Seminarausarbeitung zum Proseminar Modul 4c
” Unendlichkeit“
Transzendente Zahlen
Maureen Schmitz
28. November 2017
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeines zu Polynomen 3
2 Konzepte der algebraischen & transzendenten Zahlen 6
2.1 Algebraische Zahlen . . . 6
2.1.1 Abz¨ahlbarkeit der algebraischen Zahlen . . . 7
2.1.2 Uberabz¨¨ ahlbarkeit der reellen Zahlen . . . 8
2.2 Transzendente Zahlen . . . 9
2.2.1 Irrationalit¨at als Voraussetzung von Transzendenz . . . 9
2.2.2 Uberabz¨¨ ahlbarkeit der Menge der transzendenten Zahlen . . . 10
3 Transzendenz von e 10 3.1 Die eulersche Zahl e . . . 10
3.2 Beweis f¨ur die Transzendenz von e . . . 12
4 Literaturverzeichnis 17
1 Allgemeines zu Polynomen
Definition 1.1 (Polynom) Sei R ein Ring
• Ein Polynom ¨uber R ist ein Ausdruck der Form a0+a1x+...+anxn, wobeiai ∈R und x eine Unbestimmte ist. Die Menge aller Polynome ¨uber R wird mit R[x]
bezeichnet.
• Istf ∈ R[x]ein Polynom mitf 6= 0, so nennt mandeg(f) := max{n∈N:an6= 0}
als den h¨ochsten in f auftretenden Exponenten von x, den Grad von f.
Nun ein paar Begriffe: Man nennt bei einem Polynom P den Koeffizienten bei der h¨ochsten Potenz von x seinen Leitkoeffizienten.
Beispiel 1 Bei P(x) = 4x3+x+ 3 ist der Leitkoeffizient 4 und der Grad deg(P) = 3 Definition 1.2 Ein Verkn¨upfungsgebilde (R,+,·) heißt Ring, genau dann wenn
• (R,+) eine kommutative Gruppe
• (R,·) ein assoziatives Verkn¨upfungsgebilde,
• · distributiv bzgl. +ist.
Ausgehend von Polynomen mit Koeffizienten in R der Form
P(x) =
n
X
i=0
aixi=a0+a1x1+a2x2+...+anxn
bilden alle diese Polynome einen Ring bez¨uglich Addition und Multiplikation.
Beispiel 2 Wir nehmen f¨urR den RingZ, so m¨ussen wir die Addition und Multiplika- tion auf R[x]definieren und zeigen, dass tats¨achlich ein Ring dabei herauskommt. Daf¨ur ordnen wir die Potenzen vonx der Gr¨oße nach und addieren zwei Polynome, indem wir die Koeffizienten potenzweise addieren. F¨urf(x) = 2x+ 1und g(x) =x3+ 5x−7 ergibt sich
(f+g)(x) = (2x+ 1) + (x3+ 5x−7) =x3+ (2 + 5)x+ (1−7) =x3+ 7x−6.
Die Multiplikation zweier Polynome erfolgt durch klassisches Ausmultiplizieren von Sum- men gem¨aß der Kommutativ-, Assoziativ- und Distributivgesetze, wobei auf die Potenzen von x die bekannten Potenzgesetze angwendet werden.
(f ·g)(x) = (2x+ 1)·(x3+ 5x−7) = (2x·x3+ 2x·5x−2x·7) + (x3+ 5x−7)
= (2x4+ 10x2−14x) + (x3+ 5x−7)
= 2x4+x3+ 10x2−9x−7.
Mit Hilfe der Gesetze inR, sowie der Potenzgesetze f¨urx, kann man leicht nachpr¨ufen, dass auch R[x] zu einem Ring wird.
Bemerkung 1.3 SeiR ein Ring und a∈R.
• Gibt es ein b∈R mitab= 0, so heißt aNullteiler.
• Gibt es außer 0 keinen Nullteiler inR, so heißtR Integrit¨atsring.
Definition 1.4 (Euklidischer Ring) Sei R ein Integrit¨atsring. Dann heißt R eukli- disch, wenn es eine Abbildungδ:R\ {0} →N0 gibt, sodass es zu je zwei Elementen a, b ∈R mit b6= 0 Elemente q, r∈R gibt, sodassa=qb+r und r= 0 oder
δ(r)< δ(b) gilt. Eine solche Abbildung nennt man euklidische Funktion. [2][vgl.S.114ff.]
