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Archiv "Datenschutz im Gesundheitsund Versicherungswesen: Arbeitstagung der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e. V." (11.12.1980)

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Bericht und Meinung TAGUNGSBERICHT

Ein Recht auf Schutz der Daten sei aus dem Grundgesetz nicht her- leitbar, stellte Prof. Dr. jur. Peter Krause, Universität Trier, auf einer Arbeitstagung der Kölner Gesell- schaft für Versicherungswissen- schaft und -gestaltung e. V. am 23.

September 1980 in Berlin fest. Da Informationen von besonderer Na- tur seien, weil sie mitgeteilt und abgerufen werden könnten, ohne daß es sichtbar sei und ohne daß sie sich selbst verringerten. wür- den mit der elektronischen Groß- rechentechnik mannigfache Be- fürchtungen verbunden. „Schon durch Zusammenfügung von of- fenkundigen Tatsachen kann ein Mosaikbild entstehen, das den einzelnen schärfer und, weil der Computer die Gnade des Verges- sens nicht kennt, erbarmungslo- ser erfaßt als er sich selbst. Die Demaskierung wird schmerzhaf- ter, wenn sie Tatsachen einbe- zieht, die der einzelne Bürger zu Recht als Geheimnis bewahrt wis- sen will", erklärte Professor Krau- se weiter.

Sicherheit gegenüber diesen Ge- fährdungen kann nach Ansicht von Professor Krause nur der Staat bieten. Er allein sei in der Lage, die Datenverarbeitung zu kontrollieren und zu begrenzen.

Nur durch ihn könne verwirklicht werden, was mit dem Wort „Da- tenschutz" gemeint sei. Vom Staat werde das Grundrecht auf Daten- schutz gefordert, das sowohl pri- vaten Mißbrauch als auch die Ent- artung des Staates verhindern soll. Insgesamt sei ein herber Kompromiß notwendig, denn die Sicherung der Freiheit sei nicht ohne Einschränkung der Freiheit möglich.

Das Bundesverfassungsgericht spricht nach Aussage des Trierer

Rechtsgelehrten nur beiläufig da- von, daß die Menschenwürde be- einträchtigt werde, wenn der Staat den Menschen zwangsläufig in seiner ganzen Persönlichkeit regi- striere und katalogisiere, und zwar auch in einer anonymen Statistik.

Es habe jedoch dem Zugriffsrecht des Staates auf Informationen Grenzen gezogen. Dabei ging es um Daten, die ein Dritter aufgrund eines besonders engen Verhältnis- ses zum betroffenen Bürger ge- wonnen hatte. Die Gewährleistung einer unantastbaren Intimsphäre wurde dort bekräftigt, die aber nur einen sehr engen Bereich des pri- vaten Lebens umfasse.

Professor Krause stellte fest, daß sich trotz des Fehlens eines Grundrechtes auf Datenschutz einige Schranken der Datenerhe- bung durch den Staat aus dem Grundgesetz entnehmen ließen.

Dazu gehöre das Gebot der Erfor- derlichkeit, das angesichts der Breite der Staatsaufgaben als schwaches Hindernis erscheine jedoch die Erhebungstätigkeit der einzelnen Behörde objektiv-recht- lich erheblich begrenze. Auch das Verbot der Beachtung und Regi- strierung der Grundrechtsaus- übung, soweit es dem Zweck der Einschüchterung dient oder die- sen erheblich fördert, und das Ver- bot, zum Zwecke der Informa- tionsbeschaffung ungesetzliche Instrumente zu verwenden. Wei- terhin sei das Verbot zu nennen ohne gesetzliche Grundlage in grundrechtlich geschützte Ge- heimbereiche einzudringen.

Da der Datenschutz kein „Instru- ment der Machtbegrenzung" sei sondern allenfalls staatliche Macht begrenzen, lenken oder so- gar dem Staat die Macht zur Kon-

trolle privater Datenverarbeitung einräumen könne, ist es für Prof.

