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Archiv "Sichtung – eine zwingende ärztliche Aufgabe beim Massenanfall" (12.02.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Sichtung

eine zwingende

ärztliche Aufgabe beim Massenanfall

Ernst Rebentisch

J

eder im Rettungsdienst tätige oder mit Notfallsituationen konfrontierte Arzt weiß, daß er jederzeit in den Zwang geraten kann, mehreren akut geschädig- ten Menschen zugleich bestmög- liche Hilfe leisten zu müssen, um ihr Leben zu retten oder Voraus- setzungen für erfolgreiche Wei- terbehandlung zu schaffen.

Der Auffassung von Moral und Hu- manität in allen Kulturstaaten ent- sprechend hat jeder zu Schaden gekommene Mensch Recht auf Hilfe, und jeder dazu Befähigte hat die Pflicht, nach bestem Wis- sen und Können zu helfen. Die Rechtsprechung hat sich diese ethischen Grundsätze mensch- lichen Handelns zueigen gemacht und bewertet ihre Unterlassung als strafwürdigen Tatbestand. Im Sinn des deutschen Strafgesetz- buches § 323 c hat der Arzt im Un- glücksfall seine Kompetenz voll einzusetzen und die ihm verfüg- baren Hilfsmittel zu nutzen, so weit es die gegebenen Umstände notwendig und zumutbar erschei- nen lassen. Er hat überdies ent- sprechend seinen beruflichen Fä- higkeiten bei Unglücksfällen mit gesundheitlichen Schäden regel- mäßig mehr zu leisten als der me- dizinische Laie (4).

Sichtung ist die wichtigste ärzt- liche Aufgabe bei einem Massen- anfall an Hilfebedürftigen. Ihr kann und darf sich nach morali- schem Grundsatz und Recht kein Arzt entziehen. Je zahlreicher die der Hilfe bedürfenden Menschen sind, desto höher sind die Anfor- derungen an die Fähigkeiten des jeweiligen Arztes. Die Arbeit gibt Hinweise, die jeder Arzt beherr- schen sollte, da er sich schon morgen unverhofft einer Vielzahl Patienten gegenübersehen kann.

Wenn ein Arzt bei einem Un- glücksfall mit mehreren Hilfebe- dürftigen sofort Hilfe leistet und sich dazu dem ihm zunächst lie- genden oder auch schwerverletzt erscheinenden Menschen zuwen- det, leistet er zweifellos eine ihm mögliche Hilfe. Er läßt aber außer acht, daß er aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen, selbst mit einfachen Mitteln oder auch ohne Hilfsmittel und Helfer weitaus mehr Menschen helfen könnte (3).

Je mehr Menschen innerhalb des gleichen Zeitraumes der Hilfe be- dürfen, desto weniger ist ein Arzt

oder sind mehrere Ärzte samt Hel- fern und dem ihnen zur Verfü- gung stehenden Material in der Lage, sich mit jedem Hilfebedürf- tigen so eingehend zu befassen und ihm mit allen Mitteln so um- fassend zu helfen, wie dies bei der Zuwendung zu einem einzelnen Patienten möglich ist.

Für Krankenhäuser kann der gleichzeitige Zugang einer größe- ren Anzahl Patienten zum funktio- nellen und technischen Problem werden. Zurückstellung vorberei- teter diagnostischer Maßnahmen und Operationen, Unterbrechen der Regelaufnahme, Zwang zum Freimachen von Betten und — häufig — Überlastung der Inten- sivpflegeeinheit sind nur einige typische Folgen, die erst allmäh- lich eine Rückkehr zu geregelten Arbeitsabläufen zulassen.

Wieviel mehr ein überraschender Andrang mehrerer Akutpatienten den Sprechstundenbetrieb eines niedergelassenen Arztes trifft, liegt auf der Hand.