Theorem 1.5 (Polynomdivision) SeiK ein K¨orper. Dann ist der PolynomringK[x]
mit der Gradfunktion δ(x) := deg(f) ein euklidischer Ring.
Beweis Zu zeigen: F¨ur alle Polynomef, g∈K[x], g6= 0, gibt es Polynome q, r∈K[x]
mitf =gq+r und deg(r)<deg(g).
Sein= deg(f)∈N∪ {−∞}undm= deg(g)∈N. Wir benutzen vollst¨andige Induktion.
F¨urn < mk¨onnen wir einfach q= 0 und r=f setzen.
Sei nun n≥m. Man kannf und g schreiben als
f(x) =anxn+· · ·+a0, g(x) =bmxm+· · ·+b0
mitan, bm6= 0. Wir definieren nun die jeweils h¨ochsten Terme vonf undgdurcheinander und erhalten
q0(x) := an
bmxn−m∈K[x]
Subtrahieren wir nun q0·g vonf, so erhalten wir (f −q0g)(x) =anxn+· · ·+a0− an
bmxn−m(bmxm+· · ·+b0).
Da sich in diesem Ausdruck der Termanxn weghebt, ist deg(f−q0g)< n. Jetzt k¨onnen wir auf das Polynomf−q0g die Induktionsvoraussetzung anwenden. Denn nach Induk- tionsvoraussetzung gibt es Polynome q00, r∈K[x] mit deg(r) <deg(g) und
f−q0g=q00g+r⇔f = (q0+q00)g+r.
Setzen wir nunq =q0+q00, so sind wir fertig.
[3][vgl.S.104ff.]
Aus dem Beweis erh¨alt man einen Algorithmus, der es erm¨oglicht ein Polynom durch ein anderes mit Rest zu dividieren. Dahinter steckt n¨amlich einfach die Polynomdivision, die man schon aus der Schule kennt.
Beispiel 3 Betrachten wir f¨ur K =Q zun¨achst f(x) =x5+x4−x3−x2+x+ 1 und g(x) = 2x3+ 2x2+ 4x. Wir wollenf durch gteilen. Dabei wird der erste Koeffizient von f durch den ersten von g geteilt. Wir erhalten somit:
q0 = x5 2x3 = 1
2x2. Anschließend betrachten wir f−gq0 und erhalten
x5+x4−x3−x2+x+ 1−1
2x2(2x3+ 2x2+ 4x) =−x3−x2+x+ 1.
Nochmal teilen wir den h¨ochsten Koeffizienten hiervon durch den h¨ochsten Koeffizienten von g. Dies ergibt
q20 =−1 2
Die Differenz, wie wir sie oben gebildet haben, ergibt nun
−x3−x2+x+ 1−(−1
2)(2x3+ 2x2+ 4x) = 3x+ 1.
Da der Grad von 3x+ 1 kleiner ist als der von g, sind wir fertig. Das Endergebnis ist demnach
x5+x4−x3−x2+x+ 1 = 1
2x2(2x3+ 2x2+ 4x)−x3−x2+x+ 1
= (1 2x2−1
2)(2x3+ 2x2+ 4x) + 3x+ 1 Wir erhalten einen Rest und somit ist g kein Teiler vonf.
Satz 1.6 Sei K ein K¨orper und f ∈ K[x]\ {0} ein Polynom vom Grad n ∈N. Dann gilt:
1. Ist a∈K mitf(a) = 0, so giltx−a|f 2. f hat h¨ochstens nNullstellen .
Beweis zu 1.
Wir k¨onnen f mit Hilfe der Polynomdivision (Theorem 1.5) mit Rest durch (x−a) dividieren und erhalten
f =q(x−a) +r
mitq, r∈K[x] und deg(r)<deg(x−a) = 1. Also ist r ein konstantes Polynom. Setzen wir in diese Gleichung den Wert aein, so ergibt sich:
0 =f(a) =q(a)(a−a) +r(a)∈K.
