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Archiv "USA-Arbeitszeiten: Eigene Erfahrungen" (19.03.2004)

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USA-Arbeitszeiten

Zu dem Beitrag „Überarbeitete Kran- kenhausärzte“ von Karen Dente in Heft 8/2004:

Entstellte Darstellung

Die Autorin beklagt die Schin- derei und Schikane während der Internship und Residency, die daraus resultierende Ge- fährdung für die Patienten so- wie für das eigene Seelenheil und schließlich für das politi- sche Engagement.

Wir glauben, dass dieser Arti- kel eine völlig entstellte Dar- stellung einer hoch qualifizier- ten Ausbildung gibt und dazu geeignet ist, die augenblicklich in Deutschland zu beobach- tende Entwicklung eines Dienstes nach

Vorschrift in der Medizin zu exkul- pieren. Einer von uns hat diese so genannte Schin- derei vor nahezu 30 Jahren durch- gemacht, der an- dere erlebt sie ge- rade im fünften Jahr und trug als Chief Resident einer Bostoner Klinik zur Gestal- tung der kritisier-

ten Arbeitsbedingungen an seinem Krankenhaus bei.

Die Autorin behauptet, dass der „Ritus“, dem sich junge Ärzte unterziehen müssen, für eine gute Ausbildung kontra- produktiv sei. Das Gegenteil ist wahr. Im ersten Jahr bein- halten derartige Rotationen die Tätigkeit auf den „Wards“

und der Intensivstation, aber auch zwei Monate „Elective“

bei der maximal zwei bis drei Patienten täglich gesehen

werden und die verbleibende Zeit einer intensiven Fortbil- dung gewidmet ist, ganz abge- sehen davon, dass auch in den übrigen Rotationen mehrere Stunden täglich für eine struk- turierte Fortbildung (Board Reviews, Grand Rounds, Pathologie-Konferenzen, Journal-Clubs etc.) und das Literaturstudium zur Verfü- gung stehen. Das heißt, dass von den maximal 80 Arbeits- stunden pro Woche ein großer Teil der Ausbildung gewidmet ist, ein Zustand von dem wir in Deutschland nur träumen können. Es ist auch absurd, den Eindruck zu erwecken, dass Assistenten in den USA als billige Sklaven für das Ausfüllen von Laborzetteln und den Patiententransport

von A nach B missbraucht werden. Während deutsche Ärzte im Praktikum die er- sten Morgenstunden mit Blut- entnahmen verbringen, sind amerikanische Assistenten in der gleichen Stunde beim

„Morning Report“, um kli- nisch interessante Fälle zu diskutieren. Die beschriebe- nen „Sklavenarbeiten“ wer- den dagegen von „Phleboto- mists“ und den „Ancillary Services“ übernommen. Auch

ist es falsch zu behaupten, dass eine Klage der Interns und Residents über ihre Ar- beitsbedingungen in einer schlechten Beurteilung endet.

Bei den jährlich stattfinden- den Überprüfungen durch das Residency Review Commit- tee des American Council of Graduate Medical Education haben alle Residents die Möglichkeit, die Qualität des Ausbildungsprogramms ano- nym zu beurteilen. Eine Häu- fung schlechter Beurteilun- gen durch die Residents kann für das Krankenhaus in einer Katastrophe enden, indem es seine Zulassung zur Wei- terbildung verliert. Wo in Deutschland haben Assistenz- ärzte denn eine derartige Möglichkeit, die Qualität ih- res Ausbildungsprogramms zu beeinflussen?

Inkorrekt ist auch die Aussage, dass das Matching System Re- sidents dazu zwingt, die ihnen angebotene Stelle ohne Rück- sicht auf ungünstige Arbeits- bedingungen anzunehmen. Im Rahmen des „National Resi- dency Matching Program (NRMP)“ bewerben sich die Hochschulabsolventen an Krankenhäusern ihrer Wahl.

In der Regel wird dem Bewerber dann auch eine Stelle zugeord- net, die auf seiner Wunschliste ganz oben stand. Es ist richtig, dass diese Stelle dann auch angenommen werden muss, aber schließlich wurde sie sie ja auch von vorn- herein gewählt.

Unseres Erach- tens ist eine intensive und qua- litativ hochwertige Ausbildung mit einer 40-Stunden-Woche in einem angemessenen Zeit- raum nicht zu bekommen.

Dies erklärt auch, warum man in Deutschland für eine Fach- arztausbildung sechs Jahre braucht, während sie in den USA bereits nach drei Jahren abgeschlossen ist. Schließlich sollte nicht vergessen werden, dass lange Arbeitszeiten in den USA nicht unbedingt ver-

ordnet werden, sondern aus der persönlichen Verantwor- tung für die betreuten Patien- ten entstehen. Es gibt so etwas wie eine personengebundene Arzt-Patienten-Beziehung, aus der man sich nicht entlas- sen kann, nur weil die Stech- uhr abgelaufen ist.

Die weinerliche Beschreibung von mehr fordernden Medi- zinsystemen anderer Länder sollte aus unserer Sicht nicht dazu führen, eine besorgniser- regende Entwicklung in Euro- pa, wie sie sich durch das EuGH-Urteil abzeichnet, zu entschuldigen. Was uns an- geht, so gehört die beschriebe- ne „Schinderei“ zu den wert- vollsten Erfahrungen unseres Lebens und hat wesentlich da- zu beigetragen, dass wir ver- antwortungsvoll unseren Be- ruf ausüben können.

Alexander J. Eckardt M. D.,University of Massachussetts,Worcester, Mass., USA Prof. Dr. Volker F. Eckardt, Deutsche Klinik für Diagnostik, Aukammallee 33, 65191 Wiesbaden

Eigene Erfahrungen

Dass der Tod einer Patientin den Staat New York veran- lasst, die Arbeitszeit für Ärzte zu begrenzen, ist verständlich.

Schutzbedürftig sind aber auch die Ärzte selbst: In einem amerikanischen Krankenhaus, das ich als Student kennen lernte, wurde – vor 16 Jahren – über geänderte Arbeitszeiten nachgedacht, als zum zweiten Mal ein Arzt nach Nachtdienst bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam: Der war – vermut- lich am Steuer eingeschlafen – gegen einen Brückenpfeiler gefahren.

Zwar war die Dauer der Nachtdienste gar nicht länger als hierzulande auch heute noch üblich (nämlich bis zum Mittag des Folgetages), aber die Arbeitszeiten mit einem viertägigen Rhythmus aus Tag- mit Spätdienst („short- call“), Tagdienst, Tag- mit Nachtdienst („long call“) und Frühdienst – das Ganze ohne Rücksicht auf Wochenende oder Feiertage – waren buch- stäblich mörderisch.

Dr. med. Dietrich Tamm,Sebastian- Bach-Straße 39, 56075 Koblenz

A

A780 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004

B R I E F E

Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

Foto:Cara Metz

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