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Archiv "Resistenzen gegen Antiinfektiva: Zu wenig echte Innovationen" (24.08.2009)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 34–35

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24. August 2009 A 1655 RESISTENZEN GEGEN ANTIINFEKTIVA

Zu wenig echte Innovationen

Zunehmende Resistenzen engen das Spektrum an Reservesubstanzen ein, aber der Antibiotikamarkt stagniert. Zur Entwicklung neuer Antiinfektiva bedürfe es öffentlicher Mittel, aber auch wirtschaftlicher Anreize für Firmen, meinen Wissenschaftler.

D

ie Zahl der Neuzulassungen von Medikamenten ist in den letzten Jahren rückläufig. Dies gilt ganz besonders für Antibiotika und Antiinfektiva; 2008 ist von der US- Arzneimittelbehörde FDA kein ein- ziges Antibiotikum zugelassen wor- den. Dabei wären neue Substanzen angesichts der Zunahme von Anti- biotikaresistenzen und der globalen Bedrohung durch Infektionskrank- heiten dringend erforderlich. Wis- senschaftler der Universität in Frankfurt am Main forderten bei ei- ner Ver anstaltung zur Antibiotikare - sistenz: „Wir dürfen die Entwick- lung neuer Antibiotika nicht allein den pharmazeutischen Unterneh- men überlassen, die Gesellschaft ist gefordert, unterstützende Program- me auf den Weg zu bringen.“

Auch Reservesubstanzen zunehmend unwirksam

In den letzten zehn Jahren sei mit Li- nezolid nur ein Antibiotikum auf den Markt gekommen, das eine echte In- novation darstelle, sagte Prof. Dr.

med. Manfred Schubert-Zsilavecz (Frankfurt/M.), Präsident der Deut- schen Pharmazeutischen Gesell- schaft. Als wesentlichen Grund da- für nannte er die geringen Verdienst- möglichkeiten mit dieser Pharmaka- gruppe. Laut Arzneiverordnungs-Re- port 2009 war unter den 30 umsatz- stärksten Arzneimitteln 2007 nicht ein Antibiotikum. Es müssten Anreize für die Industrie geschaffen werden, neue Antibiotika zu entwickeln, zum Beispiel durch Verlängerung des Pa- tentschutzes. Auch mehr Fördermittel durch die Deutsche Forschungsge- meinschaft wurden von Schubert-Zsi- lavecz und dem Frankfurter Infektio- logen Prof. Dr. med. Hans-Reinhard Brodt ins Spiel gebracht.

Dringend werden beispielsweise neue Wirkstoffe gegen Tuberkulose

und Malaria benötigt – neben HIV/

Aids die Infektionskrankheiten mit den weltweit höchsten Sterberaten.

„Es ist nicht absehbar, dass in den nächsten fünf Jahren neue Tuberku- lostatika auf den Markt kommen“, meinte Brodt. Gegen Malaria sei Chloroquin im Prinzip verbraucht, gegen Doxycyclin und die Reserve- substanz Quinin gebe es immer mehr Resistenzen.

Zu den Problemkeimen im ambu- lanten Bereich gehören Antibiotika- resistenzen bei Shigellen, bei Hae- mophilus influenzae sowie Moraxel- la catarrhalis. Ein weiteres Problem im ambulanten Bereich ist die Zu- nahme von Harnwegsinfektionen (HWI) durch Ciprofloxacin-resisten- te Erreger. Bei jedem fünften Patien- ten sei die frühere Paradesubstanz nicht mehr ausreichend wirksam, so- dass eine ungezielte Therapie nicht mehr möglich sei, berichtete Brodt.

Er rät seinen niedergelassenen Kollegen, entweder gleich ein Ce- phalosporin zu verordnen oder spä- testens dann, wenn sich die Sym- ptomatik nach zweitägiger Behand- lung mit Ciprofloxacin nicht bes- sert. Beim ersten Rezidiv einer HWI sollten immer Resistenztes- tungen erfolgen. „Dieses Vorgehen müsste in die Leitlinien aufgenom- men werden, ebenso für rezi di - vierende Atemwegsinfekte bei Pa- tienten mit chronischer Bronchitis“, forderte Brodt. Resistenzen von Er- regern respiratorischer Infekte seien allerdings noch nicht so relevant.

Die Strategien von Keimen, sich gegen Antibiotika zur Wehr zu set- zen, reichen von enzymatischen Modifikationen des Antibiotikums über Veränderungen der Zielmole- küle bis zu Effluxpumpen in der Zellwand, die das Pathogen wieder aus der Zelle befördern. Besonders häufig modifizierten die Erreger die

Angriffsziele von Antibiotika, etwa die DNA-Gyrase oder das Ribo- som, erläuterte Prof. Dr. med. Klaas Martinus Pos (Frankfurt/M.). Vor allem bei hochresistenten Erregern lägen häufig kombinierte Mecha- nismen vor.

Multidrug-Resistenz durch flexible Pumpen

Manche Pumpen seien sehr flexibel und transportierten viele unter- schiedliche Substanzen, berichtete Pos: zum Beispiel Detergenzien und Farbstoffe. Andere wirkten zum Teil spezifisch für Tetrazyklin. Für gram- negative Bakterien sei ein Pumpsys- tem typisch, das erregerschädigende Substanzen vom Zytoplasma über die innere und äußere Membran aus der Zelle befördere. Dies erschwere den Rückfluss. Die Zahl der resis- tenzvermittelnden Proteine werde durch die Antibiotika hochreguliert.

Pos und seine Kollegen vom Exzellenzcluster Makromolekulare Komplexe haben intensiv das Pum- pensystem des Darmbakteriums E. coli untersucht, das außer Deter- genzien und Antibiotika auch Gal- lensalze aus der Zelle pumpt. Der AcrAB-TolC-Komplex hat drei Komponenten, die ein Tunnelsys- tem mit verschiedenen Engstellen bilden. Ein Antibiotikum, das in das Bakterium eindringt, wird von der AcrB-Pumpe eingefangen, gleitet in den Tunnel und wird durch ihn wieder nach außen befördert.

Die Entschlüsselung der Struktur und der Funktionsweise des Pumpen- systems mithilfe einer Kristallstruk- turanalyse könnte zur Entwicklung von Antibiotika mit neuen Zielstruk- turen genutzt werden, ist aber ange- sichts fehlender Forschungsgelder und geringer wirtschaftlicher Per- spektiven mehr als fraglich. ■ Roland Fath

M E D I Z I N R E P O R T

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