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Österreichisches Gewaltschutzgesetz

Im Dokument Gewalt gegenüber Frauen (Seite 43-51)

4. Österreichische Rechtsentwicklung 1. Einleitung

4.2. Rechtshistorische Entwicklung

4.2.2. Österreichisches Gewaltschutzgesetz

1997 gelang ein wahrer Durchbruch in der österreichischen Rechtsentwicklung. Das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, auch Gewaltschutzgesetz genannt, trat in Kraft und änderte betreffende Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB), der Exekutionsordnung (EO) sowie des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG). Das Gewaltschutzgesetz war Ergebnis eines gesellschaftspolitischen Wandlungsprozesses mit dem man nicht nur in Österreich, sondern international Neuland betrat und wertvolle Pionierarbeit leistete. Mit dieser herausragenden legislativen Maßnahme erteilte man Gewalthandlungen in der häuslich privaten Sphäre, welche zuvor in der österreichischen Gesetzgebung nahezu keine Wahrnehmung fanden, eine deutliche Absage. Damit weitete der Staat in einer effektiven Art und Weise sein Gewaltmonopol auf einen bisher stark vernachlässigten Bereich aus. Private Gewalt wurde zur öffentlichen Angelegenheit. Dementsprechend versuchte man vor allem in der familiären Umgebung begangene Gewalttaten mit geeigneten Präventivmaßnahmen und verstärkter institutioneller Kooperation, insbesondere von Sicherheits- und Justizbehörden in Verbindung mit anderen Hilfseinrichtungen, erfolgreich entgegenzuwirken. Speziell Frauen profitieren seither von diesen Gesetzesänderungen, weil gerade in der österreichischen Gesellschaft, strukturell bedingt, Gewalt in der eigenen Familie keine Seltenheit darstellt und dabei in der Regel einem männlichen Täter ein weibliches Opfer gegenübersteht. De facto erfasst das Gewaltschutzgesetz also hauptsächlich Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt. Bei dieser umfassenden Novelle stellt sich die berechtigte Frage: Wie kam es zu diesem rechtshistorischen Meilenstein mit internationaler Vorbildwirkung?83

Die Reform musste politisch erstritten werden, was wohl ohne die damaligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht möglich gewesen wäre. Bevor der große Wurf mit dem Gewaltschutzgesetz gelang, war die rechtliche Situation bei Gewalthandlungen in der Privatsphäre eine nicht zufriedenstellende. Wurde eine Frau in den eigenen vier Wänden von

83 Dearing, Das österreichische Gewaltschutzgesetz als Kern einer umfassenden Reform der Reaktion auf Gewalt in der Privatsphäre unter besonderer Berücksichtigung der Funktion der Sicherheitsexekutive, in Dearing / Haller (Hrsg), Das österreichische Gewaltschutzgesetz (2000) 39 und 75 f; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz: Die

sicherheitspolizeilichen und sozialen Aspekte des Schutzes vor Gewalt in Familien (2002) 1 f;

Seibt, Einstweilige Verfügungen im Familienrecht, in Deixler-Hübner / Schwarzinger (Hrsg), Die rechtliche Stellung der Frau (1998) 42; Bundesgesetz über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, der Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG), BGBl 759/1996.

ihrem Partner geschlagen, konnte die Polizei nur dann effektiv einschreiten, wenn der Täter bereits einen Straftatbestand im Sinne des StGB realisiert hatte. Eine einstweilige Verfügung der Gerichte war in einem solchen Fall nur im Zusammenhang mit einem Scheidungs-, Aufhebungs- und Nichtigerklärungsverfahren der Ehe durchführbar. Schnelle polizeiliche und rechtliche Hilfe um weiteren Gewalthandlungen entgegenzuwirken, existierte also kaum. In der Regel musste das Opfer, um sich selbst bei Verwandten oder im Frauenhaus in Sicherheit zu bringen, den Platz räumen und der Täter konnte, ohne große Konsequenzen zu befürchten, in der gemeinsamen Wohnung verbleiben. Darüber hinaus war das Zusammenspiel zwischen Polizei, Justiz und diversen Opferschutzeinrichtungen noch nicht ausgereift und verlangte nach einer Verbesserung. Es war Aufgabe des Gewaltschutzgesetzes sich dieser generellen Schieflage anzunehmen.84

