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Archiv "Kostenentwicklung: Versuch einer Systematik" (27.01.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Effizienz einer Ausbildungsstätte

wendigen personellen und räumli- chen Voraussetzungen und einem genügenden und konstanten Pa- tientenangebot würden sich hier- durch insgesamt aber wohl nur höchstens 20 bis 25 Prozent der er- forderlichen stationären Patienten ersetzen lassen.

Zusammenfassung und Schlußbemerkungen

Fassen wir zusammen: Von 1960 bis 1970 hat in der Medizinischen Fakultät der Universität Münster das wissenschaftliche Personal mit 83 Prozent in einem Umfang zuge- nommen, der den Verhältnissen al- ler Krankenhäuser in der Bundes- republik entspricht. Diese Perso- nalvermehrung wurde überwiegend zur Qualitätsverbesserung der Krankenversorgung eingesetzt.

Quantitativ stieg u. a. die Anzahl der ambulant versorgten Patienten um 40 Prozent.

Die Anzahl der in Münster abgeleg- ten Examina zeigt wesentlich ge- ringere Schwankungen als die An- zahl der Studienanfänger. Eine ins- besondere in den letzten Jahren weitgehend gleiche Anzahl erfolg- reich abgeschlossener Prüfungen spricht gegen einen Rückgang der Ausbildungsleistungen. Nach In- krafttreten der Approbationsord- nung im Jahre 1970 wurde die stu- dentische Ausbildung durch das zusätzliche Angebot von prakti- schen Übungen in kleinen Gruppen in einem beträchtlichen Umfang in- tensiviert. Außerdem lag in den letzten vier Semestern die Anzahl der Studierenden im ersten klini- schen Semester um durchschnitt- lich 32 Prozent über der Anzahl der ins erste vorklinische Semester Zu- gelassenen.

Die praktischen Übungen setzen nicht nur ein großes personelles Potential voraus, sondern stellen in den klinisch-praktischen Fächern auch erhebliche Anforderungen an die Patienten. Dadurch werden sehr viel eher limitierende Fakto- ren wirksam als bei Durchführung der Bestallungsordnung. In Mün- ster kann bisher nur ein Teil der

vorgesehenen Anzahl praktischer Übungen angeboten werden.

Angesichts dieser Situation wird in einer Zeit eingreifender Sparmaß- nahmen die volle Realisierung der Approbationsordnung in Frage ge- stellt. Hinzu kommt, daß die neuen Ausbildungsfächer Urologie und Psychosomatische Medizin in Mün- ster erheblich unterbesetzt bzw.

noch nicht einmal institutionalisiert sind. Außerdem blieben die Verkür- zung des vorklinischen Studiums und die Belange des dritten klini- schen Studienabschnitts (1 Studie- render auf 15 Betten, 1 Arzt auf 8 Studierende) in den obigen Erörte- rungen unberücksichtigt. Nun soll die Ausbildung während dieses Studienabschnittes zwar überwie- gend in Akademischen Lehrkran- kenhäusern erfolgen. Die Frage ist jedoch, ob genügend Plätze recht- zeitig zur Verfügung stehen, han- delt es sich bei dem praktischen Jahr Schultz-Amling zufolge doch um den kostenträchtigsten Faktor der Approbationsordnung.

Abschließend bleibt festzustellen, daß die eingeleitete Intensivierung der Ausbildung beträchtliche orga- nisatorische Maßnahmen verur- sacht. Da beispielsweise für 16 Studentengruppen weder Ärzte und Patienten noch Gruppenräume in jedem Fach gleichzeitig zur Verfü- gung stehen, muß der Unterrichts- plan so angelegt sein, daß die Gruppen in den einzelnen Fächern nacheinander bzw. in verschiede- nen Fächern gleichzeitig ausgebil- det werden können. Dies führt not- gedrungen zu einem sehr schulmä- ßigen Stundenplan für jeden Stu- dierenden, wodurch die Möglich- keit einer Teilnahme an fakulta- tiven Unterichtsveranstaltungen leider weiter eingeschränkt wird.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr.

Dietrich Habeck

Abteilung für Epidemiologie und In- formation der Psychiatrischen und

Nervenklinik der Universität Münster Roxeler Straße 131

4400 Münster

FORUM

Kosten-

entwicklung:

Versuch einer Systematik

Peter Fischer

Kostenentwicklung im Ge- sundheitswesen, seit Jahren ein Thema ohne Ende, oder droht bald ein böses? Warum noch ein Beitrag? Ist nicht schon alles dazu gesagt wor- den? Eine Durchsicht diesbe- züglicher Publikationen läßt jedoch meist Einseitigkeit des Standortes oder nur Par- tiallösungsvorschläge erken- nen. Hier soll ein erster An- satz zu einer (soweit mög- lich) neutralen Zusam- menschau versucht werden.

Nur wer das ganze kranke Wesen analysiert, die ganze Ätiologie ei- ner Erkrankung aufdeckt, der ver- mag zu sinnvoller Therapie zu ge- langen. So auch bei der Kosten- entwicklung im Gesundheitswesen.

Ohne gewissermaßen bis zu Adam und Eva zurückzufragen, lassen sich ursächlich unterscheiden:

O Neutrale, außermedizinische Faktoren wie Veränderungen in der Bevölkerungsstatistik (Alterspyra- mide), Folgen des wissenschaft- lich-technischen Fortschritts (Ver- schiebung von Grenzbereichen...), gestiegener materieller Lebens- standard mit geänderter Mentalität (sensibilisiertes Gesundheitsbe- wußtsein, unnatürliche Lebenswei- se...)

