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In-vitro-Untersuchungen zur Regulation der Funktion porziner Spermatozoen durch Bindung am Oviduktepithel

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(1)

Aus dem Institut für Reproduktionsmedizin der Tierärztlichen Hochschule Hannover

In-vitro-Untersuchungen

zur Regulation der Funktion porziner Spermatozoen durch Bindung am Oviduktepithel

INAUGURAL-DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer

DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Julia Friedrich

aus Kassel

Hannover 2001

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Apl.-Prof. Dr. med. vet. Dagmar Waberski

1. Gutachter: Apl.-Prof. Dr. med. vet. Dagmar Waberski 2. Gutachter: PD Dr. Almut Einspanier

Tag der mündlichen Prüfung: 29. Mai 2001

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Wa 106/2-1, Tö 114/3-3)

(3)

Es ist wahr,

dass ich kein Geld besitze

und deutlich, dass die Mehrzahl der Münzen aus Schokolade besteht;

wenn ihr jedoch dieses Blatt nehmt und es der Länge nach faltet

auf ein halbes Rechteck zunächst und dann auf ein Viertel

und nun längs der Diagonale die vier Papiere zusammenlegt und sie, jeweils doppelt,

auseinanderzieht, dann bekommt ihr einen Vogel,

der seine Flügel bewegt.

Joan Brossa

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis... IX

1 Einleitung ... 11

2 Schrifttum... 13

2.1 Der Ovidukt als funktionelles Spermienreservoir ... 13

2.1.1 Anatomie des Ovidukts ... 13

2.1.1.1 Morphologie des Oviduktepithels... 15

2.1.1.2 Charakteristische Kennzeichen des Epithels ... 16

2.1.2 Transportmechanismen im Ovidukt ... 18

2.2 Aufbau und Funktion der Spermienzelle ... 19

2.2.1 Morphologie des Spermiums ... 19

2.2.2 Funktionelle Struktur der Plasmamembran... 21

2.3 Kapazitation ... 22

2.3.1 Physiologie des Kapazitationsprozesses in vivo ... 22

2.3.1.1 Einfluss des Seminalplasmas ... 22

2.3.1.2 Vorgänge im weiblichen Genitale ... 23

2.3.2 Kapazitationsabläufe in vitro ... 28

2.3.2.1 Modulation der Plasmamembran ... 28

2.3.2.2 Tyrosinphosphorylierungsaktivität... 29

2.3.2.3 Intrazellulärer Calciumgehalt ... 32

2.3.2.4 Vitalität ... 34

2.4 Oviduktepithel-Spermatozoen-Interaktion in vitro ... 35

2.4.1 In-vitro-Systeme... 35

2.4.1.1 Oviduktepithelzellkulturen ... 35

2.4.1.2 Oviduktepithel-Explante ... 36

2.4.2 Koinkubation von Oviduktepithelzellkulturen und Spermatozoen ... 37

2.4.2.1 Regionale und hormonelle Einflüsse ... 37

2.4.2.2 Einfluss auf Motilität und Vitalität ... 38

(6)

2.4.2.3 Einfluss auf die Kapazitation... 39

2.4.2.4 Einfluss auf das Oviduktepithel... 41

2.4.2.5 Vermittlung des Bindungsmechanismus ... 41

2.5 Synopse... 42

3 Eigene Untersuchungen... 43

3.1 Material und Methoden ... 43

3.1.1 Erstellung von Oviduktepithelzellkulturen ... 43

3.1.1.1 Gewinnung der Oviduktepithelzellen ... 43

3.1.1.2 Kultivierung der Oviduktepithelzellen auf mit Biomatrix-Lösung beschichteten Lab-Tek Chamber Slides... 44

3.1.2 Versuchstiere und Ejakulatgewinnung ... 45

3.1.3 Spermatologische Untersuchungen ... 46

3.1.3.1 Makroskopische Beurteilung... 46

3.1.3.2 Bewegungsaktivität ... 46

3.1.3.3 Ejakulatdichte ... 46

3.1.3.4 Morphologie ... 46

3.1.4 Hauptversuche... 47

3.1.4.1 Aufbereitung des Ejakulats ... 47

3.1.4.2 Koinkubation von Oviduktepithelzellen und Spermien ... 47

3.1.4.3 Membranintegrität bei Interaktion mit Oviduktepithelzellen... 48

3.1.4.3.1 Propidiumjodidfärbung ... 48

3.1.4.3.2 Propidiumjodidfärbung bei Koinkubation... 49

3.1.4.4 Tyrosinphosphorylierung bei Interaktion mit Oviduktepithelzellen ... 50

3.1.4.4.1 Präparation der Proben für die Immunfluoreszenz ... 50

3.1.4.4.2 Immunfluoreszenz... 51

3.1.4.5 Intrazellulärer Calciumgehalt bei Interaktion mit Oviduktepithelzellen ... 53

3.1.4.5.1 Beladen der Spermien mit Fluo-3 AM ... 53

(7)

3.1.4.5.2 Präparation der Proben für das Calcium-Imaging ... 54

3.1.4.5.3 Calciumionophor A 23178... 54

3.1.4.5.4 Calcium-Imaging ... 55

3.1.5 Begleitende Versuche... 56

3.1.5.1 Überprüfung des Kapazitationsverhaltens in TALP mittels CTC-Färbung... 56

3.1.5.1.1 CTC-Färbung... 56

3.1.5.2 Immunhistochemische Charakterisierung der Oviduktepithelzellen ... 57

3.1.5.2.1 Präparation der Proben für die Immunhistochemie... 57

3.1.5.2.2 Immunhistochemie... 58

3.1.6 Statistische Auswertung... 59

3.2 Ergebnisse... 60

3.2.1 Kultivierung der Oviduktepithelzellen ... 60

3.2.1.1 Lichtmikroskopische Beurteilung der gewonnenen Zellen ... 60

3.2.1.2 Lichtmikroskopische Beurteilung der kultivierten Zellen... 60

3.2.2 Nachweis der Intermediärfilamente Zytokeratin und Vimentin ... 61

3.2.3 Einfluss des Inkubationsmediums auf das Kapazitationsverhalten... 64

3.2.3.1 Fluoreszenzmuster ... 64

3.2.3.2 Zeitlicher Verlauf ... 64

3.2.4 Einfluss der Interaktion auf die Membranintegrität... 66

3.2.4.1 Spermienzellstatus und zeitlicher Verlauf ... 66

3.2.4.2 Motilität ... 68

3.2.5 Einfluss der Interaktion auf die Tyrosinphosphorylierung... 70

3.2.5.1 Klassifizierung der Spermatozoen nach Fluoreszenzmustern ... 70

3.2.5.2 Spermienzellstatus ... 72

3.2.5.3 Zeitlicher Verlauf ... 75

(8)

3.2.6 Einfluss der Interaktion auf den intrazellulären Calciumgehalt... 78

3.2.6.1 Calciumionophor A 23178... 78

3.2.6.2 Relative Fluoreszenzintensität ... 79

3.2.6.2.1 Spermienzellstatus ... 79

3.2.6.2.2 Zeitlicher Verlauf ... 81

3.2.6.3 Fluo-3 AM-positive Spermienzellen ... 82

3.2.6.3.1 Spermienzellstatus ... 82

3.2.6.3.2 Zeitlicher Verlauf ... 82

4 Diskussion... 84

5a Zusammenfassung ... 93

5b Summary ... 95

6 Literaturverzeichnis... 97

7a Anhang A... 115

7b Anhang B ... 120

(9)

Abkürzungsverzeichnis

Abb. ...Abbildung

ATP...Adenosintriphosphat BSA...Bovines Serumalbumin bzw. ...beziehungsweise

cAMP ...cyclisches Adenosinmonophosphat

°C...Grad Celsius ca. ...circa

Ca 2+...Calciumionen CO2 ...Kohlendioxyd CTC ...Chlortetrazyclin DAB ...Diaminobenzidin

DE x DL ...Deutsches Edelschwein x Deutsche Landrasse dest. ...Destillata

DMSO ...Dimethylsulfoxid DNA ...Desoxyribonucleinacid

EDTA ...Ethylen-Diamin-Tetraessigsäure

EHS-Lösung ...Lösung aus Engelbrecht-Holm-Swarm (Tumor, Maus) FCS...Fetal Calf Serum

Fluo-3 AM ...Fluo-3 Acetomethoxyester Fa...Firma

g...Gramm, Erdbeschleunigung HBS-Medium ...Hepes buffered saline IgG ...ImmunglobulinG

Indo-1 AM ...Indo-1 Acetoxymethylester IMS ...In Medium inkubierte Spermien IR...Relative Fluoreszenzintensität Kap. ...Kapitel

KISgeb...Koinkubierte gebundene Spermien KISungeb ...Koinkubierte ungebundene Spermien LPC...Lysophosphatidylcholin

mg...Milligramm M...Molar

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mM...Millimolar Mio. ...Millionen min. ...Minuten ml ...Milliliter µl...Mykroliter mosmol/l ...Milliosmolar Na+...Natriumionen

NaCl-Lösung...Natriumchlorid-Lösung nm...Nanometer

OEC ...Oviductal epithelial cell culture PBS...Phosphate buffered saline PJ...Propidiumjodid

resp...respektive RNA ...Ribonucleinacid

ROS ...Reactive oxygen species s. ...siehe

Tab...Tabelle

TALP-Medium ...Tyrode`s albumin lactate pyruvate (modified Tyrode`s balanced salt solution)

TCM 199 ...Tissue culture medium 199 u. U. ...unter Umständen

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1 Einleitung

Die bei der Bedeckung oder Insemination ins weibliche Genitale gelangten Spermatozoen unterliegen einer Reihe von zellulären und molekularen Prozessen, die schließlich in der Befruchtung einer Eizelle resultieren. Diese als Kapazitation bezeichnete Folge von Vorgängen vollzieht sich größtenteils im Ovidukt, dem Ort der Befruchtung. Wesentliche Ereignisse der Kapazitation sind destabilisierende Umstrukturierungen der Plasmamembran, die mit dem Verlust von Cholesterol einhergehen, Phosphorylierungen von Membranproteinen und Veränderungen der intrazellulären Ionenkonzentration. Die kapazitationsbedingten Veränderungen der Spermatozoen sind zwar essentiell für den Erwerb der Befruchtungsfähigkeit, wirken gleichzeitig aber destabilisierend auf die Zellen und führen, erfolgt keine Befruchtung einer Eizelle, letztendlich zum Zelltod. Daher muss insbesondere bei Tierarten, die zwischen dem Beginn der Deckbereitschaft und der Ovulation ein Zeitintervall von ein oder mehr Tagen aufweisen ein Mechanismus zur Erhaltung der Vitalität der Spermien existieren (HUNTER 1995).

