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1 Periphere und zentrale Sehbahn

1.2 Zentrale Sehbahn

Die zentrale Sehbahn setzt sich aus den lateralen Kniehöckern, der Sehstrahlung und der Sehrinde zusammen (SEIFERLE 1991).

1.2.1 Lateraler Kniehöcker – Corpus geniculatum laterale

Die lateralen Kniehöcker stellen das subkorticale primäre Sehzentrum des Thalamus dar, in dem die periphere Sehbahn ihr Ende findet (SEIFERLE 1991). Das dorsale Corpus geniculatum laterale einer Seite erhält die Informationen aus der nasalen Retina des kontralateralen Auges und der temporalen Retina des ipsilateralen Auges und gibt diese an den visuellen Kortex weiter (OFRI 1998). Die Basis der funktionellen Architektur des dorsalen Corpus geniculatum laterale ist eine retinotopische Organisation (HOWARD u. BREAZILE 1973).

Die Fasern der Sehnerven enden vorwiegend im dorsalen Anteil des Corpus geniculatum laterale (CGL) (HOWARD u. BREAZILE 1973). Dieser Anteil ist eine gebogene Struktur, deren Hilus nach rostrolateral ausgerichtet ist. Der Zellkörper, der den dorsalen Anteil des Corpus geniculatum laterale bildet, wird aus vier Zelllagen geformt. Hunde besitzen vier Zellschichten im dorsalen lateralen Kniehöcker, die Lamina principalis anterior, die Lamina principalis posterior, die Lamina magnocellularis und die Lamina parvocellularis (RIOCH 1929). Die Axone der Ganglienzellen des rechten und des linken Auges enden dort in den verschiedenen Schichten (BEITZ u. FLETCHER 1993). RIOCH (1929) beschrieb die Form dieser Zelllagen als S-förmige Struktur. Die Fasern des Tractus opticus ziehen an der kaudalen Oberfläche in den Kniehöcker und verlassen ihn an der rostralen Oberfläche, um die Radiatio optica zu formen (RIOCH 1929).

Die Fasern der Sehnerven, die kontralateral enden, gelangen vorwiegend in die Lamina principalis anterior, Lamina magnocellularis und Lamina parvocellularis. Die Fasern, die ipsilateral bleiben, projizieren in die Lamina principalis posterior und zu einem geringen Anteil in die Lamina parvocellularis in einen Bereich kaudal der Lamina magnocellularis (HOWARD u. BREAZILE 1973).

So wird ein bestimmter Punkt des linken Gesichtsfeldes vom rechten Auge in die Lamina principalis posterior und die Lamina parvocellularis ipsilateral in das rechte CGL projiziert und derselbe Punkt wird vom linken Auge in die Lamina principalis anterior, Lamina magnocellularis und Lamina parvocellularis kontralateral in das rechte CGL weitergeleitet. Die Informationen über diesen gegebenen Punkt liegen in

den verschiedenen Lagen des CGL genau übereinander. Die Lage der Projektionsfelder ist nicht nur als rein topographisch anzusehen, sondern reflektiert ebenfalls die physiologische Signalverarbeitung in der Retina. So erhalten die Laminae principalis anterior und posterior Erregungen von den β-Ganglienzellen, wogegen die Laminae magnocelluaris und parvocellularis Informationen von den α-Ganglienzellen erhalten. Somit liegen im dorsalen lateralen Kniehöcker über diesen Punkt des linken Gesichtsfeldes sowohl Informationen von α-Ganglienzellen als auch von β-Ganglienzellen direkt beieinander. Durch diese Positionierung wird die zusammenführende Signalverarbeitung im visuellen Kortex vorbereitet (OFRI 1998).

Das CGL bildet so die Schaltstelle zwischen Netzhaut und Sehrinde und ist damit die Durchgangs - und wahrscheinlich auch Verstärkerstation für alle optischen Erregungen (SEIFERLE 1991).

Es gibt zwei Arten von Nervenzellen im dorsalen CGL. Interneurone, die Signale innerhalb der Schichten des CGL verarbeiten, und aus dem CGL heraus projizierende Neurone (OFRI 1998). Diese projizierenden Zellen stellen demnach das dritte Neuron der Sehbahn dar. Deren Axone verlassen den dorsalen lateralen Kniehöcker und ziehen als Tractus geniculooccipitalis zur Rinde des Okzipitallappens (SEIFERLE 1991).

1.2.2 Sehstrahlung – Radiatio optica

Das Fasersystem des dritten Axons der Sehbahn wird auch als Sehstrahlung, Radiatio optica (Gratioletsche Sehstrahlung) bezeichnet. Sie verläuft zur Area optica des Hinterhauptlappens und breitet sich dabei fächerförmig aus (SEIFERLE 1991).

