• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Mißhandlung von Kindern und Jugendlichen: Indirekte Hinweise ebenso wichtig wie sichtbare körperliche Symptome" (14.05.1987)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Mißhandlung von Kindern und Jugendlichen: Indirekte Hinweise ebenso wichtig wie sichtbare körperliche Symptome" (14.05.1987)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Mißhandlung

von Kindern Jugend- und lichen

Indirekte Hinweise ebenso wichtig wie sichtbare

körperliche Symptome

Margaret A. Lynch

B

ei der Aufklärung von Kindesmißhandlungen stellt man nicht selten fest, daß ein Kind mehreren Formen von Mißhandlung und Vernachlässigung ausgesetzt war und daß es in einer Familie mehrere Kinder mit ver- schiedenen Formen der Mißhand- lung oder Vernachlässigung gibt. So ist es beispielsweise die Regel, daß sexuell mißhandelte Kinder aus Fa- milien mit körperlicher Mißhand- lung stammen. Daher findet man bei vielen sexuell mißhandelten Kindern zusätzlich zu spezifischen kurz- und langfristigen Folgen des selbst erlit- tenen Mißbrauchs auch noch Aus- wirkungen der von ihnen miterleb- ten körperlichen Mißhandlung von Geschwistern.

Die bekannten Faktoren, die das Risiko von Mißhandlung und Vernachlässigung erhöhen, können auch direkt zu Entwicklungsstörun- gen führen. Die vielfach pathologi- sche Persönlichkeitsstruktur miß- handelnder Eltern, ihre sozialen Probleme und die große Häufigkeit sowohl körperlicher als auch psychi- scher Erkrankungen in der Familie können alle zusammen in sehr kom- plexer Form zu einer Entwicklungs- störung der Kinder beitragen.

Wenn ein mißhandeltes oder vernachlässigtes Kind vorgestellt wird, ist eine sorgfältige Untersu- chung aller Geschwister mit Ein- schluß von Wachstum, Entwicklung und Verhalten erforderlich. Die

Denken Sie bei einem Kind mit einem durch Sturz oder Unfall nicht überzeugend erklärbaren Muster äußerlicher Verletzun- gen immer auch an eine Miß- handlung? Wußten sie, daß un- gefähr ein zehntel der Säuglin- ge und Kleinkinder mit Fraktu- ren mißhandelt worden ist?

Denken Sie bei minderwüchsi- gen, entwicklungsgestörten und verhaltensauffälligen Kindern immer auch an die Möglichkeit einer Mißhandlung als Ursache?

hierbei erhobenen Befunde bilden die Basis jeder ärztlichen und juristi- schen Intervention.

Direkte Hinweise

Symptome

von Mißhandlung

Wenn eine körperliche Miß- handlung unmittelbar gefährliche Verletzungen zur Folge hatte, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß die El- tern ihr Kind einem Arzt vorstellen.

Wegen der Hoffnung auf spontanes Verschwinden der Symptome erfolgt diese Vorstellung vielfach erst nach einiger Zeit. Typischerweise ist die Erklärung für die Verletzung inad- äquat oder unpräzis. Manchmal be- haupten die Eltern, sie wüßten nicht, wie die Wunden entstanden seien. Leichte Verletzungen werden

Guy's Hospital, London SEI 9RT, GB

manchmal zuerst von Lehrern oder im Kindergarten bemerkt. Narben fallen unter Umständen erst dann auf, wenn ein Kind aus ganz anderen Gründen von einem Arzt untersucht wird.

Gewaltsames Greifen und Schütteln führen zu Wunden mit der Form von Finger- und Daumenab- drücken an Brust und Armen, oft in beidseitiger Anordnung. Ähnliche Wunden findet man auf den Wan- gen, wenn beim Füttern der Mund eines Kindes mit Gewalt geöffnet wurde. Beim gewaltsamen Einfüh- ren einer Flasche oder eines Löffels in den Mund kann das Frenulum zerrissen oder der Gaumen verletzt werden. Schlagen kann zu Prellhä- matomen oder zu Verletzungen mit Abdrücken von Hand oder Faust führen.

Wenn ein Schlagwerkzeug be- nutzt wird, kann es vielfach aus sei- nen Spuren identifiziert werden.

Rund um Handgelenke oder Enkel verlaufende Wunden deuten auf Fesselung hin. Alle Verletzungen in der Genitalgegend, auch schon in Form von Schrammen, sind sehr verdächtig auf sexuelle Mißhand- lung. Die Haut eines mißhandelten Kindes kann auch Kratzwunden, Bißmarken, Zigarettenverbrennun- gen oder eine Verbrühung zeigen.

