• Keine Ergebnisse gefunden

Alternative Dienstmodelle

Im Dokument Sicherheit 2013 (Seite 176-180)

nehmung aussen- und sicherheitspolitischer Optionen

9 Akzeptanz der Armee

10.3 Alternative Dienstmodelle

Mit der Präsentation des Sicherheitspolitischen Berichtes 2010 und des Armeebe-richts 2010 hat sich die öffentliche Debatte über die Zukunft der Schweizer Armee und des damit verbundenen Wehrmodells wieder akzentuiert. Auch die Diskussion um die Weiterentwicklung der Armee bot Gelegenheit, weitere Vorstellungen und Vorschläge zu präsentieren. Die von der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) am 5. Januar 2012 eingereichte Initiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht» zeigt dies exemplarisch. All dies führte dazu, dass in der Öffentlichkeit über alternative Formen der Dienstleistung zur Wehrpflicht vertieft nachgedacht wurde.

Die klassischen Wehrpflichtarmeen verlieren im gesamteuropäischen Rahmen deutlich an Bedeutung. Durch die Verkleinerung der Bestände aufgrund eines gesunkenen militärischen Personalbedarfs ist es nicht mehr notwendig, grosse Massenarmeen zu unterhalten. Dies hat vor allem auch mit dem transatlantischen Bündnissystem Nato und den neuen geostrategischen Realitäten zu tun, welche den Bündnispartnern erlauben, ihre Personalbestände zu reduzieren. Als Folge davon haben seit dem Ende des Kalten Krieges die meisten europäischen Staaten im Zuge der Transformation der Streitkräfte die Wehrpflicht ausgesetzt (vgl. Szvircsev Tresch 2005; Werkner 2006). Jüngste Beispiele dafür sind Schweden (Wehrpflicht ausgesetzt auf den 1. Juli 2010), Serbien (1. Januar 2011) und Deutschland, das Mitte 2011 ebenfalls zu einem Freiwilligenheer übergegangen ist. Andere Alternativen zur Wehrpflicht als die Freiwilligenarmee wurden in den europäischen Staaten – wenn überhaupt – nur rudimentär diskutiert und schnell beiseitegelegt. In der Schweiz gehen bei einigen politischen Parteien und Gruppierungen die Bestrebungen in eine andere Richtung. Beispielsweise wird darüber diskutiert, die heute auf den militärischen Dienst beschränkten Verpflichtungen auf eine allgemeine Dienstpflicht auszudehnen (aktuelles Beispiel: Tages-Anzeiger vom 11.12.2012: Statt Wehrpflicht eine allgemeine Dienstpflicht oder Avenir Suisse «Ideen für die Schweiz», Januar 2013). Junge Männer könnten dann – teilweise unter Beibehaltung des Armeepri-mats – zwischen Militär-, Zivil- oder Sozialdienst wählen. Über diese Ideen wird auch in der Schweizer Politik schon seit längerem debattiert, beschäftigten sich die

Wehrpflicht

eidgenössischen Räte jeweils mit entsprechenden Motionen dazu (vgl. Haltiner &

Szvircsev Tresch 2005, Haltiner, Wenger & Würmli 2007).

Wie steht nun die Schweizer Bevölkerung zu sechs von uns vorgegebenen Model-len? Das Meinungsbild zu einer gänzlich auf Freiwilligkeit basierenden Armee und zur Männerwehrpflicht wurde schon im Abschnitt 10.1. aufgezeigt. Befassen wir uns nun mit den Modellen «Allgemeine Dienstpflicht nur für Männer», «Allge-meine Dienstpflicht für Männer und Frauen», «Wehrpflicht auch für Frauen» und

«Militärdienst auch für Ausländer» (siehe Abbildung 10.5).

Abbildung 10.5

Zustimmung zu verschiedenen Dienstleistungsmodellen

«Es gibt nicht nur das Modell von der Wehrpflicht, sondern es sind auch andere Dienstmodelle mög-lich. Wir haben einige von diesen Dienstmodellen zusammengetragen. Sagen Sie mir bitte zu jedem, ob Sie damit sehr oder eher einverstanden sind bzw. eher nicht oder gar nicht einverstanden sind.»

(Angaben in Prozent)

’11 (1209)

’13 (1200)

«Die Schweiz sollte die heutige Wehrpflicht in eine obligatorische Dienstpflicht NUR für Männer umwandeln, wobei Männer frei wählen könnten, ob sie Militärdienst oder Zivildienst oder Sozialdienst leisten.»

’11 (1209)

’13 (1200)

«Die Schweiz sollte für Männer UND Frauen eine obligatorische Dienstpflicht einführen, wobei Männer und Frauen frei wählen könnten, ob sie Militärdienst oder Zivildienst oder Sozialdienst leisten.»

’05 (1209)

’13 (1200)

«Die Schweiz sollte die heutige Wehrpflicht für Männer so beibehalten und sie auf keinen Fall in eine obligatorische Dienstpflicht umwandeln.»

’11 (1209)

’13 (1200)

«Die Schweiz sollte die Wehrpflicht auch für Frauen einführen.»

’11 (1209)

’13 (1200)

«Die Schweiz sollte den Militärdienst auch für Ausländer einführen.»