Zahlreiche Untersuchungen unterstützen die Hypothese, dass der Eileiter bei unseren Haussäugetieren die Funktion eines sogenannten Spermienreservoirs übernimmt, wobei die Spermienzellen auf ihrem Weg zur befruchtungsfähigen Eizelle einen engen Kontakt mit dem Oviduktepithel eingehen und so bis zur Ovulation gespeichert werden. Jüngste Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass durch die Bindung am Epithel des Eileiters die Erhaltung der Spermienvitalität in einem bestimmten Zeitfenster gewährleistet wird. Beim Schwein (Sus scrofa) können zwischen dem Beginn der Deckbereitschaft und der Ovulation bis zu 42 Stunden vergehen. Der Einsatz des Kapazitationsprozesses muss folglich mit der Ovulation synchronisiert werden, damit zum Zeitpunkt der Befruchtung vitale und befruchtungskompetente Spermienzellen zur Verfügung stehen. Außerdem wird durch die Regulation der Kapazitation und des Spermientransportes im Ovidukt ein Beitrag zum Schutz vor möglicher Polyspermie geleistet (SMITH, 1998; SUAREZ, 1998).

Bisher wurde die Regulation der Spermienfunktion durch die Bindung am Epithel des Ovidukts vor allem mittels indirekter Methoden untersucht. Durch Beobachtungen

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des Bindungsverhaltens von ejakulierten und kapazitierten Spermienzellen konnte auf einen Zusammenhang zwischen der Spermienbindung und dem Ablauf der Kapazitation geschlossen werden. Ziel der im Folgenden beschriebenen Experimente ist es, den Einfluss der Oviduktepithel-Spermatozoenbindung auf die Ereignisse der Kapazitation näher zu charakterisieren. Hierzu erfolgt die Untersuchung typischer kapazitationsbedingter Vorgänge bei der Bindung von Eberspermien an porzine Eileiterepithelzellen. Mit der Überprüfung der Tyrosinphosphorylierung von Plasmamembranproteinen und des Influx von Calciumionen in die Spermienzelle werden definierte Marker für den Kapazitationsprozess eingesetzt. Am In-vitro-Modell der Oviduktepithelzellkultur soll mit Hilfe der genannten Parameter die Kinetik kapazitationsabhängiger Veränderungen bei der Interaktion von Spermienzellen und Oviduktepithel untersucht werden.

(13)

2 Schrifttum

2.1 Der Ovidukt als funktionelles Spermienreservoir

Der Ovidukt übernimmt bei unseren Haussäugetieren essentielle Funktionen im Reproduktionsgeschehen. Er stellt nicht nur den Ort der Befruchtung dar, sondern dient, bevor es zur Konzeption kommt, als funktionelles Spermienreservoir. Nachdem die Spermatozoen die uterotubale Verbindung passiert haben, binden sie im kaudalen Abschnitt des Eileiteristhmus und werden dort bis zur Ovulation der befruchtungsfähigen Eizelle gespeichert (HUNTER 1981).

2.1.1 Anatomie des Ovidukts

Der Ovidukt schließt sich als paariges, schlauchförmiges Organ kranial der Uterushornspitze an (LIEBICH 1998a). Ihm zugewandt umfasst das Infundibulum das Ovar trichterförmig und geht in den erweiterten Anfangsteil, die Ampulle des Eierstocks über. An diese schließt sich der stark geschlängelte Isthmus an, der über die uterotubale Verbindung schließlich in den Uterus mündet. Bei der Sau haben Ampulle und Isthmus zusammen eine Länge von 19-22 cm. Das Organ verläuft insgesamt im Eileitergekröse, der Mesosalpinx (SCHUMMER u. VOLLMERHAUS 1987).

Die Wand des Eileiters setzt sich aus der Tunica mucosa, der Tunica muscularis und der Tunica serosa mit Tela subserosa zusammen.

Die Tunica mucosa kleidet mit einem einschichtigen, meist hochprismatischen Epithel das Lumen des Organs aus. Neben Kinozilien tragenden Zellen besteht das Epithel aus ekkrin sezernierenden Drüsenzellen (LIEBICH 1998a). Im Bereich des Infundibulums und der Ampulle hat die Schleimhaut durch stark ausgeprägte Falten eine wesentlich vergrößerte Oberfläche. Diese Falten nehmen jedoch im Verlauf des Isthmus bis hin zur uterotubalen Verbindung an Höhe und Stärke ab, so daß sie in fingerartige Fortsätze auslaufen und schließlich verstreichend in die Uterusschleimhaut übergehen (GADDUM-ROSSE u. BLANDAU 1973).

Das Schleimhautbindegewebe Lamina propria mucosae schließt an die aus drei

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Muskelschichten bestehende Lamina muscularis an. Die Schichtung der zirkulär und longitudinal verlaufenden glatten Muskelfasern ist nicht klar trennbar (LEONHARDT 1990a). Außerdem ist die Muskulatur in den verschiedenen Abschnitten des Ovidukts unterschiedlich stark ausgebildet. Der Isthmus ist durch eine deutlich verstärkte Muskelschicht mit vorwiegend spiraligem Verlauf gekennzeichnet, Infundibulum und Ampulle weisen eine auffallend dünne Muskulatur auf.

Nach außen wird das Organ durch die Tunica serosa von seiner Umgebung abgegrenzt. Einem einschichtigen Plattenepithel schließt sich lumenwärts die Längsmuskelfasern enthaltende Tela subserosa an, die mit dem gefäßreichen Stratum vasculare der Muskelschicht aufliegt (LIEBICH 1998a).

Im Gekröse des Ovidukts, der Mesosalpinx, verläuft der aus der Arteria ovarica entspringende Ramus tubarius. Über mehrere geschlängelte Äste versorgt dieses Gefäß den Eileiter mit arteriellem Blut. Das venöse Blut wird über den Ramus tubarius der Vena ovarica abgeführt (WILKENS u. MÜNSTER 1984).

Die Ovararterie bildet einen Plexus, über dem in dichtem Kontakt ein Venengeflecht liegt. Auf diese Weise können venös abtransportierte Hormone aus der Follikelflüssigkeit in das arterielle System diffundieren. So erklären sich die im arteriellen Blut des Eileiters etwa fünf- bis zehnfach höheren Konzentrationen dieser Hormone im Vergleich zu systemischen Werten (HUNTER u. NICHOL 1983).

Diese Form des Stofftransports wird als „Counter-Current-Transfer“ bezeichnet. Der Hormontransport vom venösen zum arteriellen System gewährleistet wirksame Stoffkonzentrationen am Ovidukt (HUNTER et al. 1983); im Eileiter lokalisierte Rezeptoren für Relaxin, Oxytozin und Prostaglandine sprechen auf Hormone ovariellen Ursprungs an (HUNTER 1995). Es ist beschrieben, dass in Zellkern und Zellplasma von Oviduktepithelzellen des Isthmus und der Ampulle während des Zyklus variierende Konzentrationen von Progesteron- und Östrogenrezeptoren auftreten; dabei korreliert die Rezeptorendichte mit der Hormonkonzentration im Blut (STANCHEV et al. 1985). Diese hormonelle Regulation spielt vermutlich eine Rolle bei der zeitlichen Synchronisation von Ovulation und Kapazitation (HUNTER 1995).

Der „Counter-Current-Transfer“ stellt hierbei sicher, dass eine systemische Wirkung der hohen Hormonkonzentrationen verhindert wird (KRZYMOWSKI et al. 1990).

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2.1.1.1 Morphologie des Oviduktepithels

Der Ovidukt wird von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet, das aus kubischen bis hochprismatischen Flimmerzellen mit Kinozilien und flimmerlosen, oft keulenförmigen Drüsenzellen besteht. Die Versorgung der Zellen wird durch ein subepitheliales Netz von Blutkapillaren gewährleistet (BUCHER u. WARTENBERG 1997a). Die Epithelzellen bilden einen geschlossenen Verband, der basal dem Bindegewebe aufsitzend eine innere Körperoberfläche auskleidet. Diese Form eines Oberflächenepithels findet man unter anderem im Darmrohr, in der Gallenblase und – mit Kinozilien versehen - im Eileiter (BUCHER u. WARTENBERG 1997b).

Die beiden funktionell unterschiedlichen Zellarten des Oviduktepithels übernehmen im Reproduktionsgeschehen entsprechende Aufgaben:

Die sekretorisch aktiven Drüsenzellen produzieren neben einem schwach sauren Schleim Nährstoffe zur Versorgung der Keimzellen; außerdem sezernieren sie Stoffe, die zur Aufrechterhaltung des Eileitermilieus beitragen (LIEBICH 1998a). Über den direkten Kontakt zur Spermienzelle üben zahlreiche Substanzen im Sekret des Ovidukts einen Einfluss auf den Transport der Spermatozoen und die Regulation der Spermienfunktion aus (RODRIGUEZ u. KILLIAN 1998). Hierbei spielen unter anderem Growth Faktoren und Oviduktine eine Rolle (WOLLENHAUPT et al. 1997;

ABE et al.1995). Die apikale Membran der Drüsenzellen ist zur Vergrößerung der Oberfläche mit Mikrovilli versehen (WEISS 1988). Elektronenmikroskopisch sind im Zytoplasma der sekretorischen Zellen zahlreiche Ribosomen, Mitochondrien und Golgi-Apparate zu differenzieren. Das rauhe Endoplasmatische Retikulum ist von vorwiegend tubulärer Form (NAYAK et al. 1976).

Den zweiten charakteristischen Zelltyp stellen die zilientragenden Zellen dar.

