Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 29–30|
22. Juli 2013 A 1411 bisher klinisch tätige Arzt oderZahnarzt in die Bereiche Control- ling, Qualitätssicherung oder zum Medizinjournalismus wechselt und damit den Kernbereich des Berufs- bildes verlässt. Ein neuer Befrei- ungsantrag muss dann zwingend mit einer Stellen- und Funktionsbe- schreibung unterlegt werden.
Die ABV rät, im Befreiungsan- trag stets die jeweilige Berufsbe- zeichnung zu nennen, also Arzt, Zahnarzt, Apotheker, Rechtsanwalt (mit Ausnahme der Syndizi), Steu- erberater, Wirtschaftsprüfer oder Architekt. Dies ist erforderlich, um ein Erlöschen der Befreiung zu verhindern , wenn beim selben Ar- beitgeber lediglich zwischen zwei berufsbezogenen Tätigkeiten ge- wechselt wird, die beide vom allge- meinen Berufsbild gedeckt werden.
Es ist ratsam, auch die Arbeitgeber- bezeichnung im Befreiungsantrag exakt anzugeben, um den Anforde- rungen des neuen Befreiungsrechts gerecht zu werden. Empfehlenswert ist, dass der arbeitsrechtliche Ar- beitgeber im Befreiungsantrag ge- nannt wird, also beispielsweise He- lios-Kliniken, Vivantes, Charité, nicht dagegen eine einzelne Klinik oder ein Standort des Klinikkon- zerns. Ärzte können dann zwischen den einzelnen Kliniken und Klinik- standorten eines Klinikkonzerns wechseln, ohne dass ihr Befrei- ungsbescheid ungültig wird.
Neuer Befreiungsantrag gilt erst ab Antragstellung
Falls im Zuge einer Betriebsprü- fung durch die DRV festgestellt wird, dass ein Honorararzt keine selbstständige, sondern eine schein- selbstständige Tätigkeit ausübt und damit der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt, kann er sich nicht mehr – wie früher – auf seine Altbefreiung berufen.Vielmehr muss auch er dann einen neuen Befreiungsantrag stellen mit der Konsequenz, dass die Befreiung erst ab der Antragstellung gilt. Das Ziel der BSG-Urteile, dass die neue Befreiungspraxis zu „keinem büro- kratischen Monstrum“ ausartet, dürfte in jedem Fall verfehlt wor-
den sein.
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Dr. rer. pol. Harald Clade
PALLIATIVVERSORGUNG VON KINDERN
Erreichbarkeit rund um die Uhr
Die Begleitung schwerstkranker und sterbender Kinder soll weiter verbessert werden.
K
inder mit lebenslimitierenden Erkrankungen können an komplexen Symptomen wie Unru- he- und Angstzuständen, Schmer- zen, Schlafstörungen, aber auch an Krampfanfällen und Beatmungspro- blemen leiden. Durch in speziali- sierter ambulanter Palliativversor- gung (SAPV) qualifizierte Teams können Kinder und Jugendliche im Umkreis von bis zu 120 Kilometern zu Hause versorgt werden. Der Spit- zenverband der gesetzlichen Kran- kenversicherung, die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene, die Deutsche Gesellschaft für Pallia- tivmedizin und der Deutsche Hos- piz- und Palliativverband (DHPV) haben sich jetzt auf gemeinsame Empfehlungen verständigt.Diese Empfehlungen zur Ausge- staltung der Versorgungskonzeption der SAPV sehen unter anderem vor, dass in enger Kooperation mit den Betroffenen ein Versorgungsplan aufgestellt werden soll. Dieser sei
„ressourcenorientiert und berück- sichtigt die Angebote der allgemei- nen Versorgung. Die frühzeitige In- anspruchnahme ehrenamtlicher Un- terstützungsmaßnahmen (ambulan- ter Kinderhospizdienst, Nachbar- schaftshilfe und ehrenamtliche Krankenhausbesuchsdienste) wird aktiv gefördert.“ Nach dem Erstel- len des Versorgungsplans schließe sich die weitere Koordination an.
Zusätzlich müssten Hausbesuche
von einem Arzt und/oder einer Pfle- gekraft eingeplant werden. Leistun- gen, die im Rahmen der Teil- oder Vollversorgung beziehungsweise bei einem erneuten Hausbesuch durchgeführt würden, seien je nach Bedarf unter anderem die Verord- nung von Arznei-, Heil- und Hilfs- mitteln im Rahmen der SAPV so- wie die Symptomlinderung durch sofortige Anwendung von Medika- menten oder anderer Maßnahmen.
Ein SAPV-Team könne den Emp- fehlungen zufolge 40 bis 50 Kinder und Jugendliche im Jahr versorgen, so dass bundesweit circa 30 Teams benötigt würden. Das Team müsse eine Ruf-, Notfall- und Kriseninter- ventionsbereitschaft rund um die Uhr sicherstellen.
„Die jetzt verabschiedeten Emp- fehlungen sind ein immens wichti- ger Fortschritt für die bundesweite Umsetzung der SAPV für schwerst- kranke Kinder und Jugendliche“, stellte die DHPV-Vorsitzende Mar- lene Rupprecht fest. „Dem Ziel ei- ner Rund-um-die-Uhr-Erreichbar- keit sind wir mit den aktuell verab- schiedeten Empfehlungen einen großen Schritt nähergekommen“, freut sich auch Prof. Dr. med. Frie- demann Nauck, Präsident der Deut- schen Gesellschaft für Palliativme- dizin. Er hofft auf eine zügige Um- setzung der Empfehlungen in den
Bundesländern.
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Gisela Klinkhammer
Foto: epd