• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Bakteriologischer Befund" (19.11.2010)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Bakteriologischer Befund" (19.11.2010)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

824 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 46

|

19. November 2010

M E D I Z I N

DISKUSSION

Untersuchungsmethoden

Die klinische Diagnose Harnwegsinfekt ist nur dann mit einer hohen Fehlerquote behaftet, wenn die Untersu- chungsmethoden Fehler beinhalten. So sollte auch in einer Hausarztpraxis eine mikroskopische Urinuntersuchung möglich sein, um eine Diagnose zu stellen. Auch soge- nannte „asymptomatische Harnwegsinfekte“ können bei chronischen urologischen Krankheitsbildern behand- lungsbedürftig sein. Der primäre Behandlungsversuch ei- nes vermeintlichen Harnwegsinfekts mit Fluorochinolo- nen führt oft zu Resistenzentwicklung. Cotrimoxazol, Amoxicillin oder Nitrofurantoin können durchaus erfolg- reich sein.

Der „Goldstandard“ zur Diagnose Harnwegsinfekt liegt, wie die Autoren schreiben, beim Erregernachweis mittels Urinkultur aus Mittelstrahlurin. Die Erfahrungen in der urologischen Praxis zeigen, dass dies oft mit Fehler- quellen behaftet ist. Der sogenannte Mittelstrahlurin zeigt oft auf Eintauchnährböden eine dichte Bakterienbesied- lung mit drei und mehr Keimen, was durch sekundäre Ver- unreinigung bedingt ist. Nach Reinigung des äußeren Ge- nitales sollte beim Mittelstrahlurin ein Bakteriennachweis mit Eintauchverfahren durchgeführt werden und ab einer signifikanten Bakteriurie über 100 000 Keimen eine Anti- biose erfolgen. Keimzahlen von 10 000 sind kontrollbe- dürftig. Auch eine Keimzahl von 1 000 kann bei Iso - sthenurie auf einen Harnwegsinfekt hinweisen. Im Zweifelsfall ist eine Katheterurinuntersuchung klärend und diagnostisch beweisend.

Der anamnestische Hinweis auf „Brennen beim Was- serlassen“ ist nicht pathognomonisch für eine Zystitis und findet sich auch bei einem Harnblasenkarzinom.

Die alleinige orientierende Urinuntersuchung mittels Teststreifen ist sicher nicht ausreichend für die Diagnose Harnwegsinfekt. Ein fehlender Nitritnachweis schließt ei- nen Harnwegsinfekt nicht aus.

Der Urinbefund lässt durch exakte Durchführung des Mittelstrahl- oder Katheterurins mit Teststreifen, Ein- tauchverfahren, Keimzahlbestimmung sowie Erreger- und Resistenzbestimmung und mikroskopischem Befund eine sichere Diagnose zu.

Bakteriologischer Befund

Mit großem Interesse habe ich den kritischen Beitrag zur Diagnose des Harnwegsinfekts (HWI) anhand von Veröf- fentlichungen gelesen. Er zeigt sehr schön das Dilemma der HWI-Diagnostik auf. Selbst in Publikationen ist sie nicht optimal. Zu sehr wird nur auf Laborergebnisse (Keimzahlen, die als Goldstandard des HWI angesehen werden) oder auf Teststreifen geschaut. Das klinische Bild mit den Befunden an der Vulva, dem Urethralbereich und die mikroskopische Untersuchung des Urins kommen zu kurz. Ich kann verstehen, dass subjektive Befunde immer weniger zählen, weil die klinische Seite in der Ausbildung unbefriedigend ist und man sich, insbesondere in Studien, nicht darauf verlassen will. Leider führt das dazu, dass zu häufig bakteriologische Befunde behandelt werden und nicht Infektionen.