Flimmerzellen kommen vor allem in Epithelien vor, die wie das Oviduktepithel zum Transport von Substanzen entlang einer Oberfläche dienen. Die apikale Membran dieser Zellen trägt neben den Kinozilien häufig ebenfalls die deutlich kürzeren Mikrovilli (WEISS 1988). Kinozilien überragen als bewegliche Zellausstülpungen die Oberfläche von Zellen. Ihre strukturelle Bewegungsgrundlage ist ein zentraler Achsenfaden, der aus einem zentralen Paar von Mikrotubuli und neun peripheren Doppelmikrotubuli gebildet wird (LIEBICH 1998b). Ursprung der Zilien sind die dicht unter der Zelloberfläche gelagerten Basalkörperchen (Kinetosomen), in denen die

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5-10 µm langen Strukturen verankert sind (BUCHER u. WARTENBERG 1997c).

Die kinozilienreichen Epithelzellen eines Organs schlagen gleichsinnig, so dass die Bewegung koordiniert in Wellen über große Zellareale läuft und einen gerichteten Sekretstrom erzeugt (LEONHARDT 1990b). Diese Schlagbewegung ist bedeutsam für den Transport von Eizelle, Spermatozoen und Sekretionsprodukten (ROPERTO et al. 1991). Mittels Elektronenmikroskopie lassen sich im Zytoplasma der Flimmerzellen neben zahlreichen Basalkörperchen ausgeprägte Golgi-Apparate, Mitochondrien, zahlreiche Polyribosomen und schwach ausgebildetes Endoplasmatisches Retikulum feststellen (NAYAK et al. 1976).

Beide im Oviduktepithel vorkommenden Zellformen zeigen zyklusabhängig strukturelle Veränderungen (WU et al. 1976) und eine, im Vergleich zu anderen Zyklusabschnitten, verstärkte Aktivität im Östrus (STAHLHEIM et al. 1975).

2.1.1.2 Charakteristische Kennzeichen des Epithels

Das Vorkommen einer spezifischen Klasse von Intermediärfilamenten ist ein typisches Kennzeichen von Epithelzellen. Intermediärfilamente sind Polypeptidketten, die der Zelle Stabilität verleihen und im Hinblick auf ihren Polypeptidcharakter eine hohe Zellspezifität aufweisen. Zu unterscheiden sind Keratinfilamente (Zytokeratinfilamente), vimentinhaltige Filamente und Neuro- filamente (LIEBICH 1998b). Zytokeratine sind in Epithelzellen ausgebildet, in denen sie als Filamentbündel in die Haftkomplexe (Desmosomen) des Plasmalemms eintrahlen (LEONHARDT 1990b). Sie setzen sich in die benachbarten Zellen fort und stabilisieren so den gesamten Epithelzellverband. Aufgrund dieser statischen Eigenschaften werden sie auch Tonofilamente genannt (LIEBICH 1998b). Im Gegensatz zu den anderen Intermediärfilament-Klassen sind Zytokeratine ausschließlich in Epithelzellen nachzuweisen (WEISS 1988). Bisher lassen sich 20 verschiedene Zytokeratin-Formen unterscheiden. Diese werden wiederum in solche mit sauren und andere mit basischen bzw. neutralen Polypeptiden eingeteilt, wobei jede Epithelzelle mindestens je ein Keratin aus jeder Gruppe exprimiert (BUCHER u.

WARTENBERG 1997d). Der Nachweis von Zyrokeratinfilamenten stellt eine etablierte Methode zur Überprüfung der epithelialen Natur in vitro kultivierter Epithelzellen dar (JOSHI 1988; ELLINGTON et al. 1990; BOERJAN et al. 1993).

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Vimentinfilamente kommen in Zellen mesenchymalen Ursprungs wie z.B.

Fibroblasten oder Chondroblasten vor (LEONHARDT 1990b). Vorübergehend lässt sich Vimentin aber auch in anderen, in Entwicklung befindlichen Zelltypen, vor allem in Zellkulturen finden. In kultivierten Epithelzellen einer Känguruhratte konnten neben Zytokeratinen Vimentinfilamente festgestellt werden (ALBERTS et al. 1990). In HeLa- Zellen, einer Karzinomzellinie, kommt Vimentin ebenfalls unerwartet neben Zytokeratinfilamenten vor (BUCHER u. WARTENBERG 1997d). Auch nach WEISS (1988) können Epithelzellen unter außergewöhnlichen Umständen Vimentinfilamente ausbilden. So weisen BOERJAN et al. (1993) neben Zytokeratinen Vimentin in Kulturen des Oviduktepithels von Sauen nach.

Ein weiteres Charakteristikum für Epithelzellen ist deren polare Differenzierung.

Anders als Bindegewebszellen weisen sie basale, apikale und laterale Membranen auf (LEONHARDT 1990b,c). Die apikale Membran bildet die freie Oberfläche der Zellen und differenziert im Rahmen ihrer Funktion entsprechende Organellen wie, im Fall des Ovidukts, Kinozilien und Mikrovilli (LIEBICH 1998 b). Aufgabe der lateralen Membran ist die Bildung von Kontakten zwischen benachbarten Zellen. Diese Zellverbindungen werden hinsichtlich Struktur und Funktion in drei verschiedene Typen eingeteilt: Zonula occludens (Tight junction), Nexus (Gap junction) und Desmosom (Macula adhaerens) (LEONHARDT 1990b). Tight junctions kommen in den für Epithelzellen charakteristischen Schlussleisten vor. Diese typische Zellstruktur besteht aus drei Komponenten. Den oberen Abschnitt bildet die Zonula occludens, in der die beiden Schichten der benachbarten Zellmembranen miteinander verschmolzen sind, wodurch der Interzellularspalt vollständig verschlossen wird. So wird bei den polar differenzierten Epithelzellen das apikale vom basolateralen Plasmalemm getrennt. Darunter verbindet eine Zonula adhaerens die Zellen. Zusätzlich stabilisieren die diskontinuierlich, plaqueförmig auftretenden Desmosomen, in denen die Keratinfilamente verankert sind, den Kontakt (BUCHER u. WARTENBERG 1997b).

Epithelzellen liegen grundsätzlich einer aus Protein- und Polysaccharidkomplexen bestehenden, dreischichtigen Basalmembran auf. Sie bildet eine semipermeable Grenzschicht, deren Aufgabe neben der mechanischen Anheftung der Epithelzellen die Ernährung der Zellen darstellt (LIEBICH 1998b).

(18)

2.1.2 Transportmechanismen im Ovidukt

Die Schlagbewegung der Kinozilien des Oviduktepithels stellt einen möglichen Mechanismus für den Transport sowohl der Eizelle, als auch der Spermien dar.

Unsere Haussäugetiere unterscheiden sich jedoch erheblich hinsichtlich der Ausprägung und Richtung von ziliären Bewegungen in den verschiedenen Abschnitten des Ovidukts. Während die Zilien bei der Stute in allen Regionen des Eileiters in Richtung des Uterus schlagen (BALL 1996), bewegt sich der resultierende Partikelstrom bei Schwein und Kaninchen im Isthmus in Richtung Ovar und im oberen Abschnitt des Ovidukts, der Ampulle, in Richtung Uterus (GADDUM-ROSSE u. BLANDAU 1976). Die beiden Ströme treffen sich also an der Verbindung zwischen Isthmus und Ampulle, so dass hier nach Untersuchungen von OXENREIDER und DAY (1965) der Ovumtransport beim Schwein in Richtung Uterus deutlich verzögert wird. GADDUM-ROSSE und BLANDAU (1976) vermuten aufgrund der gravierenden tierartlichen Unterschiede, dass bei Annahme eines für Säugetiere universellen Spermientransportmechanismus die Zilienaktivität eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Der Muskelkontraktion des Ovidukts wird hingegen eine entscheidende Bedeutung beigemessen. Der Eileiter der Sau zeigt während des gesamten Zyklus spontan auftretende Motilität (RODRIGUEZ-MARTINEZ et al. 1982). Zyklusabhängige Veränderungen hinsichtlich der Ausprägung der Kontraktionen treten nur in der Ampulle auf, wobei in unmittelbarer Nähe des Ovulationszeitpunktes eine deutlich verstärkte Motilität festgestellt wird. Isthmus, isthmoampulläre und uterotubale Verbindung weisen während des gesamten Zyklus eine ausgeprägte Kontraktionsaktivität auf. Ein Einfluss des in der Gelbkörperphase ansteigenden Progesteronwertes auf das Auftreten spontaner Motilität kann nicht beobachtet werden. Zyklusabhängige Änderungen des Kontraktionsmusters treten jedoch in allen Abschnitten des Ovidukts auf. Am Tag eins des Östrus sind im Isthmus vorwiegend antiperistaltische, in Richtung Ovar verlaufende Bewegungen festzustellen, die vermutlich den Spermientransport vom Uterus in den kaudalen Isthmus unterstützen. Das am Tag zwei des Östrus bestehende Gleichgewicht zwischen peristaltischen und antiperistaltischen Kontraktionen dient möglicherweise dem Transport der Gameten zum Ort der Befruchtung. Beim Schwein stellen die Muskelkontraktionen des Ovidukts vermutlich die bedeutendste Form des

(19)

Gametentransportes dar (RODRIGUEZ-MARTNEZ et al. 1982). Untersuchungen von BLAIR und BECK (1977) zeigten, dass am Tag drei des Zyklus vor allem die zirkulären Muskelschichten aktiv sind, was in einer Behinderung der Passage durch das eingeengte Lumen resultiert. Auch nach BLANDAU (1969) behindert diese physiologische Striktur den Weitertransport der Eizellen. Erst am Tag vier, dem Zeitpunkt des Ovumtransportes in Richtung Uterus, sind starke peristaltische Kontraktionen zu beobachten, die wellenförmig von der Ampulle in Richtung Uterus verlaufen. In der Gelbkörperphase tritt im Isthmus eine basale Motilität auf, die Ampulle zeigt bis zum nächsten Östrus nur geringe Aktivität (RODRIGUEZ- MARTNEZ et al. 1982). In vitro sind starke Kontraktionen in Richtung Ovar durch den Entzug von Östrogen induzierbar. Durch gleichzeitige Gabe von Progesteron wird dieser Effekt verstärkt, alleinige Progesterongabe ruft jedoch keine kontrahierende Wirkung am Ovidukt hervor (BATTALIA u. YANAGIMACHI 1980).

2.2 Aufbau und Funktion der Spermienzelle 2.2.1 Morphologie des Spermiums

Spermatozoen stellen hochspezialisierte Zellen dar. Als Träger der männlichen DNA ist es ihre Aufgabe, das Erbgut des Vatertieres zum Zeitpunkt der Befruchtung zur Eizelle zu transportieren und mit ihr zu verschmelzen; Spermienzellen von Säugetieren weisen eine im wesentlichen übereinstimmende morphologische Struktur auf (s. Abb.1).