Da r ein konstantes Polynom ist, dessen Wert an einer Stelle agleich Null ist, muss r das Nullpolynom sein. Also ist
f =q(x−a),d.h. x−a|f.
Beweis zu 2. Wir beweisen die Aussage mit Hilfe vollst¨andiger Induktion nach n und der Division mit Rest. Falls n = 0 ist, so ist f 6= 0 ein konstantes Element in K und die Aussage stimmt, denn ein konstantes Polynom hat keine Nullstellen. Falls n >0 ist und a∈ K eine Nullstelle von f ist, dann k¨onnen wir f als (x−a)q f¨ur ein q ∈K[x]
schreiben. Dieses muss den Gradn−1 haben und besitzt nach Induktionsvoraussetzung h¨ochstens n−1 Nullstellen. Dann hat f = (x−a)q h¨ochstensn Nullstellen, n¨amlicha
und die Nullstellen vonq.
[3][vgl.S.105ff.]
Beispiel 4 Wir betrachten das Polynom f(x) = x2 + 1 ∈ (Z/2Z)[x]. Dann besitzt f in Z/2Z nur die Nullstelle 1. Laut dem oben genannten Satz kann es maximal zwei Nullstellen besitzen.
2 Konzepte der algebraischen & transzendenten Zahlen
2.1 Algebraische Zahlen
Bevor ich zu der Definition einer algebraischen Zahl komme m¨ochte ich vorab das Zah- lensystem betrachten. Es gibt die nat¨urlichen Zahlen N.
N = {0,1,2,3, . . .}. Diese erweitert man mit den negativen Vorzeichen und erh¨alt so die ganzen Zahlen Z. Dann gibt es die rationalen Zahlen Q. Dass es aber noch mehr Zahlen geben muss, zeigt die Diagonale in einem Quadrat mit der Seitenl¨ange 1. Mit Hilfe des Satz des Pythagoras, der sicherlich bekannt ist, hat die Diagonale die L¨ange
√2. Diese Zahl ist eine irrationale Zahl und die Menge aller irrationalen Zahlen wird mit I bezeichnet. Die reellen Zahlen sind gegeben aus R = I∪Q. Der Aufbau dieses Zahlensystems entspricht demnach:
N⊂Z⊂Q⊂R.
Allerdings gibt es noch weitere Zahlenmengen, die unterschieden werden k¨onnen. Das f¨uhrt uns zu der Frage nach den algebraischen und transzendenten Zahlen.
Definition 2.1 Eine reelle Zahl α heißt algebraisch vom Gradn, wenn sie Nullstelle eines Polynoms
f(x) =anxn+an−1xn−1+· · ·+a2x2+a1x+a0 = 0 (1) mit f(x)∈Z[x] vom Gradn >0 ist und α nicht die Nullstelle eines Polynoms g∈Z[x]
mit deg(g)<deg(f) ist. Somit gilt f(α) = 0.
Da jedes Polynom aus den Rechenoperationen +,- und · gebildet wird, nennt man die Zahl α, die Nullstelle irgendeines Polynoms ist, algebraisch ¨uber dem K¨orper K der Koeffizienten.
Die Menge der algebraischen Zahlen bezeichne ich im Fortlaufenden mitA. Die algebrai- schen Zahlen lassen sich ¨uberR nun entsprechend einordnen:
N⊂Z⊂Q⊂A⊂R.
[2][vgl.S.166ff.]
Bemerkung 2.2 Die Menge der algebraischen ZahlenAenth¨alt alle rationalen Zahlen, denn jede rationale Zahl r = mn mitm, n ∈Z und n >0 ist algebraisch vom Grad 1, da sie Nullstelle des Polynoms
f(x) =nx−m
ist. Daraus folgt, dass eine algebraische Zahl vom Grad n >1 nicht rational sein kann.
Beispiel 5 Algebraische Zahlen 1. Die Zahl x=√
2 ist algebraisch vom Grad 2, da sie Nullstelle des Polynoms f(x) =x2−2
ist.
2. Der goldene Schnitt ϕist Nullstelle des PolynomsP(x) =x2+x−1. Das bedeutet, dass P(ϕ) = 0 und somit ist ϕalgebraisch vom Grad 2.
