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Standardisierung und klinische Anwendung visuell evozierter Potentiale (VEP) beim Hund

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Aus der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Standardisierung und klinische Anwendung visuell evozierter Potentiale (VEP) beim Hund

I N A U G U R A L – D I S S E R T A T I O N zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Antje Krause

aus Hannover

Hannover 2003

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Wissenschaftliche Betreuung: PD Dr. A.Meyer-Lindenberg

1. Gutachterin: PD Dr. A. Meyer-Lindenberg 2. Gutachter: Prof. Dr. W. Löscher

Tag der mündlichen Prüfung: 18.11.2003

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Are we forgetting the time-tested computing principle of ”garbage in/garbage out?”

ACLAND 1995

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(5)

Inhaltsverzeichnis

I EINLEITUNG... 1

II LITERATURÜBERSICHT ... 3

1 Periphere und zentrale Sehbahn... 3

1.1 Periphere Sehbahn... 5

1.1.1 Netzhaut – Retina ... 5

1.1.1.1 Müller-Stützzellen... 7

1.1.1.2 Photorezeptoren... 7

1.1.1.3 I. Neuron – Bipolarzellen... 9

1.1.1.4 Interneurone – Horizontalzellen und Amakrinzellen... 10

1.1.1.5 II. Neuron – Ganglienzellen... 11

1.1.2 Sehnerv – Nervus opticus... 13

1.1.3 Sehnervenkreuzung – Chiasma opticum ... 13

1.1.4 Tractus opticus ... 14

1.2 Zentrale Sehbahn... 15

1.2.1 Lateraler Kniehöcker – Corpus geniculatum laterale... 16

1.2.2 Sehstrahlung – Radiatio optica... 17

1.2.3 Sehrinde – Area optica ... 17

2 Evozierte Potentiale... 20

2.1 Messprinzip ... 20

2.1.1 Signalverstärkung... 21

2.1.1.1 Differenzverstärker... 21

2.1.1.2 Mittelwertbildner... 23

2.1.2 Artefaktunterdrückung ... 23

2.1.3 Elektroden ... 24

2.1.4 Auswertung evozierter Potentiale ... 27

(6)

2.2 Evozierte Potentiale nach Lichtstimulation ... 27

2.2.1 Elektroretinographie... 28

2.2.1.1 Elektroretinogramm nach ungemusterter Lichtstimulation - ERG ... 28

2.2.1.2 Elektroretinogramm nach gemusterter Lichtstimulation - PERG... 32

2.2.2 Visuell evozierte Potentiale - VEP... 34

III EIGENE UNTERSUCHUNGEN... 52

1 Untersuchungsgut... 52

2 Material ... 53

2.1 Neurologische Untersuchung ... 53

2.2 Ophthalmologische Untersuchung ... 53

2.3 Elektrophysiologisches Stimulationssystem ... 53

2.4 Computertomograph... 58

3 Methoden... 59

3.1 Neurologische Untersuchung ... 59

3.2 Ophthalmologische Untersuchung ... 59

3.3 Messung evozierter Potentiale nach Lichtstimulation ... 59

4 Untersuchungsaufbau ... 62

4.1 Etablierung der Messung visuell evozierter Potentiale... 63

4.1.1 Einfluss von Wachzustand, Sedation und Narkose auf das VEP... 63

4.1.2 Einfluss der Lichtquelle und der Ableitelektrodenposition auf das VEP ... 64

4.1.3 Einfluss der Referenzelektrodenposition auf das VEP ... 65

4.1.3.1 Position „Fpz“ ... 66

4.1.3.2 Position „Ohrbasis“... 67

4.1.4 Einfluss nicht-visueller Reize ... 69

4.1.5 Ermittlung der physiologischen Bandbreite des VEP’s ... 69

4.1.6 Statistik... 70

(7)

4.2 VEP bei ausgewählten Patienten mit zentralnervösen Erkrankungen ... 70

4.2.1 Messung visuell evozierter Potentiale... 71

4.2.2 Computertomographische Untersuchung des Schädels ... 71

4.2.3 Pathomorphologische Untersuchung... 72

IV ERGEBNISSE... 73

1 Etablierung der Messung visuell evozierter Potentiale ... 73

1.1 Einfluss von Wachzustand, Sedation und Narkose... 73

1.2 Einfluss der Lichtquelle und der Ableitelektrodenposition ... 73

1.3 Einfluss der Referenzelektrodenposition ... 78

1.3.1 Position „Fpz“ ... 78

1.3.1.1 Messung in Sedation ... 78

1.3.1.2 Messung in Narkose ... 81

1.3.1.3 Zusammenfassung der Ergebnisse zur Position „Fpz“ ... 82

1.3.2 Position „Ohrbasis“... 82

1.3.2.1 Messung in Sedation ... 82

1.3.2.2 Messung in Narkose ... 83

1.3.2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse zur Position „Ohrbasis“ ... 84

1.4 Einfluss nicht-visueller Reize ... 85

1.5 Zusammenfassung... 87

1.6 Physiologische Bandbreite des VEP’s ... 87

2 VEP bei Patienten mit ausgewählten intrakraniellen Erkrankungen ... 93

2.1 Patienten mit vollständiger Erblindung... 94

2.2 Patienten mit Seheinschränkungen ... 101

V DISKUSSION...125

(8)

VI ZUSAMMENFASSUNG ...141

VII SUMMARY...143

VIII LITERATURVERZEICHNIS...145

IX ANHANG ...162

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Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

cGMP cyklisches Guaninmonophosphat Ch Elektrodenposition am Kinn

CT Computertomographie

Cz Elektrodenposition zentral auf dem Schädel in der Medianen EEG Elektroenzephalogramm

EP evozierte Potentiale

ERG Elektroretinogramm

Fpz Elektrodenposition frontopolar auf dem Schädel in der Medianen Fz Elektrodenposition frontal auf dem Schädel in der Medianen ggr./ + geringgradig

hgr./ +++ hochgradig

i.m. intramuskulär i.v. intravenös KGW Körpergewicht LED Licht emittierende Dioden m männlich mgr./ ++ mittelgradig

mk männlich kastriert

Nz Elektrodenposition auf dem Nasenrücken in der Medianen O1 Elektrodenposition okzipital auf dem Schädel paramedian links O2 Elektrodenposition okzipital auf dem Schädel paramedian rechts OD oculus dexter - rechtes Auge

OS oculus sinister - linkes Auge

Oz Elektrodenposition okzipital auf dem Schädel in der Medianen PERG Pattern Elektroretinogramm

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SARD Sudden acquired retinal degeneration SP Störpotentiale

VEP visuell evozierte Potentiale w weiblich

wk weiblich kastriert

ZNS Zentrales Nervensystem

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I Einleitung

Die objektive Beurteilung der Sehfähigkeit und die Erkennung von Seheinschränkungen beim Tier bereitet sowohl dem Besitzer als auch dem Tierarzt regelmäßig Schwierigkeiten. Neben der fehlenden Kommunikation mit dem Patienten erschwert die ausgezeichnete Fähigkeit unserer Haustiere, eine Verschlechterung des Sehvermögens zu kompensieren, die Erkennung von Erkrankungen der peripheren und zentralen Sehbahn (SIMS 1998).

Um Einschränkungen der Sehfähigkeit objektiv beurteilen zu können, bieten sich elektrophysiologische Messverfahren an. Hiermit können biologische Vorgänge der peripheren und zentralen Sehbahn, die durch Änderungen elektrischer Potentiale gekennzeichnet sind, gemessen werden. Wenn elektromagnetische Wellen im Bereich des sichtbaren Lichtes auf das Auge treffen, führt dies zu einer Änderung von elektrischen Potentialen in Millionen von Zellen der Netzhaut (SIMS 1998). Diese Potentiale werden durch die verschiedenen Schichten der Netzhaut weitergeleitet und gelangen letztendlich über die lateralen Kniehöcker in den visuellen Kortex (SEIFERLE 1991). Diese nach Lichtstimulation evozierten Potentiale (EP) können mit Hilfe von Elektroden am Patienten abgeleitet werden (MÜHLAU 1990).

Die Elektroretinographie mit ungemustertem Licht (ERG) ermöglicht die Beurteilung der äußeren und mittleren Netzhautschichten (ACLAND 1988, HEIDER 1994, SPIESS 1994), während die Stimulation mit gemustertem Licht (PERG) zu einer messbaren Potentialänderung in den Ganglienzellen führt (MAFFEI u. FIORENTINI 1981). Die Messung visuell evozierter Potentiale (VEP) ermöglicht die Überprüfung der Funktion der Sehnerven, der Sehnervenkreuzung, der lateralen Kniehöcker und des visuellen Kortex (BUSERT 1990, MÜHLAU 1990, SPIESS 1994). Damit werden die Erkennung und Charakterisierung pathologischer Prozesse im Bereich der peripheren und zentralen Sehbahn ermöglicht (MÜHLAU 1990).

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Während das ERG zur Überprüfung der Netzhautfunktion als ophthalmologische Routinediagnostik beim Tier schon seit langem genutzt wird (HEIDER 1994, SPIESS 1994, SIMS 1998), existiert bisher kein routinemäßig angewendetes und standardisiertes elektrophysiologisches Messverfahren zur Überprüfung der postretinalen Sehbahn (SIMS 1998).

Das Ziel dieser Arbeit war es daher im ersten Abschnitt zu untersuchen, ob die Messung des VEP‘s beim gesunden Hund unter klinischen Bedingungen zu standardisieren ist. Dabei sollte neben der Ermittlung einer geeigneten Lichtquelle auch der Einfluss der Positionierung der Ableit- und der Referenzelektrode geprüft und deren optimale Plazierung ermittelt werden. Der zweite Abschnitt diente der Untersuchung von VEP-Kurven bei einer Auswahl von Patienten mit zentralnervösen Erkrankungen. Insbesondere sollte dabei herausgefunden werden, inwieweit mit Hilfe des VEP’s Aussagen über die Lokalisation einer zentralnervösen Läsion möglich sind und ob eine Beteiligung der peripheren oder zentralen Sehbahn objektiv zu ermitteln ist.

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II Literaturübersicht

1 Periphere und zentrale Sehbahn

Die Sehbahn lässt sich in einen peripheren und einen zentralen Abschnitt einteilen (SEIFERLE 1991) (Abb. 1).

