DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
D
ie 14 500 Krankenhäuser in den Ländern der Euro- päischen Gemeinschaft und die hospitalorientierte Zu- lieferer-Industrie werden mit Vollendung des europäischen Binnenmarktes ab Januar 1993 vor neue Herausforderungen ge- stellt. Hinzu kommen gravieren- de „innerdeutsche" Probleme bei der Erneuerung des Gesund- heits- und Krankenhauswesens in den fünf neuen Bundeslän- dern: vor allem die Angleichung des Versorgungsstandards der 440 Krankenhäuser in der Ex- DDR an das Leistungsniveau in den alten Bundesländern.Zweifellos wird der erwei- terte „Krankenhausmarkt" nicht nur wesentliche Impulse für grenzüberschreitende Nachfra- gesteigerungen, den erweiterten Dienstleistungsverkehr und die erhöhten Anforderungen an das Krankenhausmanagement ge- ben, sondern auch für die Wis- senschaft und Forschung.
Anläßlich des jüngsten (16.) Hospital-Kongresses in Düssel- dorf (vom 23. bis 26. April) wur- den denn auch für die rund 3510 Krankenhäuser im vereinten
Krankenhäuser
Herausforderungen durch die EG
Deutschland spürbare Nachfra- gesteigerungen prophezeit. Dies dürfte die Kapazitätsgrenzen vor allem beim Personal rasch über- schreiten. Ursachen dafür dürf- ten die deutlichen Versorgungs- defizite in verschiedenen EG- Ländern sein. Andererseits dürfte ein „Nachfragesog" schon wegen der zentralen Lage Deutschlands ausgelöst werden.
Zudem locken die meisten deut- schen Hospitäler mit einem ver- gleichsweise hohen medizini- schen und pflegerischen Stan- dard.
Bei allen Anstrengungen, ein möglichst einheitliches Lei- stungsniveau im EG-Raum zu schaffen, dürfte es kaum gelin- gen, die Sozialleistungssysteme und damit die Systeme der ge- sundheitlichen Sicherung anzu- gleichen oder völlig zu nivellie- ren (was auch nicht angebracht wäre!). Vor der Herkulesarbeit
einer sozialen Harmonisierung haben bereits die Väter der Rö- mischen Verträge die Waffen gestreckt.
Andererseits gelten für die Krankenhausfinanzierung im EG-Raum höchst unterschied- liche ordnungspolitische Rah- menbedingungen: So gibt es völ- lig steuerfinanzierte Kranken- hauspreise, andererseits Misch- systeme, bei denen die Gesamt- kosten aus öffentlichen Mitteln und aus Sozialversicherungsbei- trägen finanziert werden.
Für das deutsche Kranken- hauswesen kann die duale Fi- nanzierung insoweit ein nachfra- gesteigernder Anreiz für EG- Ausländer werden, als die Pfle- gesätze hierzulande vergleichs- weise günstiger liegen. Eine Kernfrage für die Krankenhäu- ser ist deshalb auch die künftige Preis- und Finanzierungsgestal- tung. Denn schließlich können es die deutschen Krankenhäu- ser nicht hinnehmen, im Zuge der EG-Harmonisierung ausge- powert zu werden und zudem die Konsequenzen eines in der EG verschärften Haftungsrech- tes tragen zu sollen. HC
A
llen alles recht zu machen, erscheint unmöglich. Es jedoch offensichtlich nie- manden recht machen zu kön- nen, ist unbefriedigend und er- zeugt andauernd ungute Gefüh- le, schlechtes Gewissen als Dau- erzustand. Und wem kann man es denn als Arzt heute noch recht machen?Dem Politiker? Der Arzt — arbeitet zu teuer, manipuliert, verdient zu viel!
Dem Juristen? Der Arzt — ein potentieller Betrüger, braucht Sonderstaatsanwalt- schaften!
Dem Patienten? Der Arzt — spricht zu wenig, hat zu wenig Zeit, die Behandlung hilft nicht!
Dem Pharmareferenten?
Der Arzt — verordnet zu wenig und wenn, dann von der falschen Firma!
Dem Ehepartner? Der Arzt
— hat keine Zeit, fällt abends
Glosse
Schlechtes Gewissen
schlaff ins Bett, entzieht sich der Familie!
Dem Steuerberater? Der Arzt — setzt zu wenig um, hat zu hohe Kosten!
Dem Marketingexperten?
Der Arzt — hat von modernem Management und Marketing keine Ahnung, verschenkt Marktlücken und Gewinnchan- cen!
Dem Journalisten? Der Arzt — verschanzt sich als „Halb- gott in Weiß" hinter seiner Schweigepflicht!
Der KV? Der Arzt — ist zu lasch in der Wahrnehmung sei- ner Kassenpflichten, ständig aufmüpfig!
Der Krankenkasse? Der Arzt — verordnet zu viel und zu teuer, besitzt keine Übersicht!
Der Zigarettenindustrie?
Der Arzt — empfiehlt unbegrün- det Genußverzicht und Verzicht auf Lebensfreude!
Der Agrarwirtschaft? Der Arzt — regt zu geschäftsschädi- gender Änderung von Ernäh- rungsgewohnheiten an.
Kein Wunder also, wenn die Ärzte eigentlich permanent ein schlechtes Gewissen haben müßten — und dies erscheint auch sinnvoll: Tag und Nacht in steter Unruhe gehalten, kann der Arzt erst ausdauernde Hilfs- bereitschaft zu Minimalhonora- ren gewährleisten.
Ihnen, werte Kollegin und werter Kollege, will diese Logik nicht einleuchten? — auch Ihnen kann ich es nicht recht machen?
Wie soll ich wohl jemals noch zum Schlafen kommen? HH
Dt. Ärztebl. 88, Heft 17, 25. April 1991 (1) A-1429