2.1.1 Abz¨ahlbarkeit der algebraischen Zahlen
Definition 2.3 Eine Menge heißt abz¨ahlbar, wenn sie endlich ist oder man ihre Ele- mente bijektiv den nat¨urlichen Zahlen N zuordnen kann. Eine unendliche Menge, die nicht abz¨ahlbar ist, heißt ¨uberabz¨ahlbar.
Jedes α ∈ A ist nach Definition Nullstelle eines ganzzahligen Polynoms. Aus Kapitel 1 wissen wir, dass jedes Polynom h¨ochstens endlich viele Nullstellen besitzt. Es gilt nun das folgende Lemma zu zeigen, um die Abz¨ahlbarkeit vonA zu beweisen.
Lemma 2.4 Die Menge der Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten ist abz¨ahlbar.
Beweis Zu zeigen: F¨ur einen festen Grad n eines Polynoms gibt es f¨ur jeden Koeffizi- entena0, . . . , an abz¨ahlbar viele M¨oglichkeiten:
Es gibt eine bijektive Abbildung zwischen der Menge aller Polynome(mit rationalen Koeffizienten) vom Gradnf¨urn≥0 und dem (n+ 1)-fachen Produkt alsoZ\
0 ×Zn.
Pn:=
f ∈Z[x] |deg(f) =n
Pn→Z\
0 ×Zn; anxn+an−1xn−1+· · ·+a07→(an, an−1, . . . , a0).
Ein (n+ 1)-Tupel steht f¨ur die Menge aller Koeffizienten eines solchen Polynoms vom Grad n, wobei der Leitkoeffizient 6= 0 sein muss. Somit ist die Menge aller in Frage kommenden Polynome vom Gradnabz¨ahlbar und wird mitPn bezeichnet.
Dann ist die Menge aller Polynome mit ganzzahligen Koeffizienten offenbar P =
0 ∪P0∪P1∪P2∪P3∪. . .
Dies ist eine unendliche Vereinigung aus abz¨ahlbaren Mengen. Da sich die Vereinigung aber nur ¨uber abz¨ahlbar viele Mengen erstreckt, k¨onnen wir die einzelnen Abz¨ahlungen wieder untereinander schreiben:
P0 =
P0,0, P0,1, P0,2, P0,3, . . . P1 =
P1,0, P1,1, P1,2, P1,3, . . . P2 =
P2,0, P2,1, P2,2, P2,3, . . . P3 =
P3,0, P3,1, P3,2, P3,3, . . . . . . .
Es ergibt sich wie bei der Abz¨ahlung der rationalen Zahlen die Abz¨ahlung P0,0→P0,1→P1,0→P2,0→P1,1 →P0,2 →P0,3 →P1,2 →P2,1 →. . . .
Wenn wir jetzt ein solches Polynom betrachten, so wissen wir, dass es nur endlich viele Nullstellen haben kann. Wir m¨ussen nun in der Abz¨ahlung jedesPi,j durch die endliche Anzahl seiner Nullstellen ersetzen.
Es gibt also nur abz¨ahlbar viele Polynome, deren Nullstellen als algebraische Zahlen in
Frage kommen.
[3][vgl.S.103ff.]
2.1.2 ¨Uberabz¨ahlbarkeit der reellen Zahlen
Georg Cantor fand im 19.Jahrhundert einen Beweis daf¨ur, dass die Menge der reellen Zahlen nicht abz¨ahlbar ist.
Beweis der ¨Uberabz¨ahlbareit der reellen Zahlen R. Wir nehmen an, wir h¨atten die reellen Zahlen des Einheitsintervalls durchnummeriert, dh. alle reellen Zahlenamit der Eigenschaft 0≤a≤1. Dann ließen sich die Zahlen in einer Folge
a1 = 0, z11z12z13. . . a2 = 0, z21z22z23. . .
a3 = 0, z31z32z33. . .
aufschreiben, wobei die zij die Ziffern 0,1, . . . oder 9 sind. Wir werden nun die Zahl b konstruieren, die in dieser Folge nicht vorkommen kann.
b= 0, x1x2x3. . .mitxi =
(zii+ 1, fallszii<8, zii−1, fallszii≥8
Die konstruierte Zahl kann in der Folge a1, a2, a3, . . . nicht enthalten sein. Denn w¨are n¨amlich die konstruierte Zahl b = ak f¨ur ein k, dh. w¨urde diese Zahl mit einer der durchnummerierten reellen Zahlen des Einheitsintervalls ¨ubereinstimmen, dann m¨usste b = 0, x1x2x3· · · = ak = 0, zk1zk2. . . zkk sein. Daraus folgt aber xk = zkk. Das stimmt aber nicht, es ist ja xk = zkk±1. Damit kann b nicht eine der Zahlen a1, a2, . . . sein.