Das Spermium des Ebers ist insgesamt 50 bis 70 µm lang. Der 4 bis 5 µm breite und 7 bis 10 µm lange Kopf ist von ovaler, stark abgeflachter Form (DÖCKE et al. 1982).

Er besteht größtenteils aus dem Zellkern, der das aus der Desoxyribonukleinsäure zusammengesetzte, hochgradig kondensierte Chromatin enthält und so die genetische Information trägt (MONESI 1976).

Das Akrosom bedeckt als besondere Membranstruktur ca. 40% des Spermienkopfes.

Es entsteht aus Vesikeln des Golgi-Apparates und enthält Enzyme, die beim Kontakt mit der Eizelle aktiviert und freigesetzt werden. Dies ermöglicht die Penetration der Zona pellucida und die Fusion mit der Eizelle. Akrosomdefekte haben deshalb eine verminderte Befruchtungsfähigkeit der Spermienzelle zur Folge (MONESI 1976;

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YANAGIMACHI 1994). An den Kopf schließen sich Hals und Verbindungsstück an, zusammen bilden sie das Mittelstück. Der Spermienschwanz besteht aus dem Haupt- und dem Endstück. Kernstück des Bewegungsmechanismus des Spermiums ist ein komplexes Mikrotubulussystem in Form einer 9+2 Fibrillenstruktur. Die im Mittelstück spiralig um das axiale Fibrillensystem gewundenen Mitochondrien stellen das für die Motilität erforderliche ATP. Die Spermienzelle kann bei den koordinierten Aktionen seines Bewegungsmechanismus eine Geschwindigkeit von bis zu 4 mm/min erreichen (SAYONSKI u. SMOLLICH 1990).

A Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Säugetierspermiums

N (nach FAWCETT 1975)

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2.2.2 Funktionelle Struktur der Plasmamembran

Die Plasmamembran bildet die äußere Hülle des Spermiums und steht somit in Kontakt mit der Umgebung der Zelle; sie vermittelt die Kommunikation zwischen dem Spermatozoon, dem extrazellulären Milieu und anderen Zellen.

Zu den wichtigsten Eigenschaften der Zellmembran zählt ihre selektive Permeabilität, die einen sowohl passiven als auch aktiven Stofftransport möglich macht. Dabei verhindern die Membranlipide einen unkontrollierten Stoffaustausch in wässrigem Milieu, der kontrollierte Stofftransport ist Aufgabe der Membranproteine.

Bei der Plasmamembran des Spermiums unterscheidet man zwischen drei in Funktion und Zusammensetzung unterschiedlichen Hauptarealen, die den entsprechenden Zellkompartimenten Kopf, Mittelstück und Geißel zugeordnet sind;

diese sind wiederum in Subareale unterteilt (GADELLA et al. 1994). Am Spermienkopf wird zwischen der akrosomalen Region (vorderer Kopfbereich) und der postakrosomalen Region (zwischen hinterem akrosomalen Rand und Spermienhals) differenziert. Die akrosomale Region gliedert sich in drei Segmente:

als Apikalsegment bezeichnet man den Bereich über dem vorderen Akrosomrand, das Hauptsegment liegt über der Hauptportion des Akrosoms und das Äquatorialsegment bedeckt den hinteren Akrosomabschnitt (BAUMGARTL 1980).

Die Funktionen und Eigenschaften der Plasmamembrankomponenten hängen eng mit den unterschiedlichen Aufgaben der Spermienzelle zusammen. So ist das Apikalsegment an der Akrosomreaktion beteiligt. Einige der über der akrosomalen Region liegenden peripheren und membranintegrierten Glycoproteine haben deshalb eine stabilisierende Funktion, um eine vorzeitige Akrosomreaktion zu verhindern.

Proteine der periakrosomalen Plasmamembran sind an der Interaktion zwischen Spermium und Zona pellucida beteiligt; nach erfolgter Akrosomreaktion vermitteln Proteine des Äquatorialsegments die Fusion mit dem Oolemm. An der Motilität des Spermienschwanzes beteiligte Moleküle scheinen mit der Geißelplasmamembran assoziiert zu sein. Möglicherweise sorgt die Absorption und/oder Integration spezifischer Glykoproteine dafür, einer vorzeitige Hyperaktivierung vorzubeugen (YANAGIMACHI 1994). Die Lipidarchitektur einer Membran ist durch eine äußerst hohe Flexibilität und Dynamik gekennzeichnet. Innerhalb der Lipidphase sind intensive laterale Bewegungen einzelner Moleküle möglich, so dass die Struktur als

"membrane fluid mosaik" bezeichnet wird. Diese Fluidität ist als Voraussetzung für

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den Befruchtungsvorgang unter anderem abhängig vom Cholesterolgehalt und der Fettsäurenzusammensetzung der Spermienplasmamembran. So führt sowohl ein höheres Cholesterol-Phospholipid-Verhältnis, als auch ein gesteigerter Anteil an gesättigten Fettsäuren zu einer Reduktion der Membranfluidität (QUINN 1981;

CHOW et al. 1986). Um die für die Befruchtung essentielle Akrosomreaktion zu ermöglichen, muß eine Umstrukturierung der Lipidarchitektur erfolgen. Nach HARRISON und GADELLA (1995) sollen insbesondere ein Anstieg des intrazellulären Ca2+ und die damit verbundenen enzymatischen Prozesse für den Lipidkatabolismus verantwortlich sein.

2.3 Kapazitation

Nach der im Keimepithel der Hodenkanälchen stattfindenden Spermiogenese durchlaufen die Spermatozoen einen zum Erreichen der Befruchtungsfähigkeit notwendigen Reifungsprozeß. Als Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Spermien finden dynamische Veränderungen der strukturellen Organisation der Plasmamembran statt (GADELLA et al. 1994). Diese Änderungen vollziehen sich - als Nebenhodenreifung bezeichnet - bei der Passage durch die Nebenhoden und sind prinzipiell für den Erwerb der Befruchtungsfähigkeit essentiell. Sie setzen sich im weiblichen Genitaltrakt fort; sämtliche dort verlaufenden physiologischen Vorgänge, die zur Befruchtungskompetenz der Spermien führen werden nach AUSTIN (1951) und CHANG (1951) als Kapazitation bezeichnet. Einfluss auf das Kapazitationsgeschehen nehmen sowohl Komponenten des Seminalplasmas und des weiblichen Genitales, als auch enzymatische und hormonelle Prozesse.

2.3.1 Physiologie des Kapazitationsprozesses in vivo 2.3.1.1 Einfluss des Seminalplasmas

Die Ejakulation führt zum Kontakt der Spermatozoen mit dem Seminalplasma, das unter anderem bestimmte als Dekapazitationsfaktoren bezeichnete Substanzen enthält (HAMNER u. MCLAUGHLIN 1974). Im Seminalplasma des Ebers kommen hauptsächlich Proteine der Spermadhäsinfamilie vor (DOSTALOVA et al. 1994).

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Diese multifunktionellen Proteine lagern sich bei der Ejakulation als Proteinschicht im akrosomalen Bereich der Spermien an und verhindern so eine vorzeitige Akrosomreaktion (TÖPFER-PETERSEN et al. 1996). Bei der Passage durch den weiblichen Genitaltrakt und während des Kapazitationsprozesses werden ca. 90%

dieser Proteine wieder entfernt (TÖPFER-PETERSEN 1996). Die verbleibenden Spermadhäsine übernehmen vermutlich eine weitere Rolle im Reproduktions- geschehen. Sie lassen sich an kapazitierten, an die Zona pellucida gebundenen Spermien nachweisen und dienen dort möglicherweise als primäre Rezeptoren für die Glykoproteine der Zona pellucida (DOSTALOVA et al. 1994). So sind Spermadhäsine vermutlich an den Erkennungsmechanismen der Gameteninteraktion beteiligt.

2.3.1.2 Vorgänge im weiblichen Genitale

Nach der Deponierung im weiblichen Genitale passieren die Spermatozoen auf dem Weg zum Ort der Befruchtung tierartabhängig zunächst die Zervix und/oder den Uterus, um schließlich über die uterotubale Verbindung in den Ovidukt zu gelangen.

Nach Untersuchungen von BAKER und DEGEN (1972) beim Schwein sind vor allem die bei der Insemination resp. Bedeckung auftretende Sogwirkung sowie Uteruskontraktionen für den Transport der Samenzellen durch die Gebärmutter verantwortlich. Von insgesamt 5x1010 ejakulierten Eberspermien erreichen nur 108 den Eileiteristhmus und weniger als 103 gelangen in die Ampulle, den Ort der Befruchtung (HUNTER 1982). Bei dieser drastischen Reduktion handelt es sich vermutlich um einen Selektionsmechanismus, aus dem resultiert, dass möglichst befruchtungskompetente Spermienzellen den Ovidukt erreichen (HUNTER 1988).

Bei der Begattung oder Besamung der Sau gelangt ein relativ großvolumiges Ejakulat direkt in den Uterus. Schon nach zwei Stunden ist jedoch der größte Anteil an Spermatozoen aus der Gebärmutter verschwunden, und bereits 15 Minuten nach der Bedeckung können Samenzellen im Ovidukt nachgewiesen werden (BAKER u.

DEGEN 1972). Bei der Stute sind erst zwei Stunden nach der Insemination Spermien im Eileiter zu finden (BADER 1982), und bei Schaf und Rind vergehen nach der Bedeckung sechs bis acht Stunden, bevor Spermatozoen im Ovidukt nachzuweisen sind (HUNTER et al. 1980; HUNTER u. WILMUT 1983). Die Etablierung eines Reservoirs befruchtungskompetenter Spermien im Oviduktisthmus bedarf jedoch

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auch beim Schwein eines Zeitraums von ein bis zwei Stunden (HUNTER 1981).

Dieser Umstand weist darauf hin, dass für die Befruchtungsfähigkeit der Spermatozoen notwendige Vorgänge nach dem Erreichen des Ovidukts stattfinden.

