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Im Folgenden wird der Amoklauf von München im Juli 2016 beschrieben. Hierbei handelt es sich um eine Tat, die während des Einsatzes zunächst für einen weiteren Terroranschlag gehalten wurde. Der Tat waren einige Anschläge in den Jahren 2015 und 2016

vorausgegangen. Begonnen hatte die Anschlagsserie im Januar 2015 als zwei Täter die Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris stürmten und 11 Menschen töteten. Zwei Tage nach dieser Tat kam es zu einer Geiselnahme in einem Pariser Supermarkt bei der 5 Menschen starben. Beide Taten waren in Namen von Al-Qaida begangen worden. Im November

desselben Jahres kam es erneut in Paris zu Terroranschlägen. Dieses Mal handelte es sich um mehrere islamistisch motivierte und koordinierte Terrorangriffe. Zudem waren im März 2016 Anschläge durch Selbstmordattentäter in Brüssel am Flughafen und in der

Metrostation begangen worden (Wirtz & Harding, 2018). Nur wenige Tage vor dem

Amoklauf in München fand zudem ein Terroranschlag in Nizza statt (Neue Zürcher Zeitung, 2017).

6.1 Tathergang

Laut den Ermittlungen der Sonderkommission hatte der 18-jährige D. Sonobly über einen Facebook-Account Einladungen verschickt am Tag der Tat um 16:00 Uhr in einen McDonald’s nahe des Münchner Olympia Einkaufszentrums zu kommen. Bei diesem Schnellrestaurant traf sich der Täter mit einem Freund. Nachdem sein Freund gegangen war eröffnete D. Sonobly um 17:51 am 22.07.2016 das Feuer auf eine Gruppe Jugendlicher. Hierbei tötete er zwei 15-jährige, einen 14-jährigen und zwei 14-jährige Mädchen. Ein 13-jähriges Kind überlebte die Tat schwer verletzt. Nach nur einer Minute verließ der Täter das Restaurant und schoss in Richtung eines Elektromarktes. Auf die von dort fliehenden Menschen schoss D. Sonobly gezielt, traf dabei einen 17-jährigen sowie einen 45-jährigen tödlich und verletzte einen

27-jährigen und einen 60-27-jährigen schwer. D. Sonobly überquerte daraufhin die Straße und erschoss im Münchener Einkaufszentrum einen 20-Jährigen (Bayerisches Landeskriminalamt, 2017). Von den insgesamt neun Getöteten waren acht Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren mit Migrationshintergrund (SPIEGEL Panorama, 2016). Im Anschluss verließ der Täter das Einkaufszentrum über eine überdachte Brücke. Von dort aus schoss er auf eine Passantin und das anliegende Parkdeck, verletzte aber niemanden. Er durchquerte das Parkhaus und trat auf das oberste Parkdeck hinaus (Bayerisches Landeskriminalamt, 2017). Von dort aus führte er ein Streitgespräch mit einem Anwohner, der ihn mehrmals beleidigte.

Einige Anwohner filmten das Gespräch. Auf dem Video dieses Gesprächs ist zu hören, dass der Täter behauptet Deutscher zu sein, sich eine Waffe gekauft habe und in Behandlung sei (SPIEGEL Panorama, 2016). Im Zuge des Gesprächs schoss der Täter in Richtung des Balkons und verletze einen Anwohner durch die abprallenden Geschosse. Um 18:04 Uhr entdeckten Polizeibeamte den Täter, schossen auf ihn aber verfehlten ihn woraufhin dieser flüchtete. Erst nach mehreren Stunden konnte die Polizisten D. Sonobly um 20:26 Uhr stellen. Als der Täter auf die Polizisten traf erschoss er sich selbst (Bayerisches Landeskriminalamt, 2017). Aufgrund

Abbildung 4:

Tödliche Schüsse in München, (Sundermann, 2017)

Olympia Einkaufszentrum (OEZ): Um 17:51 Uhr fallen Schüsse vor einer McDonalds-Filiale, dann im OEZ. Neun Menschen sterben, 16 werden verletzt. Polizei schickt Großaufgebot, Lage und Anzahl der Täter lange.

Olympiadorf: Gegen 20:30 wird beim Olympiadorf eine weitere Leiche gefunden, es handelt sich um Täter.