Die Verteilung von Wunden hilft in der Regel bei der Differen- tialdiagnose weiter, vor allem wenn man dabei den Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt. Säuglinge A-1394 (54) Dt. Ärztebl. 84, Heft 20, 14. Mai 1987

(2)

verletzen sich nicht selbst, solange sie sich nicht kraftvoll aktiv bewegen können. Wenn sie zu laufen anfan- gen, können sie fallen und sich an Stirn und Schienbein verletzen, aber nur ausnahmsweise an Oberarmen oder Thorax. Hautverletzungen nach gewaltsamem Eintauchen in heißes Wasser unterscheiden sich deutlich von denen nach einem Ver- brennungs- oder Verbrühungsunfall.

Der Entwicklungszustand eines Kindes muß vom Untersucher ob- jektiv festgestellt werden, weil die Angaben von Eltern über die Fähig- keiten ihrer Säuglinge und Kleinkin- der vielfach nicht der Wirklichkeit entsprechen.

Die für mißhandelte Kinder ty- pische Verteilung von Frakturen un- terscheidet sich deutlich von derjeni- gen infolge von Unfällen (Worlock, Stower und Barbor, 1986). Eine kürzlich in Großbritannien durchge- führte Studie spricht dafür, daß von acht Kindern mit Fraktur in den er- sten 18 Lebensmonaten eines wahr- scheinlich mißhandelt worden ist.

Mißhandelte Kinder haben in der Regel multiple Frakturen und zu- sätzlich Wunden an Kopf und Hals.

Rippenfrakturen sind bei mißhan- delten Kindern häufig; solange sich für sie keine andere eindeutige Er- klärung ergibt, sollten sie als starker Hinweis auf Mißhandlung gewertet werden. An den langen Knochen kann starkes Drücken oder Verdre- hen zu spiraligen oder schrägen Frakturen führen. Wenn Säuglinge an einem Arm oder Bein herum- geschwungen werden, kann es zu ei- ner Epiphysenlösung kommen.

Bei Kindern unter zwei Jahren mit Schädelfraktur nach angebli- chem geringem Unfall sollte sehr ernsthaft an eine Mißhandlung ge- dacht werden, wenn mindestens ei- nes der folgenden Kennzeichen vor- liegt (Hobbs, 1984): multiple oder komplexe Frakturen, Impressions- fraktur, Frakturspalt weiter als drei Millimeter, wachsende Fraktur, Be- fall von mehr als einem Schädelkno- chen, Fraktur außerhalb des Os pa- rietale, zusätzliche intrakranielle Verletzungen.

Ein Säugling kann selbst bei subduralem Hämatom infolge hefti- gem Schütteltrauma äußerlich nur

wenige oder gar keine Zeichen einer Gewalteinwirkung zeigen. Solche Schütteltraumen ohne äußere Ver- letzungszeichen können zu Tod, gei- stiger Behinderung, Hemiplegie oder Blindheit führen. Schläge auf das Abdomen mit inneren Verlet- zungen sind weniger häufig.

Bei jedem Kind mit frischen Verletzungen muß man sowohl in der Anamnese als auch bei der aktu- ellen körperlichen Untersuchung Hinweise auf frühere Verletzungen beachten. Eine Skelettuntersuchung mit bildgebenden Methoden kann Hinweise auf alte Frakturen erge- ben. Körperlich mißhandelte Kinder kommen oft aus schwer gestörten Familien. Vielfach weisen Kinder aus solchen Familien eine Kette von Unfallverletzungen auf, wobei diese

„Unfälle" nicht selten die Folge da- von sind, daß die Eltern ihre Kinder nicht wirksam genug vor Gefahren aus der Umgebung schützen. Hier handelt es sich schon um eine Form der Vernachlässigung.

Symptome der Vernachlässigung weniger eindeutig

Körperliche Vernachlässigung ist leicht zu erkennen, obschon es schwer sein kann zu entscheiden, was zu einer angemessenen oder ge- nügend guten Versorgung gehört.

Die direkten Hinweise schließen schlechte Pflege mit einer Windel- dermatitis des jungen Kindes oder mit ungenügender, schmutziger Kleidung ein. Das Kind kann bleich und unterernährt sein und einen schlechten Pflegezustand von Haut und Haar aufweisen.