Neben der gerade erläuterten vormals unzureichenden Gesetzeslage, haben auch andere Faktoren die Entstehung des Gewaltschutzgesetzes beeinflusst. Wesentliche Rollen spielten dabei zum einen die Unnachgiebigkeit der Frauenbewegung, speziell der Frauenhausbewegung, mit ihrer Politik zur Destruktion patriarchaler Strukturen und zum anderen die Emanzipation der österreichischen Sicherheitsbehörden in den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts.85

Schon früh kamen von feministischer Seite, hauptsächlich in Person der Aktivistinnen und Aktivisten der Frauenhausbewegung, politische Impulse für eine Reform. Lange Zeit vor dem Gewaltschutzgesetz machten diese bereits auf das weitverbreitete Problemfeld der häuslichen Gewalt gegenüber Frauen aufmerksam und erreichten im Laufe der Jahre eine stetig wachsende Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Im Vordergrund stand dabei immer, aufzuzeigen, dass es sich um ein gesamtgesellschaftliches strukturelles Problem handelt und nicht um Einzelfälle, in denen Männern hin und wieder einmal „die Hand ausrutscht“.

Familiäre Gewalt war (und ist in den meisten Fällen auch heute noch) Ergebnis eines tief in der Gesellschaft verwurzelten Familienbildes, bei dem der Mann das Oberhaupt darstellt.

84 Ulrich, Innerstaatliche Dimensionen, in Neuhold, Pirstner, Ulrich (Hrsg), Menschenrechte – Frauenrechte – Internationale, europarechtliche und innerstaatliche Dimensionen (2003) 269; Seibt in Deixler-Hübner / Schwarzinger, Die rechtliche Stellung der Frau, 31;

Arbeitsgruppe Migrantinnen und Gewalt, Information über das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, in Arbeitsgruppe Migrantinnen und Gewalt (Hrsg), Migration von Frauen und strukturelle Gewalt (2003) 231.

85 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 42 f.

Bereits in den 1970er-Jahren erreichte die autonome Frauenbewegung zwei beträchtliche Rechtsreformen. Einerseits wurde die Fristenlösung, sprich ein strafloser Schwangerschaftsabbruch binnen der ersten drei Monate nach Schwangerschaftsbeginn, als ein zentraler Schritt in Sachen Selbstbestimmung der Frau erkämpft. Anderseits brachte man mit der Familienrechtsreform die rechtliche Stellung des Ehemanns als Oberhaupt der Familie zu Fall und schaffte damit die eheliche Gleichstellung zwischen Männern und Frauen. Beide Reformen rückten verstärkt die Einsicht, dass auch das Private politisch ist, in das allgemeine Bewusstsein der Menschen. In weiterer Folge sorgte vor allem die österreichische Frauenhausbewegung mit ihrem unnachgiebigen Engagement in der Beseitigung frauenbezogener Gewaltakte für den gesellschaftspolitischen Nährboden, auf dem das Gewaltschutzgesetz gedeihen konnte. Ebenso eine nachhaltige Triebkraft für das Projekt

„Gewaltschutzgesetz“ war schließlich die erste Frauenministerin Österreichs Johanna Dohnal, die noch heute als eine Ikone der österreichischen Frauenbewegung geschätzt wird.86

Einen anderen, nicht gerade unbedeutenden Faktor für die Entstehung des Gewaltschutzgesetzes stellte der Emanzipationsprozess der Sicherheitsbehörden in den 1990er-Jahren dar. Hintergrund war die Entwicklung einer eigenständigen Politik der inneren Sicherheit aufgrund eines steigenden Sicherheitsbedürfnisses in der Bevölkerung sowie der nach dem Fall der Mauer neu entstandenen migrationspolitischen Herausforderungen, welche letztendlich die Rolle der Polizei aufwertete. Außerdem trat im Zuge eines beachtlichen Gesetzgebungsschubes auch das völlig neu geschaffene Sicherheitspolizeigesetz mit 1.Mai 1993 in Kraft. Die damit einhergehende Erweiterung sicherheitspolizeilicher Aufgabenstellungen und Befugnisse führte zu einem gesteigerten Selbstbewusstsein der Sicherheitspolizeibehörden. Ohne diesen Ausbau der polizeilichen Rechte durch das Sicherheitspolizeigesetz wäre wohl die darauf aufbauende SPG-Novelle im Rechtskleid des Gewaltschutzgesetzes nicht möglich gewesen.87

Dem tatsächlichen Gesetzesbeschluss ging ein langjähriger Entwicklungsprozess voraus. Seit der UN-Menschenrechtskonferenz von Wien im Jahr 1993 und der dort vorgenommenen Anerkennung der Frauenrechte als Menschenrechte erfuhr das Thema der häuslichen Gewalt

86 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 39 f; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 13 f.