Zum peripheren Teil der Sehbahn gehören die zwei Neurone der Retina mit den zum Sehnerven vereinigten Axonen des zweiten Neurons. Diese zentripetalen Fasern, die sich in der Sehnervenkreuzung aufteilen, laufen dann als Tractus opticus weiter zentralwärts, um im dorsalen Anteil des lateralen Kniehöckers verschaltet zu werden.

In diesem subcorticalen primären Sehzentrum des Thalamus findet die periphere Sehbahn ihr Ende (SEIFERLE 1991, MURPHY u. POLLOCK 1993).

Der zentrale Anteil der Sehbahn beginnt mit der Signalverarbeitung im dorsalen Anteil des lateralen Kniehöckers, der die Axone des dritten Neurons als Sehstrahlung entlässt, und endet in der Sehrinde (SEIFERLE 1991, MURPHY u. POLLOCK 1993).

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peripher

zentral

Abbildung 1:

Schematische Darstellung der peripheren und zentralen Sehbahn modifiziert nach JENKINS (1978). Die periphere Sehbahn besteht aus der Retina und den Sehnerven beider Augen, der Sehnervenkreuzung und den Tractus optici. Eine Weiterleitung der visuellen Impulse erfolgt über die lateralen Kniehöcker in die zentrale Sehbahn – den Sehstrahlungen und der Sehrinde.

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1.1 Periphere Sehbahn 1.1.1 Netzhaut – Retina

Der Sehteil der Netzhaut, die Pars optica retinae, kleidet den ganzen Augenhintergrund von der Ora serrata bis zum Discus nervi optici aus. Er setzt sich aus einem Außenblatt und einem Innenblatt zusammen (SEIFERLE 1991). Ihre Aufgabe besteht in der Transduktion von Photonenenergie in chemische Energie, die schließlich in elektrische Energie umgesetzt wird (MURPHY u. POLLOCK 1993). Die Retina besteht aus zehn Schichten (SEIFERLE 1991, MURPHY u. POLLOCK 1993).

Das Außenblatt der Retina, das Stratum pigmentosum, wird von einem einschichtigen, niedrig bis kubischen Pigmentepithel gebildet, dessen Zellen braune Pigmenteinlagerungen enthalten und pigmenthaltige Zytoplasmafortsätze zwischen die Stäbchen- und Zapfenschicht des Innenblattes vorschieben (SEIFERLE 1991).

Die Aufgabe des Pigmentepithels besteht unter anderem darin, verbrauchte Anteile der äußeren Segmente der Photorezeptoren zu phagozytieren (MURPHY u.

POLLOCK 1993).

Das Innenblatt der Retina, das Stratum nervosum, besteht aus den Photorezeptoren, den Interneuronen und zwei nachgeschalteten Neuronen, die in ein Stützgerüst eingebettet sind. Dieses Stützgerüst wird von modifizierten Neurogliazellen gebildet, die als Müller-Stützzellen bezeichnet werden (SEIFERLE 1991, LIEBICH 1993).

Eine Übersicht über die Schichtung der Netzhaut ist in Abbildung 2 dargestellt.

Das Licht muss zunächst sämtliche Schichten des Stratum nervosum passieren, bevor es auf die äußeren Segmente der Photorezeptoren trifft (MURPHY u.

POLLOCK 1993).

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Abbildung 2:

Aufbau der Netzhaut in Anlehnung an SEIFERLE (1981) und LIEBICH (1993).

Links im Bild finden sich die Bezeichnungen der zehn Netzhautschichten. Durch die zunehmende Abstraktion soll verdeutlicht werden, dass die Netzhaut sich funktionell in drei Teile unterteilen lässt (rechter Bildanteil) – Photorezeptor, I. Neuron und II.

Neuron. Das Licht wird im Phototransduktionsprozess von den Photorezeptoren in Potentiale umgewandelt, die an das erste und zweite Neuron weitergeleitet werden.

Dabei finden zusätzliche Verschaltungen durch Horizontalzellen (1) und

Amakrinzellen (2) statt. Die histologische Einteilung der Netzhaut erfolgt in zehn Schichten (linker Bildanteil). Die äußere Schicht, die Pigmentepithelschicht, stellt das Außenblatt dar, während das Innenblatt von den nachfolgenden neun Schichten gebildet wird.

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1.1.1.1 Müller-Stützzellen

Diese Neurogliazellen durchziehen senkrecht alle Schichten des Innenblattes. Sie geben zahlreiche, verschiedengestaltige Fortsätze zwischen die nervalen Elemente ab und bilden glaskörperwärts an der inneren Oberfläche der Retina die innere Grenzmembran. Zwischen äußerer Körner- und Stäbchen- und Zapfenschicht wird die poröse äußere Grenzmembran geformt (SEIFERLE 1991). Die Kerne der Müller- Stützzellen liegen in der inneren Körnerschicht (LIEBICH 1993).

Es handelt sich bei den Müller-Stützzellen um modifizierte Faserastrozyten, die im Stratum nervosum die Funktion von Gliazellen übernehmen (LIEBICH 1993). Ihre Aufgaben bestehen in der Speicherung von Glykogen, der Aufnahme und dem Metabolismus von Neurotransmittern und der Beteiligung an der anionischen Balance der Retina durch die Aufnahme von Kaliumionen, die von den Photorezeptoren ausgeschieden werden (OFRI 1998).

1.1.1.2 Photorezeptoren

Man unterscheidet zwei Klassen von Photorezeptoren: Stäbchen und Zapfen.

Die Fortsätze der Stäbchen- und Zapfenzellen sind die eigentlichen Photorezeptoren und bilden die lichtempfindliche Schicht der Netzhaut (LIEBICH 1993). Diese Schicht wird als Stäbchen- und Zapfenschicht bezeichnet (SEIFERLE 1991). Die kernhaltigen Zellkörper der Photorezeptoren bilden unter der äußeren Grenzmembran, die von Zellausläufern der Müller-Stützzellen gebildet wird, ein unterschiedlich breites, dicht gefügtes Kernlager, welches als äußere Körnerschicht bezeichnet wird. Die kurzen basalen Fortsätze der Stäbchen - und Zapfenzellen treten mit den Dendriten der Bipolarzellen in Kontakt. So wird die äußere retikuläre Schicht gebildet (SEIFERLE 1991).

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Die Stäbchen und Zapfen unterscheiden sich voneinander durch ihre Funktion, Morphologie und Verteilung in der Retina.

Die gegenüber den Zapfen weit überwiegenden Stäbchen vermitteln vor allem Helligkeitsunterschiede und sind Träger des Dämmerungssehens. Die Zapfenzellen sind als Repräsentanten des Form- und Farbsehens aufzufassen (SEIFERLE 1991).

Die Stäbchen schließen im Außenglied dicht aufeinander gestapelte Membranscheiben ein, die das Sehpurpur (Rhodopsin) enthalten. Diese Membranscheiben sind doppelte Lipoproteinschichten, deren Vorstufen in den Organellen des Innengliedes synthetisiert werden (LIEBICH 1993). Das Resorptionsmaximum des Rhodopsins liegt bei 506 bis 510 nm (KEMP u.

JACOBSON 1992).

Zapfen ähneln in Größe und Grundaufbau den Stäbchen. Die Außenglieder sind vorwiegend keulenartig, bauchig erweitert und mit dichten Membranstapeln gefüllt (LIEBICH 1993). Der Hund besitzt zwei verschiedene Arten von Zapfenpigment. Die Resorptionsmaxima liegen bei durchschnittlich 429 und 555 nm. Die Spannbreite der Resorption des ersten Pigmentes liegt bei 430 bis 475 nm (NEITZ et al. 1989).

Dieser Wellenlängenbereich wird vom Menschen als violett bis blau-violett wahrgenommen (MILLER u. MURPHY 1995). Das zweite Pigment resorbiert einen Wellenlängenbereich von 500 bis 620 nm (NEITZ et al. 1989), was Menschen als grün-gelbe, gelbe und rote Farbe empfinden (MILLER u. MURPHY 1995). Ein neutraler Farbbereich liegt damit bei 475 bis 485 nm. Das ist der Wellenlängenbereich, der vom Menschen als blau-grüne Farbe gesehen wird (MILLER u. MURPHY 1995).

95% der Photorezeptoren des Hundes sind Stäbchen (MURPHY u. POLLOCK 1993).

Beim Hund finden sich mehr Zapfen im Bereich der zentralen Netzhaut dorsal der Papille als in der Peripherie. Das Gefälle zwischen diesen Bereichen ist allerdings nur gering und spricht für eine Verteilung der Zapfen über die gesamte Netzhaut (KOCH u. RUBIN 1972).

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Phototransduktionsprozess

Die Photorezeptoren sind im Ruhezustand depolarisiert. Dieser Zustand der Depolarisierung wird durch einen konstanten Einstrom von Natriumionen durch einen cGMP (cyklisches Guaninmonophosphat) - Ionenkanal in der Membran der äußeren Segmente erreicht. Kommt es nun zum Lichteinfall, wird ein Photon von einem Photopigment absorbiert. Die dadurch frei werdende Energie führt zur Isomerisierung des Photopigments (bei Rhodopsin von 11-cis-Retinal zu all-trans-Retinal). Diese Isomerisierung führt über viele chemische Zwischenschritte zum Absinken der Konzentration von cGMP und die Ionenkanäle werden geschlossen. Der Natriumionenstrom stoppt und die Hyperpolarisierung der Zelle beginnt (OFRI 1998).

1.1.1.3 I. Neuron – Bipolarzellen

Die Bipolarzellen stellen nach den Photorezeptoren das I. Neuron der Sehbahn dar.

Ihre Dendriten befinden sich in der äußeren retikulären Schicht, während ihre kernhaltigen Körper in der inneren Körnerschicht liegen. Die Axone verästeln sich in der inneren retikulären Schicht (SEIFERLE 1991).