Indirekte Hinweise

Wachstumsretardierung kann ein Indiz sein

Der Zusammenhang zwischen Mißhandlung und nichtorganischer Wachstumsstörung ist gesichert. In Gruppen mißhandelter Kinder wur- de in einem hohen Prozentsatz der Fälle eine Wachstumsretardierung festgestellt (Lynch und Roberts,

1982). Bei Kindern mit Wachstums- störung vor dem Beginn einer nach- weisbaren körperlichen Mißhand- lung kann das Wissen um mögliche Zusammenhänge zu präventiven Maßnahmen führen.

Oates und Hufton (1977) fanden in einer Nachuntersuchung von 30 Kindern, die in der Zeit von 1960 bis 1967 wegen Wachstumsstörung in ein australisches Krankenhaus ein- gewiesen worden waren, daß bis 1975 zwei durch Mißhandlung getö- tet und zumindest drei andere durch Mißhandlung schwer verwundet worden waren. Während die Über- lebenden in ihrer körperlichen Ent- wicklung keine Probleme mehr zeig- ten, wurden sie rasch für ihre Umge- bung „Problemkinder", zum Bei- spiel für ihre Lehrer wegen „intel- lektueller und verbaler Entwick- lungsstörung". Aus Untersuchun- gen in London ergaben sich die glei- chen Zusammenhänge.

Die Wachstumsstörung ist eine der möglichen Manifestationen der körperlichen Vernachlässigung. Un- regelmäßige und ungenügende Füt- terung der Kinder ist in ungeordne- ten Familien häufig. Wenn Eltern ohne liebevolle Beziehung zu einem Säugling durch ihre eigenen Proble- me überbelastet werden, können sie vergessen, das Kind zu füttern;

manchmal überhören sie sogar das Schreien ihres hungrigen Kindes.

Ein über längere Zeit unterernähr- ter Säugling wird apathisch und hört auf zu schreien. Er kann so an eine ungenügende Kalorienzufuhr ge- wöhnt werden, daß er sogar bei- spielsweise bei einem Krankenhaus- aufenthalt eine normale Nahrungs- menge ablehnt.

In anderen Familien mit Aus- übung von körperlicher oder verba- ler Gewalt können Kinder zu ängst- lich sein zu essen oder Durchfall ent- wickeln. In manchen Familien wird Nahrungsentzug als Strafe einge- setzt. Kinder können auch durch übertriebene Bemühungen der El- tern um Sauberkeit bei den Mahlzei- ten am Essen gehindert werden.

Manchmal haben Eltern, vor allem die Mutter abnorme Eßgewohn- heiten. Zu den am schwierigsten be- handelbaren Fällen gehören Kinder mit Gedeihstörung als Manifestation Dt. Ärztebl. 84, Heft 20, 14. Mai 1987 (57) A-1397

(3)

einer schweren Störung der Eltern- Kind-Beziehung, vor allem mit Ab- lehnung des Kindes.

Bei mißhandelten oder vernach- lässigten Kindern mit Gedeihstö- rung sollte sich der Erfolg einer Be- handlung in einer Verbesserung der Wachstumsrate zeigen. Die Kinder sollten regelmäßig gewogen und ge- messen und die Ergebnisse in einem geeigneten Nomogramm protokol- liert werden. Dieses ist eine einfache und sehr wertvolle Methode, um den Fortschritt sowohl dem Kinde selbst als auch der Familie demon- strieren zu können.

Geistige und körperliche Entwicklungsstörungen Körperliche Mißhandlung kann zu schwerer neurologischer Schädi- gung mit körperlicher und geistiger Behinderung führen. In der Oxfor- der Langzeitstudie (Lynch und Ro- berts, 1982) hatten 10 Prozent der untersuchten Kinder schwere neuro- logische Schäden. In einer früheren amerikanischen Studie (Martin et al, 1974) belief sich der Prozentsatz auf 17 Prozent. In der Oxfordstudie hat- ten weitere 15 Prozent mittelstarke neurologische Schäden, in der ame- rikanischen Studie weitere 14 Pro- zent. Wenn sie auch nicht bedingt geistig retardiert waren, brauchten doch alle diese Kinder eine gezielte Behandlung.

Eine andere Form der bleiben- den Behinderung ist die Sehbeein- trächtigung infolge einer intraokulä- ren Blutung. Eine solche ist in der Regel mit intrakraniellen Blutungen verbunden, zum Beispiel einer sub- duralen Blutung. Intraokuläre Blu- tungen können in der Retina zu vor- übergehenden Hämorrhagien, aber auch zu Narbenbildung, zu Schielen oder zu Visusbeeinträchtigung füh- ren (Harcourt und Hopkins, 1971).