Wir haben hiermit gezeigt, dass die Menge der reellen zahlen zwischen 0 und 1 nicht abz¨ahlbar ist. Somit kann die Menge aller reellen Zahlen nicht abz¨ahlbar sein.
2.2 Transzendente Zahlen
Definition 2.5 Eine reelle Zahl α heißt transzendent, wenn sie nicht algebraisch ist.
Das bedeutet, wenn sie also nicht als L¨osung einer algebraischen Gleichung beliebigen (endlichen) Grades auftreten kann. Also wenn es kein Polynom
P(x) =a0+a1x1+a2x2+· · ·+anxn(mit n ganzzahligen koeffizienten ai) gibt, das an der Stellex=α den Wert Null annimmt, also P(α) = 0.
Bemerkung 2.6 Das Wort transzendent kommt aus dem Lateinischen,
”transcende- re“und bedeutet
”¨uberschreiten“. Bei diesen Zahlen wird eine universale Grenze ¨uberschritten, und zwar die Darstellbarkeit als Nullstelle eines Polynoms mit rationalen Koeffizienten.
2.2.1 Irrationalit¨at als Voraussetzung von Transzendenz
Wir haben bisher gezeigt, dass die rationalen ZahlenQalgebraisch sind. AusQ⊂Aund T=R\Afolgt T⊂I.
Folgerung Alle transzendenten Zahlen m¨ussen irrational sein.
Im Folgenden beweisen wir:T=R\A6=∅.
2.2.2 ¨Uberabz¨ahlbarkeit der Menge der transzendenten Zahlen
Theorem 2.7 Die MengeTder transzendenten Zahlen ist nicht leer,sondern ¨uberabz¨ahlbar.
Behauptung Neben den algebraischen Zahlen gibt es noch eine weitere Teilmenge in R, und zwar die transzendenten ZahlenT. Die Behauptung folgt aus der Abz¨ahlbarkeit der algebraischen Zahlen und der ¨Uberabz¨ahlbarkeit der reellen Zahlen.
Beweis Angenommen T w¨are abz¨ahlbar, so w¨are R = A∪T abz¨ahlbar, ein Wider-
spruch.
Wir haben nun die Existenz transzendenter Zahlen gezeigt, indem wir bewiesen haben, dass die algebraischen Zahlen abz¨ahlbar sind, dh. es gibt nur abz¨ahlbar viele Polynome, deren Nullstellen als algebraische Zahlen in Frage kommen. Ebenfalls haben wir gezeigt, dass die reellen Zahlen ¨uberabz¨ahlbar sind und es folglich sogar ¨uberabz¨ahlbar viele transzendente Zahlen geben muss. Also
”unendlich“viel mehr als algebraische Zahlen.
[3][vgl.S.102ff.]
3 Transzendenz von e
3.1 Die eulersche Zahl e
Definition 3.1 Die Eulersche Zahl e ist definiert durch die unendliche Reihe
∞
X
j=0
1 j!.
Bemerkung 3.2 Es ist e= 2,718281828459. . .. Mit Hilfe der Eulerschen Zahl e wird die Exponentialfunktion durch
ex :=
∞
X
j=0
xj j!
definiert. F¨ur reelle Werte von x ist die Exponentialfunktion streng monoton wachsend und nimmt nur positive Funktionswerte an. Zudem ist sie beliebig oft differenzierbar und stimmt ¨uberall mit ihren Ableitungen ¨uberein.
