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Verdienste eines japanischen Gelehrten aus der Zeit vor dem

2.

Weltkrieg

Von Nishiwaki Tsuneki, Kyoto

Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts wurden in Dunhuang und Tur fan viele kulturelle Gegenstände entdeckt bzw. ausgegraben und nach Europa ge¬

bracht. Schon damals machten sich viele japanische Forscher auf den lan¬

gen Weg nach Paris, London oder Berlin, um sich diese Objekte anzusehen.

Die Verkehrsmittel, die damals Japan und Europa verbanden, beschränkten sich auf Schiff und Eisenbahn, so daß eine solche Reise eine zeitraubende Angelegenheit war, die sich auf einen Zeitraum von bis zu vier Wochen aus¬

dehnen konnte; fast unvorstellbar für uns heutzutage, da man mit einem relativ preisgünstigen Flug Europa innerhalb eines Tages erreichen kann.

Für Forschungsreisende aus der Region Kansai zum Beispiel begann die Reise im Hafen von Kobe, wo sich vor allem natürlich die Familie, aber auch Verwandte und Kollegen bis hin zu Schülern zum wehmütigen Abschied versammelten. Heutzutage werden im Fernsehen immer wieder Abschieds¬

szenen von Astronauten gezeigt; die Reise von Japan nach Europa war da¬

mals eine Reise in eine ähnlich ferne Welt.

Auf eine so weite Reise machten sich viele Forscher. Einen unter ihnen, Ôtani Shôshin A##|L (1885-1941), möchte ich im Hinblick auf seine Beziehung zur Berliner Turfansammlung vorstellen.

Die Spuren, die O ta ni Shôshin in der Forschung auf den Gebieten der Dunhuang- und Turfan-Studien hinterlassen hat, dürfen niemals vergessen werden. Besonders wertvoll sind dabei die von ihm übermittelten Infor¬

mationen über chinesischsprachige Textdokumente in der Berliner Turfan¬

sammlung. Diese Sammlung, die während des 2. Weltkrieges in eine Vielzahl von Kisten verpackt und teilweise an ganz unterschiedliche Orte ausgelagert wurde, was dazu führte, daß ein Teil verloren ging, kann aufgrund seiner Informationen rekonstruiert werden.

O ta ni war Mönch des Otani-Zweiges der buddhistischen Shinshü-Sekte und der Enkel des 21. Sektenoberhaupts des Iiigashi Honganji-Tempel s

^L^ffi^j Ôtani Kôsho A^7Íg#. Nachdem er sein Studium im Fach Ge¬

schichte an der Abteilung für Geisteswissenschaften der Reichsuniversität

(2)

in Tokyo if fïAf abgeschlossen hatte, wurde er zunächst Professor an der Gakushüin-Universität ^ % ffc und übernahm dann den Posten eines Ordentlichen Professors im Fach Geschichte des Ostens an der Juri¬

stischen und Literaturwissenschaftlichen Fakultät der Reichsuniversität in Seoul f tík^M A^. Er starb im jungen Alter von 57 Jahren im Amt an Rotlauf.

Während seiner Anstellung an der Reichsuniversität Seoul verbrachte er ab dem 17.3.1927 zwei Jahre als Forscher in Frankreich und England zum Zwecke von Studien über die Geschichte des Ostens. In dieser Zeit sam¬

melte er „Materialien zu Ausgrabungen im äußersten Westen Chinas", und zwar Textdokumente aus Dunhuang und Turfan. Man weiß nicht, wann er nach Berlin gereist ist, aber man kann sicher sein, daß er die Berliner Turfan¬

sammlung mit eigenen Augen gesehen, photographische Ablichtungen er¬

worben und Dokumente abgeschrieben hat, weil er nach seiner Rückkehr nach Japan in wissenschaftlichen Aufsätzen und bei Vorträgen auf Konfe¬

renzen dieses Material benutzt bzw. erwähnt hat. 1

Er erwähnt die Berliner Turfansammlung in zwei Werken: 1. in dem Auf¬

satz „Koshokoku ni okeru jugaku [Konfuzianismus im Lande Gaochang

(= Turfan)]" 2 und 2. in dem Aufsatz „Kos hô Kikushi ôtô ko [Umfassende Untersuchungen zur Genealogie der Könige aus dem Qu-Klan des Landes Gaochang (= Turfan)]". 3