Die meisten Entwicklungsverzö- gerungen bei Kindern aus Familien mit Mißhandlung und Vernachlässi- gung sind nicht das direkte Ergebnis körperlicher Verletzungen, sondern des Mangels an angemessener Anre- gung und Ermutigung. Manchmal ist diese Deprivation so schwer, daß ein Kind mit normalen Entwicklungspo-

tentialen stark retardiert bleibt.

Wenn es in eine normale Umgebung kommt, holt es rasch auf. Weniger dramatische Ausmaße der Depriva- tion können unentdeckt bleiben, so daß niemand die tatsächlichen Ent- wicklungspotentiale eines solchen Kindes erkennt.

Verzögerte

Sprachentwicklung

Innerhalb der Entwicklungspro- file mißhandelter und vernachlässig- ter Kinder ist die Verzögerung der Sprachentwicklung bei Vorschulkin- dem der häufigste pathologische Befund. Ein Drittel der Kinder aus der Oxford-Studie hatten eine Sprachentwicklungsverzögerung. Es scheint, daß sowohl mißhandelnde als auch vernachlässigende Eltern ihre Babies unzureichend verbal sti- mulieren. Dies führt zu einem Defi- zit in der Entwicklung der verbalen Kommunikationsfähigkeit des Kin- des (Allen und Wasserman, 1985).

Wenn ein solches Kind einer Unter- suchung zugeführt wird, kann es schon Störungen der Kontaktfähig- keit aufweisen.

Mit dem Älterwerden persistiert die Verzögerung der Sprachentwick- lung bei mißhandelten und vernach- lässigten Kindern vielfach. Dies kann zu mangelhaften Schulleistun- gen führen. Eine Diskrepanz zwi- schen den mit verbalen und nicht- verbalen Intelligenzuntersuchungen erzielten Ergebnissen bleibt bis ins Erwachsenenleben bestehen. Dies ist nicht überraschend Familien, in denen mißhandelt und vernachläs- sigt wird, finden es schwer, sich mit Worten zu verständigen; sie drücken ihre Gefühle durch Handlungen oder Mangel an Handlungen aus.

Verhaltensauffälligkeiten Eine der besten Beschreibungen des Verhaltens mißhandelter Kinder kurz nach der Gewalteinwirkung stammt von Gray und Kempe (1979). Ungefähr 75 Prozent der Kinder sind auffällig fügsam und wachsam. Sie achten angestrengt darauf, welches Verhalten Erwach-

sene wünschen. Bei Kindern mit

„eisiger Wachsamkeit" sollte man immer an die Möglichkeit von kör- perlicher oder emotionaler Miß- handlung denken. Andere Kinder sind provokativ, aggressiv und hy- peraktiv. Derartiges Verhalten in Gegenwart der Eltern beobachtete man besonders bei Kindern aus nachlässiger Umgebung ohne klare Grenzsetzungen. Bei derartigen El- tern bleiben Versuche zur Verhal- tensänderung der Kinder in der Re- gel inkonsequent und münden nicht selten wieder in Mißhandlungen.

Nach meiner Erfahrung ziehen ältere mißhandelte oder vernachläs- sigte Kinder oft die Aufmerksamkeit durch asoziales Verhalten auf sich.

Vor allem Lehrern fällt ihr lautes, feindseliges Verhalten auf. In der Oxford-Studie wurden 27 Prozent der mißhandelten Schulkinder als schlecht angepaßt bezeichnet, Mäd- chen und Jungen gleich häufig.

Das gestörte Verhaltensmuster macht eine psychologische Untersu- chung mißhandelter Kinder sehr schwierig. Bei einer Beurteilung des Entwicklungsstandes stören Ablenk- barkeit , körperliche Unruhe, Ab- wehr und rebellische oder passive Antwortverweigerung am meisten.

Manche Kinder sind gegenüber den Anforderungen des Untersuchers überangepaßt. Die häufigsten Pro- bleme bei einer Untersuchung sind Ängstlichkeit, extreme Scheu und Angst vor Fehlern. Kinder mit die- sem Verhalten in einer Untersu- chungssituation können gleichaltri- gen gegenüber in ihrem Alltagsver- halten durch Aggressivität und Feindseligkeit auffallen.

