• Keine Ergebnisse gefunden

5.2 Diskussion der Ergebnisse

5.2.2 Histologische Beurteilung der Schleimhaut

5.2.2.2 Altersabhängige und topographische Unterschiede - statistische

5.2.2.2.1 Altersabhängige Unterschiede

Anhand bisheriger Untersuchungen konnten keine altersabhängigen Unterschiede in der Histologie der Schleimhaut des oberen Respirationstraktes des Pferdes festgestellt werden (PIRIE et al. 1990; FROYDENLUND et al. 2015). Hierbei waren jedoch jeweils nur einzelne Strukturen des Nasennebenhöhlensystems Bestandteil der Untersuchung. Unsere Untersuchungen zeigten im Gegensatz dazu eine signifikante Abhängigkeit der Schleimhauthöhe, der Epithelhöhe, der subepithelialen Gefäßfläche und der Anzahl der Becherzellen von der jeweiligen Altersgruppe.

Histologische Veränderungen in der Schleimhaut des Pferdes bei zunehmendem Alter könnten unter anderem damit in Zusammenhang stehen, dass es im Laufe des Wachstums des Pferdes zu grundlegenden Veränderungen in der Anatomie des equinen Nasennebenhöhlensystems kommt (NICKELS 2011; FROYDENLUND et al.

2015) (s. Kapitel 2.1).

Auch hinsichtlich der auftretenden Krankheitsbilder im Bereich der NHH des Pferdes deuten einzelne Autoren Altersprädispositionen an (LANE et al. 1987; TREMAINE und DIXON 2001b; RUSH und MAIR 2004a), was durch einen veränderten histologischen Aufbau der Schleimhaut mit zunehmendem Alter begründet werden kann. Durch die vorliegenden Untersuchungen an ausschließlich gesunden Pferden lassen sich keine Aussagen zu Altersprädispositionen bestimmter Krankheitsbilder treffen.

Humanmedizinische Untersuchungen konnten ebenfalls zeigen, dass es mit zunehmendem Alter zu histologischen Veränderungen in der Nasenschleimhaut des Menschen kommt (HOLLENDER 1944; SCHRÖDTER et al. 2003). Es zeigte sich zum Beispiel, dass das Epithel von mittelalten Menschen im Schnitt deutlich dicker war als das von jungen Menschen. Bei alten Menschen zeigte sich hingegen wieder ein deutlich dünneres Epithel (SCHRÖDTER et al. 2003). Wir konnten in diesem Zusammenhang ebenfalls nachweisen, dass das Epithel der Nasennebenhöhlenschleimhaut bei mittelalten und alten Pferden (Gruppe B + C) höchst signifikant dicker ist als bei jungen Pferden (Gruppe A). Zwischen der Epithelhöhe mittelalter und alter Pferde (Gruppe B + C) zeigten sich bei uns hingegen jedoch keine signifikanten Unterschiede.

Durch die positive Korrelation der Epithelhöhe und der Anzahl der Becherzellen pro Region of Interest (ROI) zeigten die Proben der Pferde der Gruppe B und C ebenfalls eine höchst signifikant größere Anzahl an Becherzellen pro ROI im Vergleich zu den Pferden der Gruppe A. Auch hier zeigten sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Pferden der Gruppe B und C. Von anderen Tierarten sind vergleichbare Untersuchungen nicht bekannt. Die Tatsache, dass die Schleimhaut der NH und NNH älterer Pferden im Laufe ihres Lebens bereits häufiger mit Fremdmaterial in Berührung gekommen ist, könnte begründen, warum das Oberflächenepithel auf Grund abgeheilter entzündlicher Prozesse verdickt ist und die mukoziliäre Clearance durch eine erhöhte Anzahl von Becherzellen besser ausgebildet ist.

Die Gesamthöhe der Schleimhaut zeigte hingegen umgekehrte Verhältnisse. Die Schleimhaut der Pferde Gruppe A (< 5 Jahre) war höchst signifikant dicker als die der Pferde der Gruppe B und C (≥ 6 Jahre). Die bereits beschriebene unvollständige Verknöcherung des Stützgewebes bei jungen Pferden und die damit verbundenen Schwierigkeiten in der Erfassung der Messstrecke für die Gesamthöhe der Schleimhaut könnten hierfür eine mögliche Erklärung liefern. Auch die signifikant größere Fläche der subepithelialen Gefäße der Pferde in der Gruppe A gegenüber den Pferden in der Gruppen B und C könnte sich durch eine vermehrte Vaskularisation im Rahmen der Ossifikation des Stützgewebes (NICKEL et al. 2004) begründen lassen. Die zwei Ausreißer, welche in den Boxplots der Schleimhauthöhe wiederholt auffielen, lassen sich dadurch erklären, dass in diesen Präparaten große Gefäße beziehungsweise Nerven in die Schleimhaut eingebettet waren, wodurch die Schleimhaut an diesem Messpunkt deutlich an Dicke zugenommen hatte (Abb. 32).