Krause zumindest zweifelhaft, ob bei dem Schutz, den das Grundge- setz heute biete, ein Bedürfnis nach einem besonderen Grund- recht auf Datenschutz bestehe.

Datenschutz werde auch durch die Autonomie des Betroffenen re- lativiert. Der Datenschutz könne aber nur so weit reichen, wie der Betroffene auf der Wahrung sei- nes Geheimnisses bestehe.

Datenschutz —

Notwendigkeit und Grenzen Im Anschluß an den Vortrag von Professor Krause fand unter Lei- tung des stellvertretenden Vorsit- zenden der Gesellschaft, Dr. med.

Rolf Schlögell, Köln, eine vielbe- achtete Podiumsdiskussion zum Thema „Datenschutz — Notwen- digkeit und Grenzen" statt. Schlö- gell wies darauf hin, daß Daten- schutz, nach seiner Ansicht, dafür sorgen solle, daß aus der Möglich- keit administrativer Wohltaten nicht Plagen für den einzelnen Bürger würden.

Die Medizin komme ohne den Ein- satz von Daten nicht aus. Es habe keinen Sinn, in simpler Maschi- nenstürmerei dagegen anzuge- hen, meinte Dr. med. Karsten Vil- mar, Präsident der Bundesärzte- kammer, Bremen. Die im Grund- gesetz niedergelegten Persönlich- keitsrechte, die Schweigepflicht nach § 203 des Strafgesetzbuches (StGB) sowie nach den Bestim- mungen des Sozialgesetzbuches (SGB) seien die Grundlage des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Arzt. Dieses Ver- trauensverhältnis sei wiederum Grundlage für eine individuelle Diagnostik und Therapie.

Die deutsche Ärzteschaft habe sich auf dem 83. Deutschen Ärzte- tag intensiv mit den Fragen des Datenschutzes in der Medizin aus- einandergesetzt und ihre Grund- positionen in dem sogenannten Blauen Papier niedergelegt. Vil- mar machte weiterhin deutlich, daß alles, was unter dem Stich-

Datenschutz im Gesundheits- und Versicherungswesen

Arbeitstagung der Gesellschaft

für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e. V.

2954 Heft 50 vom 11. Dezember 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Bericht und Meinung

wort Datenschutz diskutiert wer- de, doch eher durch gesellschaftli- chen Konsens umrissen als durch wertfreie Bestimmung festgelegt sei. Für den Arzt sei es aber trotz aller Schwierigkeiten wichtig, eine gewisse Freiwilligkeit der Daten- erfassung zu sichern und die Mel- depflichten und Meldezwänge in engen Grenzen zu halten, um den Patienten zu schützen.

Selbstverständlich müßten, so Dr.

Vilmar, auch Daten weitergegeben werden, etwa Leistungsdaten an die Krankenversicherung. Dazu bedürfe es aber der Einwilligung des Patienten, und zwar einer ak- tuellen Einwilligung. Eine generel- le Einwilligung, die möglicherwei- se schon vor Jahren oder Jahr- zehnten abgegeben worden sei, werde von der Ärzteschaft abge- lehnt. Auch müßten bestimmte Meldepflichten, beispielsweise aus seuchengesetzlichen Gründen, eingehalten werden. Last but not least brauche die medizinische Wissenschaft Daten, weil dadurch neue Aufschlüsse gewonnen wer- den könnten. Dies dürfe nicht zu einer Totalerforschung des Men- schen führen.

Sonderregelung beabsichtigt Dr. Eckhart von Uckermann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Köln, setzte sich für eine bereichsspezi- fische Regelung des Datenschut- zes im Versicherungsgewerbe ein.

Private Datenverarbeitung, die auf freiwilliger Basis zustande kom- me, habe eine andere Qualität als diejenige, der sich der Bürger durch staatlichen Zwang unter- werfen müsse.

Direktor Hans-Joachim Rohrlach von der Bundesversicherungsan- stalt für Angestellte (BfA), Berlin, machte auf die Probleme des Da- tenschutzes für die Verwaltung aufmerksam. Er begrüßte, daß im neuen X. Buch des Sozialgesetz- buches enumerativ geregelt sei, wann und zu welchem Zweck Da- ten weitergegeben werden dürf- ten. Die Sozialversicherungsträger

Datenschutz

dürften aber keinesfalls zu Ersatz- meldebehörden werden.