Während der Passage durch das weibliche Genitale vollziehen sich mit dem weitgehenden Verlust oberflächenassoziierter Substanzen aus dem Seminalplasma erste Schritte der Kapazitation (EINARSSON et al. 1980). Nachdem nur wenige der ursprünglich ejakulierten Spermien die durch zyklusabhängig ödematisierte Schleimhautfalten gekennzeichnete Barriere der uterotubalen Verbindung überwunden haben, bereiten sie sich in engem Kontakt zum Oviduktepithel auf die Akrosomreaktion und die Fusion mit der Eizelle vor (TÖPFER-PETERSEN et al.

1996).

Nach Untersuchungen von SUAREZ (1987) werden bei der Maus die Spermatozoen in den unteren Abschnitten des Eileiters mittels zweier Mechanismen zurückgehalten: durch Immobilisierung der Spermienzellen und vor allem durch deren Bindung am Epithel des Isthmus. Die Ausbildung eines präovulatorischen Spermienreservoirs im kaudalen Oviduktisthmus wird ebenso bei Schaf (HUNTER et al. 1982), Schwein (HUNTER 1984) und Rind (HUNTER u. WILMUT 1984) beobachtet.

In den Schleimhautfalten des Isthmus sind beim Schwein vor der Ovulation in hoher Dichte Spermien mit intakter Plasmamembran zu finden. Auffallend ist, dass die Spermatozoen vorzugsweise mit den Mikrovilli der Epithelzellen in Kontakt treten (HUNTER et al. 1987). SMITH und YANAGIMACHI (1990) teilen den Eileiter beim Hamster in drei verschiedene Kompartimente bzw. „microenvironments“ hinsichtlich der möglichen Lokalisation von Spermatozoen ein. Sie unterscheiden hierbei das Lumen, die Schleimhautoberfläche der Oviduktwand mit ihren Longitudinalfalten und die Krypten; die an der Schleimhaut gebundenen oder in den Krypten gespeicherten Spermien bleiben motil und vital, die im Lumen befindlichen zeigen hingegen nur geringe oder keine Motilität. Nach Untersuchungen von ESPONDA und MORENO (1998) bei der Maus weisen die gebundenen Spermien intakte Akrosome auf, die Spermien ohne Kontakt zum Epithel zeigen zumeist akrosomale Schwellung oder Auflösung. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass die Bindung der Spermienzellen am Oviduktepithel eine bedeutende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Lebensfähigkeit der Spermatozoen im Eileiter spielt. Ein Mechanismus zum Schutz der Vitalität der Spermatozoen im weiblichen Genitale ist insbesondere bei Tierarten,

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die zwischen dem Beginn der Deckbereitschaft und der Ovulation ein Zeitintervall von ein oder mehr Tagen aufweisen von großer Bedeutung. HUNTER (1984) berichtet, dass bei der Sau noch 36 Stunden nach Bedeckung lebensfähige Spermatozoen nachzuweisen sind.

Nach Untersuchungen von MBURU et al. (1996) beim Schwein besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anzahl und Vitalität der in uterotubaler Verbindung und Isthmus gespeicherten Spermien und der Ovulation. Die in Kontakt zum Oviduktepithel stehenden Spermien haben in der präovulatorischen Phase intakte Plasmamembranen, postovulatorisch zeigen sie Membranveränderungen, die auf eine Akrosomreaktion hinweisen. Spermien, die im Lumen des Isthmus nicht mit dem Epithel in Berührung kommen, weisen schon vor der Ovulation defekte Plasmamembranen auf (MBURU et al. 1997). Auch beim Rind ist vor der Ovulation die Mehrheit der im Isthmus befindlichen Spermien membranintakt, in der postovulatorischen Phase sind hingegen Spermien mit defekten Plasmamembranen zu finden (HUNTER et al. 1991).

Neben der Bindung am Oviduktepithel werden weitere Mechanismen beschrieben, die zur präovulatorischen Speicherung der Spermienzellen im Eileiteristhmus beitragen. Der im Isthmus sezernierte Schleim hat vor der Ovulation eine extrem visköse Konsistenz und verschließt das Lumen vollständig (HUNTER et al 1987).

Welche Rolle die daraus resultierende Verminderung der Spermienmotilität im Hinblick auf eine rein physikalische Hemmung der Spermienzellen spielt, ist noch ungeklärt. Postovulatorisch ist eine Reduktion der Viskosität festzustellen, was möglicherweise eine erleichterte Motilität zum Zeitpunkt der Befruchtung gewährleistet (HUNTER 1995).

Eine Funktion des Lumenverschlusses durch das visköse Sekret besteht darin, das Eindringen von Uterusflüssigkeit zu verhindern. Im Uterus findet nach der Bedeckung oder Insemination beim Schwein eine Infiltration phagozytoseaktiver Zellen statt, um die Spermienzellen als Fremdkörper zu eliminieren. Aufgrund des lumenfüllenden Sekretpfropfens können die polymorphkernigen Leukozyten jedoch nicht in den Oviduktisthmus einwandern, was darauf hinweist, dass der Ovidukt als funktionelles Spermienreservoir eine Schutzfunktion übernimmt (HUNTER et al. 1987).

Präovulatorisch sind außerdem Unterschiede der Laktat- und Glukose- konzentrationen im Sekret von Isthmus und Ampulle festzustellen, die nach der Ovulation nicht mehr bestehen und einen erheblichen Einfluss auf die Motilität der

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Spermatozoen ausüben können (NICHOL et al. 1992). Weiterhin wird vor der Ovulation ein Temperaturgradient zwischen dem kaudalen Isthmus und der Ampulle beobachtet. Vermutlich als Folge regionaler Unterschiede der Blut- und Lymphversorgung und der Aktivität der Myosalpinx ist im Isthmus eine im Vergleich zur Ampulle um 0,75°C geringere Temperatur festzustellen (HUNTER u. NICHOL 1986). Dieser bei oder kurz vor der Ovulation wieder aufgehobene Temperaturunterschied beeinflusst die Spermien möglicherweise direkt durch Wirkung auf Strukturproteine der Zellen (HUNTER 1995). Schließlich bedingt die ovarielle Östrogensekretion präovulatorisch durch einen erhöhten Muskeltonus und die Ödematisierung der Schleimhaut eine Art „physiologischer Striktur“, die vermutlich die Isthmus-Passage behindert (HUNTER 1977; HUNTER 1995).

Im kaudalen Isthmus findet also vor der Ovulation die Speicherung von Spermien mit reduzierter Motilität und stabilisierten Plasmamembranen statt, die sich vermutlich in einem „präkapazitierten“ Zustand befinden (HUNTER et al. 1987). Die wesentlichen Vorgänge der Kapazitation müssen folglich in den unteren Oviduktregionen ablaufen, um den zur Befruchtungskompetenz der Spermatozoen führenden Reifungsprozess zu komplettieren. Kennzeichen dieser Prozesse sind eine destabilisierende Umstrukturierung der Plasmamembran, die mit dem Verlust von Cholesterol einhergeht, die Phosphorylierung von Membranproteinen und Veränderungen der intrazellulären Ionenkonzentration mit dem Influx von Calcium und Bikarbonat in die Spermienzelle (TÖPFER-PETERSEN et al. 1996). Als Konsequenz der Kapazitation vollziehen sich zum einen die Akrosomreaktion genannte Vesikulation und Verschmelzung von Plasmamembran und äußerer akrosomaler Membran am Äquatorialsegment; beides ist essentielle Voraussetzung für die Penetration der Zona pellucida und die Fusion der Spermienzelle mit der Oozyte. Zum anderen findet eine als Hyperaktivierung bezeichnete, wesentliche Änderung des Bewegungs- musters statt, wobei die Spermien stark gekrümmte, asymmetrische Schwanz- schläge und häufige Richtungswechsel zeigen (KATZ et al. 1989; YANAGIMACHI 1994).

Nach SMITH und YANAGIMACHI (1991) spielt die Bindung der Spermatozoen am Epithel des Isthmus sowohl für die Aufrechterhaltung der Vitalität eine bedeutende Rolle, als auch möglicherweise für den Verlauf der Kapazitationsprozesse. Ihren Untersuchungen beim Hamster zu Folge binden lediglich unkapazitierte Spermien an der Eileiterschleimhaut, kapazitierte Spermienzellen verlieren die Affinität zum

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Oviduktepithel. Einen weiteren Hinweis auf die Bedeutung des Ovidukts für die Kapazitationsabläufe geben Untersuchungen von HUNTER et al. (1998). Hierbei konnte an chirurgisch besamten Jungsauen gezeigt werden, dass periovulatorisch in den Eileiteristhmus inseminierte Spermien ein bis zwei Stunden früher befruchtungsfähig sind als solche, die zur gleichen Zeit in die Ampulle eingeführt werden.

Untersuchungen von SMITH und YANAGIMACHI (1989) zu Folge finden die Kapazitationsprozesse bei Hamsterspermien in zeitlicher Abhängigkeit zur Ovulation statt. Präovulatorisch am Oviduktepithel gebundenen Mausspermien lösen sich bei kurz bevorstehender Ovulation wiederholt von der Eileiterwand, schwimmen eine kurze Distanz und binden erneut am Epithel (DEMOTT u. SUAREZ 1992). Das Einsetzen hyperaktivierter Bewegungen wird hier als Mechanismus zur Ablösung von der Isthmusschleimhaut interpretiert. Die Autoren vermuten weiterhin, dass die Lösung der Spermienzelle vom Epithel durch die kapazitationsbedingte Abnahme der Bindungsaffinität des Spermiums unterstützt wird. Zudem sind die vom Oviduktepithel gelösten, hyperaktivierten Spermien aufgrund der protrahierten Bewegung in der Lage, schneller durch das visköse Sekret des Isthmus hindurch zum Ort der Befruchtung zu gelangen als nichtaktivierte Spermienzellen (SHALGI et al. 1992; DEMOTT u. SUAREZ 1992). HUNTER (1995) beobachtet die Aktivierung und Lösung der Spermien aus dem Reservoir bei Schaf, Rind und Schwein kurz vor der Ovulation und schließt aus diesem Ereignis auf eine enge Koordination des Zusammentreffens von männlicher und weiblicher Gamete durch den Einfluss des kurz vor der Ovulation stehenden Graafschen Follikels. Der unmittelbar präovulatorische Anstieg der Progesteronsekretion durch den Follikel führt zu einer Reduktion des Muskeltonus und des Schleimhautödems im Isthmus, wodurch das Lumen eine Erweiterung erfährt, die vermutlich das Vorwärtskommen der Spermienzellen zum Ort der Befruchtung erleichtert (HUNTER 1977). Nach Untersuchungen von ORIHUELA et al. (1999) bei der Ratte variiert die im Isthmus befindliche Anzahl an Spermatozoen in Abhängigkeit des Zyklusabschnitts. Während im Östrus die meisten Spermienzellen den Ovidukt erreichen, ist in Met- und Diöstrus ein allmählicher Rückgang der Spermienzahlen festzustellen bis im Proöstrus die Anzahl der Zellen wieder deutlich ansteigt. Außerdem stellen die Autoren eine Abhängigkeit der Spermienbindung am Oviduktepithel vom Segment des Eileiters fest. Sie beobachten, dass sich in allen Phasen des Zyklus mehr Spermien im