® Politisch-psychologische Fakto- ren, die sich gegenseitig aufschau- 244 Heft 4 vom 27. Januar 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen

kein, nämlich Angebotsinflation und Anspruchsinflation

® Im Aufwind dieser in Wachs- tumsphasen funktionierenden mo- netären Spirale haben alle im Me- dizinbetrieb tätigen Berufe und In- stitutionen eine autonome Entwick- lung vom Notwendigen zum Wün- schenswerten hin unternommen, ohne auf gesamtwirtschaftliche Ge- sichtspunkte immer ausreichend Rücksicht genommen zu haben.

Dies wären die heute vor allem ge- sehenen und beschuldigten medizi- nischen Faktoren.

Alle drei ursächlichen Bereiche sind eng miteinander verflochten.

So hat der steigende Lebensstan- dard die politisch-psychologischen Faktoren ermöglicht und diese ih- rerseits die Hypertrophie im Ge- sundheitswesen. Reihenfolge und kausale Verknüpfung dieser drei Bereiche sollten besonders beach- tet werden.

Die Diagnose ist klar: Der Aufwand im Gesundheitswesen ist zu hoch:

1960 5,7 Prozent, 1975 rund 11 Pro- zent vom Einkommen eines Versi- cherten (ohne verdeckte, indirekte Kosten, die ja auch die Gesamtheit zahlen muß).

Das Therapieziel ist ebenfalls klar, es ist die Antwort auf die Frage, wieviel Gesundheit (oder Krank- heit) wir uns leisten können: Die Gesamtkosten müssen begrenzt werden! Die Krankenversicherung muß wieder eine Solidargemein- schaft werden! Der medizinische Standard darf dabei nicht wesent-

lich beeinträchtigt werden!

Welche Wege sind zu wählen?

Q Allseitige Erfahrung läßt jede bürokratische Lösung von vornher- ein ausscheiden. Diese wird immer teurer und ineffizienter als eine pri- vatwirtschaftliche Regelung sein.

CD. Die ideale Lösung, die auf Ein- sicht und vernunftgemäßes Han- deln aller abzielte, scheidet als al- leinige Lösung aus. Sie sollte je-

doch unterstützend verstärkt ein- gesetzt werden.

• Bleibt im wesentlichen nur die reale, pragmatische Lösung: Den Geldhahn abdrehen, zu einem or- dentlichen Haushalt zurückkehren, die Kosten bewußt machen!

Im einzelnen bedeutet das unter anderem (in der Reihenfolge der Kausal kette):

O Auf politisch-gesetzgeberisäher Ebene: Eine rigorose Überprüfung und Korrektur der das Gesund- heitswesen betreffenden Gesetze.

Einbau von Sperrklauseln, die die vom Gesetzgeber verursachten Ausgaben für das Gesundheitswe- sen auf einen Prozentsatz begren- zen (etwa vom Sozialprodukt).

• Auf Patienten-(Bürger-)Ebene:

Stärkung der Eigenverantwortung durch vermehrte Selbstbeteiligung bzw. Kostenerstattung, Belohnung für gesundheitsgerechtes Verhal- ten (z. B. analog der Bemessung der Lebensversicherungsprämien).

O Auf medizinischer Ebene: Re- duktion von Wünschbarem zum Notwendigen. Hier muß eine kri- tisch-neutrale Festlegung dieses Notwendigen vorangehen, bei den Kassenleistungen (Unterwäsche, Kurlaub, Sauna usw.) genauso wie bei ärztlichen Leistungen, den Re- zepturen und last not least den Krankenhäusern.

Auf allen Ebenen muß daneben und ständig informiert und aufge- klärt werden. Ohne Problembe- wußtsein kann kein einsichtiges Verhalten und Handeln erwartet werden.

Kein Selbstbedienungsladen für die Gesundheit

Zur Zeit wird den auf der dritten Ebene beteiligten Berufen einseitig der Schwarze Peter zugeschoben Insonderheit uns Ärzten aber auch den Pharmaberufen wird der Lohn für ihre Arbeit als „Geschäft mit der Krankheit" diffamiert.

Meine Betrachtung sollte den un- trennbaren Zusammenhang aller drei Funktionsebenen im Gesund- heitswesen aufzeigen. Nur wenn zugleich und in erster Linie auf po- litischer Ebene der Hebel ange- setzt wird, wenn zum zweiten der Bürger wieder begreifen lernt, daß der Weg zur Gesundheit und zum Gesundbleiben nicht über einen Selbstbedienungsladen führt, dann kann sinnvoll und für den Patienten einsehbar auch auf der medizini- schen Ebene eingeschränkt wer- den.

Die ärztliche Standesvertretung hat als Verhandlungspartner Einsicht in die Notwendigkeit einer Kosten- begrenzung gezeigt. Solange je- doch Sparbewußtsein und ordentli- ches Haushaltsdenken nicht bei al- len Beteiligten Platz greifen und statt dessen durch kurzsichtiges politisches Kalkül oder Neid oder Ideologie ersetzt werden, müssen wir den Schwarzen Peter eines Schuldigen energisch zurückwei- sen.

Das Problem ist zu groß und zu ernst, als daß es auf dem Markt der Macht oder der Affekte verhandelt werden könnte. Wir Ärzte sollten uns darum auch jedem weiteren Versuch streng widersetzen, der eine einseitige oder partielle Ände- rung im Gesundheitswesen zu un- seren Lasten zum Ziel hat. Dies gilt in der Argumentation auf Ge- sprächs- und Diskussionsebene für jeden einzelnen von uns, im beson- deren aber auch für unsere Ver- handlungsspitzen. Nur gemeinsam und auf allen Ebenen zugleich kön- nen wir das Riesenproblem der Ko- stensteigerung im Gesundheitswe- sen bewältigen.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Peter Fischer Arzt für Allgemeinmedizin Jasminweg 17

3500 Kassel

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 4 vom 27. Januar 1977 245

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