’05 (1200)

’13 (1200)

«Die Schweiz sollte die allgemeine Wehrpflicht aufheben und auf jede Form einer allgemeinen obligatorischen Dienstpflicht verzichten.»

sehr einverstanden eher einverstanden Si/882/13

29 41

Sicherheit 2013

176

Umwandlung der heutigen Wehrpflicht in eine obligatorische Dienstpflicht nur für Männer, wobei sie frei wählen könnten, ob sie Militärdienst, Zivildienst oder Sozial-dienst leisten wollen

Seit 2005 wird im Rahmen dieser Studie die Einstellung der BürgerInnen zur all-gemeinen Dienstpflicht für Männer erhoben. Diese obligatorische Dienstpflicht für Männer mit freier Wahl der Dienstart wird im Vergleich zur letztmaligen Erhe-bung im Jahr 2011 konstant von 70% der SchweizerInnen unterstützt. Die bereits früher konstatierte hohe Befürwortung einer Ausweitung der Männerwehrpflicht in eine Männerdienstpflicht bestätigt sich auch 2013. Die Idee findet überdurch-schnittlich Anklang in der Westschweiz (82%, siehe auch Tabelle 10.2), bei der politischen Linken (81%) und bei Frauen (74%), wird aber unterdurchschnittlich gutgeheissen in der Deutschschweiz (65%), bei Personen, die sich selbst politisch rechts positionieren (64%) und bei Männern (64%). Auch Personen, welche das Militär als zentral für die schweizerische Gesellschaft betrachten, lehnen diesen Vorschlag häufiger ab (61%).

Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen mit freier Wahl für Militärdienst, Zivildienst oder Sozialdienst

Gegenüber einer Ausweitung einer solchen obligatorischen Dienstpflicht auf Frauen zeigt sich die Schweizer Stimmbevölkerung ambivalent. 59% der SchweizerInnen befürworten eine obligatorische Dienstpflicht für Männer und Frauen, wobei im Vergleich zu 2011 die Unterstützung markant gestiegen ist (+7%). Deutlich über dem Mittel billigen Personen mit einer selbstbekundeten linken politischen Ein-stellung (66%) wie auch in geringerem Masse die männlichen Befragten (62%) diese Vorgabe. Es scheint, dass sie der Auffassung sind, dass alle SchweizerInnen einen Beitrag für die Allgemeinheit leisten sollten.

Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht auch für Frauen

Die Ausweitung der Wehrpflicht auf die weibliche Bevölkerung wird zwar deutlich abgelehnt, die Zustimmung dazu ist aber im Jahresverlauf signifikant gestiegen.

Dennoch, nur 30% (+5%) sprechen sich dafür aus. Weniger erstaunlich ist, dass vor allem Männer ein solches Modell signifikant mehr unterstützen (38%), wohingegen sich Frauen damit nicht anfreunden könnten (22%). Ein Unterschied lässt sich auch bei der politischen Einstellung festmachen: Die sich politisch links positionierenden Befragten sprechen sich mit 74% gegen eine Frauenwehrpflicht aus.

Militärdienstleistung auch für die ausländische Wohnbevölkerung auf freiwilliger Basis Noch weniger Support erhält die Idee, dass auch AusländerInnen – auf freiwilliger Basis – Militärdienst leisten könnten (25%, +2%). Diesem Vorschlag stehen vor

Wehrpflicht

allem die 18 – 29-Jährigen am positivsten gegenüber (45%). Ebenfalls findet die Militärdienstleistung für AusländerInnen überdurchschnittlich Support bei der politischen Linken (32%) und bei den Frauen (29%), währenddessen vor allem die ab 60-Jährigen diese Vorgabe unterdurchschnittlich befürworten (16%).

Tabelle 10.2

Korrelationen zwischen Dienstmodellen, Einschätzung der Wehrpflicht und individuellen Merkmalen 2013

Weiblich

Deutsch-schweiz Je älter Je politisch rechter eingestellt

CC CC γ γ

Allgemeine Dienstpflicht nur Männer + -

--Allgemeine Dienstpflicht Männer und Frauen -

-Wehrpflicht Frauen - + +

Militärdienst für AusländerInnen + --

-+ und - schwache, positive oder negative Korrelation: Korrelationskoeffizient 0.1 – 0.2 ++ und -- mässig schwache, positive oder negative Korrelation: Korrelationskoeffizient 0.2 – 0.3 +++ und --- mittlere positive oder negative Korrelation: Korrelationskoeffizient 0.3 – 0.4

Fazit: In der Frage Wehrpflicht oder Freiwilligkeit tendiert die Bevölkerung im Vergleich zu 2012 deutlich Richtung Wehrpflicht, was im Übrigen auch auf das Wehrmodell Milizarmee zutrifft. Die grössten Differenzen im Zustimmungsgrad zeigen sich nach politischer Orientierung, nach Alter und zwischen der Deutsch- und der Westschweiz. Zum Teil sind diese Differenzen so gross, dass von klar trennbaren Meinungsbildern gesprochen werden muss. Bei den alternativen Dienst-modellen zur jetzigen Milizarmee auf Wehrpflichtbasis findet die allgemeine Män-nerdienstpflicht bei den SchweizerInnen eine klare und beachtlich hohe Zustim-mung. Welche Konsequenzen (z.B. finanzieller und administrativer Art) sich aus der Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht ergeben würden, wurde nicht in den Fragekomplex aufgenommen. Ob die ideelle Zustimmung unter Berücksich-tigung dieser Faktoren ebenfalls so hoch ausfallen würde, lässt sich nicht aus den Daten ablesen. Die Variante einer auch die Frauen einbeziehenden allgemeinen Dienstpflicht spaltet die Bevölkerung weiterhin in zwei etwa gleich grosse Lager, wobei im Vergleich zur letztmaligen Erhebung 2011 eine signifikante Unterstützung dazu festzustellen ist. Die Wehrpflicht für Frauen und ein freiwilliger Militärdienst für AusländerInnen werden klar abgelehnt.

Sicherheit 2013

178

Im Dokument Sicherheit 2013 (Seite 176-180)