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Isthmus befinden als in der Ampulle. Bei der Behandlung inseminierter Ratten mit Östradiol und Progesteron erweisen sich weitere hormonelle Einflüsse. Durch die Gabe von Östradiol wird die Einwanderung der Spermatozoen in den Ovidukt erleichtert, Progesteron hingegen antagonisiert diesen Effekt. Die gleichzeitige Behandlung mit beiden Hormonen induziert die Anheftung der Spermienzellen am Oviduktepithel. Nach HUNTER (1997) bildet der "Counter-Current-Transfer" die Grundlage für die hormonelle Regulation der Aktivierung und Lösung der Spermatozoen aus dem Reservoir, obgleich auch Hormone aus dem systemischen Kreislauf - in geringeren Konzentrationen - das Eileitergewebe erreichen und beeinflussen. Der Einfluss von Progesteron auf die Freisetzung der Spermienzellen vom Oviduktepithel wird vermutlich über die Eileiterschleimhaut vermittelt und durch die Mobilisation von Calciumionen in die gebundenen Spermatozoen unterstützt (HUNTER et al. 1999).

2.3.2 Kapazitationsabläufe in vitro

Die letztendlich zur Befruchtungsfähigkeit der Spermien führende Kapazitation stellt ein höchst komplexes, aus einer Serie von zellulären und molekularen Modifikationen des Spermiums bestehendes Ereignis dar. Der Influx von Calcium, die Phosphorylierung spezifischer Membranproteine sowie die Veränderung der Lipidzusammensetzung der Plasmamembran und die damit einhergehende Membrandestabilisierung sind wesentliche Prozesse der Spermatozoenreifung (BALDI et al. 1996). Um die im weiblichen Genitale ablaufenden Vorgänge detailliert nachvollziehen zu können, wird die In-vitro-Kapazitation eingesetzt. Durch die Inkubation von Spermatozoen in Sekreten des männlichen und weiblichen Genitaltrakts oder in speziellen Kapazitationsmedien kann auf wesentliche Zusammenhänge geschlossen werden.

2.3.2.1 Modulation der Plasmamembran

Das während der Nebenhodenpassage eingebaute Cholesterol (SEKI et al. 1992) bedingt eine Stabilisierung der Plasmamembran ejakulierter Spermatozoen. Mit der Passage durch das weibliche Genitale und dem damit verbundenen Verlust oberflächenassoziierter und ebenfalls membranstabilisierender Substanzen aus dem

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Seminalplasma wird der Efflux von Cholesterol erleichtert. In-vitro-Versuche von DAVIS (1978) zeigten, dass das Cholesterol/Phospholipid Verhältnis der Plasmamembran durch die Kapazitationsprozesse sinkt, wodurch es zu einer Auflockerung der Phospholipidarchitektur kommt. Nach GO und WOLF (1985) führt die Inkubation von Spermienzellen in Kapazitationsmedium zu einem durch Albumin vermittelten Verlust von Cholesterol. Neben der destabilisierenden Wirkung auf die Plasmamembran werden andere Konsequenzen des Cholesterolverlustes auf die Spermienfunktion diskutiert, zu denen unter anderem ein mit der Akrosomreaktion einhergehender Anstieg des intrazellulären pH-Wertes zählt (CROSS 1998).

Die Anwesenheit von Bikarbonat hat ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf die kapazitationsabhängig steigende Fluidität der Spermienmembran. HARRISON et al.

(1996) zeigten mittels Merocyanin, einer lipophilen Substanz, die entsprechend des Maßes an Unordnung der Lipidkomponenten mit steigender Affinität an der Plasmamembran bindet (LANGNER u. HUI 1993), dass Bikarbonat wesentliche Veränderungen in der Lipidarchitektur der Plasmamembran hervorruft. Experimente mit porzinen Spermatozoen zeigten, dass Bikarbonat frühzeitige und rasche Veränderungen der Lipidzusammensetzung induziert (GADELLA u. HARRISON, 2000; HARRISON u. MILLER, 2000). Bei der In-vitro-Kapazitation vollziehen sich also vor dem Eintritt der Akrosomreaktion strukturelle Umformungen der Plasmamembran. Es findet eine sehr rasche Reorganisation der Lipid- zusammensetzung statt, die vermutlich das Verschmelzen der Membranen während der Akrosomreaktion einleitet und die Bindungsaffinität der Spermatozoen an die Zona pellucida beeinflusst. Im Zuge dieser temperaturabhängigen Membranveränderungen findet zudem die Aktivierung von Proteinkinasen statt, die die Tyrosinphosphorylierung spezifischer Plasmamembranproteine vermitteln (GADELLA et al. 1999).

2.3.2.2 Tyrosinphosphorylierungsaktivität

Die Phosphorylierung und Dephosphorylierung von Proteinen gehört zu den wichtigsten Mechanismen der Regulation zellulärer Prozesse. Als Antwort auf Änderungen der umgebenden Bedingungen vermitteln vermutlich Tyrosinkinasen durch Signalübertragung die grundlegenden Ereignisse der Spermienkapazitation (BERUTTI 1994). So zeigen beispielsweise Untersuchungen von VISCONTI et al.

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(1995a,b), dass die Kapazitation von Mausspermien mit der Tyrosinphosphorylierung spezifischer Proteine einhergeht, wobei die Regulation dieser Ereignisse einer cAMP-abhängigen Übertragung unterliegen. Auch menschliche Spermatozoen weisen unter Kapazitationsbedingungen eine forcierte Tyrosinphosphorylierung bestimmter Proteingruppen auf (CARRERA et al. 1996). Experimenten von AITKEN et al. (1995) zu Folge führen oxidierende Bedingungen ebenfalls zur Stimulation der Spermienfunktion und Bildung tyrosinphosphorylierter Proteine in der Spermienzelle.

Die mit der Kapazitation einhergehende Reorganisation von Membranlipiden koinzidiert mit der Aktivierung von Proteinkinasen, was in der Tyrosin- phosphorylierung spezifischer Plasmamembranproteine resultiert (GADELLA et al.

1999). Vermutlich spielen diese Proteine eine Rolle bei der Spermienbindung an der Zona pellucida. Nach Untersuchungen von FLESCH et al. (1999) beim Eber induzieren die Kapazitationsprozesse die Tyrosinphosphorylierung von drei spezifisch in der Plasmamembran lokalisierten Proteinen. Dies geht mit einer gesteigerten Fluidität der Membran einher und spielt möglicherweise eine Rolle bei der Einleitung der Akrosomreaktion. Weitere Versuche mit Eberspermien ergaben, dass die Lipidarchitektur der Plasmamembran über die Phosphorylierung eines Proteins durch eine cAMP-abhängige Proteinkinase kontrolliert wird; die Dephosphorylierung wird durch die Proteinphosphatase Typ 1 vermittelt (HARRISON u. MILLER 2000).

Nach VISCONTI et al. (1995a,b) ist der während der Kapazitation stattfindende cAMP-regulierte Tyrosinphosphorylierungsanstieg bei Mausspermien abhängig von der Anwesenheit extrazellulären Calciums. LUCONI et al. (1996) hingegen zeigten, dass für eine forcierte Tyrosinphosphorylierung während der In-vitro- Kapazitationsprozesse humaner Spermien extrazellulär befindliches Calcium nicht notwendig ist. Ihren Untersuchungen zu Folge wird die Tyrosinkinaseaktivität durch Calciumionen negativ beeinflußt. CARRERA et al. (1996) berichten ebenfalls von einer calciuminduzierten und calmodulinabhängigen Dephosphorylierung tyrosinenthaltender Proteine bei menschlichen Spermatozoen. Calmodulin kann in Verbindung mit Calcium über die Aktivierung der Adenylatcyclase den Spiegel der intrazellulären cAMP-Konzentration regulieren (GROSS et al. 1987). LECLERC et al.

(1998) vermuten nach Experimenten mit humanen Spermien, dass durch einen kapazitationsabhängigen intrazellulären Calciumanstieg die Erhöhung der cAMP- Konzentration induziert wird, was wiederum die Produktion von Superoxid-Anionen

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(ROS, reactive oxygen species) stimuliert, die für den Anstieg der Tyrosinphosphorylierung verantwortlich sind.

Auch bei der Aktivierung und Aufrechterhaltung der Spermienmotilität spielt die cAMP-vermittelte Phosphorylierung von Proteinen eine Rolle (TASH u. MEANS 1983). HAYASHI et al. (1987) berichten über die motilitätsabhängige Tyrosinphosphorylierung eines spezifischen Polypeptids bei Spermien der Regenbogenforelle. Die Hemmung der Spermienmotilität durch Calcium korreliert mit dem Rückgang der calmodulinabhängigen Proteinphosphorylierungaktivität (TASH et al. 1988). CARRERA et al. (1996) gehen davon aus, dass die Regulation der Motilität mittels cAMP-vermittelter Phosphorylierungs- und Dephosphorylierungs- ereignisse kontrolliert wird. In-vitro-Versuche mit epididymalen und ejakulierten Bullenspermatozoen sowie motilitätsstimulierenden und –hemmenden Substanzen ergaben einen Zusammenhang zwischen der Tyrosinphosphorylierung eines spezifischen Proteins und der Bewegungsaktivität der Spermienzellen (VIJAYARAGHAVAN et al. 1997). Die Autoren vermuten, dass das Zusammenspiel von cAMP, Calcium und Tyrosinkinaseaktivität einen regulierenden Einfluss auf die Spermienmotilität ausübt. Untersuchungen von SI (1999) zu Folge besteht ein enger Zusammenhang zwischen der temperaturabhängig einsetzenden Hyperaktivität von Hamsterspermatozoen und der Phosphorylierung eines bestimmten im Spermienschwanz lokalisierten Proteins. Neben der Tyrosinphosphorylierung unterliegen Proteine in Spermienzellen weiteren Phosphorylierungsreaktionen, deren Einfluß hinsichtlich der Kapazitationsprozesse weitgehender Klärung bedarf. Einige Proteine menschlicher Spermien zeigen Serin- oder Threoninphosphorylierung bzw.

doppelte Phosphorylierung (Tyrosin/Serin oder Tyrosin/Threonin), deren Ausprägung sich während der Kapazitation intensiviert (NAZ 1999).