Hinter einer Dysurie kann mehr stecken als ein HWI, zum Beispiel eine Vulvitis, eine Dermatitis des Urethral- ausgangs, eine Hautschädigung durch übertriebene Reini- gungen, eine Dermatose oder auch ein rezidivierender Herpes urethralis. Infektionen sind akute Ereignisse und es gehört eine Entzündungsreaktion dazu, das heißt eine Leu- kozytenvermehrung im Urin. Diese kann dort mit einem Nasspräparat bei 400-facher Vergrößerung sofort erkannt werden. Mehr als drei Leukozyten pro Gesichtsfeld sind hochverdächtig. Leider wird in den Publikationen für den Leukozytennachweis nur der Esterasetest genannt und für die Mikroskopie nur der Nachweis von Bakterien. Beide sind wenig aussagekräftig. Gerade bei Frauen, der Haupt- gruppe der Patienten mit HWI, müssen auch die Vulva, die Keimflora in der Vagina und die Zahl der Leukozyten im Fluor berücksichtigt werden, da sie Urin kontaminieren.

Hautverbesserung im Analbereich, der Quelle der Darmbakterien, die einen HWI verursachen, ist von Be- deutung.

zu dem Beitrag

Diagnose des Harnwegsinfekts – Eine systematische Übersicht

von Dr. med. Guido Schmiemann MPH, Dr. med. Eberhard Kniehl, Klaus Gebhardt, Dr. med. Martha M. Matejczyk, Prof. Dr. med. Eva Hummers-Pradier in Heft 21/2010

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0824a

LITERATUR

1. Schmiemann G, Kniehl E, Gebhardt K, Matejczyk M, Hummers-Pradier E: The diagnosis of urinary tract infection: A systematic review. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(21): 361–7.

Dr. med. Hans-Bernd Roleff

Peter-Nonnenmühlen-Allee 77, 41063 Mönchengladbach

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0824b

LITERATUR

1. Schmiemann G, Kniehl E, Gebhardt K, Matejczyk M, Hummers-Pradier E: The diagnosis of urinary tract infection: A systematic review. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(21): 361–7.

Prof. Dr. med. Eiko E. Petersen Eichbergstraße 18 79117 Freiburg

E-Mail: eiko.petersen@web.de

Blasenpunktion erforderlich

Die Autoren schreiben: „Der Goldstandard zur Diagnose eines Harnwegsinfekts ist ein Erregernachweis bei klini- schen Beschwerden. Der Erregernachweis erfolgt mittels Urinkultur aus Mittelstrahlurin (MSU), mit der man die Art und Menge des Erregers feststellt“. Dem muss wider- sprochen werden.

Die Harnröhre der Frau enthält fast immer Keime, die des Mannes oft. Folglich kann nur die Blasenpunkti- on Urin liefern, der ein sicheres Ergebnis bringt. Im Jah- re 1972 untersuchten wir 1 013 konsekutive Patienten

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 46

|

19. November 2010 825

M E D I Z I N

(192 m, 812 w) einer nephrologischen Ambulanz, bei de- nen ein Harnwegsinfekt vermutet wurde oder ausge- schlossen werden sollte (1). Zuerst wurde die Blase punk- tiert, danach wurde ein Mittelstrahlurin (MSU) gewon- nen. Wir fanden bei 192 Patienten eine Keimzahl

> 100 000/mL. Davon hatten 30 Prozent ein steriles Bla- senpunktat (BP), bekämen also, nähme man diese Gren- ze, unnötig Antibiotika. Betrug die Keimzahl 10 000 bis 100 000, waren 61 Prozent der BP steril, bei < 10 000 im- merhin 87 Prozent. War der MSU steril (319 Patienten), war auch stets die BP steril. Streng genommen bietet nur der sterile MSU eine sichere Aussage. In allen anderen Fällen behandelt man mehr oder weniger viele Gesunde oder lässt mehr oder weniger viele Kranke unbehandelt.

Somit kann der MSU nicht der „Goldstandard“ sein.