Der Mittlere Ring, eine der Hauptverkehrsstraßen in München, ist zeitweise gesperrt. Tausende Autofahrer stehen im Stau.

Das Gelände des Tollwood-Festivals wird geräumt. Später kursiert das Gerücht, es habe dort ebenfalls Schüsse gegeben. Die Polizei bestätigt das nicht.

Um 19:15 Uhr räumt die Polizei den Hauptbahnhof. Der Zugverkehr ruht für Stunden, ebenso der öffentliche Nahverkehr.

Stachus: Kurze Zeit nach den Schüssen am OEZ kommt es zu einem Fehlalarm am Stachus in der Münchener Innenstadt.

Der Marienplatz-Mittelpunkt der Münchner Fußgängerzone ist am Abend nahezu menschenleer und wird von schwer bewaffneten Polizisten gesichert.

der verschiedenen Tatorte war die Lage lange unklar. In der Stadt brach auch an, vom Einkaufszentrum weit entfernten Orten Panik aus. Insgesamt meldeten sich 32 weitere Personen, die sich in mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit dem Amoklauf verletzt hatten und daraufhin im Krankenhaus behandelt wurden (Bayerisches Landeskriminalamt, 2017). Auch für die Polizei war die Lage lange unklar, sie befürchtete einen Terroranschlag, wie in der Einleitung dieses Kapitels näher erklärt (SPIEGEL Panorama, 2016).

6.2 Diskussion um politische Beweggründe der Tat

Drei Jahre nach der Tat wurde diese als rechtsextrem motiviertes Verbrechen eingestuft.

Davor hatten Wissenschaftler, Politiker und die Polizei ausgiebig über die Einordnung diskutiert. Die Kriminologin Britta Bannenberg war in ihrem Gutachten, welches sie für das bayerische Landeskriminalamt erstellt hatte, zu dem Schluss gekommen, dass S. ein typischer junger Amoktäter mit einem generalisierten Hass gewesen sei. Diese Art von Täter wurde in dieser Arbeit bereits unter dem Kapitel „Täter“ näher beleuchtet. Zu diesem Bild passen die Mobbingerfahrungen die S. während seiner Schulzeit machen musste, sowie seine bekannte psychische Erkrankung. Allerdings warf unter anderem die Vorbereitung des Täters und auch Äußerungen während der Tat die Frage auf, ob nicht von einem rassistischen Hassverbrechen auszugehen sei. D. Sonobly hatte vor seiner Tat ein Pamphlet10 verfasst, indem er unter anderem von „ausländischen Untermenschen“ sprach. Weiterhin gab es Nachrichten und Videos in denen fremdenfeindliche Äußerungen vorkamen (Sundermann, 2017). Zudem lud er über einen Fake Account auf Facebook ausschließlich türkisch- und balkanstämmige Jugendliche in den McDonald’s ein, wo seine Tat beginnen sollte. Während seiner Taten rief er „Ich bin Deutscher, ich bin hier geboren worden, wegen den Scheiß-Kanaken tue ich das“

10 Ein Pamphlet ist eine Streit- oder Schmähschrift (Duden).

oder „Ich hasse euch Moslems“. Weiterhin hatte er sich im Voraus nicht nur für Schulamokläufen, sondern vor allem für den norwegischen Rechtsterroristen Breivik interessiert. Die Tat von München fand am fünften Jahrestag der Attentate von Norwegen statt, was vor dem Hintergrund nicht zufällig erscheint (Wiedmann-Schmidt, 2019). Die Diskussion über die Bezeichnung und Einordnung dieser Tat zeigt auf wie schwer sich aktuell verübte politisch oder religiös motivierte Taten einordnen lassen. Weder die klassische Definition von terroristischen Anschlägen noch die von Amokläufen eignen sich für diesen Fall.

Politologe Florian Hartleb findet für diese spezielle Form des Attentats den Begriff „Einsamer-Wolf-Terrorismus“ (Wiedmann-Schmidt, 2019). Dieser beinhaltet die Charakteristika dieser Tat, es handelte sich um einen Einzeltäter, der aus politisch motivierten Beweggründen eine Tat beging, die allerdings auch Elemente eines Amoklaufs aufwies.