In der äußeren retikulären Schicht gehen Bipolarzellen synaptische Verbindungen mit Photorezeptor - und Horizontalzellen ein (SEIFERLE 1991, MURPHY u. POLLOCK 1993). Die Summe der Photorezeptorzellen, die an eine Bipolarzelle Potentiale weiterleiten, bilden das rezeptive Feld dieser Bipolarzelle (OFRI 1998). Die Axone der Bipolarzellen wiederum leiten Potentiale sowohl an Amakrin - als auch an Ganglienzellen weiter (SEIFERLE 1991, MURPHY u. POLLOCK 1993). So besteht die Funktion der Bipolarzellen darin, eine direkte bzw. indirekte Verbindung zwischen Photorezeptorschicht und Ganglienzellschicht zu schaffen (OFRI 1998).

Aufgrund ihrer Antwort bei Lichtstimulation ihres rezeptiven Feldes lassen sich zwei Gruppen von Bipolarzellen unterscheiden. „Ein“-Bipolarzellen depolarisieren, wenn das Zentrum ihres rezeptiven Feldes durch Licht stimuliert wird, während „Aus“- Bipolarzellen hyperpolarisieren. Die Peripherie des rezeptiven Feldes verhält sich im Vergleich zum Zentrum antagonistisch (SILBERNAGEL u. DESPOPOLOUS 1991, OFRI 1998). Zum Beispiel wird eine „Ein“-Bipolarzelle ebenfalls depolarisieren, wenn

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die Peripherie ihres rezeptiven Feldes durch Dunkelheit stimuliert wird. So werden diese Bipolarzellen verstärkt durch Reize mit großem Kontrast angesprochen.

Umgekehrt führt die Lichtstimulation von Zentrum und Peripherie des rezeptiven Feldes zu einer reduzierten Antwort, weil dann die Peripherie die Antwort des Zentrums hemmt (SILBERNAGEL u. DESPOPOLOUS 1991, OFRI 1998). Eine Bipolarzelle kann Informationen von zahlreichen Stäbchen erhalten, was zu einer Konvergenz des Informationsflusses führt. Auf diese Weise wird die Photonenausbeute beim Dämmerungssehen heraufgesetzt. Zäpfchen hingegen sind dadurch charakterisiert, dass sie einen divergierenden Informationsfluss einleiten. So projiziert eine Zapfenzelle auf zwei oder mehr Bipolarzellen mit einem viel kleineren rezeptiven Feld. Dies resultiert in einem höheren Auflösungsvermögen des Zapfensystems (OFRI 1998).

1.1.1.4 Interneurone – Horizontalzellen und Amakrinzellen

In der inneren Körnerschicht finden sich zusätzlich Interneurone, die Horizontal - und die Amakrinzellen (SEIFERLE 1991).

Horizontalzellen liegen außen der inneren Körnerschicht an und haben interneuronale Funktionen zwischen Photorezeptorzellen und Bipolarzellen (LIEBICH 1993). Sie bilden in der äußeren retikulären Schicht ihre synaptischen Verbindungen aus. Es werden zwei Arten von Horizontalzellen unterschieden. L-Typen hyperpolarisieren als Antwort auf Lichtstimulation. Diese Zellen bilden Synapsen mit Stäbchen oder einem Typ von Zapfen aus. C-Typen, die mit mehr als einem Zapfentyp Synapsen ausbilden, reagieren mit Hyper- oder Depolarisierung auf Lichteinfall in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Es wird angenommen, dass die Aufgabe der Horizontalzellen in einer ersten Integration der Potentiale der Photorezeptoren mit Verstärkung der Sensitivität für Kontrast und Farbe besteht.

Dieses Funktionsprinzip wird als laterale Hemmung bezeichnet (OFRI 1998).

Amakrinzellen liegen innen der inneren Körnerschicht an, sie besitzen keine Axone.

Diese Zellen stellen die Interneurone des Stäbchensystems dar (LIEBICH 1993, OFRI 1998). Im Gegensatz zu den Bipolarzellen der Zapfen, die direkt auf

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Ganglienzellen projizieren, wird die Information der Stäbchenzellen von Bipolarzellen über Amakrinzellen an die Ganglienzellen weitergegeben (OFRI 1998).

1.1.1.5 II. Neuron – Ganglienzellen

Sämtliche Informationen aus dem Verarbeitungsprozess in der Netzhaut gelangen schließlich zu den Ganglienzellen in der Ganglienzellschicht (OFRI 1998).

Größere und kleinere multipolare Nervenzellen bilden das mehr oder weniger zusammenhängende Lager dieser Zellschicht der Retina. Sie verkörpern das II.

Neuron der Sehbahn (SEIFERLE 1991). Die Axone der Ganglienzellen formieren sich glaskörperwärts zur Nervenfaserschicht und laufen aus dem Bereich der Pars optica retinae zum Discus nervi optici. Dort bilden sie, nachdem sie die Area cribrosa sclerae passiert haben, das Faserbündel des Sehnerven und ziehen zentralwärts.

Gegen den Glasköper wird die Nervenfaserschicht durch die innere Grenzmembran, welche von Ausläufern der Müller-Stützzellen gebildet wird, abgegrenzt (SEIFERLE 1991).

Der Faserverlauf der Axone der Ganglienzellschicht gewährleistet eine retinotopische Organisation der visuellen Informationsverarbeitung. Die Axone der retinalen Ganglienzellen treten aus dem Zellkörper hervor und laufen in Richtung auf den Glaskörper. Dabei kreuzen sie zunächst die gesamte Nervenfaserschicht, um auf der Oberfläche dieser Schicht die Richtung zu ändern und auf den Sehnervenkopf zu zu laufen. So befinden sich in der Nähe des Sehnervenkopfes Axone peripherer Ganglienzellen in den tieferen Schichten der Nervenfaserschicht und Axone zentraler Ganglienzellen in den oberflächlichen Schichten der Nervenfaserschicht. Mit Verlassen des Bulbus oculi im Nervus opticus kommen die oberflächlichen Lagen der Nervenfaserschicht, also Axone der peripheren Ganglienzellen, peripher im Sehnerv zu liegen. Die tieferen Lagen der Nervenfaserschicht, also Axone der zentralen Ganglienzellen, liegen zentral im Sehnerv. Auf diese Weise gelingt die retinotopische Organisation (MINCKLER 1980).

Beim Hund wird ein rundes, zentrales Areal sehr hoher Ganglienzelldichte, beobachtet, das sich dorsal und temporal der Papille befindet. Die Ganglienzelldichte

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liegt in diesem Bereich bei 7100 Zellen pro mm2 und mehr, während periphere Netzhautareale eine Dichte von unter 500 Zellen pro mm2 aufweisen können (KRINKE et al. 1981, GONZALEZ-SORIANA et al. 1995). In dieser Region der höchsten Ganglienzelldichte besitzen die Ganglienzellen sehr kleine dendritische Felder und stellen somit den Bereich der größten Sehschärfe dar (KRINKE et al.

1981). Dieses Areal befindet sich innerhalb eines horizontalen Streifens von etwas geringerer Ganglienzelldichte, der Area striaeformis (KRINKE et al. 1981, GONZALEZ-SORIANO et al. 1995). Die Form des streifenförmigen, nasalen Anteils variiert sowohl interindividuell als auch intraindividuell (GONZALEZ-SORIANO et al.

1995). Im Bereich der Area striaeformis verdickt sich die Ganglienzellschicht von nur einer Zelllage in der Peripherie zu bis zu drei oder mehr Zelllagen im Zentrum (GONZALEZ-SORIANO et al. 1995).

Es werden im wesentlichen zwei verschiedene Arten von Ganglienzellen unterschieden: α- oder Y-Zellen und β- oder X-Zellen (COLI u. MARRONI 1996).

α-Ganglienzellen des Hundes besitzen einen polygonalen Zellkörper, von dem vier bis sechs Hauptdendriten abzweigen, deren zahlreiche, sekundäre Äste sich in der inneren retikulären Schicht verzweigen (COLI u. MARRONI 1996). Sie dienen der Weiterleitung von Informationen aus dem Stäbchensystem. Der größere Durchmesser des Axons erlaubt eine schnellere Weiterleitung der Aktionspotentiale.

α-Ganglienzellen dienen der Wahrnehmung von kleinen Schwankungen des Kontrastes und von Bewegungen (OFRI 1998).

β-Ganglienzellen des Hundes besitzen einen runden Zellkörper und dünnere Dendriten (COLI u. MARRONI 1996). Diese Zellen dienen der Weiterleitung von Informationen über Wellenlänge und feine Details (OFRI 1998).

Im Bereich des temporalen Anteils der Area striaeformis finden sich ausschließlich β- Ganglienzellen, während in allen übrigen Teilen der Netzhaut α-Ganglienzellen überwiegen (COLI u. MARRONI 1996).

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1.1.2 Sehnerv – Nervus opticus

Die marklosen Axone des Stratum ganglionare nervi optici (II. Neuron) sammeln sich am Discus nervi optici aus dem ganzen Bereich der Pars optica retinae. Sie ziehen dann, zu einem kräftigen Nervenstrang zusammengefasst, als afferente Leitungsbahnen durch die Orbita gehirnwärts (SEIFERLE 1991). Ganglienzellen sind die einzigen retinalen Nervenzellen, die Aktionspotentiale ausbilden (OFRI 1998).

Jeder Sehnerv enthält etwa 150000 Axone, von denen alle myelinisiert sind (AREY u.

GORE 1942). Die Myelinscheiden sind von derselben Art wie die des zentralen Nervensystems und werden von Oligodendrozyten gebildet (LIEBICH 1993, MURPHY u. POLLOCK 1993). Auf diese Weise ist eine saltatorische Erregungsleitung möglich (OFRI 1998).

Der Nervus opticus stellt einen Trakt des zentralen Nervensystems dar und zeigt alle Charakteristika des zentralen Nervengewebes (MURPHY u. POLLOCK 1993). Er besitzt als freiliegende Faserbahn des Gehirns auch dessen bindegewebige Umhüllung, bestehend aus der Dura-, der Arachnoidea- und der Piascheide, zwischen denen deutliche Subarachnoidalräume liegen (SEIFERLE 1991, LIEBICH 1993). Diese Subarachnoidalräume entsprechen denen des zentralen Nervensystems und enthalten Cerebrospinalflüssigkeit (MURPHY u. POLLOCK 1993). Von der Piascheide ziehen Bindegewebssepten zwischen die Fasern der Sehnerven, die diese zu nicht vollkommen getrennten Faserbündeln gruppieren (SEIFERLE 1991). Die durchschnittliche Dicke des Sehnerven beträgt beim Hund etwa 2 mm (SEIFERLE 1991).