Derartige, in unserem Alltag nur allzu häufigen Ereignisse be- zeichnen wir als

„Massenanfall

an Hilfebedürftigen". Dieser Begriff darf nicht mit dem „Massenun- Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 7 vom 12. Februar 1986 (37) 387

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Sichtung beim Massenanfall

fall" oder der „Massenkarambola- ge" verwechselt werden, da diese gemeinhin für außergewöhnliche Schadensereignisse gebraucht werden ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Personen- oder Sach- schäden handelt.

Die Definition des „Massenanfal- les" dagegen bezieht sich aus- schließlich auf medizinisch be- handlungsbedürftige Patienten und kennzeichnet ein Mißverhält- nis zwischen einer Überzahl Hilfe- bedürftiger und einer begrenzten Leistungsfähigkeit der Helfenden.

Die Unzulänglichkeit der Hilfe kann auf Mangel an Zahl und Kön- nen der Ärzte und Helfer oder auf Fehlen benötigten Materials beru- hen.

Jeder Massenanfall zwingt den Arzt, unverzüglich und zutreffend die Grenzen der sofort möglichen Hilfe einzuschätzen, zusätzliche Kräfte und Mittel anzufordern so- wie gleichzeitig mit der Hilfelei- stung für akut Lebensbedrohte und der Organisation des weite- ren Hilfeablaufes zu beginnen. Er hat die Rettungsleitstelle zu infor- mieren und seine Helfer sowie freiwillige Laienhelfer zur Schaf- fung notwendiger Übersicht am Ort, beim Sammeln, Ordnen und Registrieren der zu Schaden ge- kommenen Menschen, zur Vorbe- reitung eines Verbandplatzes und zum Fernhalten Schaulustiger einzusetzen.

Der primär unerläßliche Überblick über die Zahl, Art und Schwere al- ler Gesundheitsschäden ist Grundlage für das Handeln des Arztes und die Mitwirkung der Helfer an den einzelnen Patienten und die Entscheidung über das geeignetste Arbeitsverfahren. Alle Einzelmaßnahmen müssen zügig ablaufen, ohne jedoch flüchtig oder überhastet zu sein.

Stets ist zu bedenken, bei wem und wie die meist begrenzten Hilfsmittel, zum Beispiel Beat- mungsgeräte, Tuben oder Infu- sionslösungen, am effektivsten eingesetzt werden können.

Dieses, dem Arzt vorbehaltene Verfahren wird mit dem Wort

„Sichtung" gekennzeichnet. Ihre einzigen Ziele sind die Rettung möglichst vieler Menschenleben und die Wahrung günstiger Wie- derherstellungschancen. Da eine exakte Diagnosestellung auf- grund der Situation und der zur Verfügung stehenden, meist ein- fachen Untersuchungsmöglich- keiten kaum in Frage kommt, hat sich der Arzt auf die Symptomatik der Gesundheitsschäden zu kon- zentrieren und aufgrund seines Wissens, seiner Erfahrung, nicht selten auch seiner Intuition zu entscheiden.

Sichtung und die daraus resultie- rende Entscheidung des Arztes sind die Grundlagen seines Han- delns und seiner Anweisungen an Helfer. Sie ist daher bei jedem Mißverhältnis zwischen Hilfebe- darf und Hilfefähigkeit unaus- weichlich geboten. Lippert (3) stellt hierzu aus juristischer Sicht fest: „Das Unterlassen einer durch die Zahl der Hilfebedürfti- gen notwendigen Sichtung kann strafrechtliche Folgen für den Arzt im Sinne der Unterlassung der Hil- feleistung und der Vernachlässi- gung der Sorgfaltspflicht nach sich ziehen. Durch individuelle Zuwendung zu einem Patienten und Vernachlässigung der ande- ren, indem sie gar nicht erst unter- sucht werden, entscheidet unter Umständen ein Arzt, wen er zum Nachteil der anderen retten will.

Ein solches Verhalten wäre außer dem Rechtsverstoß gegen die Pflicht zur Hilfe moralisch verwer- flich."

