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Archiv "Arbeitsunfähigkeit: Altes Lied, neue Variante" (26.08.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

M

an kann darauf wetten:

mindestens einmal im Jahr stimmt ein Stimm- führer der Arbeitgeber das Kla- gelied vom hohen Krankenstand an. In Zeiten hoher Arbeitslosig- keit klingt es gedämpfter, in Zei- ten einer florierenden Konjunk- tur lauter. Gemessen daran müs- sen die Arbeitsplätze im Westen Deutschlands heute wieder sehr sicher sein, denn der Kranken- stand ist hoch und die Arbeitge- berklage laut (einen Bericht da- zu findet der interessierte Leser unter der Rubrik „Aktuelle Poli- tik").

Und auch darauf kann man wetten: An das Klagelied schließt sich der Vorwurf an, die Ärzte schrieben zu leichtfertig krank. Die Beschuldigung, pau- schal erhoben, ist genauso falsch, wie der Vorwurf gegen den Arbeitnehmer, er simuliere.

Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Dr. Karsten Vilmar, hat solcherlei Unterstellungen zu Recht zurückgewiesen.

Soweit, so altbekannt. Rela- tiv neu an der jüngsten sommer-

Arbeitsunfähigkeit

II■low■e

Altes Lied,

neue Variante

lichen Aktion ist, daß die Ar- beitgeberklage mit dem Vor- schlag beantwortet wurde, eine Enquete-Kommission aus Politi- kern, Sozialpartnern und Ärzten mit der Ursachenforschung zu betrauen. Der Vorschlag kam von dem FDP-Sozialpolitiker Ju- lius Cronenberg, privatim ein mittelständischer Unternehmer, und wurde von Vilmar aufgegrif- fen. Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung freilich signali- sierte, daß sie von der Idee nichts hält: das Problem sei alt- bekannt.

Die Meinung, der hohe Krankenstand sei zwar bekla- genswert aber hinzunehmen, ist weit verbreitet. In der Tat wird er als eine Art sozialer Besitz- stand behandelt. Soll man

demnach resignieren? Eine En- quete-Kommission könnte im- merhin für objektive Daten sor- gen und somit dazu beitragen, die gegenseitigen Schuldzuwei- sungen für eine Zeitlang zu be- enden. Viel an konkreten Vor- schlägen darf man indes nicht erwarten, weil die Auffassungen der Beteiligten zu weit auseinan- dergehen. An Karenztagen etwa scheiden sich die Geister. Selbst Dr. Vilmars Andeutung einer Idee, an gewisse Lohnabzüge zu denken, hielt dem öffentlichen Aufschrei nicht stand.

Ob Enquete-Kommission oder nicht — das sogenannte Krankschreiben könnte Gegen- stand eines politischen Kuhhan- dels werden. Die Arbeitgeber wehren sich — und das ist der Hintergrund der jüngsten Akti- on — gegen weitere Lohnneben- kosten in Gestalt eines Arbeitge- berbeitrags in einer sozialrecht- lich geregelten Pflegesicherung.

Oder anders: Wenn die Arbeit- geber durch die Pflege belastet werden sollten, dann wollen sie anderswo entlastet werden. NJ

N

och sind die Vorarbeiten für einen Entwurf eines Gesetzes zur Absiche- rung des Pflegerisikos im Gange und schon baut der für dieses Projekt zuständige Bundesmini- ster Dr. Norbert Blüm weise vor:

Weil die Pflegeversicherung be- reits zum Start rund 25 bis 30 Millarden DM verschlingt, sol- len (nicht vorhandene) Sozial- milliarden in anderen Berei- chen, insbesondere im Bereich der gesetzlichen Krankenversi- cherung, zusammengekratzt, ein bis zwei Prozentpunkte hier ein- gespart werden.

Blüms Begründung: Die Lohnnebenkosten dürften bei einer Einführung der sozialen Pflegeversicherung nicht erhöht werden. Insgesamt liefen die Blüm-Planspiele darauf hinaus, daß den gesetzlichen Kranken- kassen bei einer Beitragssatzsen- kung von einem bis zwei Pro- zentpunkten 7 bis 14 Milliarden DM entzogen würden. Die Fol-

Pflegeversicherung

Blüms Trick

ge wäre: Die Versicherten und Beitragszahler müßten schon wie bei der „Gesundheitsre- form" weitere Leistungsein- schränkungen hinnehmen. Mit Sicherheit würden erneut die Leistungserbringer geschröpft werden.

Bundesminister Blüm hat seine Glaubwürdigkeit erneut stark strapaziert. Bereits früher, als die Verantwortung für alle Sozialleistungszweige noch beim Bundesarbeitsminister gebün- delt waren, war Blüm nicht ver- legen, an den Beitragssätzen zu manipulieren. Auch seine früher der Kassenärzteschaft gegebene Zusage, etwas für die Qualitäts- sicherung in der kassenärzlichen Versorgung (obligatorische Wei- terbildung in Allgemeinmedizin)

zu tun, ist immer noch nicht ein- gelöst.

Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung (KBV) hält es für unverantwortlich, die Finan- zierung einer Pflegeversicherung an vermutete Einsparmöglich- keiten in der Krankenversiche- rung zu knüpfen. Die von der KBV signalisierte Zustimmung zu dem Blüm-Konzept war aus- drücklich an die Zusage gebun- den worden, daß die gesetzliche Krankenversicherung weder di- rekt noch indirekt mit den Ko- sten einer Pflegeversicherung belastet wird. Für die KBV kommt es einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gleich, wenn Blüm die Pflegeversiche- rung nun teilweise zu Lasten der Krankenversicherung finanzie- ren will. Blüms Verbalakt muß um so mehr verwundern, als er im Verschiebebahnhof, der überdies für geschlossen erklärt wurde, längst nicht mehr Stati- onsvorsteher ist . . . HC

Dt. Ärztebl. 88, Heft 34/35, 26. August 1991 (1) A-2749

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