Im Folgenden m¨ochten wir zeigen, dass die Zahl etranszendent ist. Daf¨ur beweisen wir zun¨achst die Irrationalit¨at dieser Zahl, denn wir wissen, dass die Irrationalit¨at Voraus- setzung f¨ur die Transzendenz ist. AlsoT⊂I. [2][vgl.S.171ff.]
Lemma 3.3 Die Eulersche Zahl eist irrational.
Beweis Wir f¨uhren einen indirekten Beweis: Wir nehmen also an, dasse rational sei, dh. dass e= pq mitp, q∈Nund q >0 gilt. Wir betrachten f¨uredie Reihendarstellung
e:=
∞
X
k=0
1 k!.
Die Reihe wird nun f¨urn∈Nin zwei Summen zerlegt und wir erhalten die Partialsum- men:
Sn: =
n
X
k=0
1
k!, Rn:=
∞
X
k=n+1
1 k!
e=Sn+Rn=
n
X
k=0
1 k!+
∞
X
k=n+1
1 k! .
Es gilte−Sn>0 und weiter e−Sn=
∞
P
k=n+1 1
k! = (n+1)!1 +(n+2)!1 +(n+3)!1 +. . . = (n+1)!1 (1 +(n+2)1 +(n+2)(n+3)1 +. . .)
< (n+1)!1 ·(1 +(n+1)1 +(n+1)1 2 +(n+1)1 3 +. . .) = (n+1)!1 ·
∞
P
k=0
(n+11 )k
= (n+1)!1 · 1
1−n+11 = n!n1 .
Daraus folgt 0< e−Sn< n!n1 .
Wir setzen f¨ure= pq, da wir annehmenesei rational und erhalten somit:
0< pq −Sn< n!n1
Wir w¨ahlen nun n=q und so folgt
0< pq −Sq< q!q1 , (durch multiplizieren der Gleichung mitq! erhalten wir nun) 0< q!pq −Sqq!< 1q ⇔ 0< p(q−1)!−Sqq!< 1q <1
Da keine ganze Zahl zwischen 0 und 1 liegt, haben wir einen Widerspruch zu unserer Annahme aufgezeigt. Also folgt daraus, dass e sich nicht als rationale Zahl darstellen
l¨asst und somit e∈I ist.
3.2 Beweis f¨ur die Transzendenz von e
Satz 3.4 Die Eulersche zahl e ist transzendent.
Bemerkung 3.5 Der im Folgenden aufgef¨uhrte Beweis der Transzendenz von e geht nicht direkt von einer der m¨oglichen Definitionen von e aus, sondern verwendet eine abgeleitete Eigenschaft der Exponentialfunktion.
Er baut auf folgender Tatsache auf: F¨ur alle k∈Ngilt Z ∞
0
xke−x dx=k!. (2)
Beweis durch vollst¨andige Induktion. Wir Zeigen Ik=R∞
0 xke−x dx=k! . Induktionsanfang:k= 0
I0= Z ∞
0
x0e−x dx= Z ∞
0
e−x dx= lim
z→∞
Z z
0
e−x dx
z→∞lim[−e−x]z0 = lim
z→∞(e0−e−z) = 1 = 0!. Induktionsvoraussetzung:
Ik = Z ∞
0
xke−x dx=k!
Induktionsschluss:
Ik+1= Z ∞
0
xk+1e−x dx= (k+ 1)!
Beweis: mit Hilfe Partieller Integration.
Allgemein gilt R
uv0 =uv−R
u0v und somit Z z
0
xk+1e−x dx= [xk+1(−e−x)]z0− Z z
0
(k+ 1)xk(−e−x) dx
=−[xk+1(e−x)]z0+ (k+ 1) Z z
0
xke−x dx Z ∞
0
xk+1e−x dx= lim
z→∞[−[xk+1(e−x)]z0+ (k+ 1) Z z
0
xke−x dx]
=− lim
z→∞(zk+1e−z) + (k+ 1)k!.
Da−limz→∞(zk+1e−z) = 0 folgt Z ∞
0
xk+1e−x dx= (k+ 1)k! = (k+ 1)! . F¨ur den Transzendenzbeweis werden zwei Hilfsmittel verwendet, welche als bekannt vor- ausgesetzt werden.