Vordringlich wendet sich der Arzt den akut Lebensbedrohten zu — im Sinne der Sichtung der Kate- gorie I. Häufig genügt ein Blick, in anderen Fällen ist kurze Untersu- chung notwendig, bei der ihn er- fahrene Helfer unterstützen sol- len. Bei einer Mehrzahl Lebens- bedrohter muß sich der Arzt ohne Zögern entschließen, in welcher Reihenfolge seine Hilfe am drin- gendsten geboten erscheint und welche Mittel ihm im Einzelfall zur

Verfügung stehen. An erster Stel- le stehen die Behebung einer Atemstörung, das Freimachen und Freihalten der Atemwege, die Wiederherstellung ausreichender Herz-Kreislauf-Funktion, die Stil- lung einer starken äußeren Blu- tung und die Schockbekämpfung.

Trotz dieser, die volle Konzentra- tion verlangenden Hilfeleistung darf der Arzt nie die Übersicht über die Gesamtheit der Scha- densopfer verlieren, weil auch an- dere plötzlich sofortiger Hilfe be- dürfen können.

Sobald die lebensrettenden So- fortmaßnahmen durchgeführt sind und die Überwachung dieser Patienten erfahrenen Helfern übertragen ist, muß sich der Arzt den anderen bereits wartenden oder noch hinzukommenden Hil- febedürftigen zuwenden und ent- scheiden, ob und in welcher Form sie am Platz behandelt werden müssen oder ob sie im Interesse ihrer Behandlung so schnell wie möglich zum Krankenhaus zu transportieren sind.

Die Patienten, denen nur durch vorrangigen Abtransport zum Krankenhaus geholfen werden kann und die die notwendige Transportfähigkeit aufweisen, so- wie die weniger dringlichen, aber doch krankenhauspflichtigen Fäl- le gehören zur Dringlichkeitskate- gorie II der Behandlung, haben je- doch erste Transportdringlichkeit.

Am Ort der Sichtung ist daher ei- ne Beschränkung auf Lagerung, Ruhigstellung, gezielte Schmerz- bekämpfung und unter Umstän- den Einleitung einer Infusions- therapie angezeigt. In diese Grup- pe sind auch die ausreichend sta- bilisierten Hilfebedürftigen der er- sten Kategorie einzureihen. An- sonsten gehören in diese Katego- rie II unter anderem Schädel- Hirn-, Thorax- und Abdominal- Verletzte, schwer Brandverletzte, Verätzungsfälle, Frakturen und Luxationen größerer Extremitä- ten, Gefäß- und Nervenverletzun- gen, Vergiftete mit anhaltender Symptomatik, akute bronchiale und kardiale Erkrankungsfälle, 388 (38) Heft 7 vom 12. Februar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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Sichtung beim Massenanfall

Verletzte und akut Erkrankte im Bereich der Augen, des Gesich- tes, der Ohren und des Halses.

Die Vielzahl möglicher Indikatio- nen zum Abtransport und die un- terschiedliche Dringlichkeit und Zielrichtung zwingen zu straffer Steuerung des Transportverfah- rens nach rein ärztlichen Grund- sätzen, die sich auf die Reihenfol- ge, Art, Zusammensetzung und Begleitung des Transportes sowie auf die Bestimmung des Trans- portzieles erstrecken. Kann beim Einsatz planmäßiger Rettungs- transport- und Krankentransport- Wagen die Lenkung vom Bela- deplatz zum Krankenhaus der Rettungsleitstelle überlassen blei- ben, so kann dies beim Einsatz von Behelfsfahrzeugen, zum Bei- spiel Taxen, Krankenkraftwagen der Katastropenschutzeinheiten, nur noch aufgrund der ärztlichen Anweisungen nach der Sichtung erfolgen, wozu der verantwort- liche Arzt unbedingt die ständige Information über freie Betten und Behandlungskapazitäten durch die Rettungsleitstelle benötigt.