Die Verteilung der Fasern im Nervus opticus ist retinotopisch, wobei Fasern von der dorsalen Hälfte der Netzhaut den oberen Teil des Sehnervs bilden und die Fasern der ventralen Hälfte der Netzhaut sich im unteren Teil des Nervens befinden (SEIFERLE 1991, OFRI 1998).

1.1.3 Sehnervenkreuzung – Chiasma opticum

Die beiden konvergierend aufeinander zu laufenden Nervi optici vereinigen sich in der Mittellinie zur Sehnervenkreuzung, die vor dem Hypophysenstiel einen Teil des

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Bodens des III. Ventrikels bildet (SEIFERLE 1991). Im Chiasma opticum erfahren die Fasern eine teilweise Kreuzung (SEIFERLE 1991, BEITZ u. FLETCHER 1993). Die Zahl der gekreuzten Fasern hängt weitgehend von der Größe des Augenachsenwinkels ab (SEIFERLE 1991). Beim Hund kreuzen etwa 75% der Fasern auf die andere Seite (DELAHUNTA u. CUMMINGS 1967). Die Fasern von nasalen Anteilen der Retina kreuzen im Chiasma opticum nach kontralateral und Fasern des temporalen Anteils der Netzhaut verbleiben ipsilateral (OFRI 1998).

1.1.4 Tractus opticus

Die Tracti optici entspringen aus der Sehnervenkreuzung und ziehen kaudolateral divergierend zum lateralen Kniehöcker (SEIFERLE 1991, BEITZ u. FLETCHER 1993).

Während der Nervus opticus alle Fasern der Netzhaut des ihm zugehörigen Auges führt, enthält jeder Tractus opticus Fasern aus der Retina beider Augen. So vermittelt beispielsweise der rechte Tractus opticus Erregungen, die aus der temporalen Netzhauthälfte des rechten Auges und aus der nasalen Hälfte des linken Auges stammen (SEIFERLE 1991). Er liefert so Informationen über das linke Gesichtsfeld an das rechte Corpus geniculatum laterale und umgekehrt (Abb. 3). Eine Läsion in einem Tractus opticus führt so zu einer homonymen Hemianopsie, einem einseitigen Gesichtsfeldverlust. Solch ein Defekt führt in der Regel zu Veränderungen der Pupillarreflexe, da die Fasern zum Pupillenzentrum erst sehr spät abzweigen (OFRI 1998).

Die zentripetalen Fasern des Tractus opticus enden, soweit sie der Sehleitung dienen, über dessen dorsaler Wurzel im lateralen Kniehöcker, dem Corpus geniculatum laterale (SEIFERLE 1991, BEITZ u. FLETCHER 1993).

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Abbildung 3:

Schematische Darstellung der Sehbahn mit Hinblick auf die Projektion der

Gesichtsfelder modifiziert nach WHEELER (1995). Das linke Gesichtsfeld wird auf die medialen Anteile der Retina des linken Auges und die lateralen Anteile der Retina des rechten Auges projiziert. Für das rechte Gesichtsfeld gilt das entsprechend Umgekehrte. Während so die Netzhaut eines Auges Anteile beider Gesichtsfelder enthält, erfolgt im Chiasma opticum eine Kreuzung der Axone der Ganglienzellen, so dass der Tractus opticus der rechten Seite die Informationen des linken

Gesichtsfeldes transportiert. Entsprechend enthält der Tractus opticus der linken Seite Informationen über das rechte Gesichtsfeld.

1.2 Zentrale Sehbahn

Die zentrale Sehbahn setzt sich aus den lateralen Kniehöckern, der Sehstrahlung und der Sehrinde zusammen (SEIFERLE 1991).

(26)

1.2.1 Lateraler Kniehöcker – Corpus geniculatum laterale

Die lateralen Kniehöcker stellen das subkorticale primäre Sehzentrum des Thalamus dar, in dem die periphere Sehbahn ihr Ende findet (SEIFERLE 1991). Das dorsale Corpus geniculatum laterale einer Seite erhält die Informationen aus der nasalen Retina des kontralateralen Auges und der temporalen Retina des ipsilateralen Auges und gibt diese an den visuellen Kortex weiter (OFRI 1998). Die Basis der funktionellen Architektur des dorsalen Corpus geniculatum laterale ist eine retinotopische Organisation (HOWARD u. BREAZILE 1973).

Die Fasern der Sehnerven enden vorwiegend im dorsalen Anteil des Corpus geniculatum laterale (CGL) (HOWARD u. BREAZILE 1973). Dieser Anteil ist eine gebogene Struktur, deren Hilus nach rostrolateral ausgerichtet ist. Der Zellkörper, der den dorsalen Anteil des Corpus geniculatum laterale bildet, wird aus vier Zelllagen geformt. Hunde besitzen vier Zellschichten im dorsalen lateralen Kniehöcker, die Lamina principalis anterior, die Lamina principalis posterior, die Lamina magnocellularis und die Lamina parvocellularis (RIOCH 1929). Die Axone der Ganglienzellen des rechten und des linken Auges enden dort in den verschiedenen Schichten (BEITZ u. FLETCHER 1993). RIOCH (1929) beschrieb die Form dieser Zelllagen als S-förmige Struktur. Die Fasern des Tractus opticus ziehen an der kaudalen Oberfläche in den Kniehöcker und verlassen ihn an der rostralen Oberfläche, um die Radiatio optica zu formen (RIOCH 1929).

Die Fasern der Sehnerven, die kontralateral enden, gelangen vorwiegend in die Lamina principalis anterior, Lamina magnocellularis und Lamina parvocellularis. Die Fasern, die ipsilateral bleiben, projizieren in die Lamina principalis posterior und zu einem geringen Anteil in die Lamina parvocellularis in einen Bereich kaudal der Lamina magnocellularis (HOWARD u. BREAZILE 1973).

So wird ein bestimmter Punkt des linken Gesichtsfeldes vom rechten Auge in die Lamina principalis posterior und die Lamina parvocellularis ipsilateral in das rechte CGL projiziert und derselbe Punkt wird vom linken Auge in die Lamina principalis anterior, Lamina magnocellularis und Lamina parvocellularis kontralateral in das rechte CGL weitergeleitet. Die Informationen über diesen gegebenen Punkt liegen in

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den verschiedenen Lagen des CGL genau übereinander. Die Lage der Projektionsfelder ist nicht nur als rein topographisch anzusehen, sondern reflektiert ebenfalls die physiologische Signalverarbeitung in der Retina. So erhalten die Laminae principalis anterior und posterior Erregungen von den β-Ganglienzellen, wogegen die Laminae magnocelluaris und parvocellularis Informationen von den α- Ganglienzellen erhalten. Somit liegen im dorsalen lateralen Kniehöcker über diesen Punkt des linken Gesichtsfeldes sowohl Informationen von α-Ganglienzellen als auch von β-Ganglienzellen direkt beieinander. Durch diese Positionierung wird die zusammenführende Signalverarbeitung im visuellen Kortex vorbereitet (OFRI 1998).

Das CGL bildet so die Schaltstelle zwischen Netzhaut und Sehrinde und ist damit die Durchgangs - und wahrscheinlich auch Verstärkerstation für alle optischen Erregungen (SEIFERLE 1991).

Es gibt zwei Arten von Nervenzellen im dorsalen CGL. Interneurone, die Signale innerhalb der Schichten des CGL verarbeiten, und aus dem CGL heraus projizierende Neurone (OFRI 1998). Diese projizierenden Zellen stellen demnach das dritte Neuron der Sehbahn dar. Deren Axone verlassen den dorsalen lateralen Kniehöcker und ziehen als Tractus geniculooccipitalis zur Rinde des Okzipitallappens (SEIFERLE 1991).

1.2.2 Sehstrahlung – Radiatio optica

Das Fasersystem des dritten Axons der Sehbahn wird auch als Sehstrahlung, Radiatio optica (Gratioletsche Sehstrahlung) bezeichnet. Sie verläuft zur Area optica des Hinterhauptlappens und breitet sich dabei fächerförmig aus (SEIFERLE 1991).

1.2.3 Sehrinde – Area optica

Die Sehrinde, Area optica, nimmt die mediale und zu einem kleinen Teil auch die dorsolaterale Fläche des Okzipitalpols ein (Abb. 4). Beim Hund erstreckt sie sich über das Gebiet des Gyrus splenialis, den kaudalen Teil des Gyrus marginalis und endomarginalis und den Gyrus occipitalis (SEIFERLE 1991).

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Abbildung 4:

Schematische Darstellung einer dorsalen Ansicht des Gehirns beim Hund nach einer von BUSERT (1990) modifizierten Abbildung von HOERLEIN (1978).

Beim Hund erstreckt sich das visuelle Areal über das Gebiet des Gyrus splenialis, den kaudalen Teil des Gyrus marginalis (1) und endomarginalis (2) und den Gyrus occipitalis (SEIFERLE 1991). Das schraffierte Gebiet kennzeichnet die von dorsal betrachtete Area optica (BUSERT 1990). Als weitere Orientierungspunkte sind der Sulcus marginalis (3), der Sulcus coronalis, der Sulcus marginalis caudalis (5) und der Sulcus endomarginalis (6) eingezeichnet. Das Cerebellum (7) schließt sich kaudal an den Okzipitalpol an.

Die Projektionsfläche der Area centralis der Netzhaut des Hundes befindet sich nahe der medialen Grenze des dorsalen Okzipitallappens an der Verbindung zwischen dem Gyrus marginalis und dem Gyrus endomarginalis (OFRI et al. 1994).

Die Area optica, als Teil des Neokortex, setzt sich aus sechs Schichten zusammen (BEITZ u. FLETCHER 1993). Von außen nach innen werden sie bezeichnet als:

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1. Stratum moleculare - Molekularschicht 2. Stratum granulare externum - äußere Körnerschicht 3. Stratum pyramidale externum - äußere Pyramidenschicht 4. Stratum granulare internum - innere Körnerschicht 5. Stratum pyramidale internum - innere Pyramidenschicht 6. Stratum multiforme - multiforme Schicht

Die oberflächlich im Kortex liegende Molekularschicht wird von der Pia mater bedeckt. Kleine vereinzelte Nervenzellen entlassen ein Geflecht oberflächenparalleler, markhaltiger Axone. Die Nervenzellen dienen als Schalt- und Assoziationszellen. In der äußeren Körnerschicht befinden sich zahlreiche kleine Pyramidenzellen, die Fortsätze in oberflächliche und tiefe Schichten entsenden.