87 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 41 f; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 15.

auch bei den heimischen politischen Parteien immer stärker werdende Aufmerksamkeit. Es folgte eine themenspezifische Konferenz des Justizministeriums sowie die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, in der von Anfang an viele Frauen aus der Rechtswissenschaft und der österreichischen Frauenhausbewegung eingebunden waren. 88 1994 beschloss die österreichische Bundesregierung das Aktionsprogramm gegen Gewalt in der Familie als Basis für die weitere Arbeit an einem Gewaltschutzgesetz. Als ein leitendes Prinzip der Reform galt dabei der Vorrang der Gewaltprävention vor der grundsätzlich entgegenstehenden Achtung der Privatsphäre. Mit dem Aktionsprogramm wurden wiederum vier ressortübergreifende interdisziplinäre Arbeitsgruppen zu den zentralen Bereichen der geplanten Reform eingesetzt.

Noch im selben Jahr erteilte die Bundesregierung offiziell den Auftrag zur Erarbeitung eines Gesetzes zum Schutz vor Gewalt. 1996 war es dann letztendlich soweit: die Regierungsvorlage über das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie wurde vom österreichischen Parlament angenommen und trat mit 1.Mai 1997 in Kraft. Die relativ lange Legisvakanz des Gewaltschutzgesetzes diente in erster Linie zur Durchführung eines umfassenden Schulungsprogramms.89

Das österreichische Gewaltschutzgesetz ist kein homogenes Bundesgesetz. Vielmehr handelt es sich um einzelne Novellen des Sicherheitspolizeigesetzes, der Exekutionsordnung und des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs. In der Folge soll ein kurzer Überblick über die damit vollzogenen Rechtsänderungen gegeben werden.90

Der sicherheitsbehördlichen Intervention in Fällen männlicher Gewalt im häuslichen Bereich kommt große Bedeutung zu. Da die Polizei zuerst an den Ort des Geschehens gerufen wird, steht ihr Verhalten stellvertretend für die staatliche Reaktion auf Gewaltausbrüche in der Privatsphäre und hat somit eine nicht unbeträchtliche symbolische Wirkung. Deswegen gilt die Erweiterung der sicherheitspolizeilichen Befugnisse als Herzstück der Reform. Speziell die Schaffung von § 38a SPG, mit dem darin verankerten Wegweisungsrecht und Rückkehrverbot bei Gewalt in Wohnungen, stand im Zentrum der Novelle. Ist nunmehr

88 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 43; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 16.

89 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 43 f; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 16 ff.

90 Ulrich in Neuhold, Pirstner, Ulrich, Menschenrechte – Frauenrechte, 269; Bundesgesetz über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, der Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG), BGBl 759/1996.

gemäß § 38a Abs 1 SPG „auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen“

91. Nach § 38a Abs 2 SPG konnte dem Betroffenen überdies, sofern nicht unverhältnismäßig, die Rückkehr in die Wohnung bzw deren unmittelbaren Bereich in Verbindung mit der Abnahme der dazugehörenden Schlüssel verboten werden. Dabei spielte es keine Rolle, wem das Haus bzw die Wohnung gehörte. Zudem trifft die Polizei bis heute gegenüber der gefährdeten Person eine Informationspflicht über die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung beim Familiengericht sowie über geeignete Opferschutzeinrichtungen. Ein Rückkehrverbot endete grundsätzlich nach sieben Tagen. Wenn jedoch ohne unnötigen Aufschub ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt wurde, endete das Verbot erst nach der gerichtlichen Entscheidung, spätestens aber nach 14 Tagen. Die Missachtung des Rückkehrverbots war eine Verwaltungsübertretung und führte zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe.92

Mit dem Gewaltschutzgesetz fügte man auch die Bestimmungen §§ 382b bis d EO in die Exekutionsordnung ein. Auf diese Weise wurde das Instrument der einstweiligen Verfügung zum Schutz vor familiärer Gewalt, insbesondere durch deren Loslösung vom Bestehen einer Ehe, weitreichend ausgebaut. Gemäß § 382b Abs 1 EO hatte das Gericht „einer Person, die einem nahen Angehörigen durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar macht[e], auf dessen Antrag das Verlassen der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung aufzutragen und die Rückkehr in die Wohnung und deren unmittelbare Umgebung zu verbieten, wenn die Wohnung der Befriedigung des dringenden

91 Bundesgesetz über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, der

Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG), BGBl 759/1996.