Die leicht Geschädigten bilden zwar bei jedem Massenanfall die größte Gruppe der Hilfebedürfti- gen; sie können jedoch nach der Befragung und Beratung durch den Arzt von Helfern behandelt oder auf Selbst- und Nachbar- schaftshilfe angewiesen werden.

Andere müssen zu ihrem Hausarzt überwiesen werden. Zu dieser III.

Kategorie gehören auch diejeni- gen, die nur vermeintlich einen Schaden erlitten haben und glaubten, Hilfe in Anspruch neh- men zu müssen. Auch sie sind durchaus ernst zu nehmen, zu re- gistrieren und keinesfalls durch Helfer ohne Vorstellung beim Arzt wegzuschicken.

Neben den akut lebensbedrohten, jedoch nach kurzem, rettendem Eingriff bald transportfähigen Pa- tienten stellen die Schwerstge- schädigten den Arzt vor die schwierigste Aufgabe. Er sieht sich Menschen gegenüber, die vielfache oder schwerste Schädi-

gungen ihrer Gesundheit erlitten haben oder nur noch schwache Lebenszeichen erkennen lassen und nach menschlichem Ermes- sen in Kürze sterben werden. Es ist jedem Arzt eine ethische Selbstverständlichkeit, daß er an einem offensichtlich sterbenden Menschen keine unsinnigen The- rapieversuche vornimmt, womit er das Leben unter Inkaufnahme neuer Qual für den Patienten viel- leicht für einige Minuten verlän- gern könnte. Hier bleiben nur Lin- dern des Leidens, ruhiges Zuwar- ten und Beistand.

Anderen Schwerstverletzten wird der Arzt nach Überwindung akuter Lebensgefahr durch Lagerung, Ruhigstellung und Schmerzlinde- rung Entlastung verschaffen oder in schonender Weise Schockbe- handlung zuteil werden lassen.

Stets muß der Arzt dafür sorgen, daß alle Schwerstverletzten unter ständiger Beobachtung durch er- fahrene Mitarbeiter bleiben, um jede Besserung oder Verschlech- terung des Zustandes sofort zu er- fassen. In manchen Fällen werden sich Atmung, Herz- und Kreislauf- funktion erholen oder ein Schock lösen, wenn zusätzliche Belastun- gen durch intensivere Behand- lungs- oder Untersuchungsmaß- nahmen und vorzeitiger Abtrans- port trotz fehlender Transportfä- higkeit vermieden werden.

Schwerstgeschädigte sind zu- nächst Schon- und Beobach- tungsfälle. Behandlung und Ab- transport erfordern stets äußerste Sorgfalt und erheblichen Aufwand durch Erfahrene. Schwerstbetrof- fene und selbst Menschen, deren Leben zu erlöschen scheint, sind keineswegs „Ausgesonderte"

oder durch ärztliche Willkür „zum Tode Verurteilte".

Die Last der Verantwortung eines Arztes, der gleichzeitig sichten und behandeln muß, ist extrem groß. Gerade bei einem Massen- anfall wird es schwierig, beide Aufgaben zu erfüllen, zumal viele, dem Arzt vorbehaltene Maßnah-

men nicht an Helfer übertragen werden können und dürfen. Wo immer möglich, sollten daher die Aufgaben mit anderen Ärzten ge- teilt werden. Es muß jedoch von jedem Arzt und Helfer strikt be- achtet werden, daß die aufgrund der Sichtung getroffene Entschei- dung absolut bindend ist und nur im Falle einer unvermutet eintre- tenden Komplikation abzustim- mende Abweichung zuläßt.

Keineswegs jeder Arzt besitzt die Fähigkeit, bei einem Massenanfall an Hilfebedürftigkeit mit der not- wendigen Sicherheit zu sichten.