Namensgebend für die äußere Pyramidenschicht sind mittlere und große Pyramidenzellen, deren Größe von außen nach innen zunimmt. Diese Schicht ist im allgemeinen die dickste aller Rindenschichten. Das Axon der Pyramidenzellen durchzieht äußere Rindenbereiche und teilt sich in der Molekularschicht. Die Zellen der inneren Körnerschicht wirken als Schaltneurone, ihre Fasern bilden parallel zur Oberfläche orientierte Streifen, die makroskopisch erkennbar sind.

Riesenpyramidenzellen sind die augenfälligsten Merkmale der inneren Pyramidenschicht, deren Axone einen Teil der Pyramidenbahnen formen. Neben diesen finden sich auch mittelgroße Pyramidenzellen. Die multiforme Schicht enthält Nervenzellen unterschiedlicher Form und Struktur, die ohne erkennbare Grenze in die weiße Substanz übergehen. Die weiße Substanz wird von Nervenfasern und Gliazellen gebildet. Myelinscheiden werden von Oligodendrozyten gebildet, während Astrozyten der mechanischen Stabilität und der Stoffwechselversorgung der Nervenzellen dienen (LIEBICH 1993). Die Sehrinde, Area optica, zeichnet sich mikroskopisch durch wenige Pyramidenzellen und den besonderen Reichtum an Körnerzellen aus (SEIFERLE 1991).

In der Sehrinde findet nun die Verschmelzung der Informationen beider Augen zu einem Bild statt (OFRI 1998), wobei die retinotopische Organisation beibehalten wird (SEIFERLE 1991). Neben der Area optica, die direkt über das dorsale CGL mit der

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Retina verbunden ist, existieren weitere Areale, die der Verarbeitung optischer Informationen dienen, und konzentrisch um die Area optica gelagert sind. Bei der Katze existiert neben der Area optica die Area parastriata und die Area peristriata, so dass die visuellen Areale zusammen fast den gesamten Okzipitallappen einnehmen (OFRI 1998).

2 Evozierte Potentiale

2.1 Messprinzip

Platziert man Elektroden auf dem Kopf eines Hundes über einem Gebiet, das dicht über den Großhirnhemisphären liegt, können mit Hilfe eines Verstärkers elektrische Potentiale abgenommen werden, die dem zerebralen Kortex entstammen. Diese Potentiale stellen die Summe der wechselnden Ruhepotentiale, der exzitatorischen und inhibitorischen postsynaptischen Potentiale und der Aktionspotentiale dar und werden als Elektroenzephalogramm (EEG) bezeichnet (REDDING u. KNECHT 1984).

Den Hauptanteil des EEG‘s liefern dabei die inhibitorischen und die exzitatorischen postsynaptischen Potentiale (CREUTZFELDT et al. 1964). Diese Potentiale entstehen, wenn Aktionspotentiale, die sich entlang des Axons bewegen, zu einer Synapse gelangen. Dort werden an der präsynaptischen Membran Botenstoffe entlassen, die durch den postsynaptischen Spalt diffundieren. Durch diese Botenstoffe kommt es zu Potentialveränderungen an der postsynaptischen Membran. Diese Potentiale sind sehr klein und in Abhängigkeit von dem beteiligten Botenstoff entweder positiv oder negativ. Einige Botenstoffe führen zu einer erregenden Potentialveränderung. Erregend bedeutet in diesem Falle, dass dieses exzitatorische Potential bei ausreichender Größe das nachgeschaltete Neuron aktiviert. Dies führt zur Weiterleitung in Form von Aktionspotentialen. Andere Botenstoffe führen zu einer Hemmung der postsynaptischen Membran. Diese sogenannten inhibitorischen Potentiale verhindern so die Bildung von Aktionspotentialen im nachgeschalteten Neuron (MÜHLAU 1990).

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Im Gegensatz zu den spontan und zufällig auftretenden Potentialen des EEG‘s stehen evozierte Potentiale (EP). Diese Potentiale werden von zentralnervösen Generatoren auf spezifische Reizung bestimmter Rezeptoren gebildet und sind somit nicht zufällig, sondern reizkorreliert. EP sind in ihrer Amplitude sehr klein, da nur ein vergleichsweise kleiner Anteil von Neuronen auf die Stimulation anspricht, und werden von anderen bioelektrischen Aktivitäten wie dem EEG überlagert (KLEMM 1976, MÜHLAU 1990). Um das EP in dem viel größeren EEG sichtbar zu machen, muss es verstärkt und die das EP überlagernden zufälligen Potentiale herausgerechnet werden (MÜHLAU 1990). Dies erfolgt mit Hilfe verschiedener Verfahren. Zum einen werden die EP durch zwei verschiedene Rechenschritte verstärkt und von den überlagernden zufälligen Potentialen befreit. Zum anderen wird durch die automatische Unterdrückung von Störsignalen, den sogenannten Artefakten, einer Verzerrung und somit Verunreinigung der EP durch einzelne große, interne wie externe Potentiale vermieden (KLEMM 1976, MÜHLAU 1990).

2.1.1 Signalverstärkung

Die Verstärkung der abgeleiteten Potentiale gelingt über zwei hintereinander geschaltete Bauelemente, den Differenzverstärker und den Mittelwertbildner. Die erste Reinigung und Verstärkung der Potentiale erfolgt im Differenzverstärker und ist die Voraussetzung für die Registrierung. Der Mittelwertbildner ermöglicht durch eine Summation der reizkorrelierten Potentiale eine weitere Verbesserung des Signal- Rausch-Verhältnisses (MÜHLAU 1990).

2.1.1.1 Differenzverstärker

Da das EP immer nur in Kombination mit dem EEG und anderen zufällig auftretenden Störpotentialen abgenommen werden kann, besteht die Aufgabe des Differenzverstärkers darin, das abgeleitete Potential in einem ersten Schritt von den zufälligen Störpotentialen (SP) zu befreien. Dafür müssen die SP von den gemischten Potentialen aus SP und EP abgezogen werden. Um das zu erreichen werden Potentiale über zwei Elektroden abgeleitet, wobei im Optimalfall die eine Elektrode eine Kombination aus EP und SP und die andere Elektrode die SP ableitet.

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Diese Potentiale werden voneinander subtrahiert, und im Anschluss daran verstärkt, so dass die verstärkten EP die Ausgangsspannung darstellen.

Der Differenzverstärker besitzt für diesen Vorgang drei Eingänge. Neben dem Eingang für die Erdungselektrode besitzt er einen nicht invertierenden Eingang (+) und einen invertierenden Eingang (–). Der nicht invertierende Eingang erhält das Potential I(+) von der Ableitelektrode, während die Referenzelektrode das Potential I(–) für den invertierenden Eingang liefert (MÜHLAU 1990).

Die folgenden Gleichungen sollen die Arbeitsweise des Differenzverstärkers veranschaulichen (in Anlehnung an WILLIAMS 1981, MÜHLAU 1990):

A = I(+) – I(–) mit: A – Ausgangsspannung

I(+) – Input nicht invertierter Eingang

I(–) – Input invertierter Eingang

Im Idealfall sind für die Messung evozierter Potentiale folgende Eingangspotentiale vorauszusetzen (in Anlehnung an WILLIAMS 1981, MÜHLAU 1990):

Das evozierte Potential (EPt) wird zusammen mit den Störpotentialen (SPt) am nicht invertierten Eingang I(+) zu einem Zeitpunkt t abgenommen, das Störsignal (SPt) soll dann über das Input des invertierten Eingangs I(–) abgezogen werden, so dass die Ausgangsspannung (A) das evozierte Potential (EPt) darstellt.

I(+) = EPt + SPt mit: EPt – evoziertes Potential zum Zeitpunkt t I(–) = SPt SPt – Störpotential zum Zeitpunkt t

Wenn

A = I(+) – I(–), dann gilt:

A = (EPt + SPt) – SPt

A = EPt + SPt – SPt

A = EPt

Letztendlich ist die Ausgangsspannung, die den Differenzverstärker verlässt, proportional der Spannungsdifferenz der beiden Eingangsspannungen (MÜHLAU 1990).

(33)

2.1.1.2 Mittelwertbildner

Die Mittelwertbildung (Signalaveraging) erlaubt durch die Summation des Outputs des Differenzverstärkers eine weitere Verfeinerung des Signals (ACLAND 1988).

Dabei speichert der Computer über eine gegebene Zeitspanne das Potential, was direkt nach dem Reiz vom Differenzverstärker weitergeleitet wird. Nach Abgabe des nächsten Reizes werden die beiden Signale addiert und die Summe halbiert. Dieser Vorgang wird je nach Vorgabe vielfach wiederholt. Hinter dieser Rechnung steht die Überlegung, dass das reizkorrelierte EP mit nahezu gleicher Latenz auftaucht, während zufällige spontane Potentiale zu unterschiedlichen Zeiten abgeleitet werden.

So werden diese zufällig auftretenden Potentiale durch die zunehmende Summation immer kleiner. Eine unendliche Anzahl von Summationen würde so zu einer Eliminierung dieser Störpotentiale führen (MÜHLAU 1990, SIMS 1998). Die Anzahl der vorgenommenen Mittelungen muss jedoch den klinischen Umständen Rechnung tragen, die neben einer kurzen Messdauer jedoch zuverlässige Messergebnisse verlangt.

Den Einsatz der Mittelwertbildung zur Messung des Elektroretinogrammes beim Hund zeigten erstmals HOWARD et al. (1973). Durch die Mittelwertbildung wird, ebenfalls im begrenzten Umfang, die Messung des Elektroretinogrammes beim wachen Hund ermöglicht (KLEINT 1990).

Die Mittelwertbildung ist ebenfalls zur Messung visuell evozierter Potentiale (VEP) zwingend notwendig, da das VEP im Vergleich zum EEG sehr klein ist (GUM 1980, SPIESS 1984).