92 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 46; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 10 f; Arbeitsgruppe Migrantinnen und Gewalt in

Arbeitsgruppe Migrantinnen und Gewalt, Migration von Frauen und strukturelle Gewalt, 232 f; Bundesgesetz über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, der

Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG), BGBl 759/1996.

Wohnbedürfnisses des Antragstellers dient[e]“93. Zusätzlich konnte das Gericht nach § 382b Abs 2 EO dem Gewalttäter unter bestimmten Voraussetzungen den Aufenthalt an gewissen Orten, ein Zusammentreffen sowie jegliche Kontaktaufnahme per einstweilige Verfügung verbieten. § 382b Abs 3 EO definierte näher, was unter „nahen Angehörigen“ zu verstehen war, die einen solchen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen durften. Wurde eine einstweilige Verfügung gemäß § 382b Abs 1 oder 2 EO im Zusammenhang mit diverser, ausdrücklich aufgezählter Eheauflösungsverfahren ausgesprochen, galt diese längstens bis zum Ende des Hauptverfahrens. Ansonsten betrug die Laufzeit einer einstweiligen Verfügung maximal drei Monate. § 382c EO und § 382d EO regeln noch heute das konkrete Verfahren und den Vollzug derartiger einstweiliger Verfügungen. Nach dem Konzept des Gewaltschutzgesetzes sollen die sicherheitspolizeilichen Maßnahmen und die gerichtlichen einstweiligen Verfügungen ineinandergreifen und präzise aufeinander abgestimmt sein.

Beides sind eigenständige rechtliche Instrumentarien, die im Allgemeinen hintereinander zur Anwendung kommen.94

Schließlich wurde mit Hilfe des Gewaltschutzgesetzes ebenso das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch abgeändert. Im Zentrum stand dabei die schadenersatzrechtliche Neuregelung des

§ 1328 ABGB, wodurch man unter anderem explizit den Ersatz des immateriellen Schadens bei einer Verletzung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts festschrieb.95

Abseits der Änderungen von SPG, EO und ABGB kam es rund um das Gewaltschutzgesetz zu einer Vielzahl an Begleitmaßnahmen. So leitete man organisatorische Umgestaltungen bei der Sicherheitsexekutive ein und schulte die polizeilichen Organe umfassend hinsichtlich häuslicher Gewaltfälle. Modellprojekte zur Arbeit mit Gewalttätern wurden gestartet, um

93 Bundesgesetz über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, der

Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG), BGBl 759/1996.

94 Seibt in Deixler-Hübner / Schwarzinger, Die rechtliche Stellung der Frau, 42 ff; Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 47 ff; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 9 f; Ulrich in Neuhold, Pirstner, Ulrich, Menschenrechte – Frauenrechte, 272; Bundesgesetz über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, der

Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG), BGBl 759/1996.

95 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 54; Rangger, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 9; Bundesgesetz über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, der Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG), BGBl 759/1996.

diesen einen respektvolleren Umgang mit Frauen näherzubringen. Ein sehr wichtiger Bestandteil der Reform war darüber hinaus die Schaffung von geeigneten Opferschutzeinrichtungen, den sogenannten Interventionsstellen. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nunmehr verpflichtet mit diesen staatlich finanzierten privaten Einrichtungen zu kooperieren und über ein erfolgtes Einschreiten wegen familiärer Gewalt zu informieren. Die jeweilige Interventionsstelle wird dann von sich aus tätig und nimmt mit dem gefährdeten Menschen Kontakt auf. In weiterer Folge steht man dem Opfer beratend zur Seite und leistet je nach Wunsch zusätzliche individuelle Unterstützung bis hin zur Verfahrensbegleitung. Des Weiteren richtete man im Zuge des Gewaltschutzgesetzes mit einer Verordnung des Bundesministeriums für Inneres einen Beirat für Grundsatzfragen der Gewaltprävention, kurz Präventionsbeirat, ein. Dem Präventionsbeirat oblag in erster Linie die Implementierung des Gewaltschutzgesetzes. Zudem trägt er seit seiner Errichtung Verantwortung für die laufende Evaluierung und Fortsetzung des Reformprozesses sowie für eine ordentliche Kooperation zwischen den Sicherheitsbehörden und den privaten Opferschutzeinrichtungen.96