Dies erfordert nicht nur breites fundiertes Wissen und Hand- lungsvermögen als Arzt, erheb- liche Lebenserfahrung und situa- tionsgerechtes Urteilsvermögen, sondern auch Kenntnisse der ört- lichen Gegebenheiten zur Koope- ration mit Polizei, Feuerwehr und freiwilligen Helfern. Wenn auch das Streben nach Schaffung idea- ler Voraussetzungen richtig ist, darf kein, auch noch so wenig er- fahrener Arzt davon ausgehen, daß er niemals in die Verlegenheit geraten könnte, bei einem Mas- senanfall sichten zu müssen.

Zur Schaffung möglichst günsti- ger Voraussetzungen für die Be- wältigung eines Massenanfalles bietet es sich den für das Ret- tungswesen zuständigen Behör- den an, einen Notarzt mit der Lei- tung des Sanitätseinsatzes und der Sichtung zu betrauen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß nicht jeder Notarzt, selbst wenn er über gute notfallmedizi- nische Kenntnisse verfügt, diese erheblich bedeutsameren Aufga- ben sicher wahrnehmen kann, ha- ben die Länder Bayern (2) und Ba- den-Württemberg (1) durch Erlaß von Richtlinien den Begriff „Lei- tender Notarzt" geschaffen. Diese im voraus namentlich zu bestim- menden Ärzte haben bei jedem größeren Schadensereignis die Leitung der medizinischen Hilfe im und am Schadensort sowie die Sichtung zu übernehmen. Sie werden dabei von anderen Not- ärzten und niedergelassenen Ärz- Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 7 vom 12. Februar 1986 (41) 389

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Sichtung beim Massenanfall

ten, Rettungssanitätern, Sanitäts- helfern unterstützt. Für die Aufga- be eines jeweils für einen um- schriebenen Bereich zuständigen Leitenden Notarztes sind in Bay- ern stets mehrere Ärzte zu benen- nen, damit einer der Vorgesehe- nen auf jeden Fall verfügbar ist.

Da sicher in manchen Regionen nicht genügend Notärzte mit ent- sprechender Eignung verfügbar sind, ist es durchaus möglich, daß auch ein niedergelassener Arzt als „Leitender Notarzt" einge- plant werden kann.

Es wäre nicht nur wünschenswert, sondern ist erforderlich, daß auch die anderen Bundesländer dem bayerischen Vorbild folgen, zu- gleich aber beachten, daß ein Massenanfall und der Zwang zur Sichtung keine Ländergrenzen kennen. Daher können nur weit- gehend bundeseinheitliche Rege- lungen den letztlich notwendigen Fortschritt bringen.

Literatur

1. Baden-Württemberg: „Gemeinsame Hin- weise des Innenministeriums und des Ministe- riums für Arbeit, Gesundheit, Familie und So-

zialordnung für Planungen zur Bewältigung ei- nes Massenanfalles". GABI. 33 (1985) 689-695

— 2. Bayerisches Staatsministerium des In- nern: „Zusammenarbeit von Rettungsdienst und Katastrophenschutz beim Massenanfall von Verletzten". MinAmtsblatt Ausg. A 36 (1984) 413-418-3. Lippert, H. D.: „Die Rechts- stellung des Rettungssanitäters im Katastro- pheneinsatz und dem Einsatz mit mehreren Verletzten". Der Rettungssanitäter 1982, Heft 10 — 4. Samland, J.: „Arztpflichten bei akut le- bensgefährlicher Erkrankung". Münch. Med.

Wschr. 125 (1983) 109-110

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Ernst Rebentisch Ganghoferstraße 4 8024 Deisenhofen

FÜR SIE GELESEN

lntraokulare maligne Melanome:

Sonne als Risikofaktor

In einer Verlaufsstudie verglichen die Autoren 444 Patienten mit in- traokularen malignen Melanomen mit zugeordneten Kontrollperso- nen, um die Auswirkung der Ultra- violettstrahlung sowie anderer Ri- sikofaktoren in der Pathogenese dieser Tumorart zu bewerten.

