüllte Petrischale verbracht. Das Medium bestand aus TCM 199, dem fetales Kälberserum, Pyruvat, Glutamin und Gentamycin (alles Fa. Sigma, Deisenhofen; Rezept s. Anhang A) hinzugefügt wurde. Mit einer geraden Pinzette wurden nun die Epithelzellen von der Ampulle ausgehend in Richtung uterotubaler Verbindung herausgestreift und in zwei bis drei Tropfen des Kulturmediums aufgefangen. Dazu fasste man den Eileiter mit einer gebogenen Pinzette an der dem Ovar zugewandten Seite, hielt ihn über die vorbereiteten Medium-Tropfen und "strippte" das Epithel durch sanften Druck heraus.

Um das Epithel möglichst vollständig herauszustreifen, musste mehrmals nach-gefasst, d.h. die Position der Pinzette verändert werden. Nach der Überführung der Zellsuspension in ein steriles Eppendorfgefäß (Fa. Eppendorf, Sarstedt) wurde durch zwei- oder dreimalige Aspiration der gewonnenen Zellen von vier bis sechs Eileitern

in eine 1 ml-Spritze mit dünner Kanüle (0,55 x 25 mm; Neolus, Leuven, Belgien) die Verkleinerung der einzelnen Zellaggregate erzielt. Die vereinzelten Zellen wurden in ein mit 5 ml Kulturmedium gefülltes Zentrifugenröhrchen mit konischem Boden (Greiner GmbH, Frickenhausen) gegeben und zur Sedimentation mindestens 15 Minuten in diesem belassen. Der Überstand wurde abpipettiert, und es erfolgte ein weiterer Waschgang in 5 ml Kulturmedium, wobei die Zellen bei Zugabe des Mediums aufgewirbelt wurden, um den Wascheffekt zu gewährleisten. Nach weiteren mindestens 15 Minuten Sedimentationszeit wurde der Überstand wiederum abpipettiert und das Sediment wurde durch mehrmaliges Aufziehen in eine Eppendorfpipette (Fa. Gilson, Villiers-le-Bel, Frankreich) mit gelber Spitze (Fa.

Sarstedt, Nümbrecht) gemischt.

Auf eine Unterteilung der Ovidukte in verschiedene Teilabschnitte musste verzichtet werden, um ausreichend viel Zellmaterial zur Kulturerstellung gewinnen zu können.

Ebenso konnte aus Praktikabilitätsgründen eine Differenzierung des Zellmaterials nach unterschiedlichen Zyklusabschnitten nicht durchgeführt werden. Das Poolen mehrerer Eileiter, d.h. das Zusammenfassen der Epithelzellen von vier bis sechs Eileitern führte zu einer verbesserten Vergleichbarkeit der in einem Versuch verwendeten Kulturen.

3.1.1.2 Kultivierung der Oviduktepithelzellen auf mit Biomatrix-Lösung beschichteten Lab-Tek Chamber Slides

Lab-Tek Chamber Slides mit vier Kammern (Fa. Nunc, Wiesbaden) wurden mit 1:10 verdünnter Biomatrix EHS Lösung (Fa. Serva, Heidelberg) beschichtet. Dazu wurden folgende Materialien auf ca. 4°C vorgekühlt:

Lab-Tek Chamber Slides (je 4 Kulturflächen à 2 cm²)

Biomatrix EHS Lösung

Kulturmedium zur Verdünnung der Biomatrix-Lösung: TCM 199 + FCS + Glutamin + Gentamicin + Pyruvat (s. 3.1.1.1)

5 ml-Spritze zum Abfüllen des Mediums, steril

1 ml-Spritze mit Kanüle (0,90 x 40 mm) zum Abmessen und Portionieren der Biomatrix-Lösung, steril

Gefäß zum Verdünnen (10-20 ml), steril

Deckgläschen zum Ausstreichen der verdünnten Lösung, steril

gekühlte Arbeitsfläche unter der sterilen Werkbank, desinfiziert mit 70%igem Ethanol

In eine flache Schale (ca. 45 x 30 cm) wurden 2-3 Kühlpads gelegt und mit einer kleineren Metallschale (ca. 30 x 22 cm) bedeckt, so dass die Metallfläche als Arbeitsfläche dienen konnte. Es erfolgte die Verdünnung der Biomatrix-Lösung mit dem Kulturmedium im Verhältnis 1:10, durch mehrmaliges Aufziehen in eine Spritze wurde die etwas zähe Lösung gut mit dem Medium vermischt.

Auf die zu beschichtenden Flächen der Chamber Slides (10 x 20 mm) wurden nun jeweils 200 µl der verdünnten Lösung gegeben und mit Hilfe eines Deckgläschens ausgestrichen, so dass die Flächen gleichmäßig benetzt wurden. Zur Polymerisation der Biomatrix-Lösung wurden die beschichteten Objektträger im Brutschrank (Fa.

Heraeus, Hannover) bei 39°C und 5% CO2 20-30 Minuten lang inkubiert. Während der Inkubationszeit erfolgte die Gewinnung der Epithelzellen.

Zur Erstellung der Kulturen wurden in jede der Kammern 10 µl der Zellsuspension zu 800 µl Kulturmedium gegeben. Da sich die Zellaggregate innerhalb von zwei Tagen anhefteten, erfolgte der erste Mediumwechsel nach zwei Tagen. Um während der Kultivierung konstante Umgebungsbedingungen sicherzustellen, wurden weitere Mediumwechsel nach drei bis fünf Tagen vorgenommem. Nach fünf bis sieben Tagen waren die Zellen zu konfluenten Flächen ausgewachsen.

3.1.2 Versuchstiere und Ejakulatgewinnung

Die verwendeten Ejakulate stammten von sechs institutseigenen Ebern. Es handelte sich hierbei um drei Pietrain-Eber und drei Hybrideber (1x Hampshire x Pietrain, 2x Pietrain x DE x DL). Alle Tiere waren ein bis vier Jahre alt.

Die Simulation des Paarungsvorgangs erfolgte am Phantom, wobei mit der sogenannten Handmethode abgesamt wurde.

Für die Versuche wurde ausschließlich die spermienreiche Phase der Ejakulate genutzt.

3.1.3 Spermatologische Untersuchung

Das Ejakulat wurde zunächst makroskopisch beurteilt und phasenkontrast-mikroskopisch hinsichtlich der Motilität und Morphologie der Spermien sowie der Samenzelldichte untersucht. Dazu wurden Objektträger, Deckgläschen und Glaspipetten auf einem 38°C- warmen Heiztisch vorgewärmt.

Alle eingesetzten Ejakulate wiesen die Mindestanforderungen hinsichtlich der Zuchttauglichkeit auf (Volumen: mindestens 80-100 ml; Konsistenz: molkig; Farbe:

weis-grau; Dichte: mindestens 0,1-0,3 Mio./µl; Motilität: mindestens 70%;

Morphologie: maximal 25% Plasmatropfen, maximal 20% Restabweichungen).

3.1.3.1 Makroskopische Beurteilung

Die Konsistenz wurde in die Kategorien wässrig bis molkig, molkig bis milchig und

Die Konsistenz wurde in die Kategorien wässrig bis molkig, molkig bis milchig und