„Verwaltung ohne Verdatung".

Dieser Ausdruck kennzeichne die Bemühungen seines Hauses, meinte Ministerialrat Dr. Walter Wiese vom Amt des Bundesbeauf- tragten für Datenschutz in Bonn.

Auch er wies auf das soeben ver- kündete X. Buch des SGB hin und stellte fest, daß die Möglichkeit des Datenaustausches lediglich nach Maßgabe des Verhältnismä- ßigkeitsgrundsatzes vorgesehen sei. Ferner sei die Möglichkeit der Datenverarbeitung im Auftrag stark eingeschränkt worden, ebenso wie die Offenbarungsbe- fugnis besonders schutzwürdiger Daten. Michael Jung, Köln

ZITAT

Tief erschrocken

„Mir geht es wie dem Zau- berlehrling: ,Die Geister, die ich rief, ich werd' sie nicht mehr los'. Ich habe die Phi- losophie des Kostendämp- fungsgesetzes bejaht, nur was am Ende daraus gewor- den ist, hat mich tief er- schreckt. Die Philosophie des Kostendämpfungsgeset- zes: Die Kosten für das ge- samte Gesundheitswesen dürfen nicht schneller stei- gen als das Bruttosozialpro- dukt wächst. Dies habe ich als Laie eingesehen, denn in meinem privaten Haushalt muß ich auch so verfahren ... Dies gilt auch für den Staat, dies gilt für alle Berei- che unseres gesellschaftli- chen Lebens. Aber was ist daraus geworden? Ich bin dann tief erschrocken."

Udo Fiebig (Lünen), SPD- MdB und gesundheitspoliti- scher Obmann der SPD – an- läßlich des 2. Waltroper Ge- sprächs zum Thema „Der Arzt – Dem Ethos verpflich- tet vom Staat gegängelt?"

DIE GLOSSE

Gesundheitsbe wußtsein

Aufgrund demoskopischer Fragen geistert aktuell durch Presse und Festreden folgende Nachricht:

„Die Zahl der Personen, die be- haupten, Ich achte sehr auf meine Gesundheit`, Dinge, die der Ge- sundheit schaden, vermeide ich grundsätzlich', ist in den letzten drei Jahren von 21 v. H. auf 31 v. H.

gestiegen. Dabei ist insbesondere festzuhalten, daß das Gesund- heitsbewußtsein bei jüngeren Leu- ten bis zu 30 Jahren besonders ausgeprägt ist."

Die Meldung wird als Erfolgsmel- dung der Gesundheitspolitik und insbesondere der Gesundheitser- ziehung verkauft.

Ist sie das wirklich?

Wie ist es um die Gesundheit – Leib, Geist, Seele – einer Bevölke- rung bestellt, von der ein Drittel

„sehr auf seine Gesundheit ach- tet" und Dinge, die der Gesund- heit schaden, „grundsätzlich" ver- meidet? Ist nicht diese Art von Ge- sundheitsbewußtsein signifikant für eine besondere Art hypochon- drischer Morbidität der Bevölke- rung? Ist es nicht ganz besonders bedenklich, wenn junge Men- schen unter 30 Jahren „sehr auf ihre Gesundheit" achten und

„grundsätzlich" Dinge vermeiden, die der Gesundheit schaden?

Ist es nicht im Gegenteil ein Zei- chen bedenklicher Morbidezza, wenn junge Menschen so ganz besonders auf ihre Gesundheit achten?

Aus den Pressemeldungen geht nicht hervor, mit welcher Akkura- tesse die berichtete Befragung stattgefunden hat.

Im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung in der Bundesrepu- blik Deutschland kann man fast nur hoffen, daß bei dieser Befra- gung grobe Fehler gemacht wor- den sind. FM

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 11. Dezember 1980 2955

Referenzen

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