Die Blasenpunktion ist heute bei der Verfügbarkeit des Ultraschalls leicht und sicher durchzuführen. Sie wird als weniger schmerzhaft bezeichnet als eine Venenpunktion.

Unangenehm für den Patienten ist, dass er vor der Punkti- on einen gewissen Blasendruck aushalten muss. Bei dem großen Aufwand, den der Bakteriologe zu leisten hat und den weitreichenden Konsequenzen, die diese Befunde ha- ben, sollte der Kliniker ein brauchbares Material liefern.

Unseres Wissens wurden unsere Befunde bisher weder bestätigt noch falsifiziert.

und daher weniger geeignet ist, die Erkrankung zu entde- cken (2). Vor diesem Hintergrund ist die von Dr. Roleff aufgestellte Forderung, dass eine mikroskopische Unter- suchung in der Hausarztpraxis möglich sein sollte, zu hin- terfragen. Der anamnestische Hinweis auf ein „Brennen beim Wasserlassen“ ist nicht pathognomonisch – eine sol- che Aussage findet sich in unserer Arbeit auch nicht. Die anamnestische Angabe typischer Beschwerden („Brennen beim Wasserlassen“) erhöht jedoch die Wahrscheinlich- keit für das Vorliegen eines Harnwegsinfektes. Für die Di- agnose eines Karzinoms ist diese anamnestische Angabe weitaus weniger hilfreich, wenngleich es in Einzelfällen durchaus vorkommen kann, dass ursächlich (oder gleich- zeitig) ein Harnblasenkarzinom gefunden wurde. „Der Goldstandard der Diagnose einer Harnwegsinfektion ist bei entsprechender Anamnese und typischen Beschwer- den die Urinuntersuchung einschließlich quantitativer Urinkultur und deren Beurteilung“. Auf diese Definition hat sich die Arbeitsgruppe der S3-Leitlinie Harnwegsin- fekte der AWMF verständigt (http://www.uni-duesseldorf.

de/WWW/AWMF/ll/043–044-m.html). Die Methode der Uringewinnung ist – wie von Fiegel und Höffler kritisiert – nicht Bestandteil dieser Definition. Je nach Art der Urin- gewinnung gelten andere Keimzahlen als diagnostisch be- weisend, hier gibt es mehrere Arbeiten, in denen die bakte- riologischen Ergebnisse der Blasenpunktion mit anderen Formen der Uringewinnung verglichen wurden. Eine Bla- senpunktion liefert zweifellos Untersuchungsmaterial höchster Qualität, ist aber aus vielerlei Gründen (Verlet- zungsrisiko, Kosten) nicht zur routinemäßigen Diagnostik bei Erwachsenen in der Primärversorgung geeignet – für Kinder im Säuglingsalter stellt sich die Situation mögli- cherweise anders dar. So untersucht auch die von Fiegel und Höffler vorgestellte Studie das (spezielle) Klientel ei- ner nephrologischen Ambulanz und ist damit nur einge- schränkt auf die Situation in der Primärversorgung über- tragbar.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0824c

LITERATUR

1. Fiegel P, Höffler D, Ringelmann R: Die Bedeutung der Blasenpunktion in der nephrologischen Diagnostik. Die Medizinische Welt 1972; 23:

1705–6.

2. Schmiemann G, Kniehl E, Gebhardt K, Matejczyk M, Hummers-Pradier E: The diagnosis of urinary tract infection: A systematic review. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(21): 361–7.