2.1.2 Artefaktunterdrückung

Alle Arten und Formen von Störsignalen werden unter dem Begriff „Artefakt“

zusammengefasst (KLEMM 1976, DE CAUSEMAECKER 1984, MÜHLAU 1990).

Sie lassen sich entsprechend ihrer Ursache in die Gruppen instrumentell (Ableit- und Registriertechnik), extern (von außen eingekoppelte, technisch bedingte Störungen) und physiologisch (durch den Patienten verursacht) einteilen (MÜHLAU 1990).

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Instrumentelle Artefakte können bei jedem einzelnen Messschritt entstehen.

Besondere Aufmerksamkeit verlangen die unmittelbaren Potentialableitungen, also die Elektroden einschließlich der Kabel und Kontaktstellen (MÜHLAU 1990). So entstehen erhöhte Artefaktraten durch einen hohen Widerstand bei der Ableitung der Potentiale in den Elektroden (KLEMM 1976). Dieser Widerstand sollte möglichst unter 5 kΩ liegen (DE CAUSEMAECKER 1984). Extern verursachte technische Artefakte können infolge elektrostatischer, elektromagnetischer und hochfrequenter Felder entstehen. Insbesondere ist hier an laufende Motoren, Ventilatoren oder Fahrstühle zu denken. Zu den von dem Patienten selbst verursachten Störungen, die sogenannten physiologischen Artefakte, sind insbesondere alle registrierten, für die konkrete Fragestellung aber nicht interessierenden, Potentiale zu zählen (MÜHLAU 1990).

Durch die automatische Artefaktunterdrückung werden Potentiale, die größer als das zu erwartende Potential sind, nicht als Messwert akzeptiert. Auf diese Weise besteht eine zusätzliche Absicherung, dass zufällig reizkorrelierte Potentiale nicht die Messung verunreinigen können. Je näher die Artefaktschwelle an dem tatsächlichen Messwert liegt, um so genauer wird die Messung, je größer die Artefaktschwelle angesetzt wird, um so unschärfer wird die Messung (MÜHLAU 1990).

2.1.3 Elektroden

Elektroden stellen die leitfähige Verbindung zwischen dem Patienten und der Ableittechnik her. In der Veterinärmedizin hat sich der Einsatz von subkutan platzierten Nadelelektroden bewährt, da sie einfach einzubringen sind und der Elektrodenübergangswiderstand gering ist (BUSERT 1990, SPIESS 1994). In der Elektroretinographie haben als Ableitelektroden Korneakontaktelektroden zuverlässige und reproduzierbare Ergebnisse geliefert (WITZEL et al. 1976, STEISS et al. 1992).

Die Festlegung der Positionen der Elektroden zur Ableitung des VEP‘s erfolgt in Anlehnung an das 10/20-System der Humanmedizin (Abb. 5) (SIMS et al. 1988, SIMS et al. 1989, SPIESS 1994). Dabei werden am Kopf zuverlässig palpierbare

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Knochenpunkte als Bezugspunkte aufgesucht. Beim Menschen werden vier Punkte festgelegt, deren Verbindungslinie jeweils in 10- bis 20-%-Abschnitte eingeteilt sind.

Die Bezeichnung der Positionen erfolgt nach den Regionen: Fp für frontopolar, F für frontal, C für central und O für okzipital. Eine Positionierung in der Mittellinie wird durch den Zusatz z für zero als zentrale Position deutlich gemacht. Ziffern als Zusatz kennzeichnen paramediane Positionen (JASPER 1958).

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Abbildung 5:

Schematische Darstellung des 10/20-Systems des Menschen zur Festlegung der Elektrodenposition beim VEP (nach JASPER 1958).

Als eigentliches Koordinatensystem dienen die Verbindungslinien zwischen Nasion und Inion in der Sagittalebene und die Verbindungslinie zwischen den äußeren Gehörgängen in der Transversalebene. Auf diesen Linien werden in Abständen von 10 respektive 20% der Gesamtlänge die einzelnen Positionen markiert, daher der Name 10/20-System (JASPER 1958).

Dieses System lässt sich nicht ohne weiteres auf Hunde übertragen (SPIESS 1994).

SIMS und Mitarbeiter (1988, 1989) modifizierten dieses System zur Anwendung bei Hund und Katze. Als kaudaler Bezugspunkt beim Tier dient die Protuberantia des Os occipitale (Oz). Die Position naso-zentral (Nz) beim Hund bezeichnet die Positionierung median auf dem Nasenrücken. Bei der frontopolaren-zentralen Position (Fpz) wird die Elektrode zwischen die Augen platziert. Teilt man nun die Strecke Fpz und Oz in drei gleich große Abschnitte, gelangt man von rostral nach kaudal zu den Punkten fronto-zentral (Fz) und centro-zentral (Cz) (SIMS u.

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LARATTA 1988, SIMS et al. 1989). Zusätzlich bezeichnet Ch die Positionierung der Elektrode am Kinn (engl. chin) (SIMS u. LARATTA 1988, SIMS et al. 1989).

2.1.4 Auswertung evozierter Potentiale

Die Festlegung der Eigenschaften eines evozierten Potentials erfolgt zum einen über die Höhe eines Ausschlages, die Amplitude [µV], und zum anderen über den Zeitpunkt des Erscheinens nach dem Reiz, der Latenz [ms] (BUSERT 1990, MÜHLAU 1990, KLEINT 1990, SPIESS 1994).

Das Amplitudenmaximum des ersten Gipfels wird von der Nulllinie aus berechnet und alle nachfolgenden Amplitudenmaxima werden als Differenz zwischen dem vorherigen und dem zu bestimmenden Amplitudenmaximum bestimmt. Die Latenzen werden für jeden Gipfel ausgehend vom Zeitpunkt der Stimulation ermittelt. So erhält man für jeden Gipfel je einen Latenzwert in [ms] und einen Amplitudenwert in [µV]

(BUSERT 1990, KLEINT 1990, SPIESS 1994). Je nach Geräteeinstellung und Untersuchung stellen Gipfel nach oben positive und nach unten negative Potentiale (MALNATI u. BREAZILE 1972, SIMS et al. 1989, STRAIN et al. 1990b, 1991) oder umgekehrt (BICHSEL et al. 1988, BUSERT 1990, SPIESS 1994) dar.

2.2 Evozierte Potentiale nach Lichtstimulation

Als elektrophysiologisches Messverfahren spielt in der ophthalmologischen Diagnostik in der Veterinärmedizin bisher nur das Elektroretinogramm (ERG) eine Rolle (ACLAND 1988, SPIESS 1994, HEIDER 1994, SIMS 1998). Neben diesem Test zur Überprüfung der Netzhautfunktion wird von wenigen Autoren das VEP zur Überprüfung der postretinalen Sehbahn beschrieben. Jedoch wird das Messverfahren nicht einheitlich durchgeführt (SPIESS 1994, SIMS 1998).

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2.2.1 Elektroretinographie

Die Elektroretinographie ist definiert als die Ableitung von elektrischen Potentialen, die nach der Stimulation mit Licht in den Zellschichten der Netzhaut entstehen (KLEMM 1976). Dabei kann je nach Art der Stimulation zwischen dem Elektroretinogramm nach ungemusterter Lichtstimulation (ERG) und gemusterter Lichtstimulation (PERG) unterschieden werden (SIMS 1998).

2.2.1.1 Elektroretinogramm nach ungemusterter Lichtstimulation - ERG

Das Elektroretinogramm mit ungemustertem Licht (ERG) evoziert eine Massenantwort der Zellen der Rezeptorschicht und der inneren Körnerschicht. Die Funktion der Ganglienzellschicht, der Nervenfaserschicht und des Sehnerven kann mit Hilfe dieses Verfahrens nicht überprüft werden (GUM 1980). Das ERG setzt sich aus drei Gipfeln zusammen. Die Benennung der drei Gipfel als A-, B- und C-Welle wurde von EINTHOVEN und JOLLY im Jahre 1908 vorgenommen. Ein erstes kleines positives Potential, das die Funktion der Stäbchen- und Zapfenschicht sowie der Bipolarzellen wiederspiegelt (ROBSON u. FRISHMAN 1996), wird als A-Welle bezeichnet. Daran schließt sich ein großes negatives Potential, die B-Welle, an, dessen Ursprung nicht abschließend geklärt ist. Während ältere Untersuchungen den Ursprung dieser Welle in den Müller-Stützzellen der inneren Körnerschicht sehen (MILLER u. DOWLING 1970), zeigen neuere Untersuchungen bei der Katze, dass der Ladungsfluss in den „An“-Bipolarzellen selbst die B-Welle bildet (FRISHMAN u.

STEINBERG 1989). Die negative C-Welle, die im Anschluss an die B-Welle abgenommen werden kann, wird dem Pigmentepithel zugeordnet (STEINBERG et al.

1970). Im klinischen Einsatz beim Hund werden in der Regel nur die A- und die B- Welle abgeleitet (KLEMM 1976, ACLAND 1988). Die C-Welle stellt sich bei den üblichen klinischen Protokollen nicht dar (KLEMM 1976, ACLAND 1988).

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Die Netzhaut wird gekennzeichnet durch zwei verschiedene aktive Systeme: dem helladaptierten und dem dunkeladaptierten. Das im helladaptierten Zustand arbeitende System, das auf der Funktion der Zapfen basiert, wird auch als photopisch bezeichnet. Zapfen reagieren am besten auf Licht längerer Wellenlänge, wie zum Beispiel Rotlicht. Das skotopische System wird von den bei Dunkeladaptation arbeitenden Stäbchen unterhalten, die am besten auf kurzwelliges Licht, wie z.B. Blaulicht, reagieren (SIMS 1998). YANASE et al. (1995) können in ihrer Untersuchung zeigen, dass eine reine Zapfenantwort auf Rotlichtstimulation in den ersten 16 Minuten nach Dunkeladaptation abgeleitet werden kann. Nach weiterer Dunkeladaptation war dieses reine Zapfen-ERG von einer größeren ERG-Kurve überdeckt und nicht mehr von dem mit Blaulicht evozierten ERG zu unterscheiden.

