Besteuerung der Rente
– abstrakt verfassungsgemäß, konkret zweifelhaft
Stand 07/2021
Prof. Dr.
Gregor Nöcker
Richter am BFH, München
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Inhalt
1 Einleitung ... 4
2 Der Weg zu den Entscheidungen vom 19.5.2021 ... 7
2.1 Das Revisionsverfahren X R 2/15 und die abstrakte Verfassungsmäßigkeit ... 7
2.2 Das Urteil in Sachen des Steuerberaters („Fall Bangert“) im ersten Rechtsgang ... 9
2.2.1 Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung ... 9
2.2.2 Vorgaben des BVerfG aus dem Jahr 2002 ... 10
2.2.3 Umsetzung in der bisherigen BFH-Rechtsprechung ... 11
2.2.4 Klarstellungen im „Bangert“-Urteil 1. Rechtsgang ... 12
2.2.5 Das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 01.10.2018 – 8 K 3195/16... 13
2.2.6 Folgerungen aus Sicht des BFH ... 14
3 Rentenbesteuerung konkret – die Regelungen des § 22 Nr. 1 Buchst. a EStG in Kurzform ... 15
3.1 Nachgelagerte Besteuerung und Übergangszeitraum von 2005 bis 2040 ... 15
3.2 Rentenbesteuerung seit dem VZ 2005 ... 16
3.2.1 steuerfreier Teil der Rente ... 17
3.2.2 regelmäßige Rentenanpassungen ... 20
3.3 Besteuerung der Altersvorsorgebeiträge ab VZ 2005 ... 25
3.4 Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen bis VZ 2004 ... 27
4 Abstrakte Verfassungsmäßigkeit der nachgelagerten Besteuerung ... 31
5 Die Parameter der konkreten Berechnung einer doppelten Besteuerung von Alterseinkünften nach den Rentenurteilen vom 19.05.2021 ... 38
6.2 Prognosezeitpunkt ... 61
7 Festsetzungs- und/oder Billigkeitsverfahren ... 61
8 Besonderheiten ... 62
8.1 Öffnungsklausel ... 62
8.2 Ertragsanteilsverfahren ... 66
8.3 Steigerungsbeiträge ... 69
9 Berechnungsbeispiel ... 70
10 Reaktionen der Finanzverwaltung ... 73
10.1 Folgerungen für die Rentnerkohorten ... 73
10.2 Finanzverwaltung und Gesetzgeber ... 75
1 Einleitung
Am 31.05.2021 hat der BFH seine beiden Rentenurteile vom 19.05.2021 (X R 20/19 und X R 33/19) verkündet. Diese umfangreich begründeten Entscheidungen zwingen jeden Berater angesichts der Vielzahl von noch offenen Verfahren, sich mit der Materie zu beschäftigen und die Reaktion der Finanzverwaltung zu beobachten.
Beide Urteile kommen zu dem Ergebnis, dass die Art und Weise der nachgelagerten Besteuerung von Alterseinkünften abstrakt verfassungsgemäß sei, jedoch in jedem konkreten Einzelfall geprüft werden müsse, ob nicht doch eine doppelte Besteuerung der Rentenzahlungen gegeben sei.
Die Nachweis- und Feststellungslast trifft dabei zwar den Steuerpflichtigen, doch hat der BFH auch bereits früher entschieden, dass es „eigentlich“ ausreicht, den Renten- versicherungsverlauf beim zuständigen Finanzamt einzureichen und dieses um die Berechnung zu bitten. Im BFH-Urteil vom 19.5.2021 – X R 20/19 hat der BFH diese Ansicht wiederholt. Sie zwingt die Finanzverwaltung, nunmehr entsprechende Berech- nungstools den Finanzämtern bereitzustellen.
Unabhängig davon sollte jedoch jeder Berater die Grundzüge der Berechnung, wie sie der BFH nun vorgibt, kennen – um die ggf. unnütze Mehrarbeit für seine Mandanten zu vermeiden – und unter Haftungsausschluss auf ein vorläufiges Prüfergebnis seiner- seits hinzuweisen.
Betroffen sind übrigens nicht nur die Rentner im Jahr des Rentenbeginns bzw. des
Gibt es eine Art „Kochrezept“?
Eigentlich nicht, doch beiliegend ein Versuch:
Erste Berechnungen lassen wohl erkennen, dass die doppelte Besteuerung der Rente für einen Durchschnittsarbeitnehmer ab dem VZ 2018 vorliegt, soweit er 45 Jahre ein Durchschnittsgehalt und ungefähr 20 Jahre nach Vollendung des 65. Le- bensjahr noch lebt
Es handelt sich dabei um einen Mann im Westen
Das Durchschnittsgehalt im Jahr 2018 betrug 38.212 Euro, im Jahr 2017 betrug es 37.077 Euro
Eine Durchschnittsrente betrug im Jahr 2018 (1.7.2018): 30,69 Euro * 45 * 1,0 = 1.381,05 Euro
Bei einer weiteren Lebenserwartung von etwa 18 Jahren erhält der Mann noch 298.306,80 Euro als Renten
Er versteuert (ohne Anpassungen) 76 %, hat also 24 % steuerfrei, folglich 71.593,63 Euro im Rest-Leben
Bis zum Jahr 2017 einschließlich hat der Mann insgesamt ein Gehalt von 1.107.836 Euro bezogen
Die Sozialabgaben betragen etwa 20% pro Jahr, wovon 50% Arbeitnehmeranteil Rentenbeiträge sind
Grob ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer etwa 50% von diesen Renten- beiträgen als Vorsorgeaufwendungen abziehen konnte
Somit wird der Durchschnittsarbeitnehmer etwa 55.391,75 Euro aus z.v.E. an Beiträ- gen gezahlt haben
Eine doppelte Versteuerung setzt aber voraus, dass dieser Abzug mehr als 71.593,63 Euro ausmacht, also etwa das 1,3fache
Folglich wäre für den Arbeitnehmer der Betrag aus z.v.E: Beiträge nach 45 Jahren * 0,05 * 1,3