Es ist nicht überraschend, daß Kinder aus Familien mit Mißhand- lung oder Vernachlässigung ein ver- mindertes Selbstbewußtsein haben.

In einer Studie von Oats et al (1985) waren mißhandelte Kinder der Auf- fassung, sie hätten weniger Freunde als ihre Alterskollegen und ver- brächten weniger Zeit mit Freun- den. Auf einer Skala der Selbstein- schätzung erreichten sie niedrigere Werte als nicht mißhandelte Kinder.

Ihre Zukunftserwartungen waren weniger anspruchsvoll als die einer Vergleichsgruppe. Das Fehlen von Selbstachtung und die Angst vor A-1398 (58) Dt. Ärztebl. 84, Heft 20, 14. Mai 1987

(4)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

FÜR SIE REFERIERT

Erfahrungen mit Therapie des

Prothese gegen Reizmagens noch Refluxbeschwerden problematisch

Fehlern können andere Gründe da- für sein, daß Kinder in ihren Schul- leistungen hinter ihren Möglich- keiten zurückbleiben.

Viele der Verhaltensauffällig- keiten oder psychosomatischen Symptome mißhandelter und ver- nachlässigter Kinder sind keines- wegs pathognomonisch, zum Bei- spiel Zerstörungswut, Schule- schwänzen, Enuresis , Enkopresis , rezidivierende Bauchschmerzen. So- lange wir aber die Kindesmißhand- lung und -vernachlässigung bei Kin- dern mit derartigen Auffälligkeiten nicht in unsere differentialdiagnosti- schen Überlegungen einbeziehen, werden wir Mißhandlungen und Vernachlässigungen häufig überse- hen. Es muß auch daran erinnert werden, daß Kinder, die irgend ei- ner Form von Mißhandlung oder Vernachlässigung ausgesetzt waren, Fluchtversuche machen, entweder durch Weglaufen oder einen Suizid- versuch.

Literatur

1. Allen, R. and Wasserman, G. A.: Origins of language delay in abused infants. Child Ab- use and Neglect 9 (1985) 335-340

2. Gray, J. and Kempe, R.: The abused child at time of injury. In: The Abused Child (H. P.

Martin, ed). Ballinger, Cambridge, Mass.

(1976)

3. Harcourt, B. and Hopkins, D.: Ophthalmic manifestations of the battered baby Syn- drome. British Medical Journal 3 (1971) 398-401

4. Hobbs, D. J.: Skull fracture and the diagno- sis of abuse. Archives of Disease in Child- hood 59 (1984) 246-252

5. Lynch, M. A. and Roberts, J.: Cons&

quences of Child Abuse. Academic Press, London (1982)

6. Martin, H., Beezley, P., Conway, E. and Kempe, C. H.: The development of abused children. Advances in Paediatrics 21 (1974) 25-73

7. Gates, R. K., Forrest, D. and Peacock, A.:

Seif-esteem of abused children. Child Abuse and Neglect 9 (1985) 159-163

8. Gates, R. K. and Hufton, I. W.: The spec- trum of failure to thrive and child abuse: a follow-up study. Child Abuse and Neglect 1 (1977) 119-124

9. Worlock, P., StoWer, M. and Barbar, P.:

Patterns of fractures in accidental and non- accidental injury in children: A comparative study. British Medical Journal 293 (1986) 100-102

Anschrift der Verfasserin:

Dr. med. Margaret A. Lynch Guy's Hospital

St. Thomas Street London SE1 9RT England

Von Angelchik wurde für die operative Therapie der Refluxöso- phagitis eine Prothese entwickelt, welche die Fundoplicatio ersetzen soll. Nach Reposition der Hiatusher- nie wird dabei eine hufeisenförmige Plastikmanschette um die Kardia ge- knotet, die einen Reflux verhindern helfen soll. Die Implantation dieses Fremdkörpers wurde in den USA mit großem Enthusiasmus propagiert, da dieses Verfahren im Gegensatz zum klassischen chirurgischen Vorgehen mit einem nur geringen Zeitaufwand angewandt werden konnte und die Letalität niedriger war.

Die von den Autoren aus Phoe- nix vorgelegten Langzeitergebnisse von 15 Patienten sind jedoch eher zurückhaltend zu interpretieren. In 19 Prozent kam es zu einer Disloka- tion der Angelchik-Prothese, so daß eine Reoperation erfolgen mußte.