5.2.2.2.2 Topographische Unterschiede

Die Untersuchungen von ILLIG (1910) und KUMAR et al. (2000) geben vereinzelt Hinweise auf topographische Unterschiede in der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen des Pferdes. Umfangreichere Untersuchungen, welche verschiedene Lokalisationen innerhalb des Nasennebenhöhlensystems des Pferdes einschließen und genaue Daten erheben, wurden bisher jedoch noch nicht angefertigt. In unserer Untersuchung zeigten die Schleimhauthöhe, die Epithelhöhe, die subepitheliale Gefäßfläche, die Anzahl der Becherzellen, die Form der Epithelzellen und das Auftreten von Drüsen eine signifikante Abhängigkeit von der jeweiligen Probenlokalisation und von der jeweiligen Altersgruppe der untersuchten

Pferde. ILLIG (1910) beschreibt unterschiedliche Schleimhauthöhen innerhalb des Sinussystems des Pferdes und verweist darauf, dass auch die Höhe des Epithels nicht in allen Sinuskompartimenten gleich ist. KUMAR et al. (2000) untersuchten die Schleimhaut im Bereich der Nasenmuscheln des Pferdes an verschiedenen Lokalisationen und erfassten hierbei Daten für die Höhe der Schleimhaut und die Höhe des Flimmerepithels, wobei sich ebenfalls zeigte, dass sich diese selbst zwischen einzelnen Lokalisationen innerhalb der Nasenmuscheln deutlich unterscheiden. Eine statistische Auswertung der Daten wurde in den beschriebenen Arbeiten nicht vorgenommen.

Die ungleichmäßige Häufigkeitsverteilung der einzelnen Krankheitsbilder innerhalb der verschiedenen Sinuskompartimente (DIXON et al. 2012), lässt ebenfalls regionale Unterschiede in der Histologie der NNH vermuten. Die Kieferhöhlen sind hierbei, gefolgt von dem Sinus der ventralen Nasenmuschel und der Stirnhöhle, die im Rahmen von Erkrankungen insgesamt am häufigsten betroffenen Sinuskompartimente. Die topographische Nähe der Kieferhöhlen zu den Zahnwurzeln der Oberkieferbackenzähne sowie die blindsackartige Form der ventralen Nasenmuscheln sind Faktoren, die sich zusätzlich begünstigend auf eine mögliche Entstehung einzelner Krankheitsbilder auswirken können.

Die regionale Häufung einzelner Tumorarten verstärkt außerdem die Vermutung, dass topographische Unterschiede in der Histologie der einzelnen Sinuskompartimente bestehen (NOACK 1956; DIXON und HEAD 1999a). Tumoröse Veränderungen des Oberflächenepithels sowie des Knochens konnten in den Untersuchungen von DIXON und HEAD (1999a) vermehrt innerhalb der Kieferhöhlen gefunden werden, wohingegen Tumoren des Drüsenepithels verstärkt im Bereich des Sinus frontalis, der Nasenmuschelhöhlen und der NH zu finden waren.

Die teilweise höchst signifikanten Unterschiede in der Anzahl der Becherzellen pro ROI zeigen, dass die Schleimproduktion innerhalb der einzelnen Sinuskompartimente stark variiert. Besonders auffällig waren hierbei die Lokalisationen II (SCD), VII (SMC – Orbita) und VIII (SMC), welche eine signifikant höhere Anzahl an Becherzellen aufwiesen im Vergleich zu den übrigen Lokalisationen I (SCM), III (SCV), V (SF), VI (SSF) und IX (SMR). Die Lokalisationen VII (SMC – Orbita) und VIII (SMC) sind ebenso die einzigen Lokalisationen innerhalb der NNH, an welchen einzelne seröse Drüsen nachgewiesen wurden. Der Mukosa des Sinus maxillaris caudalis kann somit gegenüber anderen Lokalisationen ein

deutlich höheres Potential für die Schleimproduktion zugerechnet werden. In der Studie von DIXON und O'LEARY (2012) konnte in diesem Zusammenhang gezeigt werden, dass der SMC das am häufigsten betroffene Sinuskompartiment im Rahmen einer primären Sinusitis sowie auch vieler anderer Erkrankungen, wie Sinuszysten, Traumata, Neoplasien und progressiven Siebbeinhämatomen, ist. DE MOOR und VERSCHOOTEN (1982) berichten in ihrer Untersuchung zu Empyemen und Nekrosen der Nasenmuscheln beim Pferd unter anderem von drei Fällen, bei denen eine Nasenmuschelvereiterung ohne Beteiligung anderer Sinuskompartimente auftrat. In allen drei Fällen war die dorsale Nasenmuschel betroffen. Auch hierbei könnte sich die große Anzahl der Becherzellen, welche wir in der Lokalisation II (SCD) nachweisen konnten, begünstigend auswirken.

Interessant war in diesem Zusammenhang auch die signifikante Korrelation zwischen der Anzahl der Becherzellen und der Höhe des Flimmerepithels, wodurch sich die signifikanten Unterschiede in der Flimmerepithelhöhe zwischen den einzelnen Lokalisationen teilweise erklären ließen. Auch die Auswirkungen auf die Gesamthöhe der Schleimhaut werden in diesem Zusammenhang sehr deutlich. Die Schleimhaut erreichte an den Lokalisationen II (SCD) und VIII (SMC) die höchsten Abmessungen, was durch das höhere Flimmerepithel in Folge einer erhöhten Anzahl von Becherzellen sowie der möglichen Einlagerung von Drüsengewebe in diesem Bereich zu erklären ist.

Signifikante Unterschiede im Erscheinungsbild der Flimmerhärchen wären in diesem Zusammenhang vorstellbar, konnten jedoch mit dem gewählten histologischen Auswertungsverfahren nicht nachgewiesen werden. KUMAR et al. (2000) berichten, dass Differenzen in der Dichte und der Länge der Kinozilien Hinweise auf Unterschiede im Schleimtransport geben. Für eine detailliertere Betrachtung des Flimmerepithels müssten jedoch elektronenmikroskopische Aufnahmen oder ex vivo Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren durchgeführt werden, um die Morphologie sowie die Bewegungsmuster des Flimmerepithels besser beurteilen zu können.