Der Nachweis von Proteinen mit tyrosinphosphorylierten Resten wird zum einen durch elektrophoretische Untersuchungen geführt (AITKEN et al. 1995; CARRERA et al. 1996; LUCONI et al. 1996; VIJAYARAGHAVAN et al. 1997; LECLERC et al.

1998; FLESCH et al. 1999; NAZ 1999; SI 1999) und zum anderen mittels Immunfluoreszenz erbracht (CARRERA et al. 1996; NAZ 1999), wobei mit Hilfe immunzytochemischer Methoden zudem die Verteilung von phosphoryliertem Tyrosin in der Spermienzelle darstellbar ist.

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2.3.2.3 Intrazellulärer Calciumgehalt

Erste Experimente zum Einfluss wechselnder Calciumkonzentrationen auf die Kapazitationsprozesse von Meerschweinchenspermatozoen weisen darauf hin, dass die Änderung der Plasmamembranpermeabitität für Calciumionen eines der ersten Signale zur Einleitung der Akrosomreaktion darstellt (YANAGIMACHI u. USUI 1974).

Nach Untersuchungen von HYNE und GARBERS (1979) induziert Calcium bei Spermatozoen des Meerschweinchens eine Anstieg von cAMP, der vermutlich in der Aktivierung mit der Akrosomreaktion in Verbindung stehender Prozesse resultiert.

Der bei der Akrosomreaktion stattfindenden Fusion von Plasmamembran und äußerer akrosomaler Membran geht ROLDAN und HARRISON (1989) zu Folge ein durch den Influx von Calcium aktivierter Zusammenbruch von Polyphosphoinositiden als einleitendes Ereignis voraus. Untersuchungen von HARRISON et al. (1993) zeigten, dass mit dem calciumsensitiven Fluoreszenzfarbstoff Fluo-3 Acetomethoxyester beladene Eberspermien in Bikarbonat/Co2 enthaltendem Medium einen Calciuminflux aufweisen, dessen Maximum nach dreißigminütiger Inkubation erreicht ist. Dieser vermutlich bikarbonatvermittelte Anstieg intrazellulären Calciums geht mit einem frühen Stadium der kapazitationskorrelierten Membran- destabilisierung einher. FRASER et al. (1993) zeigten bei Untersuchungen mit Mausspermien, dass vor der akrosomalen Exozytose ein initialer Influx von Natriumionen eine Reihe ionischer Veränderungen in der Spermienzelle induziert, was letztlich zur Aktivierung von Calciumkanälen führt. Mittels Nifedipin, einem hoch spezifischen Calciumkanalantagonisten, kann das Eintreten der Akrosomreaktion bei durch Monensin zur Aufnahme von Na+ stimulierten Spermatozoen gehemmt werden (FRASER 1993). Auch die kapazitierende Wirkung von Heparin (HANDROW et al.

1989) geht mit einem Anstieg an intrazellulärem Calcium einher. Durch das Blockieren der Calciumkanäle mit Methoxy-Verapamil während der Inkubation von Bullenspermien in heparinhaltigem Medium wird der Influx von Calcium zu 60%

gehemmt (CORDOBA et al. 1997). Der Calciuminflux beginnt bei mit Heparin behandelten Bullenspermatozoen nach etwa dreistündiger Inkubation und steht in zeitlichem Zusammenhang mit dem Anstieg von cAMP und dem Eintritt von Tyrosinphosphorylierungsvorgängen. Aufgrund dieser Umstände vermuten PARRISH et al. (1999), dass die Regulation des intrazellulären Calciumgehalts während der Kapazitation über das Beladen eines im Akrosom lokalisierten

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Calciumspeichers stattfindet. Thapsigargin, ein hochspezifischer Hemmstoff der mikrosomalen Ca2+-ATPase, induziert bei kapazitierten bovinen und humanen Spermien die akrosomale Exozytose. Bei Hemmung der für die Calciumaufnahme in intrazelluläre Organellen verantwortlichen ATPase wird Calcium über die Kanäle der Speicherorganellen in das Zytoplasma entlassen, was möglicherweise zur Öffnung speicherregulierter Calciumkanäle in der Plasmamembran führt. DRAGILEVA et al.

(1999) berichten von intrazellulären Calciumspeichern bei Spermatozoen von Bulle und Schafbock, die über eine ATP-abhängige Ca2+-Pumpe aktiv Calcium anhäufen.

Der intrazelluläre Calciumgehalt steigt durch Blockierung der ATPase mittels Thapsigargin rasch an, wobei kapazitierte Spermien einen zweifach höheren von akrosomaler Exozytose gefolgten Calciuminflux aufweisen als nichtkapazitierte Spermienzellen, die keine Akrosomreaktion zeigen. Bei menschlichen Spermienzellen festgestellte T-Typ Calciumkanäle, die spezifisch durch Mibefradil blockierbar sind, werden vermutlich durch Mannose-BSA aktiviert, nicht aber durch Progesteron, das jedoch ebenfalls einen Calciuminflux induziert (BLACKMORE u.

EISOLDT 1999). Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass in humanen Spermatozoen mindestens zwei verschiedene Calciumkanäle existieren.

Auch die Induktion der hyperaktivierten Bewegung erweist sich bei In-vitro- Experimenten mit Mausspermien als calciumabhängiges Ereignis. Durch die Zugabe des Calciumionophors A 23178 wird bei Anwesenheit von extrazellulärem Calcium die Hyperaktivierung in vitro kapazitierter Spermienzellen hervorgerufen (FRASER 1982). SUAREZ et al. (1987) berichten, dass dieser Effekt durch BSA rückgängig zu machen ist. BSA entfernt das auf die Calciumkanäle der Plasmamembran wirkende Ionophor, was den Influx von Calciumionen stoppt und in einer reduzierten Calciumkonzentration im Zytosol resultiert. Die Autoren vermuten, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine membrandestabilisierenden Prozesse eingetreten sind und die Spermienzellen in den Bewegungsmechanismus epididymaler Spermien zurück- fallen. Der intrazelluläre Calciumgehalt hyperaktivierter Spermatozoen liegt sowohl im Spermienkopf als auch im Schwanzbereich über dem von aktivierten Zellen und oszilliert in beiden Abschnitten abhängig der Biegung des Spermienschwanzes (SUAREZ et al. 1993). FENG et al. (1988) ziehen für die Induktion der hyperaktivierten Bewegung die Aktivierung einer Ca2+-abhängigen Adenylatcyclase in Betracht, wodurch ein Anstieg von cAMP hervorgerufen wird. Untersuchungen von AHMAD et al. (1995) mit menschlichen Spermien zu Folge spielt eine calmodulin-

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abhängige Proteinphosphatase eine wesentliche Rolle bei der calciumregulierten Hyperaktivierung.

Sowohl die Akrosomreaktion als auch die Hyperaktivierung stellen durch Calcium beeinflusste Ereignisse dar, die allerdings unabhängig voneinander eintreten.

SUAREZ und DAI (1995) zeigten, dass der Calciuminflux bei akrosomreagierten Spermienzellen im Kopf zu höheren Konzentrationen führt als im Mittelstück und bei hyperaktivierten Spermatozoen höhere Werte im Mittelstück hervorruft als im Kopf.

Den Autoren zu Folge findet ein zweifacher Anstieg des intrazellulären Calciumgehalts statt, der zunächst die hyperaktivierte Bewegung einleitet und danach die akrosomale Exozytose induziert.

Die Untersuchung des Gehalts an intrazellulärem Calcium ist durch Markierung der Spermienzellen mit calciumsensitiven Fluoreszenzfarbstoffen wie Fluo-3 AM oder Indo-1 AM möglich (DRAGILEVA et al. 1993; HARRISON et al. 1993; SUAREZ et al.

1993; SUAREZ u. DAI 1995). Mittels des Calciumionophors A 23178 ist bei Anwesenheit von extrazellulärem Calcium ein Calciuminflux nachweisbar (FLECHON et al. 1986; SUAREZ et al. 1987; ROLDAN u. HARRISON 1989), wobei mit Hilfe von spezifischen Calciumkanalantagonisten auf die Existenz von Calciumkanälen geschlossen werden kann (FRASER 1993; CORDOBA et al. 1997; BLACKMORE u.

EISOLDT 1999).

2.3.2.4 Vitalität

Die Kapazitationsprozesse und daraus resultierenden Ereignisse der Akrosomreaktion und Hyperaktivierung stellen für die Erlangung der Befruchtungsfähigkeit der Spermienzellen essentielle Voraussetzungen dar, wirken gleichzeitig aber destabilisierend auf die Zellen und führen, wenn keine Befruchtung einer Eizelle erfolgt, letztendlich zum Zelltod. Die Integrität der Plasmamembran ist ein sicherer Parameter für die Spermienvitalität, da nur intakte Membranen die Funktionen der Zellen gewährleisten (HARRISON u. VICKERS 1990). Die Beurteilung der Plasmamembranintegrität kann mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie erfolgen, wobei Vitalitätsfarbstoffe eingesetzt werden, die eine Differenzierung zwischen lebenden und toten Spermienzellen erlauben (DÖCKE et al. 1882).

Wichtige Vertreter dieser Fluoreszenzfarbstoffe sind Propidiumjodid (PJ), Carboxyfluoresceindiacetat (CDFA) und Hoechst 33258. PJ ist nicht

(35)

membranpermeabel und bindet an die zelluläre DNA, woraus folgt, dass der Farbstoff nur in Zellen mit geschädigter Plasmamembran eindringen kann. CDFA hingegen dringt, verdünnt in DMSO, in membranintakte Zellen ein, wo HAUGLAND (1996) zu Folge Acetatgruppen durch zelluläre Esterasen abgespaltet werden. Die resultierende Substanz ist membranimpermeabel und sorgt für eine Fluoreszenz des Akrosoms, des Zytoplasmas und der Mitochondrien; aus membrandefekten Zellen verschwindet der Farbstoff rasch. Bei Hoechst 33258 handelt es sich um einen DNA- bindenden Farbstoff mit beschränkter Membranpermeabilität, der ebenso wie PJ nur Zellen mit Membrandefekten anfärbt (BALTES 1993).