Dr. med. Peter Fiegel Am Keltenlager 6, 55126 Mainz Prof. Dr. med. Dieter Höffler

Rappmühlstraße 10, 54331 Weiterstadt, E-Mail: dhoeffler@t-online.de

Schlusswort

Wir haben in unserer Arbeit versucht, die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen einem Harnwegsinfekt und einer asymptomatischen Bakteriurie zu verdeutlichen. Die Bezeichnung asymptomatischer Harnwegsinfekt sollte man vermeiden, um deutlich zwischen einer Erkrankung und einem nur in Einzelfällen behandlungsbedürftigen Zustand (zum Beispiel Eradikation einer asymptomati- schen Bakteriurie bei Schwangeren) zu unterscheiden. Zur Hintergrundinformation möchten wir auf die aktuellen Leitlinien (1, 3) zur Diagnose und Therapie verweisen, in denen diese Nomenklatur konsentiert wurde. Diese Unter- scheidung sollte dazu beitragen, dass eben nur Infektionen und nicht bakteriologische Befunde – wie von Fiegel und Höffler angemerkt – behandelt werden.

Zur stärkeren Berücksichtigung des Leukozytennach- weises im Urin, auf den Dr. Roleff und Prof. Petersen hin- wiesen, möchten wir ergänzen, dass insbesondere der feh- lende mikroskopische Nachweis von Leukozyten mit ei- nem negativ prädiktiven Wert von 95 Prozent geeignet ist, einen Infekt auszuschließen, die Sensitivität jedoch nach einer Metaanalyse nur zwischen 37 und 96 Prozent liegt

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0825

LITERATUR

1. Schmiemann G, Gebhardt K, Matejczyk M, Hummers-Pradier E: Brennen beim Wasserlassen – Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfekte.

Düsseldorf: Omicron publishing 2009.

2. Whiting P, Westwood M, Bojke L, Palmer S, Richardson G, Cooper J, et al.:

Clinical effectiveness and cost-effectiveness of tests for the diagnosis and investigation of urinary tract infection in children: a systematic review and economic model. Health technology assessment 2006;10(36): 1–154.

3. Epidemiologie, Diagnostik, antimikrobielle Therapie und Management von erwachsenen Patienten mit Harnwegsinfektionen Nr. 043/044 (in press) http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/043–044-m.htm 4. Schmiemann G, Kniehl E, Gebhardt K, Matejczyk M, Hummers-Pradier E:

The diagnosis of urinary tract infection: A systematic review. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(21): 361–7.

Dr. med. Eberhard Kniehl Prof. Dr. med. Eva Hummers-Pradier Dr. med. Guido Schmiemann MPH Institut für Allgemeinmedizin

Medizinische Hochschule Hannover, 30625 Hannover E-Mail: schmiemann.guido@mh-hannover.de Interessenkonflikt

Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors be- steht.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

weißer Rum, Minze, Rohrzucker, frisch gepresster Limettensaft, Soda, frische Maracuja.

geht gedanklich der Metapher voraus, weshalb er hier erwähnt werden soll, obwohl er nicht den Tropen, sondern den Sprachbildern zugerech- net wird: Bei ihm vergleichen wir eine

AlŊbald athmete sie wieder und erholte siĚ, aber der junge KŹnig hatte eŊ mit angesehen und wute niĚt, warum eŊ der getreue JohanneŊ gethan, ward zornig darđber und rief

Hat eine Schülerin / ein Schüler das Aufnahmeverfahren oder die Prüfung bestanden und ist einer Schule zugewiesen (je nach Bildungsgang die Wunschschule oder der

Sie lernen im Seminar, die Körpersprache anderer zu verstehen, zu lesen. Die lernen auch ihre Ressourcen kennen, wie Sie Menschen am besten erkennen können durch sehen, hören,

Die RPK beantragt der Gemeindeversammlung entgegen aller erwähnten Argumente und der daraus abgeleiteten Beurteilung der voraussichtlich schlechten finanziellen Entwicklung der

Die Fläche der geplanten Erweiterung ist als Vorbehaltsgebiet für die Landwirtschaft dargestellt, überlagert mit Vorbehaltsgebiet Klimafunktion, Vorrangebiet Regionaler Grünzug

„Domaine de Soleure“ / Rebgut der Bürgergemeinde Solothurn Sauvignon Blanc. AOC Bielersee