Bei im Süden der USA geborenen Personen ergab sich ein relatives Risiko von 2,7 (95 Prozent Vertrau- ensintervall, 1,3-5,9) verglichen mit den im Norden geborenen Personen. Personen mit braunen Augen waren geschützter im Ver- gleich zu denen mit blauen Au- gen (relatives Risiko 0,6; 95 Pro- zent Vertrauensintervall, 0,4-0,8), Haut- und Haarfarbe stellten je- doch keinen wichtigen Risikofak- tor dar. Bei Patienten mit intra- okularen malignen Melanomen konnte festgestellt werden, daß sie öfter als die Kontrollpersonen ihre Freizeit im Garten verbrach- ten, sich Sonnenbädern aussetz- ten und die Höhensonne benutz- ten. Seltenes Tragen von Hüten, Mützenschirmen oder Sonnen- brillen während des Aufenthaltes in der Sonne waren ebenfalls Risi- kofaktoren für die Erkrankung (re- latives Risiko 1,9; 95 Prozent Ver- trauensintervall, 1,6-2,2).

Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß nach diesen Daten die Sonnenbestrahlung als wichtiger Risikofaktor für ein intraokulares Melanom zu betrachten ist. Lng

Tucker, M. A.; Shields, J. A.; Hartge, P.; Augs- burger, J.; Hoover, R. N.; Fraumeni, J. F.: Sun- light Exposure as Risk Factor for lntraocular Malignant Melanoma. The New England Journ.

of Med. 313 (1985) 789-792.

Dr. Margaret A. Tucker, Environmental Epide- miology Branch, National Cancer Institute, Landow Bldg., Rm. 3C29, Bethesda, MD 20205, USA.

Orale Kontrazeptiva und Brustkrebs bei jungen Frauen

Der Zusammenhang zwischen der Einnahme von oralen Kontrazepti- va (OKs) und dem Risiko für Brust- krebs vor dem 45. Lebensjahr wurde durch eine Analyse der Da- ten aus einer in acht verschiede- nen geographischen Bereichen der USA durchgeführten popula- tionsbasierenden Verlaufsstudie untersucht.

2088 Frauen, bei denen vom 1.

Dezember 1980 bis 31. Dezember 1982 Mammakarzinome diagno- stiziert worden waren, wurden in- nerhalb desselben Zeitraumes mit 2065 Kontrollpersonen vergli- chen. Es konnte keine signifikante Zu- oder Abnahme des Brust-

krebsrisikos bei den OK-Anwen- dern im Zusammenhang mit dem Alter zum Zeitpunkt der ersten Einnahme oder der folgenden An- wendungsdauer festgestellt wer- den, selbst nicht bei Frauen mit einem Einnahmebeginn von OKs vor dem 20. Lebensjahr und fol- gender Einnahmedauer von über vier Jahren. Das Risiko änderte sich ebenfalls nicht signifikant bei der Anwendung von OKs mit ho- hen Gestagengaben bei Frauen vor dem 25. Lebensjahr (auch nicht bei einer längeren Einnah- me als sechs Jahre), ebenfalls nicht bei jenen, die OKs vor ihrer ersten Schwangerschaft anwen- deten (selbst nicht bei Über- schreitung der Einnahmezeit von vier Jahren) oder bei OK-Anwen- dern hinsichtlich des Alters bei Diagnose.

Diese Ergebnisse führen zu dem Schluß, daß die Einnahme von Kontrazeptiva bei jungen Frauen in den USA keine Auswirkung hat auf ein zunehmendes Risiko für Mammakarzinome vor dem 45.

Lebensjahr. Lng

Stadel, B. V.; Rubin, G. L.; Webster, L.; Schles- selman, J. J.; Wingo, P.: Oral Contraceptives and Breast Cancer in Young Women, The Lan- cet II 8462 (1985) 970-973.

Dr. B. Stadel, Contraceptive Evaluation Branch, National Institute of Child Health and Human Development, Room 7A14, Landow Building, 7910 Woodmont Avenue, Bethesda, Maryland 20205, USA.

390 (42) Heft 7 vom 12. Februar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

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