Im dem erstgenannten Werk „Konfuzianismu s im Lande Gaochang

(= Turfan)" klagt er darüber, daß die Ergebnisse der japanischen Otani- Expeditionsgruppe und der von Deutschland durchgeführten wissenschaft¬

lichen Expeditionen fast nur aus Textfunden buddhistischer Sütren und

1 Auf Anfrage stellte mir das Archiv der B e rlin-B rand enbu r g i schen Akademie der Wissenschaften die Kopie eines Briefes von O tant Shôshtn mit dem Datum 1928 zur Verfügung, in dem dieser die Akademie um eine Genehmigung bat, die chinesischen Textfunde der deutschen Tu r fanexpe d itionen einsehen zu dürfen. Dieser Brief mit dem Akademie vermerk „an Prof. Franke verwiesen" ist der einzige Hinweis auf Otan is Be¬

such in der Berliner Akademie. Ich danke dem Archiv der B e rlin-B rand enb u r g i schen Akademie der Wissenschaften recht herzlich für die freundliche Unterstützung und die Bereitstellung dieser Kopie.

2 Ôtani Shôshtn „ilj HH ÍC^tf h Koshokoku ni okeru jugaku [Kon¬

fuzianismus im Lande Gaochang (=Turfan)]." In: Wl£ß&£ # M, f it &f&X % Hattori sensei koki shukuga kinen ronhunshü [Festschrift zum 70.Geburtstag von Professor Hat¬

tori]. Tokyo 1936, S.213-226.

3 Ôtani Shôshtn A^#Ä: ,,Sl§IÍ^ÍÉt# Koshd Kikushi oto ko [Umfassende Untersuchungen zur Genealogie der Könige aus dem Qu-Klan des Landes Gaochang

(=Turfan)]." In: Fakultät für Geschichtswissenschaft (Hrsg.): %J^flA^l'j iL+ M iL

>C% Keijyo teikokudaigaku sôritsu jushunen kinen ronhunshü [Jubiläu m s sehr ift zum 10jährigen Bestehen der Reichsuiiiversität Seoul]. 1936, S. 1-44 (Veröffentlichungen der literarischen Gesellschalt der Reichs u n i ve r s ität Seoul 5). Im Folgenden angeführte Zitate sind vom Autor aus dem Japanischen übersetzt worden.

(3)

ihren Kommentaren bestünden, während nur außerordentlich wenige chi¬

nesische Klassiker oder Geschichtswerke entdeckt worden seien. Man weiß nicht, in welcher Form er Gelegenheit hatte, die Berliner Sammlung zu se¬

hen, aber über Fragmente, die ihm wichtig schienen, hat er Notizen gemacht.

Er hat im Zusammenhang mit dem obengenannten Aufsatz folgende vier Fragmente als konfuzianische Texte veröffentlicht, die in den Ruinen von Turfan entdeckt worden waren:

1. Maoshi -€>trf, Abschnitt: Beifeng #ßJiL(Fragment)

2. Erya Sft? Abschnitt: Shitian ff Abschnitt: Shidi ff J4, Abschnitt:

Shiqi ff H (Unvollständiges Fragment)

3. Chunqiu Zuoshizhuan J^y#,24. Jahr des Zhaogong H3^> (Frag¬

ment)

4. Tang Yun Jrijt (Rest einer Rolle)

Das erste unter diesen vier Fragmenten, Maoshi, Abschnitt: Reifeng, konnte ich in meinem vor einigen Jahren verfaßten Katalog Chinesische Texte ver¬

mischten Inhalts aus der Berliner Turfansammlung 4 nicht aufnehmen, da seine Existenz in der jetzigen Berliner Sammlung nicht zu verifizieren war.

Weiter ist nicht klar, was man sich konkret unter dem vierten Fragment, Tang Yun, vorstellen soll. Es ist nachgewiesen, daß von den Fragmenten von Reimwörterbüchern in der Sammlung, angefangen mit den zahlreichen Qieyun -Fragmenten, einige verloren gegangen sind, die Forscher vor dem Krieg noch gesehen haben.

