M E D I Z I N
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A634 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 107. März 2003
fallfahrer gegenüber dem Normalkol- lektiv und gegenüber den anderen Un- fallkategorien. Die subjektive Selbst- einschätzung des Sehvermögens der Unfallfahrer stand in einer deutlichen Diskrepanz zu den objektiv erhobenen Befunden. Dies gilt insbesondere für die Einschätzung des Dämmerungssehver- mögens, das häufig überschätzt wurde und nicht mit dem tatsächlichen Unfall- risiko korrelierte.Als wichtigtste Konse- quenz aus dieser Studie ergibt sich die Forderung nach einer konsequenten Prüfung von Dämmerungssehvermögen und Blendempfindlichkeit im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung. Die al- leinige Prüfung der Tagessehschärfe, wie sie beim üblichen Sehtest durchgeführt wird, ist gerade in höherem Lebensalter absolut insuffizient und widerspricht auch den Vorgaben der europäischen Rechtssprechung (14).
Schlussfolgerungen
Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ein hohes Maß an visueller Leistungsfähigkeit. Eine Grundvor- aussetzung ist daher ein intaktes visu- elles System, ein funktionierendes Zu- sammenspiel beider Augen und eine adäquate Verarbeitung der visuellen Informationen im Gehirn. Wenn sub- stanzielle Defizite bestehen, müssen Konsequenzen hinsichtlich der Fahr- eignung mit Beschränkungen, eventu- ell Ausschluss vom Straßenverkehr, ge- zogen werden. In manchen Fällen ist eine Zusatzbegutachtung durch einen Vertreter der ophthalmologischen Nachbardisziplinen erforderlich. Eine Hilfe für die Begutachtung gerade von komplexen Fällen ist die Empfeh- lungsschrift der Deutschen Ophthal- mologischen Gesellschaft (2), die viele Hilfen an die Hand gibt, in schwierigen Einzelfällen zu einer vernünftigen Be- urteilung und Bewertung zu kommen.
Gerade wenn Mehrfachdefizite in ver- schiedenen Bereichen vorliegen, muss der Gutachter Rechenschaft abgeben, ob noch Fahreignung vorliegt oder nicht, was im Einzelfall durchaus pro- blematisch sein kann.
Manuskript eingereicht: 2. 9. 2002, angenommen:
6. 11. 2002
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2003; 100: A 624–634 [Heft 10]
Literatur
1. Aulhorn E, Harms H: Über die Untersuchung der Nachtfahreignung von Kraftfahrern mit dem Mesopto- meter. Klin Mbl Augenheilk 1970; 157: 843–873.
2. Empfehlung der Deutschen Ophthalmologischen Ge- sellschaft zur Fahreignungsbegutachtung für den Straßenverkehr. Anleitung für die augenärztliche Un- tersuchung und Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Heidelberg: Deutsche Ophthal- mologische Gesellschaft (DOG), 1999, 2. Auflage.
3. Fahrerlaubnisverordnung (FeV): Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr. Bundes- gesetzbl 1998 Teil I Nr.55, ausgegeben zu Bonn am 26.8.1998, Änderungsverordnung (FeVÄndV) Bundes- gesetzblatt Jahrgang 2002 TeilI, Nr.59, ausgegeben zu Bonn am 23. 8. 2002.
4. ISO 8596/8597. Berlin, Köln: Beuth- Verlag.
5. Harms H: Unfallursache Sehmangel – heutige Situati- on und künftige Risiken. In: Wahrnehmung und Ver- kehrssicherheit. Bericht über das 7. Symposium Ver- kehrsmedizin des ADAC. Schriftenreihe Straßenver- kehr 32. München: ADAC Verlag GmbH 1987; 30–40.
6. Kroj G: Sicherheit älterer Menschen im Straßenverkehr – Zusammenfassung der Ergebnisse einer OECD/
WHO-Forschungsgruppe. Z. Verkehrssicherheit 1985;
31: 33–41.
7. Lachenmayr B: Fahren mit Licht bei Tage? Ophthalmo- loge 1995; 92: 93–99.
8. Lachenmayr B, Berger J, Buser A, Keller O: Reduziertes Sehvermögen führt zu erhöhtem Unfallrisiko im Straßenverkehr. Ophthalmologe 1998; 95: 44–50.
9. Lachenmayr B, Buser A, Keller O, Berger J: Sehstörun- gen als Unfallursache. In: Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt): Mensch und Sicherheit. Bre- merhaven: Wirtschaftsverlag NW 1996.
10. Lachenmayr B, Buser A, Müller S: Welche visuelle In- formation benötigt der Kraftfahrer für die sichere Teil- nahme am Straßenverkehr? Ophthalmologe 1994;
91: 383–394.
11. Lachenmayr B, Lund OE: Sehvermögen und Straßen- verkehr: Die speziellen Probleme des älteren Kraftfah- rers. MMW Fortschr Med 1989; 131: 648–651.
12. Lachenmayr B, Vivell P: Perimetrie. Stuttgart: Thieme Verlag 1992.
13. Lund O E: Die speziellen Probleme des älteren Kraft- fahrers. Z prakt Augenheilk 1993; 14: 185–188.
14. Richtlinie des Rates über den Führerschein. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Nr. L237/1-24 vom 24. 8. 1991.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat Bernhard Lachenmayr Vorsitzender der Verkehrskommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft
Neuhauserstraße 23 80331 München
Der transjugulare intrahepatische por- tosystemische Shunt (TIPS) wird in zu- nehmendem Maße zur Therapie des refraktären Aszites eingesetzt, alterna- tiv zur Parazentese und der Gabe von Albumin.
Die Autoren berichten über eine prospektive Studie mit 70 Patienten, bei denen wegen eines therapiere- sistenten Aszites der Behandlungs- erfolg nach TIPS (35 Patienten) be- ziehungsweise wiederholter Parazen- tese und intravenöser Gabe von Albu- min (35 Patienten) verglichen wurde.
Primärer Endpunkt war das Über- leben ohne Transplantation, sekundä- rer Endpunkt Komplikationen der Zirrhose und Kosten.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass bei Patienten mit refrak- tärem Aszites der transjugulare intra- hepatische portosystemische Shunt
die Rezidivrate des Aszites zu senken vermag und das Risiko eines hepato- renalen Syndroms vermindert. Die Überlebensrate wird jedoch durch TIPS nicht verbessert. TIPS geht mit einer höheren Frequenz an schwerer Enzephalopathie einher und verur- sacht deutlich höhere Kosten als wie- derholte Parazentese plus Albuminga-
be. w
Ginès P, Uriz J, Calahorra B et al.:Transjugular intrahepatic portosystemic shunting versus paracentesis plus albumin for refractory ascites in cirrhosis. Gastroenterology 2002;
123: 1839–1847.
Dr. P. Ginès, Liver Unit, Hospital Clinik Villaroel, 170 08036 Barcelona, Spanien
TIPS oder Parazentese plus Albumin bei refraktärem Aszites?
Referiert