Im Laufe der dreijährigen Nachbe- obachtungszeit ließ der zunächst weitgehend normalisierte Druck im unteren Ösophagussphinkter konti- nuierlich nach, so daß schließlich nur noch zwei Drittel der Patienten ohne Refluxbeschwerden waren.

Die Prothese kann aus diesem Grund nicht für den Routineeinsatz empfohlen werden.

Kozarek, R. A.; Brayko, C. M.; Sanow- ski, R. A.; Grobe, J. L.; Phelps, J. E.;

Sarles, H.; Fredell, C. H.: Evaluation of Angelchik Antireflux prothesis. Long- Term results. Dig. Dis. Sci. 30: 723-732, 1985

Department of Internal Medicine, Gastro- enterology Section, Phoenix VA Medical Center, Phoenix, Arizona.

Etwa ein Viertel der Bevölke- rung klagt über Symptome eines Reizmagens wie postprandiales Völ- legefühl, Sodbrennen, Übelkeit, Nüchternschmerz und Meteorismus.

Für Patienten, bei denen ein Reiz- kolon, eine Refluxösophagitis und eine organische Ursache der Be- schwerden ausgeschlossen werden konnte, wurde der Begriff der „non- ulcer dyspepsia" geprägt.

Die Autoren von der Macqua- rie-Universität in Sydney führten ei- ne Therapiestudie bei 47 Patienten mit „essentieller Dyspepsie" und 15 Patienten mit Dyspepsie und Re- fluxbeschwerden durch. Die Patien- ten wurden randomisiert und erhiel- ten entweder Cimetidin und Placebo oder Pirenzepin und Placebo, wobei die Medikation für einen Monat lief und nach einer Wash-out Phase im Crossover Verfahren bei erneuten Beschwerden fortgeführt wurde.

Insgesamt erhielten 51 Patien- ten Cimetidin und Placebo, 50 Pi- renzepin und Placebo. Cimetidin er- wies sich Placebo gegenüber als überlegen bei der Reduktion von In- tensität und Häufigkeit von Schmerzattacken, doch konnte letzt- endlich nur eine geringe Besserung erzielt werden. Pirenzepin zeigte so- gar im Vergleich zu Placebo keine Überlegenheit hinsichtlich Besse- rung der Beschwerden.

Offensichtlich kommt dem Säu- refaktor bei der Entstehung der Be- schwerden eines Reizmagens nur ei- ne untergeordnete Rolle zu.

Talley, N. J., McNeil, D., Hayden, A., Pi- per, D. W.: Randomized, double-blind, placebo-controlled crossover trial of cime- tidine and pirenzepine in non-ulcer dys- pepsia. Gastroenterology 91:149-156, 1986

Department of Medicine, University of Sidney, and School of Economic and Fi- nancial Studies, Macquarie University, Sydney, Australien.

Dt. Ärztebi. 84, Heft 20, 14. Mai 1987 (61) A-1401

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ein Einschalten der Polizei ist immer notwendig, wenn Selbst- oder Fremdgefährdung von Eltern oder Geschwistern vorliegt oder unmittelbare Gefahr für andere minderjährige

Das von Lang wiederholt geltend gemachte Argument, für ihre Realität spräche vor allem, daß sie zu jeder Zeit, unabhängig von den jeweils gegebenen kultu- rellen Voraussetzungen,

Wenn wir von der bloßen Täter- Opfer-Deliktbetrachtung abkom- men (ein Konzept, das den Ursa- chen und der Dynamik der Kindes- mißhandlung nicht gerecht werden kann) und viel eher

J eder Arzt, ob er nun in ei- ner Praxis, in einem Kran- kenhaus oder im öffent- lichen Gesundheitsdienst tä- tig ist, kann jederzeit mit Kindes- mißhandlung oder

Deshalb waren die Vorstellung von regionalen Hilfsangeboten für mißhandelte Kinder und der interna- tionale wissenschaftliche Austausch über Diagnostik und Therapie

Der vom Bundestag bechlossene Gesetzestext sieht vor, daß ein Schwangerschaftsabbruch dann nicht strafbar ist, wenn er mit Einwil- ligung der Schwangeren von einem Arzt

Wichtig ist, daß Ihr bereit seid, das Leben in der Gemeinschaft mitzugestalten und Verantwortung für Euch und andere zu über- nehmen.. Am Birklehof sollt Ihr die Möglichkeit haben,

Man weiß heute, daß sexueller Mißbrauch auch innerhalb der Fa- milie sowohl von der Häufigkeit als auch von den Folgen her ein nicht zu vernachlässigendes Phänomen ist, daß