Die Regelungen des Gewaltschutzgesetzes von 1996 wurden im Laufe der Zeit mehrfach reformiert bzw auf Grund von neuen Erfahrungswerten aus der Praxis permanent weiterentwickelt. Durch die SPG-Novelle 1999 etwa änderte man das in § 38a Abs 2 SPG verankerte Rückkehrverbot in ein Betretungsverbot und erhöhte zugleich die Dauer für ein solches. Das Betretungsverbot, vormals Rückkehrverbot, endete danach mit Ablauf des zehnten Tages seiner Anordnung bzw bei Beantragung einer einstweiligen Verfügung gemäß

§ 382b EO mit dessen gerichtlichen Entscheidung, spätestens jedoch nach 20 Tagen. Die Exekutionsordnungs-Novelle 2003 brachte unter anderem eine Abänderung der Definition von „nahen Angehörigen“ im Sinne von § 382b Abs 1 und 2 EO. Schlussendlich kam es im Jahr 2009 mit dem sogenannten Zweiten Gewaltschutzgesetz zur bisher weitreichendsten Überarbeitung des ersten Gewaltschutzgesetzes aus 1996. Das Zweite Gewaltschutzgesetz novellierte eine ganze Reihe von Gesetzen und leistete damit einen wichtigen Beitrag zur

96 Dearing in Dearing / Haller, Das österreichische Gewaltschutzgesetz, 54 ff und 61 ff;

Dearing, Das österreichische Gewaltschutzgesetz und seine Realisierung, in Europazentrum - Europahaus (Hrsg), Frau-sein in Europa - Traum oder Albtraum? Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union: Menschenwürde für Frauen (2003) 26 f; Ulrich in Neuhold, Pirstner, Ulrich, Menschenrechte – Frauenrechte, 273; Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Einsetzung eines Beirates für Grundsatzfragen der Gewaltprävention

(Präventionsbeirat-Verordnung), BGBl 572/1996 idF 572/1996.

Verbesserung des Opferschutzes in Österreich. Angesichts des nicht unbeträchtlichen Umfangs der mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz einhergehenden Gesetzesänderungen werden nachstehend nur die relevantesten in aller Kürze dargelegt. So wurde abermals die Geltungsdauer des Betretungsverbots im Sicherheitspolizeigesetz auf zwei Wochen bzw im Zusammenhang mit einer beantragten einstweiligen Verfügung auf vier Wochen verlängert.

In der Exekutionsordnung gestaltete man § 382b EO völlig um. Zunächst einmal steht nunmehr jeder Person, die in derselben Wohnung wie der Gewalttäter lebt, das Recht zu, eine einstweilige Verfügung zu beantragen, da die Eingrenzung auf „nahe Angehörige“ gestrichen wurde. Während die einstweilige Verfügung nach § 382b Abs 1 EO ansonsten unberührt blieb, lagerte man jene nach § 382b Abs 2 EO aus. Seitdem wird die einstweilige Verfügung, die dem Täter den Aufenthalt an bestimmten Orten, ein Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit dem Opfer verbietet, in § 382e EO geregelt. Auch für den neuen § 382e EO ist die bisherige Beschränkung auf „nahe Angehörige“ gefallen. Für beide Bestimmungen erhöhte man die längst mögliche Dauer der jeweiligen einstweiligen Verfügung: für jene in § 382b Abs 1 EO beträgt diese nun 6 Monaten und für jene in § 382e EO ein Jahr. Außerdem wurde mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz das Strafgesetzbuch vielfach abgeändert.

Hervorzuheben ist dabei die Einfügung des Straftatbestandes „Fortgesetzte Gewaltausübung“

gemäß § 107b StGB, der eine auf längere Zeit hindurch fortgesetzte Gewalthandlung gegen eine Person gesondert unter Strafe stellt.Schließlich verbesserte man im Rahmen des Zweiten Gewaltschutzgesetzes ebenso die prozessualen Opferrechte.97

97 Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz - SPG), BGBl 566/1991 idF 146/1999; Gesetz vom 27. Mai 1896, über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung - EO), BGBl 79/1896 idF 31/2003; Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die

Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden

(Zweites Gewaltschutzgesetz - 2. GeSchG), BGBl 40/2009; Bundeskanzleramt Österreich - Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst, Das Zweite Gewaltschutzgesetz,

<frauen.bka.gv.at/site/6770/default.aspx> (03.10.2012).

Im Dokument Gewalt gegenüber Frauen (Seite 43-51)