Man kann wohl vermuten, daß es viele Fragmente gab, die, nachdem sie in der Anfangsphase - wie geschildert - noch existierten, später ver¬

schwunden sind. Ihre Existenz ist ausschließlich durch Notizen und Photos der Forscher, die sie wirklich gesehen haben, bewiesen. Glücklicherweise ist ein Foto des ersten Fragments, Maoshi, Abschnitt: Beifeng, in die Hände des Sinologen Takada Shinji ^m|L># (1893-1975) gelangt, der damals Assistenzprofessor an der Reichsuniversität in Tokyo war und ungefähr

zur gleichen Zeit wie Otani Auslandsstudent an der Universität Hamburg wurde. Er benutzte das Foto bei der Veröffentlichung des Buches ¿fP^íi

<J)^\% Shina shiso no kenkyü [Studien über das chinesische Denken] 5 als Titelbild. Aufgrund dieses Fragments können wir sicher sein, daß der Text des Buches Wujing zhengyi ill H [Der richtige Sinn der Fünf Konfuzia¬

nischen Klassiker] aus der Tang-Zeit nach Turfan gelangt war.

4 Tsunk Ki Nishiwaki:Chinesische und manjuris che Handschriften und seltene

Drucke.

Teil 3: Chinesische Texte vermischtenInhalts aus der Berliner Turfansammlung.

Ubersetzt

von Christian Wittern. Herausgegeben von Simon e - C h ri st i an e Rasch mann.

Stutt¬

gart 2001 (Verzeichnisder Orientalischen Handschriften in Deutschland

12,3).

5 Tokyo

1939.

(4)

Abb. l:Ch271 (T 2067).

Depositum der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer

Kulturbesitz. Foto: Fotostelle der Staatsbibliothek zu Berlin

Übrigens hat uns Ôtani in dem zweiten oben erwähnten Aufsatz „Um¬

fassende Untersuchungen zur Genealogie der Könige aus dem Qu-Klan des Landes Gaochang (= Turf an)" noch eine kostbare Notiz hinterlassen. Es ist ein Nachwort zu dem Sütra 4—31H rM Renwang banruoboluomi jing. O ta ni hat es kopiert und dann in seinem Aufsatz abgedruckt. Ich

denke, es entspricht unter den noch existierenden Fragmenten in der Berli¬

ner Turfansammlung dem Fragment mit der Standortsignatur Ch 271 und der Fundsigle T II 2067 (Abb. 1).Dieses ist 11,8cm hoch und 11,5cm breit und besteht, wie unten wiedergegeben, nur aus 7 Zeilen. 6

6 Technische Anmerkung: „Q" steht für ein unleserlichesSchriftzeichen,„ ) " und

„ [" grenzen vor und nach dem Text befindliche zerstörtePassagenab. Die Interpunktion

ist vom Verfasserhinzugefügt.

(5)

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Aber das Nachwort, das Otani zwischen 1928 und Anfang 1930 in Ber¬

lin gesehen hat, war umfangreicher und von Anfang bis Ende unversehrt.

Nachfolgend zitiere ich ans seinem Bericht:

Unter den von Le Coq während der Turfan-Expeditionen gesammelten alten Sütra-Rollen in Manuskriptform befindet sich der Rest einer Rolle aus dem¬

selben Sütra, das den ersten Teil des Renwang-Sütrzs bildet, wie es in dem Werk „Öi^^-ir ffllf Seiiki ko ko zufu [Bildband der archäologischen Werke aus den Regionen im Westen]" enthalten ist. Sein Nachwort ist vollständig auf uns gekommen. Darüber hinaus ist im Nachwort am Ende dieser Rolle eine Unklarheit aus dem Nachwort in der Sütra-Rolle, wie sie im „(Seiiki koko) zufuaenthalten ist, beseitigt. Dort ist nämlich nur der Anfang des Namens des Königs erhalten, während wir hier nun erfahren können, daß der Name des Königs von Gao chang zur Periode Yanchang Qu Qiangu war. 7

Aus dieser Beschreibung wissen wir, daß Otani das vollständige Nach¬

wort gesehen hat und daß gleichzeitig vor dem Nachwort auch noch der Haupttext des Sütras des 1. Teils des Renwang huguo banruoboluomi- Sütras (nachfolgend Renwang-Sütra) erhalten war. Otani beschreibt in seiner An¬

merkung weitere Details:

Das hier erwähnte Renwang banruoboluomi-Sütra ist eine der alten Sütren- Rollen in Manu skriptform, die Le Coq auf seinen wissenschaftlichen Turfan- Expeditionen gesammelt hat. Sie wird im Berliner Museum für Völkerkunde und Archäologie aufbewahrt. Sie soll aus Yarkhoto fjl ÜM stammen, das die Ruinen der Stadt Jiaohe 3tH im Lande Gaochang darstellen soll. Diese Sütra- Rolle ist nicht vollständig, ihr Anf angsteil ist zerrissen und zerstört, aber mehr als drei Blätter sind auf uns gekommen, in der ausgezeichneten Kalligraphie des Liucbao-Stils. 8

Bei mehr als 3 Blättern Sútra-Text müssen dann ziemlich viele Zeilen er¬

halten geblieben sein. Aber unter den ungefähr 3 500 Fragmenten, die in die bis jetzt veröffentlichten drei Bände des Katalog chinesischer buddhistischer Textfragmente aufgenommen und dort klassifiziert worden sind, kann man

7 Ôtani Shôshin 1936b, S. 24.

8 Ôtani Shôshin 1936b, S.42,Anmerkung 22.

(6)

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Abb. 2: Genehmigter Nachdruck aus: „Seiiki kôko zufu", 2. Band (1) (2)

ein Renwang-Sütra, das nach Kopierdatum oder Größe mit diesem hier übereinstimmen würde, nicht finden.

Übrigens hat, wie man aus Otan is Bericht noch erfahren kann, auch die Otani-Expeditionsgruppe ein gleichartiges Fragment eines Nachworts ge¬

funden und in das Seiiki kôko zufu9 aufgenommen (Abb. 2). Dieses trägt ein Datum: lé U ^Hf^-^^ÄJ^/Y^ -|-IH Yanchang sasan nian guichou sui bayue shiwuri [Periode yanchang, 33.Jahr, guichou, 8.Monat, 15.Tag];

den Autor kannte man nicht. Dagegen konnte man bei dem oben erwähnten Nachwort (Datum: lé H#1^11 + ñ + -£- 9 Yanchang sayi nian xinhai sui shieryue shiwuri [Periode yanchang, 31.Jahr, xinhai, 12. Monat, 15.Tag]), das die deutsche Expedition entdeckt hat, und das Otani nach sei¬

nem Bericht mit eigenen Augen gesehen hat, sicher sein, daß der Autor der König von Gaochang während der Periode Yanchang, Qu Qiangu, ist.

Ein Nachwort derselben Art gibt es auch in der Mannerheim-Sammlung in Finnland (Abb. 3). Hier ist auch vom Haupttext des Renwang-Sütras

9 Kagawa Mokushiki # il| Mx^i-Seiiki kôko zufu Ä^^^rHIf [Bildband der ar¬

chäologischen Werkeaus den Regionenim Westen]." Tokyo 1915.

(7)

Abb. 3: Mannerheim™SammlungNr. 63.

Depositum des Finougour-Instituts. Foto: Fotostelle der Universität Helsinki, Bibliothek

ein wenig erhalten, während vom Nachwort nur - wie im Folgenden ab¬

geschrieben - die obersten Teile auf uns gekommen sind.

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Wie unten gezeigt wird, scheint es nach dem vollständigen Nachwort, wie Otani es abgedruckt hat, so zu sein, daß das Renwang-Sütra in 150 Ko¬

pien abgeschrieben wurde, da sollten doch in mehr als tausend Jahren bis zum Beginn des 20.Jahrhunderts einige davon gefunden worden sein. Na¬

türlich ist klar, daß Klima und geographische Gegebenheiten in Tur fan zur Erhaltung solcher Manuskripte sehr beigetragen haben.

(8)

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* > ^ M&iïïblk&tVk *í^ip* > 5éÜ > JlL^-^t ° XI

"tm^l#Äiil^ > if tit^H * *#Ä--felAitw± * j# > ig s f f?t °

Moderne Übersetzung:

Foshuo Renwang huguo banruoboluo mijing, 1. Teil

In der Periode Yanchang, 31. Jahr, xinhai (591), am 15.Tag des 12. Monats, ver¬

beuge ich, König von Gaochang (mit Namen) Qu Qiangu, Laienanhänger des Buddhismus, mich tief in Anbetung der drei Schätze Buddha, Dharma und Mönchtum, d.h. des ewigen Kreislaufs von Leben und Sterben, und verneige mich vor allen Bodhisattvas. Ich habe folgendes gehört: Den Weg zur großen Erleuchtung geht man ohne Bewußtsein, man erwartet sie, indem man am Glauben festhält, die höchste Vernunft erreicht man nur im Schweigen, durch den Geist kommt es bestimmt zu einer Reaktion im Gefühl. Dann kann man, sollten auch die drei Katastrophen (Kriege, Epidemien und Hunger) die Welt ins Chaos stürzen, Frieden und Glück erlangen, indem man sich ganz mit ih¬

nen abfindet. Wenn die neun ungerechten Tode, gegen den natürlichen Strom der Zeit, uns besuchen, können wir durch gute Taten großen Frieden erlangen.

Unser Land liegt in einer Randgegend, es ist zwischen großen Ländern ein™

geklemmt, Epidemien verbreiten sich, und statt daß sie zurückgehen, werden es sogar immer noch mehr. Wie kann etwa jemand, der sich nicht zu den drei Schätzen Buddha, Dharma und Mönchtum bekehrt und sich nicht völlig der allerhöchsten Weisheit des prajña hingibt, die unheilvollen Vorzeichen vol¬

ler Energie in die Zukunft verschieben und das großartigste Glück hier und jetzt in die Hände bekommen? Indem ich diesen Sinn gut bedenke, schreibe ich deshalb in Ehrerbietung das „Foshuo Renwang huguo banruoboluo mi- jing einhundertundfünfzig Mal ab, in der Hoffnung, daß jeder, der dieses heilige Sütra fest bewahrt, erkennen möge, daß es keinen höheren Wirkgrund für die Erleuchtung gibt, und daß jeder, der dieses heilige Sütra laut rezitiert, bereit werde für das, was folgt, das Nirväna. Weiter habe ich die Hoffnung, daß durch diese gute Tat des Abschreibens das Wetter mild und die Ernte üppig werden möge, das Volk an den Grenzen des Landes in Frieden möge leben können, daß man nicht davon hören werde, daß Feinde von außen frech das Haupt erheben, daß Katastrophen überhaupt nicht mehr passieren mögen, daß ich selbst, meine Ehefrau, die Königin, die Dienerinnen, die Fürsten und die Vasallen unterhalb der Fürsten von Unglück verschont bleiben mögen, daß die Menschen immer jünger werden und lange leben mögen, ohne alt zu wer¬

den, daß die Lebensspanne beträchtlich verlängert werde und unsere Nach™

(9)

kommen in Frieden glücklich sein mögen. Weiter wünsche ich mir sehr, daß die Seelen meiner Vorfahren bis in die siebte Generation hinauf und auch die heiligen Seelen meiner verstorbenen Eltern den Fluß der Begierde durchque¬

ren und das sehnlich erwartete Ziel, das Nirvana, erreichen mögen, daß von überall her alle Lebewesen der Vier Entstehungsarten (dielebend Geborenen, die aus einemEi Geborenen, die aus dem Wasser Geborenen und die aus Um¬

wandlung Geborenen) der Sechs Richtungen der Wiedergeburten (der Hölle, der hungrigen Geister, der Tiere, der bösen Naturgeister, der Menschen und der Götter) sich am heiligen Ort der Übungen versammeln mögen, wo dann alle die Erleuchtung zur Buddhaschaft erlangen und ins Nirvana eingehen.

Lautes Rezitieren und Abschreiben des Renwang-Sütras als Gebet um Frie¬

den und Schutz für das Land und Reichtum und Glück für das ganze Volk gab es nicht nur im Lande Gaochang, sondern auch in China und sogar in Japan. Vor und nach dem 31. Jahr der Periode Yanchang (591), in dem die¬

ses Nachwort geschrieben wurde, war die politische Situation des Landes Gaochang sehr angespannt. Bis dahin hatte das Land relativen Frieden und Unabhängigkeit genossen, während es in freundschaftlicher Atmosphäre

gleichgewichtige Beziehungen zu den Nördlichen und Südlichen Dyna¬

stien und zu den Ost-Türken (Tu-jue) unterhielt. Aber gegen Ende dieser Periode, nämlich im Jahre 589, vereinigte die neue SW-Dynastie China, und Gaochang wollte sich unter die Schirmherrschaft der Sui stellen. Diese Ab¬

sicht durchschauten die Ost-Türken (Tu-jue); sie fielen in den kommenden Jahren in Gaochang ein, griffen vier befestigte Städte an und zerstörten sie.