1.
k→∞lim xk
k! = 0,f¨ur alle x∈R (3)
2.
|x0+x1+x2+x3+· · ·+xn| ≤ |x0|+|x1|+|x2|+|x3|+· · ·+|xn|, (4) f¨ur alle x1, . . . , xn∈R .
Bemerkung 3.6 1. Zum Nachweis des Grenzwertes in Gleichung (3) ¨uberlegt man, dass das (k+ 1)-ste Folgeglied aus dem k-ten Glied durch Multiplikation mit dem Faktor (k+1)x entsteht. Bei gegebenen x gilt f¨ur alle k > 2|x|, dass der hinzukom- mende Faktor kleiner als 12 ist, also von einer bestimmten Stelle an das n¨achste Glied immer- dem Betrag nach- kleiner ist als die H¨alfte des vorangehenden. Daher muss es sich hier um eine Nullfolge handeln.
2. Die verallgemeinerte Dreiecksungleichung (4) ist offensichtlich richtig, wenn alle auftretendenxi das gleiche Vorzeichen haben; dann gilt sogar Gleichheit. Im ande- ren Falle hebt sich auf der linken Seite einiges auf, w¨ahrend rechts weiterhin alle xi ihren vollen Betrag einbringen.
Nun kommen wir zum eigentlichen Beweis: Er wird hier direkt gef¨uhrt und nicht wie sonst ¨ublich durch einen Widerspruch. Zu zeigen ist daher, dass folgender Satz gilt.
Satz 3.7 Die Zahleist nicht algebraisch, d.h. f¨ur jede Wahl vonn∈Nunda0, a1, . . . , an∈ Z mita0 6= 0 und an6= 0 gilt also
anxn+an−1xn−1+· · ·+a1x1+a06= 0 . (5) Beweis Beweisidee: Es seien die Zahlen n, a0, a1, . . . , angegeben. Dann werden Zahlen r, s∈Rund p∈Zkonstruiert, sodass gilt
r(anen+an−1en−1+· · ·+a1e1+a0) =s+p (6)
mit|s|<1 (7)
p6= 0 . (8)
Dap∈Zist, folgt aus (7) und (8), dass p+svon Null verschieden ist. Dann kann aber auch keiner der Faktoren auf der linken Seite der Gleichung (6) verschwinden, sodass die Gleichung (5) folgt.
Wir definieren zur Ausf¨uhrung dieser Idee nun zwei Hilfsfunktionen:
g(x) =x(x−1)(x−2)(x−3). . .(x−n);x∈R h(x) = (x−1)(x−2). . .(x−n)e−x;x∈R. Seik∈N zun¨achst beliebig aber fest gew¨ahlt mit
f(x) =g(x)kh(x); x∈R
f(x) =xk((x−1)(x−2)(x−3). . .(x−n))k+1e−x f¨ur alle x∈R. Durch Ausmultiplizieren erh¨alt man nun
f(x) =e−x
k+n(k+1)
X
j=k
bjxj (9)
mit bj ∈ Z. Im Fall j = k erhalten wir bk = ±(n!)k+1. Nun betrachten wir folgendes Integral:
w0 = Z ∞
0
f(x) dx=
k+n(k+1)
X
j=k
bj Z ∞
0
xje−x dx (10)
Wegen (2) sind die Integrale unter der Summe ganze, durchk! teilbare Zahlen. F¨urj > k sind sie sogar durch (k+ 1)! teilbar. Da alle Koeffizienten bj ganze Zahlen sind, ergibt sich
w0 =±(n!)k+1k! +c0(k+ 1)! mitc0 ∈Z. (11) Wir setzen
r= w0
k! =±(n!)k+1+c0(k+ 1) (12) und spaltenw0 f¨uri= 1, . . . , n auf und erhalten
w0=vi+wi mitvi=Ri
0f(x) dxund wi =R∞
i f(x) dx.
So ergibt sich f¨urr(anen+an−1en−1+· · ·+a2e2+a1e1+a0) eine Zerlegung der Form
r(anen+an−1en−1+· · ·+a2e2+a1e1+a0) = w0
k!(anen+an−1en−1+· · ·+a2e2+a1e1+a0)
= w0anen+w0an−1en−1+· · ·+w0a1e1+w0a0
k!
= (vn+wn)anen+· · ·+ (v1+w1)a1e1+w0a0
k!
