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Archiv "Bronze für Deutschland" (07.08.2006)

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P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 31–32⏐⏐7. August 2006 AA2093

I

m Jahr 2020 gehen die Menschen nicht nur zum Arzt, wenn sie krank sind. Sie verspüren vielmehr ein Ver- langen danach, ab und an Gesundheits- dienstleistungen zu konsumieren. So wie man sich von Zeit zu Zeit ein gutes Essen gönnt.Was verschroben klingt, ist ein ernst gemeintes Szenario. Das schwedische Unternehmen Health Consumer Powerhouse (HCP) hat 132 Patientenorganisationen aus 24 eu- ropäischen Ländern (alle EU-Staaten außer Malta) befragt, wie sie die Ge- sundheitsversorgung im Jahr 2020 se- hen. Das Ergebnis: Die Vereinigungen zeichnen das Bild eines informations- hungrigen Patienten, der medizinische Leistungen ebenso gezielt nachfragt wie andere Verbrauchsgüter. „Zwar wird es auch in Zukunft staatliche Ver- sorgungssysteme geben. Aber der Pati- ent von morgen muss begreifen, dass er in erster Linie selbst für seine Gesund- heit verantwortlich ist“, lautet die Ant- wort des Vertreters einer englischen Diabetesorganisation.

So glauben 58 Prozent der Patienten- vereinigungen, dass Eigenverantwor- tung künftig eine entscheidende Rolle

bei der Gesundheitsversorgung spielen wird. Zwei Drittel der Befragten mei- nen, dass Patienten im Jahr 2020 bereit sind, für Leistungen außerhalb der Grundversorgung zuzuzahlen.

Wer behandlungsbedürftig ist oder sich gesundheitlich einfach etwas gön- nen will, scheut sich nach den Vorstel- lungen der Patientenvertreter auch nicht, Leistungen fern der Heimat nach- zufragen: Knapp 90 Prozent glauben, dass Patienten zukünftig Reisen – auch ins Ausland – unternehmen werden, um sich versorgen zu lassen. Ein weiterer Grund könnte nach Meinung von HCP- Präsident Johan Hjertqvist der Mobi- lität des Patienten von morgen Vor- schub leisten: „Nicht alle Länder wer- den in allen Spezialitäten führend sein.

Je nach Krankheitsbild könnte der Pati- ent somit gezwungen sein, auch über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus Leistungen in Anspruch zu nehmen.“

Die Umfrage des HCP scheint einen Trend zu bestätigen: die Abkehr vom weitgehend passiv dem Behandlungs- geschehen ausgesetzten Patienten hin zum aktiven Nachfrager von Leistun- gen. Das Bundesgesundheitsministeri-

um erkor das Thema „Der Patient als Partner im medizinischen Entschei- dungsprozess“ sogar zu einem Förder- schwerpunkt und investierte zwischen 2001 und 2004 rund 3,3 Millionen Euro in diverse Projekte. Bundesgesund- heitsministerin Ulla Schmidt leitete da- bei die Überzeugung: „Der mündige Patient steht dem Arzt auf gleicher Au- genhöhe gegenüber.“

Doch wer ist der mündige Patient?

Dr. Anja Dieterich vom Institut für All- gemeinmedizin der Berliner Charité hat zahlreiche Artikel im Deutschen Ärzte- blatt ausgewertet, um die Bedeutung des Begriffs zu analysieren. Ihr Fazit:

„Mit der Verwendung des Begriffs wer- den unterschiedliche, zum Teil wider- sprüchliche Interessen verfolgt.“ Eine Erwartung sei, dass Patienten mehr fi- nanzielle Verantwortung übernehmen.

Das sieht auch Rodney Elgie, Präsi- dent des European Patients’ Forum, so.

Aufgeklärte Patienten nutzten medizi- nische Ressourcen effizienter. Die Tat- sache, dass das Internet zusehends als Informationsquelle über medizinische Themen dient, ist für ihn zudem ein Be- leg dafür, dass die Patienten aktiv am Behandlungsprozess teilnehmen wol- len. Hjertqvist leitet daraus ab, dass es Aufgabe des Staates sein muss, die ge- setzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Bürger jederzeit Zugang zu seriösen Informationen haben, frei über ihre medizinischen Daten verfügen und Leistungen problemlos auch im Ausland nachfragen können. Petra Spielberg

Prognose

Der Patient von morgen

Gesundheitsversorgung im Jahr 2020: mehr Eigenverantwortung

B

eim Leistungsangebot und beim Zugang zur medizinischen Versor- gung ist Deutschland europaweit Spitze. In puncto Patientenrech- te und -information hingegen kann sich das deutsche Gesundheitssy- stem bei einigen seiner europäischen Nachbarn noch eine Scheibe ab- schneiden. Deshalb gab es beim Europäischen Gesundheitskonsumen- tenindex (EGKI) 2006 für Deutschland „nur“ die Bronzemedaille. Den ersten und zweiten Platz beim Vergleich der Gesundheitssysteme von 26 europäischen Ländern belegten Frankreich und die Niederlande.

Erstmals hat das schwedische Unternehmen Health Consumer Pow- erhouse (HCP) die Gesundheitssysteme der 25 EU-Länder und der Schweiz aus Sicht der Patienten kritisch geprüft. Neben Befragungen von Patientenorganisationen und Verantwortlichen aus dem Gesund- heitsbereich zog HCP offizielle Quellen, wie die WHO und die OECD, zu Rate. Der Ländervergleich erfolgte anhand der Kategorien „Patienten- rechte und -information“, „Wartezeiten“, „medizinische Qualität“,

„Leistungsangebot“ und „Arzneimittel“. Für Arne Björnberg, der für den Index verantwortlich zeichnet, wurde dabei deutlich: „Gesund-

heitssysteme mit einer langen Tradition und einem Mix aus öffentlich- rechtlicher und privater Finanzierung bieten den besten Service aus dem Blickwinkel der Verbraucher.“ Nach Ansicht von HCP-Präsident Johan Hjertqvist gibt es im deutschen Gesundheitssystem nur wenige wirkli- che Schwachpunkte. Was fehle, sei eine gesetzliche Regelung der Pati- entenrechte. Auch ließe sich die Qualität einiger medizinischer Leistun- gen noch verbessern. Björnberg bemängelt vor allem, dass es in Deutschland relativ schwierig ist, verständliche und aktuelle Informatio- nen über Arzneimittel zu bekommen. Auch erzielten die nordischen Län- der bessere Ergebnisse bei den Sterberaten nach Brust- oder Darmkrebs oder hinsichtlich des Auftretens von Infektionen mit multiresistenten Staphylokokken-Erregern. Top ist das deutsche Gesundheitssystem dem EGKI zufolge hingegen, was das Fehlen von Wartelisten angeht sowie beim Recht auf eine ärztliche Zweitmeinung. Optimal sei, dass in Deutschland die zahnärztliche Versorgung zum Leistungsangebot der Gesetzlichen Krankenversicherung gehört und die Arzneimittelversor- gung immer auf dem neuesten Stand ist. HCP verweist jedoch auf die Problematik seines Rankings: Die Datenlage sei nicht immer vergleich- bar und die Informationsbeschaffung zuweilen schwierig. ps

Bronze für Deutschland

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