Darum suchten zweitausend Gaochang-Leute Zuflucht in China, um die¬

sem Unglück zu entgehen. 10Wenn Qu Qiangu in seinem Nachwort schreibt:

„Unser Land liegt in einer Randgegend, es ist zwischen großen Ländern ein¬

geklemmt", bezieht er sich auf diese Situation.

Uber 30 Jahre später, im 2. Jahr der Periode Zhenguan (628), reiste Xuan- zang H durch das Land Gaochang nach Indien. Damals war der Enkel von Qu Qiangu, Qu Wentai M^cJs König des Landes (reg. 623-640). Auf Wunsch dieses Königs sprach Xuanzang, der sich gerade in jenem Gebiet aufhielt, einen Monat lang in Vorträgen über den Sinn und die Bedeutung des Renwang-Sütras. Neben dem König versammelten sich mehr als 300 Menschen, so ist es in den Quellen verzeichnet. Man kann sehen, daß dieses

Sütra ohne Unterbrechung weitertradiert wurde.

Weil Ota ni eine Abschrift angefertigt hat, haben das jetzt unvollständige Original-Fragment, das in Berlin aufbewahrt wird, das Fragment der Otani- Sammlung (ebenfalls nur noch als Foto erhalten) und auch das Mannerheim- Fragment ihren ursprünglichen Wert behalten. Aus dem gesamten Text

dieses Nachworts kann man auf die Gefühle schließen, mit denen sich der

10 Suis huFf If, Kapitel83 „Uber die Länder im Westen,Gaochang".

(10)

Köllig des Landes Gaochang, der ja Staatsmann war, dem Abschreiben des Sütras hingab. Jedes einzelne Fragment kann so eine wirklich bedeutungs¬

volle historische Quelle sein und bleiben. Das Verdienst hierfür muß an er¬

ster Stelle Otani zuerkannt werden. Gleichzeitig ist aber auch das damalige Berliner Museum für Völkerkunde und Archäologie zu loben, welches ihm freundlicherweise die Erlaubnis erteilte, das kostbare Textdokument in Augenschein zu nehmen.

Alte Textdokumente stellen äußerst seltenes und kostbares Material dar.

Daher gibt es die Tendenz, sie vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Aber es ist - wie man auch an diesem Berliner Beispiel sieht - wichtig, vielen Forschern die Möglichkeit zu geben, sie in Augenschein zu nehmen. In der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hat man im November 2005 damit begonnen, für die Öffentlichkeit von den chinesisch- sprachigen Textdokumenten digitale Bilddateien herzustellen und im Inter¬

net zu präsentieren, 11 eine Arbeit, für die eine Zeitspanne von eineinhalb Jahren eingeplant ist. Das ist von Forschern aus dem Kulturkreis, der durch

die Verwendung der chinesischen Schrift definiert ist, sehnlich erwartet wor¬

den. Durch die Bereitstellung für die Öffentlichkeit kann man so ohne viel Aufwand die gesamte Sammlung, die deutsche Wissenschaftlergruppen zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in vier Expeditionen zusammengetragen haben, ansehen. Wie man erfahren konnte, geht mit der Digitalisierung auch eine Revision der einzelnen Teilsammlungen einher. Bisher übersehenes wertvolles Material oder auch Fragmente, die, nachdem sie Forscher, an¬

gefangen mit Ötani, vor dem Krieg gesehen haben, verloren geglaubt wur¬

den, werden so vielleicht wieder zum Vorschein kommen. Ich selbst halte das nicht für unwahrscheinlich.