1.2.3 Sehrinde – Area optica

Die Sehrinde, Area optica, nimmt die mediale und zu einem kleinen Teil auch die dorsolaterale Fläche des Okzipitalpols ein (Abb. 4). Beim Hund erstreckt sie sich über das Gebiet des Gyrus splenialis, den kaudalen Teil des Gyrus marginalis und endomarginalis und den Gyrus occipitalis (SEIFERLE 1991).

Abbildung 4:

Schematische Darstellung einer dorsalen Ansicht des Gehirns beim Hund nach einer von BUSERT (1990) modifizierten Abbildung von HOERLEIN (1978).

Beim Hund erstreckt sich das visuelle Areal über das Gebiet des Gyrus splenialis, den kaudalen Teil des Gyrus marginalis (1) und endomarginalis (2) und den Gyrus occipitalis (SEIFERLE 1991). Das schraffierte Gebiet kennzeichnet die von dorsal betrachtete Area optica (BUSERT 1990). Als weitere Orientierungspunkte sind der Sulcus marginalis (3), der Sulcus coronalis, der Sulcus marginalis caudalis (5) und der Sulcus endomarginalis (6) eingezeichnet. Das Cerebellum (7) schließt sich kaudal an den Okzipitalpol an.

Die Projektionsfläche der Area centralis der Netzhaut des Hundes befindet sich nahe der medialen Grenze des dorsalen Okzipitallappens an der Verbindung zwischen dem Gyrus marginalis und dem Gyrus endomarginalis (OFRI et al. 1994).

Die Area optica, als Teil des Neokortex, setzt sich aus sechs Schichten zusammen (BEITZ u. FLETCHER 1993). Von außen nach innen werden sie bezeichnet als:

1. Stratum moleculare - Molekularschicht 2. Stratum granulare externum - äußere Körnerschicht 3. Stratum pyramidale externum - äußere Pyramidenschicht 4. Stratum granulare internum - innere Körnerschicht 5. Stratum pyramidale internum - innere Pyramidenschicht 6. Stratum multiforme - multiforme Schicht

Die oberflächlich im Kortex liegende Molekularschicht wird von der Pia mater bedeckt. Kleine vereinzelte Nervenzellen entlassen ein Geflecht oberflächenparalleler, markhaltiger Axone. Die Nervenzellen dienen als Schalt- und Assoziationszellen. In der äußeren Körnerschicht befinden sich zahlreiche kleine Pyramidenzellen, die Fortsätze in oberflächliche und tiefe Schichten entsenden.

Namensgebend für die äußere Pyramidenschicht sind mittlere und große Pyramidenzellen, deren Größe von außen nach innen zunimmt. Diese Schicht ist im allgemeinen die dickste aller Rindenschichten. Das Axon der Pyramidenzellen durchzieht äußere Rindenbereiche und teilt sich in der Molekularschicht. Die Zellen der inneren Körnerschicht wirken als Schaltneurone, ihre Fasern bilden parallel zur Oberfläche orientierte Streifen, die makroskopisch erkennbar sind.

Riesenpyramidenzellen sind die augenfälligsten Merkmale der inneren Pyramidenschicht, deren Axone einen Teil der Pyramidenbahnen formen. Neben diesen finden sich auch mittelgroße Pyramidenzellen. Die multiforme Schicht enthält Nervenzellen unterschiedlicher Form und Struktur, die ohne erkennbare Grenze in die weiße Substanz übergehen. Die weiße Substanz wird von Nervenfasern und Gliazellen gebildet. Myelinscheiden werden von Oligodendrozyten gebildet, während Astrozyten der mechanischen Stabilität und der Stoffwechselversorgung der Nervenzellen dienen (LIEBICH 1993). Die Sehrinde, Area optica, zeichnet sich mikroskopisch durch wenige Pyramidenzellen und den besonderen Reichtum an Körnerzellen aus (SEIFERLE 1991).

In der Sehrinde findet nun die Verschmelzung der Informationen beider Augen zu einem Bild statt (OFRI 1998), wobei die retinotopische Organisation beibehalten wird (SEIFERLE 1991). Neben der Area optica, die direkt über das dorsale CGL mit der

Retina verbunden ist, existieren weitere Areale, die der Verarbeitung optischer Informationen dienen, und konzentrisch um die Area optica gelagert sind. Bei der Katze existiert neben der Area optica die Area parastriata und die Area peristriata, so dass die visuellen Areale zusammen fast den gesamten Okzipitallappen einnehmen (OFRI 1998).