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II STAATLICHE INTEGRATIONSVERSUCHE IN BADEN-WÜRTTEMBERG

5. Öffentlich-rechtliche Sender

Auch die Entstehung des Südwestrundfunks (SWR) im Jahre 1997 durch eine Fusion von Süddeutschem Rundfunk (SDR) und Südwestfunk (SWF)

verdeutlicht den Versuch des Landes, durch einen Landessender auch im medialen Bereich eine gewisse Einheitlichkeit zu schaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt war Baden-Württemberg das einzige Bundesland, das von zwei öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalten bedient wurde. Die vom Land forcierten Fusionspläne stießen bei beiden Sendeanstalten zunächst auf wenig Begeisterung. Es ist allerdings zu betonen, dass weder der SWF noch der SDR eindeutig dem einen oder anderen Landesteil zuzuordnen sind, da sich das jeweilige Sendegebiet über beide Landesteile des heutigen Landes Baden-Württemberg erstreckte.

Der Südwestfunk (SWF) war von 1946-1998 die Landesrundfunkanstalt des Landes Rheinland-Pfalz sowie des südlichen Baden-Württembergs. Die Grenze zum Sendegebiet des Süddeutschen Rundfunks (SDR) in Baden-Württemberg verlief entlang der ehemaligen Grenzlinie der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern im Süden zu Württemberg-Baden im Norden des Landes. Im März 1946 ging der Südwestfunk, mit Ausnahme des Saarlandes, als

Rundfunkanstalt für die gesamte französische Besatzungszone auf Sendung. Er wurde somit zur Landesrundfunkanstalt für Rheinland-Pfalz und die südlichen, französisch besetzten Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern. Auch nach der Bildung des Landes Baden-Württemberg 1952 blieb der SWF

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Landesrundfunkanstalt für dessen südlichen Landesteil. Der Sitz des Senders befand sich in Baden-Baden. Im Mai 1997 unterzeichneten die

Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz den

Staatsvertrag104 über die Gründung der Zwei-Länder-Anstalt Südwestrundfunk (SWR). Anfang 1998 fusionierten SWF und SDR formal zum SWR und im Oktober desselben Jahres gingen die Rechte und Pflichten auf den SWR über.

Somit waren SWF und SDR endgültig aufgelöst worden.

Der Süddeutsche Rundfunk (SDR) war von 1949 bis 1998 die

Landesrundfunkanstalt für den nördlichen Teil Baden-Württembergs, genauer gesagt für das Gebiet des bis zur Landesgründung 1952 bestehenden Landes Württemberg-Baden. Der Hauptsitz der Sendeanstalt befand sich in Stuttgart.

Weitere Studios bestanden in Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Heilbronn und Ulm. Der Vorläufer des SDR war der Sender Radio Stuttgart, welcher bereits 1945 in der amerikanischen Besatzungszone gegründet wurde. Auch nach der Bildung des Landes Baden-Württemberg 1952 blieb der SDR die

Landesrundfunkanstalt für den nördlichen Teil des Landes.

Im März 1987 entschied das Bundesverfassungsgericht über die Klagen von SWF und SDR gegen das Landesmediengesetz von Baden-Württemberg.

Danach ist die Absicht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten regionale Hörfunkprogramme zu verbieten, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Diese Streitigkeiten veranlassten den Ministerpräsidenten Lothar Späth im Juni 1988 mittels einer Regierungserklärung in die Frage einer Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Südwesten einzugreifen. Nach dem Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht startete im September 1988 mit „Radio Breisgau“ das erste Sub-Regionalprogramm auf SWF1 und löste damit das Stadtradio Freiburg ab. Die Unternehmensberatungsgesellschaft Mc Kinsey105 übergab im Oktober 1989 einen Bericht über die wirtschaftlichen Vorteile einer Zwei-Länderanstalt aus SWF und SDR. Dieser Bericht wurde zuvor von

104 http://artikel5.de/gesetze/swr-stv.html (29.10.2011)

105 www.mckinsey.de/html/publikationen/index.asp (05.11.2011)

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Ministerpräsident Späth in Auftrag gegeben, was als Indiz gewertet werden kann, wie man versuchte, einer regionalen Zersplitterung entgegen zu arbeiten, zugunsten einer Vereinheitlichung der Senderlandschaft innerhalb des Landes.