2.4 Oviduktepithelzell-Spermatozoen-Interaktion in vitro 2.4.1 In-vitro-Systeme

Zur differenzierten Untersuchung der Oviduktepithelzell-Spermatozoen-Interaktion werden In-vitro-Systeme eingesetzt, die eine Beobachtung der Bindungs- mechanismen ermöglichen und Experimente zur Klärung der bindungsabhängigen Einflüsse sowohl auf die Spermienzellen als auch auf das Eileiterepithel erlauben.

Als geeignete Systeme haben sich insbesondere Oviduktepithelzellkulturen und Oviduktepithelexplante erwiesen.

2.4.1.1 Oviduktepithelzellkulturen

Zellkulturen stellen der Definition von SCHAEFFER (1990) zu Folge eine Form der Haltung und Kultivierung von Zellen in vitro dar, die sich nicht mehr im Zustand eines organisierten Gewebeverbandes befinden.

Das erforderliche Material zur Gewinnung von Oviduktepithelzellen der Tierarten Schwein, Schaf, Rind und Pferd stammt in der Regel vom Schlachthof (JOSHI 1988;

BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993; LEFEBVRE u. SAMPER 1993;

WATSON et al. 1994); von dort werden die Eileiter in einem aus einer gepufferten Salzlösung bestehenden Medium (GUTIERREZ et al. 1993) ins Labor transportiert.

Zum Schutz vor mikrobieller Kontamination wird das Transportmedium von einigen Autoren mit Antbiotika versetzt (ELLINGTON et al. 1990; WATSON et al. 1994).

(36)

Die Epithelzellgewinnung geschieht durch vorsichtiges Ausschaben des längs geöffneten Ovidukts mittels einer Skalpellklinge (BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993) oder durch behutsames Ausstreifen des vom Mesosalpinx befreiten Eileiters mit Hilfe einer Pinzette (LEFEBVRE u. SAMPER 1993). Neben mechanischen Methoden wird zudem die Gewinnung von Epithelzellen durch enzymatische Prozesse beschrieben. GUTIERREZ et al. (1993) sowie WATSON et al. (1994) führen eine Inkubation mit Trypsin durch, JOSHI (1988) nutzt die Aktivität von Kollagenasen zur Abspaltung der Epithelzellen vom Oviduktgewebe. In beiden Fällen wird die Reaktion durch Zugabe von Serum gestoppt, um die Vitalität der Zellen zu erhalten. Auch durch die In-situ-Spülung der Eileiter mit einer Salzlösung können Epithelzellen gewonnen werden (ELLINGTON et al. 1990).

Um die Zellen zu vereinzeln, werden die gewonnenen Zellaggregate wiederholt in eine Spritze mit dünner Kanüle aufgezogen (GUTIERREZ et al. 1993; LEFEBVRE u.

SAMPER 1993; WATSON et al. 1994). Nach mehrfachem Waschen durch Resuspension in Medium, erfolgt die Trennung der Zellen vom Waschmedium mittels Sedimentation (ELLINGTON et al. 1990; BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al.

1993) oder Zentrifugation (JOSHI 1988; WATSON et al. 1994).

Als Kulturmedien dienen gepufferte Salzlösungen, die mit Antibiotika, Antimykotika und Serum angereichert werden, wobei vorwiegend fetales Kälberserum in unterschiedlichen Konzentrationen verwendet wird. Manche Autoren setzen außerdem Verdauungsenzyme und Wachstumsfaktoren zu (ELLINGTON et al.

1990). Die Kultivierung erfolgt im Brutschrank bei konstanter Begasung mit 5% CO2

und einer Temperatur von 37°C (JOSHI 1988; BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993) oder 39°C (ELLINGTON et al. 1990; LEFEBVRE u. SAMPER 1993). Nach etwa vier bis sieben Tagen der Kultivierung entsteht ein konfluenter Monolayer (ELLINGTON et al. 1990; BOERJAN et al. 1993; GUTIERREZ et al. 1993), dessen Zellwachstum eine charakteristische „Wirbelform“ zeigt (BOERJAN et al. 1993).

2.4.1.2 Oviduktepithel-Explante

Das Explant ist nach der Definition von SCHAEFFER (1990) ein aus seiner ursprünglichen Umgebung entferntes Gewebestück, das zur Erhaltung oder Kultivierung in ein künstliches Medium verbracht wird.

Neben Schlachtorganen werden zur Explantgewinnung auch durch laparatomische

(37)

Eingriffe isolierte Eileiter verwendet (RAYCHOUDHURY u. SUAREZ 1991; SUAREZ et al. 1991). Die Gewinnung von Ovidukepithelexplanten erfolgt nach Längsöffnung des Eileiters mit Hilfe einer Mikroschere, indem aus den Longitudinalfalten des Epithels 0,5-1 mm große Gewebestücke geschnitten werden (RAYCHOUDHURY u.

SUAREZ 1991; SUAREZ et al. 1991; GEHLHAAR 1999). Bovine, durch Ausstreifen der Eileiter gewonnene Oviduktepithelzellen bilden nach ihrer Vereinzelung bläschenförmige Zellaggregate mit zilientragender äußerer Oberfläche, die ebenso wie geschnittene Explante eingesetzt werden (LEFEBVRE u. SUAREZ 1996).

Die Explante können entweder zur Kultivierung und Züchtung eines Monolayers genutzt (RAYCHOUDHURY u. SUAREZ 1991) oder direkt experimentell verwendet werden (SUAREZ et al. 1991; GEHLHAAR 1999).

2.4.2 Koinkubation von Oviduktepithelzellkulturen und Spermatozoen

Mit Hilfe der Koinkubation von Oviduktepithelzellen und Spermatozoen werden In- vitro-Experimente zur Beobachtung von interaktiven Prozessen und auf diese wirkenden Einflüssen durchgeführt. Sowohl Aspekte der Bindungskinetik als auch die Beeinflussung der Spermien hinsichtlich Motilität, Vitalität, Kapazitation und Befruchtungsfähigkeit können überprüft werden und erlauben wesentliche Schlüsse hinsichtlich der In-vivo-Situation.

2.4.2.1 Regionale und hormonelle Einflüsse

Elektronenmikroskopische Untersuchungen von ELLINGTON et al. (1991) zeigten, dass die In-vitro-Bindung von Bullenspermien an Eileiterepithelzellen bedeutende Übereinstimmungen mit dem Wesen der Bindung in vivo aufweisen. Bovine Spermatozoen binden mit intaktem Akrosom an Zilien und Mikrovilli, wobei sie sich bevorzugt zwischen zwei Zellen anheften und so von Zilien bedeckt zu sein scheinen (POLLARD et al. 1991). Hengstspermien nehmen ebenfalls einen engen, über Mikrovilli und Sekretionsprodukte vermittelten Kontakt zu den Epithelzellen auf (THOMAS et al. 1994a). Experimenten von SUAREZ et al. (1991) zu Folge binden Eberspermien bei Koinkubation mit porzinen Oviduktepithelzellen mit der akrosomalen Region an zilientragenden Zellen, wobei die Bindungsaffinität zu Epithelzellen des Isthmus stärker ausgeprägt ist, als zu ampullären Zellen

(38)

(RAYCHOUDHURY u. SUAREZ 1991). Auch THOMAS et al. (1994a) beobachten eine Abhängigkeit der Anzahl gebundener Spermienzellen vom anatomischen Ursprung der Oviduktepithelzellen: Hengstspermien binden in größerem Ausmaß an Epithelzellen des Isthmus als der Ampulle. Bei bovinen Spermatozoen stellen LEFEBVRE et al. (1995a) hingegen keinen Einfluss der Oviduktregion hinsichtlich der Bindungsaffinität fest.

Neben dem anatomischen Ursprung der Zellen unterliegen die Bindungs- mechanismen zudem hormonellen Einflüssen, die zyklusabhängig variieren.

RAYCHOUDHURY und SUAREZ (1991) stellen fest, dass Spermienzellen bei Anwesenheit von Steroidhormonen in östrischen Konzentrationen in größerer Anzahl binden als in Abwesenheit von Steroiden. Eine Abhängigkeit der Bindungsaffinität von der Präsenz steroider Hormone beobachten auch THOMAS et al. (1994a).

Untersuchungen mit porzinen und bovinen Oviduktepithelexplanten verschiedener Zyklusabschnitte zeigten jedoch keine Abhängigkeit der Anzahl gebundener Spermien vom Tag des Zyklus (SUAREZ et al. 1991; LEFEBVRE et al. 1995a).

2.4.2.2 Einfluss auf Motilität und Vitalität

Mit Oviduktepithelzellen koinkubierte bovine Spermatozoen erhalten ihre Motilität deutlich länger als in Medium allein inkubierte Spermien (POLLARD et al. 1991).

SUAREZ et al. (1991) berichten, dass die Beweglichkeit von Eberspermien bei Kontakt mit Oviduktepithelexplanten aufrechterhalten wird, und auch ovine Spermatozoen bleiben bei Koinkubation mit Eileiterepithelzellen länger motil, als bei Inkubation ausschließlich in Medium (GUTIERREZ et al. 1993). Untersuchungen von THOMAS et al. (1994a) zu Folge weisen Hengstspermien eine ebenfalls durch die Bindung an Oviduktepithelzellen positiv beeinflusste Motilität auf, die zudem zyklusabhängig variiert. An während der Follikelphase gewonnenen Explanten gebundene Spermien zeigen während der ersten 24 Stunden der Kokultivierung eine ausgeprägtere Beweglichkeit als Spermienzellen in Kontakt zu postovulatorisch oder im Diöstrus erstellten Explanten. CHIAN und SIRARD (1995) zeigten, dass mit reinen Isthmusepithelzellkulturen oder Epithelzellkulturen des gesamten Eileiters koinkubierte Bullenspermien nach 48 Stunden motiler sind als Spermatozoen, die mit Kulturen ampullären Epithels in Kontakt stehen. Mit Oviduktepithelzellkulturen kokultivierte Hengstspermien bleiben bis zu vier Tage motil und vital, wobei in

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