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Fassungslosigkeit nach irrsinnigen Morden

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Verbrechen

Fassungslosigkeit nach irrsinnigen Morden

Von Michael Zielasko

Selm-Bork/Hilden. "Angesichts der Sinnlosigkeit und der irrsinnigen Morde von Dortmund und Waltrop bleibt uns in dieser Stunde nur tiefe Erschütterung und Trauer", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement im Polizeiausbildungsinstitut Selm bei der zentralen

Trauerfeier für die am 14. Juni 2000 in Dortmund und Waltrop brutal Ermordeten: Polizeiobermeisterin Ivonne

Hachtkemper, Polizeikommissar Thomas Goretzky und Polizeimeister Matthias Larisch von Woitowitz.

Zahlreiche Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte aus dem gesamten Bundesgebiet verfolgten den Staatsakt auf dem Stadiongelände des Ausbildungsinstituts über eine Großleinwand. Wenige Stunden zuvor waren über 8000 Polizistinnen und Polizisten in einem Schweigemarsch durch die Dortmunder Innenstadt gezogen.

Am Morgen des 14. Juni 2000 waren Thomas Goretzky und seine Kollegin, die 25-jährige Polizeimeisterin Nicole Hartmann bei einer Fahrzeugkontrolle unvermittelt beschossen worden.

Thomas Goretzky wurde tödlich, Nicole Hartmann schwer verletzt. Der Täter, ein 31-jähriger

Dortmunder, war aufgefallen, weil er im Fahrzeug nicht den Gurt angelegt hatte. Im Rahmen der sofort in Gang gesetzten Ringfahndung stieß der Täter an einem Kontrollpunkt in Waltrop auf den mit Ivonne Hachtkemper und Matthias Larisch von Woitowitz besetzten Streifenwagen. Ohne jede Vorwarnung schoss der Täter und verletzte beide Beamte tödlich. Die in Dortmund schwer verletzte Nicole Hartmann ist mittlerweile außer Lebensgefahr.

8000 Polizistinnen und Polizisten aus ganz Deutschland waren dem Aufruf des GdP-Landesbezirks gefolgt, am 19. Juni in einem Schweigemarsch durch die Dortmunder Innenstadt der ermordeten Kollegin und der Kollegen zu gedenken.

Der ein paar Stunden später im Tatfahrzeug gefundene Täter hatte sich erschossen. Er war Mitglied der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU) und der Republikaner. Bei der

Wohnungsdurchsuchung wie auch im Tatfahrzeug wurden zahlreiche Waffen gefunden. Der

arbeitslose Berger war aufgrund verschiedener Verkehrsdelikte vorbestraft. Wegen Depressionen war er in therapeutischer Behandlung.

Ministerpräsident Wolfgang Clement äußerte "tief empfundene Hilfllosigkeit angesichts der

schrecklichen Tatsache des Todes dreier junger Polizeibeamter". Den Angehörigen und Freunden der Opfer sprach er Mitgefühl und Anteilnahme aus. Um die Risiken des Polizeiberufs zu mindern, müsse alles Mögliche getan werden. "In diesen Bemühungen wollen und dürfen wir nicht nachlassen." Und wo noch etwas getan werde müsse, "da wollen wir versuchen, es zu tun". NRW-Innenminister Dr. Fritz

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Behrens betonte, dass auch die Innenministerkonferenz, deren Vorsitz in diesem Jahr das Land Nordrhein-Westfalen inne hat, sich darum bemühe, Beamtinnen und Beamten optimalen Schutz und bestmögliche Ausrüstung anzubieten. "Alles, was wirklich Sinn macht, muss von Amts wegen zur Verfügung gestellt werden; aber es darf auch nicht trügerische Sicherheit vorgegaukelt werden, die eher zu größerer Gefährdung führt als höheren Schutz bewirkt."

Ulrich Kolander, Vorsitzender des Hauptpersonalrats der NRW-Polizei, erzählte von den Tatorten in Waltrop und Dortmund: "Bürger und Polizisten schauten sich in die Augen und weinten. Ein Kind fragte seine Mutter, ob denn Polizisten weinen dürften? Ja, Polizisten dürfen weinen!"

Fallstudie geplant

"Fassungslos müssen wir erfahren, dass immer häufiger Polizistinnen und Polizisten gerade in Alltagssituationen brutal angegriffen werden", sagte GdP-Vorsitzender Norbert Spinrath. "Die sechs in diesem Jahr getöteten Kolleginnen und Kollegen hatten keine Chance." Es sei jetzt sehr schwierig, notwendige Eigensicherung und bürgernahe Polizeiarbeit in Einklang zu bringen. Fahrzeugkontrollen, bei denen Polizeibeamte mit gezogener Waffe agierten, "möchte ich nicht erleben".

Die Polizei müsse mehr über die Hintergründe solcher lebensbedrohlichen Angriffe wissen. Deshalb ergriffen jetzt die GdP und das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN)

gemeinsam die Initiative, die letzten rund 500 Fälle lebensbedrohlicher Angriffe auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Spinrath: "Professor Pfeiffer vom KFN und ich sind uns einig, dass die Studie Aufschlüsse über bestimmte Gefahren, Tätertypologien und deren Verhaltensweisen geben wird."

Auf dem Friedensplatz versammelte sich der Trauerzug zu einer kurzen Kundgebung, bei der der Landesbezirksvorsitzende der NRW-GdP, Werner Swienty, die Fassungslosigkeit schilderte, in die die Polizei nach den brutalen Morden von Dortmund und Waltrop, aber auch den vorhergegangenen drei Morden an Polizeibeamten gestürzt sei.

[Fotos (3): H. Wesseling]

Bei der Trauerkundgebung auf dem Friedensplatz in Dortmund prangerte der

Landesbezirksvorsitzende der NRW-GdP, Werner Swienty, die zunehmende Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft an und forderte die Bürger auf, bei alltäglicher Gewalt nicht wegzuschauen. Am

Trauerzug teilgenommen hatten neben Ministerpräsident Clement, Innenminister Behrens und vielen Vertretern von Polizeibehörden auch niederländische Kollegen. Ebenso dabei waren der DGB- Vorsitzende Dieter Schulte und der ehemalige NRW-Innenminister Franz-Josef Kniola.

Spendenkonto

Die Kreisgruppen der GdP aus Recklinghausen und Dortmund haben ein gemeinsames

Spendenkonto eingerichtet: Stichwort ‚Polizistenmorde', Kreissparkasse Recklinghausen, Konto-Nr.

900 800 03, BLZ: 426 501 50.

(aus DEUTSCHE POLIZEI 7/2000)

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