Die vorgelegte Studie wurde sowohl von SWF als auch vom SDR massiv kritisiert. Um die von der CDU-Landesregierung betriebene Debatte um eine mögliche Fusion zu beenden, beschlossen SWF und SDR im Februar 1990 weitreichende Kooperationsvereinbarungen. 1995 legte der SWF-Intendant Peter Voß eine Konzeption zur Neuordnung des öffentlich-rechtlichen

Rundfunks im Südwesten vor. Auch er plädiert für die Schaffung einer Zwei- Länderanstalt Baden-Württemberg und Rheinland Pfalz. Im Juni 1996 kündigte Ministerpräsident Erwin Teufel in einer Regierungserklärung im Landtag an, die Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Südwesten in Angriff nehmen zu wollen. Ziel Teufels sei eine noch engere Zusammenarbeit zwischen SWF und SDR mit dem Ziel einer Fusion. Auch die Intendanten beider

Sendeanstalten waren zwischenzeitlich einer Fusion nicht mehr abgeneigt und veröffentlichten noch im selben Jahr ein Grundsatzpapier mit dem Ziel einer Zwei-Länder-Anstalt. Im April 1997 war es dann soweit und die

Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Rheinland Pfalz paraphierten in Mannheim den Entwurf eines Staatsvertrags über die Fusion von SWF und SDR zur neuen Anstalt SWR. Unterzeichnet wurde der Vertrag am 31. Mai 1997 in Mainz. Der Landtag von Baden-Württemberg verabschiedete das Gesetz zum Staatsvertrag über den Südwestrundfunk am 16. Juli desselben Jahres.106 Zwei Tage später folgte der Landtag von Rheinland-Pfalz. Für die

Verschmelzung von SWF und SDR zum SWR gab es natürlich auch verschiedene rationale und pragmatische Gründe. Die Hauptgründe waren finanzieller Natur, so wurden durch eine Straffung der Organisationsstrukturen und einer Reduzierung des Verwaltungsapparates beachtliche Mittel frei. Des Weiteren spielte die Präsenz zweier Landesrundfunkanstalten in einem

106 Landtag von Baden-Württemberg – 12. Wahlperiode, Drucksache 12/1560

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Bundesland ebenfalls eine nichtunerhebliche Rolle, da diese Situation immer wieder zu unvermeidbaren Konkurrenzsituationen beitrug. Nicht zuletzt spielten auch demographische Gesichtspunkte eine Rolle, denn die Gebühreneinnahmen des SWF waren rückläufig, während der SDR mit seinen Ballungsräumen finanziell besserausgestattet war. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass der Prozessder Fusion der beiden Landesrundfunkanstalten von SWF und SDR zur Zwei-Länderanstalt SWR zwar vordergründig und nach außen hin nach rein pragmatischen und sachlichen Gesichtspunkten vorgenommen wurde, aber im Hintergrund sich durchaus auch mentale Widerstände auftaten, die eine Zerschlagung kleinräumiger Strukturen, in diesem Falle der Sendelandschaft, befürchteten. Somit wurde der Fusionsprozess zur Staatsangelegenheit und verschiedene gesellschaftliche Kreise befürchteten eine Benachteiligung der regionalen Strukturen zugunsten des befürchteten Stuttgarter Zentralismus.

Diese Furcht, die seit Anbeginn der Landesgründung 1952 immer wieder auftrat, spiegelt sich auch im beschriebenen Fusionsprozess der Rundfunkanstalten wider.

6. Untersuchung der Feierlichkeiten zu den Landesjubiläen im