Beim Hund konnte keine zweigipfelige ERG-Kurve als eine Mischung aus Stäbchen- und Zapfenantwort abgenommen werden (KLEINT 1990, YANASE et al. 1995). Das ERG nach Rotlichtstimulation ist deutlich kleiner als das nach Weißlichtstimulation (HOWARD et al. 1973, KLEINT 1990, SPIESS 1994). Das ERG nach Weißlichtstimulation ist größer, da im Gegensatz zur Rotlichtstimulation sowohl die Stäbchen als auch die Zapfen angesprochen werden (KLEINT 1990, SPIESS 1994) (Abb. 6).

(40)

Abbildung 6:

Elekroretinogramme nach ungemusterter Weißlichtstimulation (1) und

Rotlichtstimulation (2) abgeleitet am wachen Hund aus der Arbeit von KLEINT (1990). Die Ableitelektrode wird als Korneakontaktelektrode auf der Hornhaut platziert und die Referenzelektrode wird an die Position Fpz gesteckt. Das nach Rotlichstimulation abgeleitete ERG ist deutlich kleiner.

Strecke zwischen zwei Teilstrichen:

X-Achsenabschnitt: 25 ms, Y-Achsenabschnitt: 48,8 µV

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AGUIRRE (1995) fordert die Durchführung der Messung des ERG‘s in Narkose oder in tiefer Sedation, um die Anzahl von Artefakten durch Muskelzuckungen zu reduzieren. Auch andere Autoren nehmen das ERG in der Regel in Narkose ab (HOWARD et al. 1973, HOWARD u. SAWYER 1975, MILLICHAMP et al. 1988, ACLAND 1988, PARSHALL et al. 1991, STEISS et al. 1992, GRÄNITZ 1994, NARFSTRÖM et al. 1994, SPIESS 1994, GAIDDON et al. 1995, YANASE et al 1995, NARFSTRÖM u. EKESTEN 1998). ACLAND (1988) schlägt Halothan als Standardnarkotikum zur Abnahme des ERG‘s vor. Jedoch kann gezeigt werden, dass es bei der Verwendung von Halothan zu einer Reduktion der ERG-Kurven um 25% kommt (YANASE u. OGAWA 1997). Ebenfalls kommt es bereits nach einer Minute zu einer deutlichen Reduktion des ERG‘s nach Beimischung von Lachgas in einem Verhältnis zum Sauerstoff von 2:1 (SPIESS 1994). KLEINT (1990) kann in ihrer Arbeit zeigen, dass das ERG auch beim wachen Hund ableitbar ist.

In der Regel werden vor Messung des ERG’s die Pupillen weitgestellt (HOWARD et al. 1973, KLEINT 1990, SPIESS 1994, YANASE et al. 1995, GAIDDON et al. 1995, NARFSTRÖM u. EKESTEN 1998).

Sobald der Verdacht auf eine Fehlfunktion der Netzhaut besteht, ist die Abnahme eines ERG’s angezeigt (ACLAND 1988). Beim Hund hat sich das ERG zur Diagnostik und Überprüfung der Netzhautfunktion bei vorliegender kataraktöser Veränderung der Linse (ACLAND 1988, HEIDER 1994, SIMS 1998), Glaukom (HOWARD u. SAWYER 1975, BROOKS et al. 1992), Hemeralopie (NARFSTRÖM et al. 1994), degenerativen Retinopathien (AGUIRRE u. RUBIN 1975, WOLF et al.

1978, RIIS et al. 1981, MILLICHAMP et al. 1988, PARSHALL et al. 1991, GAIDDON et al. 1995, NARFSTRÖM u. EKESTEN 1998, NARFSTRÖM u. WRIGSTAD 1999), plötzlicher Netzhautdegeneration (GRÄNITZ 1994, SIMS 1998, MILLER et. al. 1998) und zur Abklärung nicht retinaler Blindheit (ACLAND 1988, GRÄNITZ 1994) bewährt.

Bei den erblich bedingten, degenerativen Retinopathien ermöglicht die elektrophysiologische Überprüfung der Netzhautfunktion häufig eine frühere Feststellung des Vorliegens der Erkrankung als die Adspektion der Retina (AGUIRRE u. RUBIN 1975, WOLF et al. 1978, PARSHALL et al. 1991,

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NARFSTRÖM et al. 1994, NARFSTRÖM u. EKESTEN 1998, NARFSTRÖM u.

WRIGSTAD 1999). Bei der plötzlich erworbenen Netzhautdegeneration (Sudden acquired retinal degeneration (SARD)) ist das ERG die einzige Möglichkeit zur Diagnosestellung (ACLAND 1988, GRÄNITZ 1994). Auf der anderen Seite zeigt ein normales ERG bei einem blinden Patienten das Vorliegen einer Erkrankung der postretinalen peripheren oder zentralen Sehbahn an (ACLAND 1988, BERNAYS 1998).

2.2.1.2 Elektroretinogramm nach gemusterter Lichtstimulation - PERG

Im Gegensatz zum ERG, das nach Stimulation mit ungemustertem Licht abgeleitet wird, erfolgt bei der Ableitung des PERG's die Stimulation mit einer schachbrettartig gemusterten Lichtquelle (MAFFEI u. FIORENTINI 1981, SIMS u. WARD 1992, OFRI et. al. 1993, HAMOR et al. 2000). Der Ursprung des PERG wird im Gegensatz zum ERG in den inneren Netzhautschichten gesehen (MAFFEI u. FIORENTINI 1981).

Das PERG besitzt drei Hauptkomponenten (Abb. 7), deren Gipfel als N1, P1 und N2 bezeichnet werden. N1 ist ein kleiner negativer Gipfel, P1 ein positiver Gipfel auf den ein zweiter negativer Gipfel N2 folgt (SIMS u. WARD 1992).

Die Abnahme des PERG vor und nach der Durchtrennung eines Sehnerven bei der Katze führt zu einer Verminderung der Kurven einige Tage nach der Durchtrennung, wogegen die Kurve des anderen Auges unverändert bleibt (MAFFEI u. FIORENTINI 1981). Dies bestätigt die Vermutung, dass das PERG von den Ganglienzellen gebildet wird (MAFFEI u. FIORENTINI 1981). Bei artifiziell erhöhtem intraokulärem Druck reagiert das PERG sensibler mit einer Kurvenreduktion auf die Druckerhöhung als das ERG (HAMOR et al. 2000).

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Abbildung 7:

PERG abgeleitet von einem Hund nach Stimulation mit alternierender

Schachbrettmusterstimulation mit einer Frequenz von 0,015 bis 0,96 Perioden pro Grad Gesichtsfeld nach SIMS und WARD (1992). Pro Stimulationsfrequenz werden zwei separate Messungen übereinander projiziert dargestellt. Es lassen sich drei Hauptgipfel unterscheiden, die mit N1, P1 und N2 gekennzeichnet sind.

Strecke zwischen zwei Teilstrichen:

X-Achsensbschnitt: 50 ms; Y-Achsenabschnitt: 0,61 µV

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2.2.2 Visuell evozierte Potentiale - VEP

Visuell evozierte Potentiale (VEP) stellen gemittelte Potentialänderungen dar, die nach Lichtstimulation eines Auges durch subkutan auf dem Schädel über der Area optica platzierte Nadelelektroden abgeleitet werden können (STRAIN et al. 1990b).

Die Abnahme des VEP’s wird bei vielen verschiedenen Tierarten beschrieben. Das VEP konnte unter anderem beim Schaf (GREGORY u. WOTTON 1983, STRAIN et al. 1990c), bei der Katze (SIMS u. LARATTA 1988, UZUKA et al. 1989, SPIESS 1994, STRAIN et al. 1998) und beim Meerschwein (SUZUKI et al. 1991) abgenommen werden. Beim Hund ist das VEP in den letzten Jahrzehnten vielfach untersucht worden (HOWARD u. BREAZILE 1972, MALNATI et al. 1981, BICHSEL et al. 1988, SIMS et al. 1989, STRAIN et al. 1990b, BUSERT 1990, STRAIN et al.

1991, SPIESS 1994). Die verschiedenen Untersuchungen weisen jedoch bezüglich der verwendeten Lichtquelle und der Platzierung der Elektroden ein großes Maß an Variabilität auf.

Die abgeleiteten VEP-Kurven setzen sich aus verschiedenen Gipfeln zusammen, deren Benennung in der Tiermedizin in der Regel in Anlehnung an die Nomenklatur der Humanmedizin erfolgt (HARDING 1974, BUSERT 1990, STRAIN et al. 1990b, 1991, SPIESS 1994). Dabei werden positive Ausschläge mit einem „P“ und negative Ausschläge mit einem „N“ gekennzeichnet (BICHSEL et al. 1988, SIMS et al. 1989, BUSERT 1990, STRAIN et al. 1990b, 1991, SPIESS 1994). Eine nachgeschaltete Zahl bezeichnet entweder die Reihenfolge des Erscheinens (BICHSEL et al. 1988, SIMS et al. 1989, BUSERT 1990, STRAIN et al. 1990b, 1991) oder die durchschnittliche Latenz dieses Gipfels (SPIESS 1994).

Da die visuell evozierten Potentiale neben individuellen Schwankungen einer Reihe von Artefakten ausgesetzt sind, dürfen in die Auswertung nur solche Gipfel eingehen, die wenigstens einmal reproduziert werden können (MÜHLAU 1990, SPIESS 1994).

Aus diesem Grunde muss mindestens eine Doppelbestimmung der Amplituden erfolgen (MÜHLAU 1990).

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Die Positionierung der Elektroden, die Art der Lichtquelle und die Narkose bzw.

Sedation ist von Untersucher zu Untersucher verschieden (Tab. 1).

Tabelle 1:

Übersicht über Elektrodenposition, Lichtquelle und Narkose bzw. Sedation, die in der Literatur bei verschiedenen Untersuchern zur Untersuchung des VEP’s beim Hund verwendet werden.

Elektrodenposition der Untersucher

Ableitelektr. Referenzelektr. Lichtquelle Narkose/

Sedation STRAIN et al.

1990b Oz Fpz weiß keine

HOWARD u.

BREAZILE 1972

Cz

Auge, kontralateral

weiß

Thiamylal, Methoxyfluran

MALNATI et al.