Nachtrag

Im Zusammenhang mit den von der Ôtani-Expeditionsgruppe mitgebrach¬

ten Turfan-Textdokumenten, die jetzt im Lüshun-Museum ^Mltf-^lf in China aufbewahrt werden, hat sich in den letzten Jahren eine Forschungs¬

zusammenarbeit zwischen der Ryukoku-Universität und dem Lüshun- Museum entwickelt. Deren Ergebnisse sind im März 2006 unter dem Titel LU SHUN bowuguan cang XINJIANG chutu hanwen fojing yanjiu lun- wenji [Gesammelte Aufsätze zu den chinesischsprachigen buddhistischen

11 Vgl. http://www.bbaw.de/bbaw/Forschung/Forschuiigsprojekte/turfanforschun de/IDPBerlin.

(11)

Textfragmenten aus der Region Xinjiang im shu n -Museu m] 12 veröffent¬

licht worden. Hieraus ergibt sich nun ein klares Gesamtbild des Bestandes an chinesischsprachigen Fragmenten, von denen es ungefähr 23000 geben soll. Darüber hinaus gewinnt man einen Einblick in die Forschungen, die sich auf diese Fragmente beziehen oder auf ihnen basieren. Ich denke, daß durch diese Arbeiten auch die Erforschung der ungefähr 6000 chinesisch- sprachigen Fragmente aus der Berliner Turfansammlung, die ungefähr zur gleichen Zeit durch die deutschen wissenschaftlichen Expeditionen im Ge¬

biet von Turfan erworben worden sind, noch weiter voran schreiten kann.

Dies ist eine wirklich erfreuliche Situation.

Gleichzeitig mit den oben erwähnten Gesammelten Aufsätzen zur Erfor¬

schung der chinesischsprachigen buddhistischen Textfragmente wurde der Fak¬

simileband Ryojun hakubutsukan zô shinkyo shutsudo kanbun butten sensui [Ausgewählte chinesischsprachige buddhistische Textfragmente aus der Re¬

gion Xinjiang im Lüshun-Museum] 13veröffentlicht. Eines der dort abgebil¬

deten Fragmente ist tatsächlich ein Stück, das in einer Reihe mit dem oben vielfach erwähnten Nachwort zu dem Renwang-Sütra des Qu Qiangu steht.

Der Stil der Schriftzeichen ist vollkommen gleich. Es dürfte sich wohl um ein Fragment aus einer der 150 Abschriften des Renwang-Sütra handeln, die Qu Qiangu angefertigt hat. Das Fragment ist 10,2 cm x 7,4 cm groß und ist auf Seite 201 der Faksimileausgabe unter der Nummer LM20_1462_02_10 abgebildet.

Bei dem Text, von dem hier ein Fragment übriggeblieben ist, handelt es sich um eine Abschrift des Foshuo Renwang huguo banruoboluo mijing, letzter Teil (Taisho 8, 834a4-6). Ich vermute, es gibt noch ein Nachwort des Qu Qiangu, wobei eine Zeile am Ende des Sütras ausgelassen ist. Ich gebe es hier im folgenden wieder 14:

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âfc*tS-&)] [ (« ° €#li^«î ° )

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12 Liu Gu Angtang, Ueyama Daishun (Hrsg.):LUSHUN bowuguancan g XIN¬

JIANG chutu hanwen fojing yanjiu lunwenji ^J'Iff^ltÄtf if ¿< -±- ;*HX$>%1k X % [japanischer Titel: Ryojun hakubutsukan tor ufan shutsudo kanbun buttenkenkyu ron- bunshü ^MIi##;!£Ä ^ ^ ~? r > ¿¡ ^)%X\%^^%mX%\ englischer Nebentitel: The Collected Articleson Fragments of ChineseBuddhistTextsfrom Xinjiang Region in Lu¬

shun Museum]. Kyoto 2006.

13 Lus Hun Museum,Ryu kok u University (Hrsg.):„Ryojun hakubutsukan shin¬

kyo shutsudokanbunbutten sensui ^âi'I t##lf & tfff £ i /HXífa&Mn-f- SelectedFrag¬

mentsof ChineseBuddhistTexts fromXinjiang Regionin Lushun Museum". Kyoto2006.

14 TechnischeAnmerkungen:Eckige Klammern grenzen Bereiche ohneSchriftzeichen

ab; in rundenKlammern finden sich meine Ergänzungen.

(12)

Fuji EDA

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1985: „Toki Bf [Zeit].Manneruheimushushutor ufan

shu-

tsudokanbunshah on danpen 125 go Herushinki Finougom gakkai zou

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chinesi¬

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Tingfu #244S

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Beijing.

Abbildung

Abb. l:Ch271 (T 2067).
Abb. 2: Genehmigter Nachdruck aus: „Seiiki kôko zufu&#34;, 2. Band (1) (2)
Abb. 3: Mannerheim™SammlungNr. 63.

Referenzen

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