Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 43|
26. Oktober 2012 A 2123 XIV. HUMANITÄRER KONGRESSDie Hilfe ist ihr Geld wert, aber . . .
Kriege und Katastrophen weltweit sorgen dafür, dass der Finanzbedarf für die internationale Nothilfe stetig steigt. Ob das eigene Geld sinnvoll investiert wird, wollte die deutsche Bundesregierung wissen. Die Evaluation fällt gemischt aus.
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iele klassische Geberländer kämpfen zurzeit mit den Fol- gen der Finanz- und Wirtschaftskri- se. Bei den Organisationen der in- ternationalen humanitären Hilfe hat das die Debatte darüber befeuert, wie sich die Abhängigkeit von staatlichen Geldgebern verringern und die internationale Nothilfe langfristig finanzieren lässt (siehe auch Seite eins, DÄ, Heft 42/2012).Vielen stellt sich angesichts knap- per Mittel aber auch die Frage, ob das vorhandene Geld immer sinn- voll eingesetzt wird. Damit befasste sich der XIV. Humanitäre Kon- gress, der am 12. und 13. Oktober in Berlin stattfand. Etwa 550 Teil- nehmer kamen zu der Veranstal- tung, die von Ärzte ohne Grenzen, Ärzte der Welt, dem Deutschen Ro- ten Kreuz, der Ärztekammer Berlin und der Charité–Universitätsmedi- zin Berlin ausgerichtet wurde.
Ein Workshop widmete sich ei- nem bislang wenig beachteten Pro- jekt: Die Bundesregierung hat ihr eigenes humanitäres Engagement evaluieren lassen. Im Zentrum stan- den die humanitären Maßnahmen des Auswärtigen Amts (AA) sowie die entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe des Bundesmi- nisteriums für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit (BMZ) in den Jahren 2005 bis 2011. Das Ergebnis:
„Deutschland ist ein engagierter Geber, schöpft sein Potenzial aber nicht so aus, wie er könnte“, sagte Ralf Otto von der unabhängigen Beratungsorganisation Channel Re- search. Sie hat die Evaluation vor- genommen und dafür sechs Länder- studien angefertigt, unter anderem über Haiti und Darfur/Sudan.
Nach absoluten Zahlen rangiert Deutschland danach unter den Top 10 der internationalen Geberländer.
Im Untersuchungszeitraum hat die
Bundesregierung nach eigenen An- gaben ungefähr 1,2 Milliarden Euro in die humanitäre Hilfe investiert.
Dabei führen AA und BMZ die Hil- fe nicht selbst durch. Sie unterstüt- zen vielmehr internationale Organi- sationen wie die Vereinten Natio- nen, staatliche Organisationen wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und das Techni- sche Hilfswerk oder Nichtregie- rungsorganisationen (NGO).
Zwar haben die finanzierten Maßnahmen dem Evaluationsbe- richt zufolge „meist gute oder be- friedigende Ergebnisse zur Verbes- serung der Lebensbedingungen der von Krisen betroffenen Personen geleistet“. Schaut man sich aber den Anteil deutscher Hilfen auf Ebene der Empfängerländer an, verliert das Land seinen Spitzenplatz. Der Grund: Deutschland verzettelt sich.
„Im Untersuchungszeitraum wurden
Projekte in bis zu 50 Ländern geför- dert. Das sind zu viele einzelne Ini- tiativen“, erklärte Otto. Außerdem scheue sich die Bundesregierung, in unsicheren Lagen langfristig zu in- vestieren. Kurzfristige Interventio- nen seien aber nicht die richtige Ant- wort auf vielfach chronische Krisen.
Ergebnisqualität zählt
Auch bei der Auswahl seiner Part- ner gehe Deutschland zu unkritisch vor. In Haiti beispielsweise seien Organisationen gefördert worden, die der komplexen Lage vor Ort nicht gewachsen waren. „Wir haben den Mercedes unter den NGOs an- getroffen, aber auch die Ente“, so Otto. Problematisch sei außerdem, dass Projektziele und Exit-Strate- gien häufig zu unscharf formuliert würden. „Wenn im Abschlussbe- richt steht, das Projekt wurde an ei- nen lokalen Partner übergeben, stellt sich mir doch die Frage, was macht der damit.“
Ottos Fazit: Deutschland braucht ein strategisches Konzept für seine humanitäre Hilfe und muss auf mehr Ergebnisqualität achten. Die Ministerien müssten Prioritäten set- zen, sich auf bestimmte Krisen kon- zentrieren und ihre Partner strate- gisch sorgfältig auswählen.
Ina Lepel vom AA bewertete die Evaluation als hilfreich: „Wir set- zen die Empfehlungen um.“ Das AA habe im Zuge einer Umstruktu- rierung die Gesamtverantwortung für die humanitäre Hilfe übernom- men. Zurzeit arbeite man an einem neuen Förderkonzept für NGOs, das die bisherige Fragmentierung beenden und die Qualität in den Mittelpunkt stellen solle.
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Heike Korzilius
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Die Kurzfassung der Studie „Die deut- sche humanitäre Hilfe im Ausland“ im Internet: www.aerzteblatt.de/122123 Wohin fließt dieHilfe – an den Mer- cedes unter den Hilfsorganisationen oder die Ente?
Foto: dapd