1981

9 Positionen über dem

Schädel

Ohrbasis,

kontralateral weiß Thiamylal, Halothan

BUSERT 1990

4 Positionen über der Area

optica Ohrbasis,

kontralateral weiß

Proprionyl- promazin

BICHSEL et al.

1988 Oz Atlasflügel rot

Acepromazin und Oxymorphon oder

Xylazin;

Thiopental und Chloralhydrat oder

Halothan SIMS et al.

1989

Fpz, Fz, Cz,

Oz, O1, O2 Ch

gemustertes Rotlicht

Acepromazin, Isofluran SPIESS

1994 Oz Nz weiß

Acepromazin und Thiamylal oder

Halothan STRAIN et al.

1991 Oz Fpz weiß keine

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Bei allen Untersuchern erfolgt die Platzierung der Ableitelektrode im Bereich der Area optica. Ein Teil der Untersucher wählt dafür die Position Cz (HOWARD u. BREAZILE 1972, SIMS et al. 1989, BUSERT 1990), der andere Teil die Position Oz (AUNON et al. 1977, BICHSEL et al. 1988, STRAIN et al. 1990b, SPIESS 1994). Eine stärkere Variation findet sich in der Platzierung der Referenzelektrode. Eine vordere Platzierung in der Nähe der Augen wählen STRAIN et al. (1990b) mit der Position Fpz und HOWARD und BREAZILE (1972) am kontralateralen Auge. Eine hintere Platzierung führen MALNATI et al. (1981) und BUSERT (1990) mit dem kontralateralen Ohr und BICHSEL et al. (1988) mit dem kontralateralen Atlasflügel durch. SIMS et al. (1989) platzieren dagegen die Referenzelektrode am Kinn. Die Messung des VEP’s beim Hund erfolgt in der Mehrzahl der Fälle nach Stimulation mit ungemustertem Weißlicht (HOWARD u. BREAZILE 1972, MALNATI et al. 1981, BUSERT 1990, STRAIN et al. 1990b, 1991, SPIESS 1994). Dabei wird die Vermutung geäußert, dass es nach Stimulation mit Weißlicht zu elektroretinographischen Verunreinigungen der VEP-Kurve kommt (MALNATI et al.

1981, STRAIN et al. 1990b).

Als Lichtquelle wird bei der Evozierung von Potentialen beim Hund in der Mehrzahl der Fälle ungemusterte Weißlichtquellen eingesetzt (HOWARD u. BREAZILE 1972, MALNATI et al. 1981, BUSERT 1990, STRAIN et al. 1990b, STRAIN et al. 1991, SPIESS 1994). Ungemustertes Rotlicht wird zur Stimulation von VEP-Kurven von BICHSEL et al. (1988) eingesetzt, während SIMS et al. (1989) eine gemusterte Rotlichtquelle in Form einer LED-Brille einsetzen. In der Humanmedizin werden dagegen visuell evozierte Potentiale in der Regel mit Schachbrettmusterstimulation durchgeführt, da die Reizantworten gut reproduzierbar sind (MÜHLAU 1990). Die nach Blitzlichtstimulation mit ungemustertem Licht evozierten Potentiale zeigen eine deutlich höhere Variabilität. Die Messung erfolgt beim Menschen nur dann mit Blitzlicht, wenn durch eine Trübung der vorgeschalteten Medien eine Musterreizung nicht möglich oder mit fehlender Kooperativität des Patienten zu rechnen ist (MÜHLAU 1990).

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Während STRAIN et al. (1990b, 1991) VEP-Kurven im Wachzustand ableiten, erscheint anderen die Ableitung von VEP-Kurven im Wachzustand nicht möglich (BICHSEL et al. 1988, BUSERT 1990). BUSERT (1990) gelingt die Ableitung von VEP-Kurven an mit Proprionylpromazin sedierten Hunden. Im Gegensatz dazu können BICHSEL et al. (1988) an Hunden, die mit Acepromazin, Acepromazin kombiniert mit Oxymorphon und Xylazin sediert sind, keine VEP-Kurven ableiten.

VEP-Kurven in Narkose leiten die Mehrzahl der Untersucher ab (HOWARD u.

BREAZILE 1972, MALNATI et al. 1981, BICHSEL et al. 1988, SIMS et al. 1989, SPIESS 1994). Den Einfluss von Lachgas auf das VEP untersucht SPIESS (1994), der nach einer Beimischung von Lachgas zum Halothan in einem Verhältnis von 1:1 ein völliges Verschwinden der VEP-Kurven nach 7 Minuten beobachtet. BICHSEL et al. (1988) können zeigen, dass verglichen mit dem VEP, das in Chloralhydrat- Narkose abgeleitet wird, kein Unterschied zu denen besteht, die in Halothan- oder Thiopental-Narkosen abgeleitet werden.

Die Mehrzahl der Untersucher stellt vor Beginn der Untersuchung die Pupillen weit, um einen maximalen Lichteinfall zu gewährleisten (HOWARD u. BREAZILE 1972, MALNATI et al. 1981, SIMS et al. 1989, SPIESS 1994). STRAIN et al. (1990) führen die Messungen mit unbeeinflussten Pupillen durch.

Beispielsweise leiten STRAIN et al. (1990b) die in Abbildung 8 dargestellten VEP- Kurven mit der Ableitelektrodenposition Oz und der Referenzelektrodenposition Fpz ab. Als Lichtquelle verwenden sie ungemustertes Weißlicht. Die Hunde dieser Untersuchung sind weder sediert noch narkotisiert, die Pupillenstellung ist medikamentell unbeeinflusst und es wird keine Dunkeladaptation durchgeführt. Es werden die nach Lichtstimulation evozierten Potentiale von 200 Stimuli gemittelt. Die Stimulationsfrequenz liegt bei 1,5/s. Es können 5 Gipfel (P1, N1, P2, N2 und P3) abgeleitet werden. Dabei stellen die Autoren in ihren VEP-Kurven elektroretinographische Komponenten in den vorderen Kurvenabschnitten (P1 und N1) fest. Um diese elektroretinographische Komponente möglichst gering zu halten, empfehlen sie eine Platzierung beider Elektroden auf dem Schädel. Durch die

(48)

Subtraktion der abgeleiteten Potentiale durch den Differenzverstärker soll so der Einfluss des Elektroretinogrammes vermindert werden (STRAIN et al. 1990b).

Abbildung 8:

Evozierte Potentiale nach Lichtstimulation mit einer ungemusterten Weißlichtquelle an den Elektrodenpositionen Oz(+) – Fpz(-) aus STRAIN et al. (1990b). Es können fünf positive und negative Gipfel (P1, N1, P2, N2 und P3) abgeleitet werden.

Strecke zwischen zwei Teilstrichen:

X-Achsenabschnitt: 25 ms; Y-Achsenabschnitt: 5 µV

(49)

Die Latenzen [ms] und Amplituden [µV] dieser Gipfel sind in der Tabelle 2 zusammengefasst (STRAIN et al. 1990b).

Tabelle 2:

Mittelwerte und Standardabweichungen der Latenzen [ms] und Amplituden [µV] der Gipfel P1, N1, P2, N2 und P3 der nach Lichtstimulation evozierten Potentiale der Untersuchung von STRAIN et al. (1990b).

P1 [ms]

N1 [ms]

P1N1 [µV]

P2 [ms]

N1P2 [µV]

N2 [ms]

P2N2 [µV]

P3 [ms]

N2P3 [µV]

Mittel- wert

14,3 29,2 7,19 54,5 13,3 78,0 6,13 98,1 5,88 Standard-

abw.

2,4 2,2 3,09 7,4 4,29 13,1 3,32 12,6 5,89

HOWARD und BREAZILE (1972) leiten mit der Ableitelektrodenposition Cz und der Referenzelektrodenposition über dem kontralateralen, rechten Auge die in Abbildung 9 dargestellten VEP-Kurven ab. Die Stimulation erfolgt mit ungemustertem Weißlicht an narkotisierten Hunden (Prämedikation: Thiamylal, Narkose: Methoxyfluran). Die Hunde befinden sich in einem chirurgischen Narkosestadium. Die Pupillen sind zuvor medikamentell weitgestellt worden. Die Messungen erfolgen am dunkel adaptierten Auge. Es werden 32 Potentiale gemittelt, die mit einer Stimulationsfrequenz von 1/s evoziert werden. Die VEP-Kurve wird von einem Gipfel dominiert, der eine durchschnittliche Latenz von 58,2 (± 11,4) ms mit einer durchschnittlichen Amplitude von 11,2 (± 6,14) µV besitzt. Eine Verunreinigung des VEP’s durch ein Elektroretinogramm wird von den Autoren ausgeschlossen.

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Abbildung 9:

Nach Stimulation mit einer ungemusterten Weißlichtquelle an den Elektroden- positionen Cz(+) – Auge-kontralateral(-) abgeleitete evozierte Potentiale aus HOWARD und BREAZILE (1972). Ein Ausschlag nach oben entspricht einer positiven Entladung. Es kann eine Hauptentladung abgeleitet werden, die mit IV gekennzeichnet wird.

MALNATI et al. (1981) untersuchen evozieren Potentiale mit verschiedenen Ableitelektrodenpositionen, die von rostral nach kaudal auf dem Schädel verteilt sind.

Die Referenzelektrode wird bei allen Messungen an der Ohrbasis befestigt. Die Stimulation erfolgt mit einer ungemusterten Weißlichtquelle. Die Hunde werden mit Thiamylal und Halothan narkotisiert und befinden sich in einem leichten Stadium der Narkose. Die Pupillen sind medikamentell weitgestellt und die Messung wird in Dunkeladaptation durchgeführt. Es werden die nach Lichtstimulation evozierten Potentiale von 32 Lichtblitzen mit einer Frequenz von 1 /min gemittelt. Das Elektroretinogramm wird bei diesem Untersuchungsaufbau bis an die Position Cz weitergeleitet. Durch die Abnahme des ERG’s kaudal der Retina kommt es dabei zu einer Umkehr des Potentials, so dass die B-Welle nach unten ausschlägt. Diese Potentiale sind auch nach der Durchtrennung des Sehnerven des stimulierten Auges noch ableitbar, so dass der retinale Ursprung als gesichert erscheint. MALNATI et al.

Referenzen

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