= vnanen+· · ·+v1a1e
k! +wnanen+· · ·+w1a1e+w0a0
k! .
Somit gilt noch zu zeigen, dass die beiden Zahlen s:= vnanen+· · ·+v1a1e
k! p:= wnanen+· · ·+w1a1e+w0a0 k!
die geforderten Eigenschaften f¨ur ein geeignetesk∈Naus Gleichung (7) und (8) besitzen.
Betrachten wir zun¨achst p:
Es soll geltenp6= 0 :
Durch Integration durch Substitution erhalten wir nun f¨urwi:
wi =e−i Z ∞
0
(x+i)k((x+i−1)(x+i−2)(x+i−3). . . x . . .(x+i−n))k+1e−x dx
=e−i Z ∞
0
k+n(k+1)
X
j=k+1
ebjxje−x dx
mitebj ∈Zf¨ur alle vorkommenden j, das heißt wi =e−i
k+n(k+1)
X
j=k+1
ebj Z ∞
0
xje−x dx .
Nun folgt aus (2), dass jedes Integral unter der Summe durch (k+ 1)! teilbar ist, dh.
wi=e−ici(k+ 1)! mit ci ∈Z.
Somit ergibt sich f¨urp:
p= wnanen+· · ·+w1a1e+w0a0
k!
= (cnan+· · ·+c1a1+c0a0)(k+ 1)±(n!)k+1a0
=c(k+ 1)±(n!)k+1a0
mitc∈Z.
W¨ahle nunk so, dassk+ 1> nund k+ 1> a0 und k+ 1∈P eine Primzahl ist. Es gilt (n!)k+1a06= 0. Mit einer solchen Wahl von kteilt (k+ 1) nicht (n!)k+1a0.
Daraus folgt
p=c(k+ 1)±(n!)k+1a0 6= 0.
Betrachten wir noch s:
Hierf¨ur schauen wir uns die Einschr¨ankungen der Funktion g, h, f auf dem Intervall [0, n] an. Da alle drei Funktionen stetig und das Intervall kompakt ist folgt, dassg, h, f beschr¨ankt sind, das heißt, es gibt zun¨achst positive reelle Zahlen G, H derart, dass f¨ur alle x∈[0, n] gilt:
|g(x)| ≤G, |h(x)| ≤H ⇒ |f(x)| ≤GkH ⇔ −GkH ≤ |f(x)| ≤GkH.
Daraus folgen f¨uri= 1,2, . . . , n die Integralabsch¨atzungen
−GkHi≤ Z i
0
f(x)dx=vi ≤GkHi ⇔ |vi| ≤GkHi.
Das ergibt mit Hilfe der verallgemeinerten Dreiecksungleichung (4)
|s|k! =|vnanen+· · ·+v1a1e| ≤ |vnanen|+· · ·+|v1a1e|=|vn||an|en+· · ·+|v1||a1|e1
≤GkH(n|an|en+· · ·+ 1|a1|e1) Seiz=H(n|an|en+· · ·+ 1|a1|e) unabh¨angig vonk.
Aus (3) k¨onnen wir nun folgern
k→∞lim |s| ≤ lim
k→∞
Gkz
k! = ( lim
k→∞
Gk
k!)z= 0·z= 0.
F¨ur ein gen¨ugend großes kgilt somit
|s| ≤ Gkz k! <1.
Da limk→∞ Gk!kz = 0, und es unendlich viele Primzahlen gibt, existiert ein gen¨ugend großes k, f¨ur das sowohl p 6= 0 als auch |s|< 1 gilt. Damit ist die Transzendenz von e
bewiesen.
[1][vgl.S.1ff.]
4 Literaturverzeichnis
[1] Fritsch, Rudolf: Transzendenz von e im Leistungskurs? http://www.mathematik.uni- muenchen.de/ fritsch/euler.pdf
[2] Kramer, J¨urg: Von den nat¨urlichen Zahlen zu den Quaternionen, Springer Spektrum Verlag: Berlin, 2013.
[3] Toenniessen, Fridtjof: Das Geheimnis der transzendenten Zahlen, Spektrum Akade- mischer Verlag: Heidelberg, 2010.