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er zunehmende Wettbe- werb zwischen den Kran- kenhäusern und die ak- tuellen Veränderungsprozes- se in den Kliniken erfordern von ärztlichen Führungskräf- ten verstärkt strategische Qua- litäten. Neben der Behand- lung von Patienten befasst sich ein leitender Arzt mit Prozessoptimierung, Kosten- controlling, Qualitätssiche- rung und Mitarbeiterführung.Diese neuen Herausforde- rungen werden zunehmend als extreme Belastung zu dem ohnehin fordernden Arbeits- alltag empfunden. Immer mehr ärztliche Führungskräf- te nutzen daher die Unter- stützung durch einen privaten Coach, der ihnen individuell, schnell und effektiv bei der Bewältigung der neuen Her- ausforderungen hilft.
Pro und Kontra eines Wechsels objektiv gegenüberstellen So auch der 38-jährige Dr.
Marek (Name von der Re- daktion geändert), der durch seinen Wechsel von einer Universitätsklinik in Hessen
an ein Großstadtkrankenhaus in Süddeutschland vom Ober- arzt zum Chefarzt aufgestie- gen ist. Der ersten Freude über den persönlichen Kar- rieresprung folgte schnell die Ernüchterung. Der Neurolo- ge hat das Gefühl, seinen An- forderungen nicht gerecht zu werden, fühlt sich in seiner Position unwohl und spielt mit dem Gedanken, die Kli- nik zu verlassen.
Desillusioniert sucht Dr.
Marek erstmals das Gespräch mit einem persönlichen Coach.
Durch das Aufstellen eines
„T-Kontos“ hilft ihm sein Coach objektiv das Pro und Kontra eines Klinikwechsels aufzulisten. Schnell wird deut- lich, dass das zentrale Pro-
blem im Umgang mit dem Kaufmännischen Direktor, der gleichzeitig Miteigentü- mer der Klinik ist, liegt. Dr.
Marek leidet unter dem di- stanzierten und direktiven Führungsstil seines Chefs, der seine Kompetenz ignoriert, in Gesprächen schnell ausfal- lend und verletzend wird und Sparmaßnahmen ohne Ab- sprache mit ihm durchsetzt.
Nach der Ursachenfindung wird eine Bilanz der zurück- liegenden 18 Monate erstellt.
Gemeinsam mit dem Coach erarbeitet Dr. Marek eine Li- ste seiner Arbeitsergebnisse, die er durch Zahlen/Daten/
Fakten konkretisiert. Zum Schluss ergibt sich ein be- achtliches „Haben-Konto“ und die Erkenntnis, dass er im Hinblick auf seine berufliche Karriere mindestens ein wei- teres Jahr in seiner Position verbleiben sollte. Das daraus resultierende gestärkte Selbst- vertrauen wird Dr. Marek be- wusst dazu einsetzen, für eine bessere Arbeitsbeziehung zu kämpfen.
Möglichkeit hierfür bietet das anstehende Halbjahres- gespräch mit dem Vorgesetz- ten. Zur Vorbereitung erfolgt im Coaching eine Analyse des Verhandlungspartners, die als Grundlage für eine gezielte Gesprächsstrategie dient. Das Coaching erfolgt unter streng- ster Vertraulichkeit und Dis- kretion, sodass der Vorgesetz- te keine Kenntnis von dieser Hilfestellung hat.
Ein anderes Beispiel für ein effektives Coaching zeigt die Erfahrung des 51-jährigen Prof. Pram (Name von der Redaktion geändert), Erwach- senenpsychiater und Chef- arzt. Ihm stellt sich die Her- ausforderung in Form der Neubesetzung einer Oberarzt-
stelle, die aufgrund vorher- sehbarer persönlicher Grün- de vakant wird. Es gilt, die Po- sition neu zu besetzen und ei- nen Übergabeprozess zu initi- ieren. Zugute kommt Prof.
Pram, dass er in den letzten drei Jahren mit Unterstüt- zung seines Coachs die lang- fristige Klinikentwicklung im Blick hatte und er daher eine konsequente Förderung des Leitungsnachwuchses, unter anderem durch Schulungen in Führungsfragen, betrieb.
Strategische Vorgehensweise statt Bauchentscheidung Um den anstehenden Füh- rungswechsel ohne Reibungs- verluste zu bewältigen, erar- beitet Prof. Pram mit seinem Coach einen Maßnahmenka- talog. Nach der Analyse der vakanten Stelle und Definiti- on der Aufgabenstellung und Ziele, entwickelt er ein An- forderungsprofil und gleicht mit Unterstützung des Coachs die Profile der zur Verfü- gung stehenden Kandidaten entsprechend ab. Eine Ent- scheidung ist dadurch schnell getroffen, und Prof. Pram wird in der nächsten Sitzung des Leitungsteams seine Ent- scheidungsgründe transparent vortragen und abstimmen.
Erst dann wird die ausgewähl- te Bewerberin informiert.
Durch diese strategische Vor- gehensweise wird das gute Klima im Leitungsteam ge- stärkt und der Nachfolgerin ein kollegiales Umfeld eröff- net. „Früher hätte ich das al- les aus dem Bauch entschie- den und nach Gutsherrenart vollendete Tatsachen geschaf- fen. Gewundert hat mich dann immer nur, woher die schlechte Stimmung im Lei- tungsteam kam und warum ich bei der Umsetzung nur wenig Unterstützung von die- ser Seite bekam“, bewertet Prof. Pram seine alte Hand- lungsweise. „Der Hintergrund ist mir erst in den Coaching- Gesprächen deutlich gewor- den. Heute weiß ich mein Lei- tungsteam engagiert neben mir.“
Werner Fleischer, E-Mail: w.fleischer@ihrCoach.com V A R I A
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A1834 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2518. Juni 2004
Ärztliche Führungskräfte
Coaching on the Job
In Einzelgesprächen oder per Telefon können sich Ärzte bei der Bewältigung der zunehmenden Ma- nagementaufgaben in den Kliniken beraten lassen.
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